§ 7 S. 1 GewStG, § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG, § 34c Abs. 2 EStG: ausländische Quellensteuern im gewerbesteuerlichen Organkreis

BFH vom 16.10.2024 – I R 16/20, FR 2025, 114

[Vorinstanz: FG Niedersachsen vom 18.03.2020 – 6 K 20/18, EFG 2020, 1009]

Der Gewerbesteuer unterliegt gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird, § 2 Abs. 1 S. 3 GewStG.

Kapitalgesellschaften, die Organgesellschaften im Sinne der §§ 14ff. KStG sind, gelten nach § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG als Betriebsstätten des Organträgers. Die Organgesellschaft verliert hierdurch jedoch nicht ihre sachliche Steuerpflicht. Sie bleibt vielmehr ein selbständiger Gewerbebetrieb, für den eine eigenständige Bilanzierung zu erfolgen hat und für den der Gewerbeertrag zu ermitteln ist. Allein die persönliche Gewerbesteuerpflicht wird für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet. Deshalb ist der Gewerbesteuermessbetrag allein gegenüber dem Organträger festzusetzen. [Nach dem im Veranlagungszeitraum 2013 eingeführten § 14 Abs. 5 KStG ist das Einkommen der Organgesellschaft einheitlich und gesondert festzustellen. Das gilt jedoch nicht für die Gewerbesteuer. Die Anwendung der ertragsteuerlichen Vorschriften zur Gewinnermittlung nach § 7 S. 1 GewStG betrifft nicht die Anwendung des Feststellungsverfahrens.]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinn, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist. Das gilt im Fall der Organschaft sowohl für die Organgesellschaft, als auch für die Organträgerin.

Soweit bei der Gewerbeertragsermittlung nach § 7 S. 1 GewStG auf den nach ertragsteuerlichen Vorschriften ermittelten Gewinn abgestellt wird, handelt es sich hierbei um keine rechtliche Bindung, BFH vom 15.03.2017 – I R 41/16, DStR 2017, 1976. Dennoch ist der Verweis in § 7 S. 1 GewStG dahingehend zu verstehen, dass ein Gleichlauf der Gewinnermittlung angeordnet ist, BFH vom 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. 2015 II 105. Ausländische Quellensteuern, die nach § 10 Nr. 2 KStG hinzugerechnet wurden, sind daher auch für Zwecke der Gewerbeertragsermittlung hinzuzurechnen, BFH vom 16.05.1990 – I R 80/87, BStBl. 1990 II 920. Ein ausschließlich für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages gestellter Antrag auf Abzug der ausländischen Quellensteuern nach § 34c Abs. 2 EStG scheidet daher aus.

[Bisher nicht entschieden ist die Frage, wer für Zwecke der Körperschaftsteuer die Anwendung des § 34c Abs. 2 EStG für Quellensteuern, die bei der Organgesellschaft angefallen sind, beantragen muss, die Organgesellschaft oder die Organträgerin.]

Im Übrigen wäre die Anwendung des § 34c Abs. 2 EStG ausgeschlossen, da ein antragsbezogener Abzug einer ausländischen Steuer nur stattfindet, wenn die ausländische Steuer auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerbefreit sind, wobei wegen des Mechanismus der gebrochenen Einheitstheorie eine organschaftsübergreifende Betrachtung geboten ist. Daher sperrt die Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG den Abzug ausländischer Steuern nach § 34c Abs. 2 EStG schon auf ertragsteuerlicher Ebene.

Im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrages der Organgesellschaft findet nach § 7 S. 1 GewStG auch § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG Anwendung. Hiernach ist § 8b Abs. 1 bis Abs. 6 KStG bei der Ermittlung des Gewinns der Organgesellschaft nicht anwendbar (Bruttomethode). Auf diesen Gewerbeertrag der Organgesellschaft finden die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der § 8 Nr. 5 GewStG sowie § 9 Nr. 2a, Nr. 7 und Nr. 8 GewStG Anwendung.

Die suspendierten Regelungen des § 8b KStG finden erst nach der Zurechnung des Gewinns bei dem Organträger Anwendung. Es kommt also unter den weiteren Voraussetzungen des § 8b KStG dazu, dass die Gewinnanteile nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleiben und nicht als Betriebsausgaben abziehbare Beträge nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG auslösen.

Praktisches Gewerbesteuerrecht 2023

Webinar am Freitag, den 16. Juni 2023 im Zeitraum von 9:00 Uhr bis 17:45 Uhr

A. Steuerpflicht

1. Beginn der Steuerpflicht, § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG

BFH vom 01.09.2022 – IV R 13/20 – Beginn der Steuerpflicht bei einem gewerblichen Grundstückshändler

BFH IV R 23/22 – Beginn der Steuerpflicht bei einer sog. Ein-Objekt-Gesellschaft

BFH vom 30.08.2022 – X R 17/21 – keine vorweggenommenen Betriebsausgaben im Rahmen des § 2 Abs. 5 GewStG (Betriebsübergang)

2. Entwicklungen im Bereich der Abfärbung

BFH VIII R 1/22 – geringfügige gewerbliche Beteiligungseinkünfte einer Freiberufler-Personengesellschaft

3. Steuerpflicht ausländischer Immobiliengesellschaften

BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20 – Gewerbesteuerpflicht einer Immobilien GmbH bei Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft

4. Der Teilbetrieb im Gewerbesteuerrecht

BFH vom 13.06.2022 – X B 148/21 – ortsverschiedene Photovoltaikanlagen als Teilbetriebe

5. Nichterfassung des Veräußerungsgewinns

BFH vom 10.02.2022 – IV R 6/19 – Nichterfassung des Veräußerungsgewinns bei Übergang von originärer gewerblicher Tätigkeit zu vermögensverwaltender Tätigkeit

B. Hinzurechnungen

1. Finanzierungsaufwendungen, § 8 Nr. 1 lit. a GewStG

BFH vom 07.10.2021 – III R 15/18 – Stückzinsen bei Sachdarlehen

BFH – III R 32/22 – Zinsen auf Depotverbindlichkeiten bei Rückversicherungsunternehmen

2. Mieten / Pachten, § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG

a) Aktivierung von Mieten und Pachten – aktuelle Entwicklungen

BFH vom 20.10.2022 – III R 33/21 – Wartungsgebühren bei Leasingverträgen

BFH vom 01.06.2022 – III R 56/20 – Mehrwegbehälter

BFH vom 23.03.2023 – III R 5/22 – Sponsoring

BFH – III R 33/22 – Aufwendungen an Werbeträgeranbieter

b) fiktives Anlagevermögen – aktuelle Entwicklungen

BFH vom 23.03.2022 – III R 14/21 – Messestandplätze

BFH vom 19.01.2023 – III R 22/20 – Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltungsbetriebe

BFH – III R 35/21 – Messestände als Anlagevermögen – mündliche Verhandlung am 23. März 2023 – aufgehoben

BFH – III R 39/21 – Standplätze für gastronomische Leistungen

BFH – III R 36/22 – kurzzeitige Anmietung von Werbeflächen

BFH – III R 39/22 – Unterkünfte von Arbeitnehmern

3. Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 lit. f GewStG

BFH vom 29.06.2022 – III R 2/21 – Synchronisierung von Spielfilmen

BFH – IV R 37/18 – Hinzurechnung von Vorbehalts- oder Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistungen, die an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden – mündliche Verhandlung am 23. Februar 2023

4. § 8 Nr. 4 GewStG – Besteuerung der KGaA

BFH vom 14.09.2022 – I R 13/20 – Hinzurechnung bei sog. Drittanstellung von Geschäftsführern bei einer KGaA

5. § 8 Nr. 5 GewStG

BFH vom 28.06.2022 – I R 43/18 – Kürzung von Schachteldividenden bei doppelt ansässigen Gesellschaften

C. Kürzungen – erweiterte Kürzung

1. Auswirkungen der Änderung Rechtsprechung des BFH zur Betriebsaufspaltung

a) Entscheidungsfall – Personengesellschaft

b) Abwandlung I – Kapitalgesellschaft

c) Abwandlung II – optierende Personengesellschaft, § 1 Abs. 1a KStG

2. Sondervergütungen

3. sonstige neuere Rechtsprechung / anhängige Verfahren

BFH vom 18.09.2021 – III R 3/19 – Ausschließlichkeit in zeitlicher Hinsicht bei Kapitalgesellschaften

BFH vom 27.10.2021 – III R 7/19 – Beginn der Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraums

BFH – IV R 19/22 – Betriebsverpachtung [Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 22.06.2022 – 2 K 2599/18 G, NWB YAAAJ-21366]

BFH – III R 12/22 – Zurechnung von Verkäufen anderer Objektgesellschaften

BFH III R 41/22 – erweiterte Kürzung im Organkreis [Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 22.09.2022 – 9 K 2833/21 G]

BFH – IV R 24/21 – zeitweise Veräußerung der Mobilien an die mietende Person

BFH vom 29.06.2022 – III R 19/21 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1: Überlassung an Gesellschafter oder Genossen

BFH vom 01.06.2022 – III R 3/21 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1: Verpachtung von Dachflächen an teilweise personenidentische, gewerblich tätige GbR

BFH – III R 26/21 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1: zum Begriff des „Dienen“

BFH vom 09.03.2023 – IV R 25/20 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG: teleologische Reduktion bei Sondervergütungen, wenn die mitunternehmerisch verbundene Person nicht der Gewerbesteuer unterliegt – mündliche Verhandlung 09. März 2023

BFH – IV R 11/20 – Komplementärvergütung – mündliche Verhandlung 20. April 2023

BFH vom 27.10.2021 – I R 39/19 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 2: zu den Begriffen Überführung und Übertagung bei Formwechsel

D. Verluste

1. Personenunternehmen

a) Unternehmeridentität

b) Unternehmensidentität

BFH – III R 30/21 – Unternehmensidentität Zeitpunkt sowie Zeitdauer der Fortdauer bei Anwachsung eines Gewerbebetriebes der Personengesellschaft auf eine Körperschaft

c) mehrstöckige Personengesellschaften, Ländererlasse vom 11.08.2021

2. Kapitalgesellschaften

3. Besonderheiten aufgrund der Regelung des § 10a S. 12 GewStG

4. Auswirkungen von Umwandlungen

a) Einbringung von Betrieben

BFH – IV R 25/21 – Verlustübergang auf atypisch stille Gesellschaft

BFH – IV R 26/21 – Einbringung des Betriebes in eine Personengesellschaft

b) Einbringung von Mitunternehmeranteilen

c) Abspaltungen

BFH vom 12.11.2020 – IV R 29/18 – Wegfall der Verlustvorträge bei Abspaltung; § 19 UmwStG und § 10a S. 10 1. HS gelten nicht für Fehlbeträge einer Mitunternehmerschaft – § 8c Abs. 1 S. 5 KStG findet keine Anwendung auf die Übertragung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft

c) Verschmelzungen

BFH vom 12.05.2020 – I R 57/17 – Verlustübergang nach § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995

5. Verfahrensrecht

BFH vom 17.03.2021 – IV R 7/20 – Verhältnis der Verlustfeststellung zur Messbetragsfeststellung

BFH vom 10.02.2022 – IV R 33/18 – Verhältnis der Verlustfeststellung zur Messbetragsfeststellung

BFH – XI R 18/22 – Abfechtungsgegenstand

E. Betriebsstätte(n) / Zerlegung

BFH vom 20.05.2022 – IV B 50/21 (AdV) – Antrag einer Gemeinde auf Aussetzung / Aufhebung der Vollziehung des Zerlegungsbescheides

BFH – IV R 23/21 – Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung gegenüber dem Steuerpflichten und Änderung des Zerlegungsbescheides gegenüber den Gemeinden – Fehlende Zustimmung einer Gemeinde nach nachträglich bekanntwerde Tatsache

BFH vom 25.02.2021 – IV B 27/20 – Zerlegung bei einem Solarpark vor Aufnahme der solaren Strahlung in den besonderen Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG (Streitjahr 2012)

BFH – IV R 5/22 – Zerlegung bei Offshore Windparks in gemeindefreiem Gebiet

BFH – IV R 21/21 – Zerlegung bei Pipelineunternehmen – Tätigkeit auch für andere Unternehmen durch die Zentrale

BFH – IV R 22/21 – Zerlegung bei Pipelineunternehmen – Tätigkeit auch für andere Unternehmen durch die Zentrale

Geschützt: § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG: Beginn der sachlichen Steuerpflicht

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§ 7 S. 2 GewStG: mehrstöckige Mitunternehmerschaften

FG München vom 26.08.2022 – 2 K 1842/21, EFG 2022, 1862

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wid.

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Zum – laufenden – Gewerbeertrag gehören nach § 7 S. 2 GewStG auch Gewinne aus der Veräußerung und aus der Aufgabe des Anteils eines Gesellschafters, der als (Mit-)Unternehmer des Betriebes einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

[Besonderheit des Falles: Der Veräußerungstatbestand wurde durch die rückwirkende Auslösung der Versteuerung des Einbringungsgewinns I, § 22 Abs. 3 S. 2 UmwStG 2006, verwirklicht. Auslösendes Moment war dabei nicht der Verkauf der Beteiligung innerhalb der Sperrfrist, sondern der Wegzug der Person, die einer aufgelösten Stiftung nachfolgte, die als Einbringender galt, § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 UmwStG 2006. Dabei war ferner zu berücksichtigen, dass der Wegzug einer direkt beteiligten natürlichen Person nicht unter § 7 S. 2 GewStG gefallen wäre. Im Entscheidungsfall war jedoch eine mitunternehmerisch beteiligte Stiftung einbringende Person. Damit war der Anwendungsbereich des § 7 S. 2 GewStG eröffnet, BFH vom 19.07.2018 – IV R 31/15, BFH/NV 2018, 1222.]

Im Fall der Veräußerung oder rückwirkenden Versteuerung des Einbringungsgewinns I betreffend die Beteiligung an einer mehrstöckigen mitunternehmerisch organisierten Struktur ist einkommensteuerlich zu berücksichtigen, dass die Veräußerung nur die Beteiligung an der Obergesellschaft betrifft. An den nachgelagerten Mitunternehmerschaften besteht schon keine zivilrechtliche Beteiligung, BFH vom 25.02.1991, GrS 7/89, BStBl. 1991 II 691. Diese Grundsätze finden über § 7 S. 1 GewStG auch für Zwecke der Gewerbesteuer Anwendung. Das gilt auch für die Zuordnung des Gewinns, den eine mitunternehmerisch verbundene Person aus der Veräußerung oder Aufgabe ihrer Beteiligung erzielt. Die hierauf entfallende Gewerbesteuer schuldet nach § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG die Mitunternehmerschaft, an der die Beteiligung bestanden hat. Dem folgt auch die Finanzverwaltung in R 7.1 Abs. 3 S. 5 GewStR 2009. Der Steuerschuldnerschaft der Obergesellschaft kommt insoweit eine Abschirmwirkung zu. Es erfolgt keine Zuordnung der aufgedeckten stillen Reserven auf alle nachgelagerten Personengesellschaften. Das gilt selbst dann, wenn auf Ebene der Untergesellschaften Ergänzungsbilanzen gebildet wurden oder der Gewerbeertrag der Untergesellschaft einer Steuerbefreiung – hier § 3 Nr. 20 lit. b GewStG – unterliegt.

Geschützt: § 7 S. 1 GewStG: Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns

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§ 7 S. 1 GewStG: keine Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns II, § 22 Abs. 2 UmwStG 2006

BFH vom 11.07.2019 – I R 13/18, BStBl. 2022 II 91

[Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein vom 21.03.2018 – 1 K 1/16, NWB RAAAG-81453]

Erfolgt u.a. eine Sacheinlage von Kapitalgesellschaftsanteilen gegen Gewährung neuer Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger zu einem Wert unterhalb des gemeinen Wertes und veräußert der übernehmende Rechtsträger die eingelegten Anteile innerhalb einer Frist von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden zu versteuern (Einbringungsgewinn II, § 22 Abs. 2 UmwStG 2006).

Das Finanzamt vertrat im Entscheidungsfall die Ansicht, dass der Einbringungsgewinn II selektiv die Veräußerung der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile und nicht die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils besteuere. Besteuerungsrelevant sei daher das Einzelwirtschaftsgut (Kapitalgesellschaftsbeteiligung), auch wenn dieses ursprünglich zu einer Sachgesamtheit (Mitunternehmeranteil) gehört habe. Das gelte auch für Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, die dem Sonderbetriebsvermögen II zuzurechnen seien.

Der BFH stellt dem entgegen jedoch darauf ab, dass die Sacheinlage den gesamten Mitunternehmeranteil umfasst hat und der Einbringende seine mitunternehmerschaftliche Betätigung mit der Einbringung einstellt. Die spätere Veräußerung der eingebrachte Kapitalgesellschaftsbeteiligung durch den übernehmenden Rechtsträger, die den Einbringungsgewinn II auslöst, ändert hieran nichts. Sie führt jedoch nach § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 zur anteiligen Versagung des Buchwertansatzes und zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven.

Für Zwecke der Gewerbesteuer stellt der BFH heraus, dass der nach einkommensteuerrechtlichen oder körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn nach § 7 S. 1 GewStG Ausgangsgröße der Besteuerung ist. Dieser ist jedoch zu modifiziern, um dem Charakter der Gewerbesteuer gerecht zu werden. Konkret bedeutet das, dass der ertragsteuerliche Gewinn um solche Bestandteile zu bereinigen ist, die mit dem Zweck der Gewerbesteuer als Sachsteuer nicht übereinstimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Fiskalzweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer es gebietet, dass Gewinne auszuscheiden sind, wenn diese aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gewerbebetriebes, eines Teilbetriebes oder des Mitunternehmeranteils beruhen, wenn damit die endgültige Einstellung der gewerblichen Betätigung des (Mit-)Unternehmers verbunden ist. Das gilt nicht in den Fällen des § 7 S. 2 GewStG.

Die Sacheinlage nach § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 durch eine natürliche Person erfüllt diese Voraussetzungen. Gleich welcher Wert in diesem Fall zum Ansatz kommt und ob dieser Wert bereits im Rahmen der Sacheinlage oder rückwirkend als Einbringungsgewinn II zur Anwendung gelangt, unterliegt der Vorgang nicht der Gewerbesteuer, da der ertragsteuerliche Gewinn im Rahmen der Modifikationen im Rahmen des § 7 S. 1 GewStG auszuscheiden ist.

Die Entscheidung wurde durch die Finanzverwaltung bisher nicht veröffentlich, so dass unklar ist, ob die Finanzverwaltung der Rechtsprechung folgt.

§ 7 S. 1 GewStG: keine Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns I, § 22 Abs. 1 UmwStG 2006

BFH vom 11.07.2019 – I R 26/18, BStBl. 2022 II 93

[Vorinstanz: FG Köln vom 19.07.2018 – 6 K 2507/16, EFG 2018, 1730]

Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser basiert auf dem nach einkommensteuer- und köprerschaftsteuerlichen Regeln ermittelten Gewinn, der um Bestandteile zu modifizieren ist, die mit dem Zwecke der Gewerbesteuer, ledichlich den laufenden Ertrag des werbenden Geschäftsbetriebes der Besteuerung zu unterwerfen, § 7 S. 1 GewStG. Es sind also solche Bestandteile des ertragsteuerlichen Gewinns zu bereinigen, die mit dem Zweck der Gewerbesteuer nicht übereinstimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Fiskalzweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer es gebietet, das Gewinne auszuscheiden sind, wenn diese aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gewerbebetriebes, eines Teilbetriebes oder des Mitunternehmeranteils beruhen, sofern damit die endgültige Einstellung der gewerblichen Betätigung des (Mit-)Unternehmers verbunden ist. Hiervon abweichend erstreckt sich die Steuerpflicht in den Fällen des § 7 S. 2 GewStG auch auf die eigentlich zu korrigierenden Ertragsbestandteile. Zudem sind spezifische gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG vorzunehmen.

Erfolgt eine Sacheinlage gegen Gewährung von neuen Anteilen an dem übernehmenden Rechtsträger zu einem Wert unterhalb des gemeinen Wertes und veräußert der Einbringende die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraumes von sieben Jahren (Sperrzeitraum) nach dem Einbringungszeitpunkt, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden zu versteuern (Einbringungsgewinn I, § 22 Abs. 1 UmwStG 2006).

Dem Einbringungsgewinn I liegt zu Grunde, dass der einbringende Rechtsträger seinen Gewerbebetrieb vollumfänging in den aufnehmenden Rechtsträger überträgt und in diesem Zusammenhang einstellt (Sacheinlage). Hieran ändert auch die spätere Veräußerung der erhaltenen Anteile nichts. Die Veräußerung tangiert allein den Wertansatz, mit dem das übergehenden Vermögen angesetzt wird. Damit verbunden besteht Einfluss auf den Wertansatz der erhaltenen Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger.

Erfolgt die Sacheinlage nach § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 durch eine natürliche Person ist die besondere Rechtsfolge des § 7 S. 2 GewStG nicht gegeben. Der ertragsteuerliche Gewinn ist in diesen Fällen um die nicht Bestandteile zu korrigieren, die nach dem Wesen der Gewerbesteuer nicht der Besteuerung unterliegen. Im Fall der Sacheinlage erfolgt eine Korrektur um den Gewinnanteil, der auf die Sacheinlage zurückzuführen ist und zwar unabhängig davon, ob die stillen Reserven vollständig, teilweise oder gar nicht aufgedeckt werden und unabhängig davon, dieser Wert rückwirkend nach § 22 Abs. 1 UmwStG 2006 verändert wird.