Praktisches Gewerbesteuerrecht 2024

Webinar am Freitag, den 28. Juni 2024 im Zeitraum vom 9:00 Uhr bis 17:45 Uhr

A. Steuerpflicht

  • Abgrenzung selbständige Arbeit zu Gewerbebetrieb

FG Münster vom 27.10.2023 – 14 K 1624/21 G – Abgrenungsprüfung im Fall einer Patentanwaltskanzlei bei Auslandssachverhalten

  • Aufwärtsabfärbung, § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG

BFH vom 05.09.2023 – IV R 24/20 – neuere Rechtsprechung

  • Betriebsstätte

BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20 – Ort der Geschäftsleitung bei Hausverwaltervollmacht

  • Beginn der sachlichen Steuerpflicht

BFH vom 25.05.2023 – IV R 33/19 – grundbesitzenden Personengesellschaft

BFH vom 01.09.2022 – IV R 13/20 – gewerblichem Grundstückshandel

  • Dauer der sachlichen Steuerpflicht

BFH vom 15.06.2023 – IV R 30/19 – eine Sekunde

B. Hinzurechnungen

  • Einleitungssatz

BFH vom 12.10.2023 – III R 39/21 – Aktivierung von Standflächen

  • § 8 Nr. 1 lit. a GewStG – Entgelte für Schulden

BFH vom 16.11.2023 – III R 27/21 – Hinzurechnung von Swap – Zinsen

Verhältnis zu § 4h EStG – Auswirkungen der Novellierung von § 4h EStG

  • § 19 GewStDV – Bankenprivileg

BFH vom 30.11.2023 -III R 55/20

  • § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG -Mieten und Pachten
  • Gleichheitsrechtliche Bedenken

BFH – III R 24/23 – Schlechterstellung der Miete gegenüber dem Eigentum

  • Miete / Pacht

BFH vom 23.03.2023 – III R 5/20 – Sponsoringaufwendungen

  • Fiktives Anlagevermögen

BFH vom 12.10.2023 – III R 39/21 – Standflächen bei Imbissbetrieben

BFH vom 17.08.2023 – III R 59/20 – Ferienimmobilien

Abgrenzung zu BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16 – Pauschalreisen

Ausstrahlungswirkung

  • § 8 Nr. 1 lit. f GewStG

BFH vom 23.02.2023 – IV R 37/18 – Kabelweitersenderechten

C. Kürzungen

  • einfache Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG

BFH vom 12.10.2023 – III R 34/21 – Ersatzwirtschaftswert

  • erweiterte Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
  • Anwendungsbereich

BFH vom 15.06.2023 – IV R 6/20 – gewerbliche Nebentätigkeit (Weihnachtsmarkt)

BFH vom 20.04.2023 – III R 53/20 – Komplementär-GmbH

  • Ausschließlichkeit

FG Düsseldorf vom 26.06.2023 – 10 K 2800/20 G – Betriebsvorrichtung

BFH vom 25.05.2023 – IV R 33/19 – Zahlung vor Überlassung

  • Ausschlussgründe, § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG

BFH vom 09.03.2023 – IV R 11/20 – Sondervergütungen

FG Düsseldorf vom 22.09.2022 – 9 K 2833/21 G – Weitervermietungsmodell

D. Verluste

  • Verlustfeststellung

BFH vom 11.01.2024 – IV R 25/21 – Bindungswirkung des Messbescheides

BFH vom 23.02.2024 – IX B 118/22 – Feststellungsverjährung

  • Unternehmeridentität

BFH vom 01.02.2024 – IV R 26/21 – Übergang des Verlustes bei Einbringung durch eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

  • Unternehmensidentität

anhängige Verfahren III R 30/21 und XI R 2/23 zum Begriff der Unternehmensidentität bei Kapitalgesellschaften

E. Zerlegung

  • Rechtsschutz

BFH vom 11.05.2023 – IV R 3/19 – Angabe einer hebeberechtigten Gemeinde im Gewerbesteuermessbescheid

BFH vom 20.05.2022 – IV B 50/21 (AdV) – Aussetzungsantrag der Gemeinde

  • Mehrgemeindliche Betriebsstätten

BFH vom 14.12.2023 – IV R 2/21 – Zerlegungsmaßstab

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG, § 19 GewStDV: Kein Erfordernis des Überwiegens der Erträge aus Geldforderungen gegenüber den Erträgen aus anderen Geschäften

BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20

[Vorinstanz: Hessisches FG vom 26.08.2020 – 8 K 622/19, EFG 2020, 1856]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Zu den Hinzurechnungen gehört nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG auch die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden.

Aufgrund der Ermächtigung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 lit. e GewStG wurde eine Bereichsausnahme von § 8 Nr. 1 lit. a GewStG in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV geschaffen, die in den letzten Jahren durch den Verordnungsgeber weiterentwickelt wurde. Bis einschließliche des Erhebungszeitraums 2020 stellte die Regelung allein auf diejenigen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG ab. Die Bereichsausnahme des § 35c Abs. 1 S. 2 lit. e GewStG ist Unternehmen eröffnet, die bezogen auf Bankgeschäfte gewerbsmäßig handeln und solche Geschäfte in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern.

Voraussetzung für die Anwendung der Bereichsausnahme ist, dass die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Insoweit ist auf die Durchschnittswerte aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstituts nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken abzustellen.

Diese Regelung ersetzt seit dem Steuerreformgesetz 1990 die bis dato geltende Regelung, die auf einen Vergleich des Rohgewinnertrages aus Bankgeschäften mit den anderen Geschäften, BFH vom 21.05.1997 – I R 62/96, BFH/NV 1998, 210. Die Änderung des Gesetzes verfolgte die Zweck der Vereinfachung, BT-DrS 11/2157, 176.

Die Regelung findet – bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 – auf Konzernfinanzierungsgesellschaften Anwendung, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173.

Praktisches Gewerbesteuerrecht 2023

Webinar am Freitag, den 16. Juni 2023 im Zeitraum von 9:00 Uhr bis 17:45 Uhr

A. Steuerpflicht

1. Beginn der Steuerpflicht, § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG

BFH vom 01.09.2022 – IV R 13/20 – Beginn der Steuerpflicht bei einem gewerblichen Grundstückshändler

BFH IV R 23/22 – Beginn der Steuerpflicht bei einer sog. Ein-Objekt-Gesellschaft

BFH vom 30.08.2022 – X R 17/21 – keine vorweggenommenen Betriebsausgaben im Rahmen des § 2 Abs. 5 GewStG (Betriebsübergang)

2. Entwicklungen im Bereich der Abfärbung

BFH VIII R 1/22 – geringfügige gewerbliche Beteiligungseinkünfte einer Freiberufler-Personengesellschaft

3. Steuerpflicht ausländischer Immobiliengesellschaften

BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20 – Gewerbesteuerpflicht einer Immobilien GmbH bei Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft

4. Der Teilbetrieb im Gewerbesteuerrecht

BFH vom 13.06.2022 – X B 148/21 – ortsverschiedene Photovoltaikanlagen als Teilbetriebe

5. Nichterfassung des Veräußerungsgewinns

BFH vom 10.02.2022 – IV R 6/19 – Nichterfassung des Veräußerungsgewinns bei Übergang von originärer gewerblicher Tätigkeit zu vermögensverwaltender Tätigkeit

B. Hinzurechnungen

1. Finanzierungsaufwendungen, § 8 Nr. 1 lit. a GewStG

BFH vom 07.10.2021 – III R 15/18 – Stückzinsen bei Sachdarlehen

BFH – III R 32/22 – Zinsen auf Depotverbindlichkeiten bei Rückversicherungsunternehmen

2. Mieten / Pachten, § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG

a) Aktivierung von Mieten und Pachten – aktuelle Entwicklungen

BFH vom 20.10.2022 – III R 33/21 – Wartungsgebühren bei Leasingverträgen

BFH vom 01.06.2022 – III R 56/20 – Mehrwegbehälter

BFH vom 23.03.2023 – III R 5/22 – Sponsoring

BFH – III R 33/22 – Aufwendungen an Werbeträgeranbieter

b) fiktives Anlagevermögen – aktuelle Entwicklungen

BFH vom 23.03.2022 – III R 14/21 – Messestandplätze

BFH vom 19.01.2023 – III R 22/20 – Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltungsbetriebe

BFH – III R 35/21 – Messestände als Anlagevermögen – mündliche Verhandlung am 23. März 2023 – aufgehoben

BFH – III R 39/21 – Standplätze für gastronomische Leistungen

BFH – III R 36/22 – kurzzeitige Anmietung von Werbeflächen

BFH – III R 39/22 – Unterkünfte von Arbeitnehmern

3. Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 lit. f GewStG

BFH vom 29.06.2022 – III R 2/21 – Synchronisierung von Spielfilmen

BFH – IV R 37/18 – Hinzurechnung von Vorbehalts- oder Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistungen, die an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden – mündliche Verhandlung am 23. Februar 2023

4. § 8 Nr. 4 GewStG – Besteuerung der KGaA

BFH vom 14.09.2022 – I R 13/20 – Hinzurechnung bei sog. Drittanstellung von Geschäftsführern bei einer KGaA

5. § 8 Nr. 5 GewStG

BFH vom 28.06.2022 – I R 43/18 – Kürzung von Schachteldividenden bei doppelt ansässigen Gesellschaften

C. Kürzungen – erweiterte Kürzung

1. Auswirkungen der Änderung Rechtsprechung des BFH zur Betriebsaufspaltung

a) Entscheidungsfall – Personengesellschaft

b) Abwandlung I – Kapitalgesellschaft

c) Abwandlung II – optierende Personengesellschaft, § 1 Abs. 1a KStG

2. Sondervergütungen

3. sonstige neuere Rechtsprechung / anhängige Verfahren

BFH vom 18.09.2021 – III R 3/19 – Ausschließlichkeit in zeitlicher Hinsicht bei Kapitalgesellschaften

BFH vom 27.10.2021 – III R 7/19 – Beginn der Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraums

BFH – IV R 19/22 – Betriebsverpachtung [Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 22.06.2022 – 2 K 2599/18 G, NWB YAAAJ-21366]

BFH – III R 12/22 – Zurechnung von Verkäufen anderer Objektgesellschaften

BFH III R 41/22 – erweiterte Kürzung im Organkreis [Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 22.09.2022 – 9 K 2833/21 G]

BFH – IV R 24/21 – zeitweise Veräußerung der Mobilien an die mietende Person

BFH vom 29.06.2022 – III R 19/21 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1: Überlassung an Gesellschafter oder Genossen

BFH vom 01.06.2022 – III R 3/21 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1: Verpachtung von Dachflächen an teilweise personenidentische, gewerblich tätige GbR

BFH – III R 26/21 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1: zum Begriff des „Dienen“

BFH vom 09.03.2023 – IV R 25/20 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG: teleologische Reduktion bei Sondervergütungen, wenn die mitunternehmerisch verbundene Person nicht der Gewerbesteuer unterliegt – mündliche Verhandlung 09. März 2023

BFH – IV R 11/20 – Komplementärvergütung – mündliche Verhandlung 20. April 2023

BFH vom 27.10.2021 – I R 39/19 – § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 2: zu den Begriffen Überführung und Übertagung bei Formwechsel

D. Verluste

1. Personenunternehmen

a) Unternehmeridentität

b) Unternehmensidentität

BFH – III R 30/21 – Unternehmensidentität Zeitpunkt sowie Zeitdauer der Fortdauer bei Anwachsung eines Gewerbebetriebes der Personengesellschaft auf eine Körperschaft

c) mehrstöckige Personengesellschaften, Ländererlasse vom 11.08.2021

2. Kapitalgesellschaften

3. Besonderheiten aufgrund der Regelung des § 10a S. 12 GewStG

4. Auswirkungen von Umwandlungen

a) Einbringung von Betrieben

BFH – IV R 25/21 – Verlustübergang auf atypisch stille Gesellschaft

BFH – IV R 26/21 – Einbringung des Betriebes in eine Personengesellschaft

b) Einbringung von Mitunternehmeranteilen

c) Abspaltungen

BFH vom 12.11.2020 – IV R 29/18 – Wegfall der Verlustvorträge bei Abspaltung; § 19 UmwStG und § 10a S. 10 1. HS gelten nicht für Fehlbeträge einer Mitunternehmerschaft – § 8c Abs. 1 S. 5 KStG findet keine Anwendung auf die Übertragung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft

c) Verschmelzungen

BFH vom 12.05.2020 – I R 57/17 – Verlustübergang nach § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995

5. Verfahrensrecht

BFH vom 17.03.2021 – IV R 7/20 – Verhältnis der Verlustfeststellung zur Messbetragsfeststellung

BFH vom 10.02.2022 – IV R 33/18 – Verhältnis der Verlustfeststellung zur Messbetragsfeststellung

BFH – XI R 18/22 – Abfechtungsgegenstand

E. Betriebsstätte(n) / Zerlegung

BFH vom 20.05.2022 – IV B 50/21 (AdV) – Antrag einer Gemeinde auf Aussetzung / Aufhebung der Vollziehung des Zerlegungsbescheides

BFH – IV R 23/21 – Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung gegenüber dem Steuerpflichten und Änderung des Zerlegungsbescheides gegenüber den Gemeinden – Fehlende Zustimmung einer Gemeinde nach nachträglich bekanntwerde Tatsache

BFH vom 25.02.2021 – IV B 27/20 – Zerlegung bei einem Solarpark vor Aufnahme der solaren Strahlung in den besonderen Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG (Streitjahr 2012)

BFH – IV R 5/22 – Zerlegung bei Offshore Windparks in gemeindefreiem Gebiet

BFH – IV R 21/21 – Zerlegung bei Pipelineunternehmen – Tätigkeit auch für andere Unternehmen durch die Zentrale

BFH – IV R 22/21 – Zerlegung bei Pipelineunternehmen – Tätigkeit auch für andere Unternehmen durch die Zentrale

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Avalprovisionen als Entgelte für Schulden

BFH vom 31.08.2022 – X R 15/21, FR 2023, 64

[Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.05.2021 – 3 K 199/20, EFG 2021, 2041]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Entgelte für Schulden unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG der Hinzurechnung für gewerbesteuerliche Zwecke. Die Finanzverwaltung versteht unter Entgelten für Schulden die Gegenleistung für die eigentliche Nutzung von Fremdkapital, R 8.1 Abs. 1 S. 1 GewStR 2009. Entsprechend tradierter Rechtsprechung ist das im Einzelfall nach wirtschaftlicher Betrachtung zu beurteilen, RFH vom 13.09.1939 – I 275/38, RStBl. 1938, 1138. Damit sind sowohl der Zins im engeren Sinn, die Gebühr für die Gewährung eines Darlehens sowie laufende Gebühren des Darlehens erfasst. Nicht erfasst sind indes die sonstigen Aufwendungen, die keinen Entgeltcharakter haben. Das sind vor allem die Geldbeschaffungskosten. Auch dienen Avalprovisionen nicht der Nutzung von Fremdkapital, sondern werden für die Einräumung einer Bürgschaft gezahlt, BFH vom 29.03.2007 – IV R 55/05, BStBl. 2007 II 655. Welcher Zweck mit der Bürgschaft verfolgt wird und ob diese notwendige Voraussetzung der Darlehensgewährung ist oder ob diese zu einen günstigeren Zinssatz ermöglicht, ist nach bisherigem Verständnis unerheblich.

Im Rahmen der vorliegenden Entscheidung hat der BFH Stellung zur Einordnung der Avalprovision in den Tatbestand des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG genommen, der tatbestandlich an den Begriff der Schuldzinsen anknüpft. Da der Gesetzgeber den Begriff der Schuldzinsen ertragsteuerrechtlich weder in § 4 Abs. 4a EStG noch in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG definiert hat, ist dieser Begriff auszulegen. Dabei löst sich die Rechtsprechung zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG seit jeher vom engen zivilrechtlichen Verständnis des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB und legen den Begriff wirtschaftlich weit aus.

Schuldzinsen sind nach der Rechtsprechung alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an Gläubiger zu erbringen hat und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits; mithin Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können, BFH vom 29.10.1985 – IX R 56/82, BStBl. 1985 II 143. Diese zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG ergangene Rechtsprechung wurde mit der Entscheidung BFH vom 12.02.2014 – IV R 22/10, BStBl. 2014 II 621 für den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG übernommen. Dem folgt auch die Finanzverwaltung mit Schreiben des BMF vom 02.11.2018 – IV C 6 – S 2144/07/10001:007, BStBl. 2018 I 1207.

Unerheblich ist dabei, ob die Aufwendungen dem Geldgeber oder einem Dritten zufließen, BFH vom 01.10.2002 – IX R 72/99, BStBl. 2003 II 399.

Damit zählen Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) jedenfalls dann zu den Schuldzinsen im Sinne des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird.

Damit stellt sich die Frage, ob die Entscheidungsgrundsätze auf den Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG übertragen werden können. Dafür spricht, dass auch im Rahmen des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG eine wirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen ist. Denn anders als im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG ist der Tatbestand nicht auf Schuldzinsen begrenzt. Der Gesetzgeber spricht vielmehr von Entgelte für Schulden und formuliert daher losgelöst von zivilrechtlich bereits ausgestalteten Begrifflichkeiten. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass im Gewerbesteuerrecht erst Recht eine entsprechend extensive Auslegung geboten ist. Es ist vielmehr zu fragen, ob im Fall der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zwingend eine Zahlung an den Gläubiger zu erfolgen hat oder ob auch Zahlungen an Dritte ausreichend sein können, so wie es in der Entscheidung BFH vom 01.10.2002 – IX R 72/99, BStBl. 2003 II 399 ausreichend war.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Zinsen auf Depotverbindlichkeiten eines Erst- bzw. Rückversicherungsunternehmens

FG München vom 25.07.2022 – 7 K 361/21, EFG 2022, 700

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

§ 8 Nr. 1 GewStG werden bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG erfolgt die Hinzurechnung für die Entgelte für Schulden.

Der Schuldbegriff des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG setzt lediglich ein rechtliches Entstehen der Schuld und eine wirtschaftliche Verursachung voraus. Damit weicht er von dem Begriff des § 240 Abs. 1 HGB und des § 247 Abs. 1 HGB ab[, der einen Leistungszwang gegenüber einem anderen, dem sich der Kaufmann nicht entziehen kann, eine wirtschaftliche Belastung am Abschlussstichtag und eine Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme voraussetzt]. Der Begriff ist nicht durch die Verwendung der Mittel, Umfang der Verbindlichkeit, Dauer des Bestandes der Verbindlichkeit oder andere beschreibende Faktoren abhängig.

Die bei Erstversicherern entstehenden Depotverbindlichkeiten – versicherungstechnische Verbindlichkeitsposten – für das in Rückdeckung gegebene Versicherungsgeschäft (§ 33 Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung) bindet Aktivvermögen nach § 54 Abs. 1 S. 1 VAG. Funktional entspricht das der Situation der versicherungstechnischen Rückstellungen und den aus Versicherungsgeschäften entstandenen Verbindlichkeiten gegenüber Versicherungsnehmen. Für diese wendet die Finanzverwaltung nach A 45 Abs. 9 GewStR 1998 sowie nach den gleichlautenden Ländererlassen vom 02.07.2021, BStBl. 2012 I 654 Rn. 24 in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des BFH vom 04.04.1963 – I 3/62 U, BStBl. 1963 III 264, die auf die Rechtsprechung des RFH vom 26.11.1943 – I D 1/43, RStBl. 1944, 171 zurückgeht, die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG nicht an. Nach Ansicht der Rechtsprechung kommt den versicherungstechnisch gebotenen Rückstellungen, die mit Werten des Deckungsstocks belegt sind, die Funktion eines Sondervermögens zu, das nach §§ 68 bis 78 VAG a.F. zugunsten der Versicherungsnehmer gegen jeden Zugriff Dritter abgesichert ist, BFH vom 21.07.1961 – I 293/61, BStBl. 1967 II 631.

Soweit bei Rückversicherern diese versicherungstechnische Verbindung nicht besteht, weil § 121b VAG a.F. keinen Verweis auf § 66 VAG a.F. enthält, fehlt es gerade an dem Charakter eines Sondervermögens und damit die Rechtfertigung von der Hinzurechnung Abstand zu nehmen.

Auf Ebene eines Rückversicherungsunternehmens greift keine ausnahmsweise zulässige Saldierung von Zinsaufwand und Zinsertrag, wie das bei wechselseits gewährten Darlehen und Darlehen innerhalb eines Cash-Pools denkbar ist, wenn diese wirtschaftlich zusammenhängen. Es bedarf für die Saldierung der Gleichartigkeit, derselben Zweckbestimmung und der tatsächlichen Verrechnung, BFH vom 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. 2019 II 275. Die für eine Saldierung wirtschaftlich zusammenhängender Verbindlichkeiten notwendige wechselseitige Darlehensbeziehung liegt bei der Depotverbindlichkeit eines Rückversicherungsunternehmens nicht vor. Das zeigt sich auch daran, dass die Bildung einer Bewertungseinheit nach § 254 HGB in diesem Fall nicht vorgesehen ist.

Ebenfalls liegt kein durchlaufender Kredit vor. Hiergegen spricht bereits, dass jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten ist, BFH vom 17.07.2019 – III R 24/16, BStBl. 2020 II 48.

§ 19 GewStDV: zur Berücksichtigung bedingter Forderungen als Aktivposten aus Bankgeschäften

FG Berlin-Brandenburg vom 28.06.2022 – 4 K 4039/20, NWB EAAAJ-22174

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag im Sinne des § 6 GewStG. Gewerbeertrag ist nach § 7 S. 1 GewStG der nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelte [und modifizierte] Gewinn des Erhebungszeitraumes, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen.

Zu den Hinzurechnungen hört nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG auch die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden. Aufgrund der Ermächtigung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 lit. e GewStG wurde eine Bereichsausnahme von § 8 Nr. 1 lit. a GewStG in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV geschaffen, die in den letzten Jahren durch den Verordnungsgeber weiterentwickelt wurde.

Insbesondere ist ab dem Erhebungszeitraum 2021 zu beachten, dass Kreditinstitute im Sinne der Vorschrift nur noch diejenigen im Sinne des § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 KWG sind. Bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 stellte die Regelung allein auf im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG ab.

Die Bereichsausnahme des § 35c Abs. 1 S. 2 lit. e GewStG ist Unternehmen eröffnet, die im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr teilnehmen und damit auf das eigentliche Bankgeschäft ausgerichtete Unternehmen sind, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173. Das Gesetz sieht keine Unschädlichkeitsgrenzen für andere Tätigkeiten vor. Nach Ansicht des FG Hessen vom 26.08.2020 – 8 K 622/19, EFG 2020, 1856 ist die Voraussetzung jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Schwerpunkt der Gewinn- und Verlustrechnung in anderen Bereich liegt. [Hinweis: Diese Entscheidung wurde mit Urteil des BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20 aufgehoben.]

Bei Holdinggesellschaften bestanden sodann Zweifel, ob diese Unternehmen ein Kreditinstitut im Sinne der Ermächtigung sein können.

Der Verordnungsgeber knüpfte bei der Bestimmung des Begriffs des Kreditinstitutes an die Regelungen des KWG an. Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen im kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Im Rahmen der Anwendung des § 19 GewStDV ist es unerheblich ob die Erlaubnis nach § 32 KWG vorliegt, BFH vom 16.10.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653, oder diese zumindest beantragt wurde, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 17. Auch ist der im Handelsregister aufgeführte Unternehmensgegenstand ohne Auswirkung auf die Qualifizierung des Unternehmens, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Mithin können auch Konzernfinanzierungsunternehmens und Holdingunternehmen Kreditinstitute nach § 1 Abs. 1 KWG sein, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173.

Nach § 19 Abs. 2 GewStDV ist vorausgesetzt, dass die Bankgeschäfte gegenüber den anderen Geschäften überwiegen. Das ist der Fall, wenn der Durchschnitt aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstitutes nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken der Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, welche Auswirkung die Bedingtheit oder Unbedingtheit der Rückzahlbarkeit der Darlehensforderung auf die Einordnung der Forderung zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 1 GewStG hat. Die Annahme eines Einlagegeschäftes sperrt nicht die Bedingtheit. Das gilt aus systematischen Gründen auch für § 19 Abs. 1 GewStG. Gelddarlehensforderungen zählen nicht zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 GewStG, wenn es an einer unbedingten Rückzahlbarkeit fehlt. Abweichend von der Ansicht der BaFin sind das allerdings nicht Forderungen gegen Gesellschaften, die aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten nicht durchsetzbar sind. Denn diese Art von Treuepflichten kennt die Rechtspraxis nicht. Auch ergibt sich aus dem sog. Konzernrückhalt keine nur bedingt rückzahlbare Forderung. Nicht zu den Bankgeschäften zählen Forderungen, die mit einer originären Bedingung versehen sind, für die der qualifizierte Rangrücktritt erklärt ist oder bei denen eine Teilnahme am Verlust vorgesehen ist.

Zu den Bankgeschäften gehören nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG die Annahme fremder Gelder und anderer Einlagen, deren Rückzahlung unbedingt ist (Einlagegeschäft) und nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG die Gewährung von Darlehen (Kreditgeschäft). Zum Einlagegeschäft gehört auch die Darlehensaufnahme bei einem anderen Kreditinstitut. Bei dem anderen Kreditinstitut liegt in diesem Fall ein Kreditgeschäft vor. Auch die Mittelaufnahmen von einem nicht persönlich haftenden Gesellschafter gehört zu Einlagegeschäft. Im Fall des Einlagegeschäftes ist es unerheblich, ob ein Zins gewährt wird. Der Begriff des Kreditgeschäftes ist ohne Einschränkung formuliert. Daher können Kreditgeschäfte auch mit Konzerngesellschaften getätigt werden. Dabei ist die Herkunft der ausgereichten Mittel unbeachtlich. Soweit sich aus der Rechtsprechung des BFH vom 16.12.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653 und BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173 etwas anderes ergeben sollte, steht das im Widerspruch zu § 19 Abs. 1 GewStDV, der gerade davon ausgeht, dass das Kreditgeschäft nicht (voll) fremdfinanziert ist. Auch würde sich ein solches Verständnis nicht aus § 1 Abs. 1 S. 2 KWG herleiten lassen.

Die Bankgeschäfte werden nach Ansicht der BaFin gewerbsmäßig ausgeübt, wenn die Tätigkeit auf Dauer angelegt und mit Gewinnerzielungsabsicht kann insoweit betrieben wird. Dem hat sich die finanzgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173; FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Die Gewinnerzielungsabsicht aus der Verwendung marktüblicher Zinssätze abgeleitet werden, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133.

Ein in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb ist nach Ansicht der BaFin gegeben, wenn das Einlagengeschäft und das Kreditgeschäft ein Volumen von zusammen EUR 12.500 haben. Dabei ist das Kreditgeschäft mit 2,5 % der Darlehensvaluta zu berücksichtigen. Für den Fall, dass nur ein Einlagegeschäft getätig wird, ist es ausreichend, dass mehr als fünf Personen Einalgen in Höhe von zusammen mehr als EUR 12.500 geleistet haben.

Rechtsfolge der Bereichsausnahme nach § 19 Abs. 1 GewStDV ist, dass nur die Entgelte für Schulden nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG hinzuzurechnen sind, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattungen, Schiffe und Anteilen an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten das Eigenkapital übersteigen.

Verfahrensrecht:

Die Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes ist nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG mit Wirkung ab dem dem 13.12.2010 inhaltlich an die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages gebunden. Die Feststellung des Verlustes kann daher nur mit Erfolg angegriffen werden, wenn der festgestellte Gewerbesteuermessbetrag unzutreffend in die Feststellung des Verlustes eingeflossen ist. Im Übrigen ist die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages anzugreifen.

§ 8 Nr. 1 lit. a: Zinszahlungen an außenstehende Aktionäre nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG auf gezahlte Barabfindungen

FG Münster vom 15.12.2021 – 13 K 1136/18 G, EFG 2022, 416

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinn, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

§ 8 Nr. 1 GewStG werden bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Zinsen für den Zeitraum von der Wirksamkeit eines Ergebnisabführungsvertrages bis zur Ausübung des Optionsrechtes durch außenstehende Aktionäre unterliegen dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG, das nach § 7 S. 1 GewStG auch für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages anwendbar ist. Eine Hinzurechnung dieser Zinsen scheidet mithin aus. Insoweit geht das Gericht von einem weiten Verständnis des Begriffs Ausgleichszahlung in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG aus. Es stützt sich dabei auf die zivilrechtliche Rechtslage, die eine Anrechnung des erhaltenen Ausgleichs nach § 304 AktG auf die Verzinsung nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG vorsieht, BGH vom 16.09.2002 – II ZR 284/01, BGHZ 152, 29.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG erfolgt die Hinzurechnung für die Entgelte für Schulden.

Soweit Zinsen auf den Zeitraum nach der Ausübung des Optionsrechtes bis zur Zahlung der Abfindungserhöhungsbeträge entfallen, sind diese vom Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG nicht erfasst. Sie mindern als Betriebsausgaben den Gewinn und sind einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG zugänglich. Denn insoweit liegt nach den o.g. Grundsätzen keine Ausgleichszahlung im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG vor. Mit der Rückgabe der Aktien entfällt der Anspruch nach § 304 AktG, BGH vom 02.03.2003 – II ZR 85/02, DStR 2003, 2166. Ab diesem Zeitpunkt liegt eine Fremdkapitalüberlassung und mithin liegen Fremdkapitalzinsen vor.

Voraussetzung für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG ist des Weiteren, dass Schulden vorliegen. Schulden im Sinne der Regelung sind Belastungen des Vermögens, die als betrieblich veranlasste Verpflichtungen einem Dritten gegenüber rechtliche entstanden und wirtschaftlich verursacht sind, BFH vom 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. 2019 II 275. Diese Voraussetzungen sind auch im Falle von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten erfüllt, soweit diese entgeltsähnlichen Aufwand abbilden, BFH vom 11.04.1984 – I R 56/80, BStBl. 1984 II 598. [Anmerkung: Das noch für den Fall der Rekultivierungsrückstellung angeführte Argumente, dass diese den laufenden Geschäftsbetrieb betreffen würden und mithin die Voraussetzungen der Dauerschulden im Sinne der früheren Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG nicht erfüllt sind, BFH vom 08.09.1976 – I R 186/74, BStBl. 1977 II 9, ist auf die heutige Gesetzesfassung nicht übertragbar.]

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: (keine) Hinzurechnung von Bauzeitzinsen bei unterjährigem Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen

FG Köln vom 25.11.2021 – 13 K 703/17, NWB WAAAI-04539

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Der Hinzurechnung unterliegen bestimmte Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden. Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG unterliegen Entgelte für Schulden der Hinzurechnung.

Wurden Entgelte für Schulden nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB als Herstellungskosten von Vermögensgegenständen behandelt, fehlt es an einer Minderung des Gewinns, wie es § 8 Nr. 1 GewStG einleitend voraussetzt.

Nach der Rechtsprechung des BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFH/NV 2021, 122 reicht es aus, wenn die entsprechenden Kosten als Herstellungskosten aktiviert worden wären, hätte sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden.

[Hinweis: Gegenstand der zitierten Entscheidung waren Mieten und Pachten.

Da Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB die Fertigungseinzel- und der angemessene Teil der Fertigungsgemeinkosten sind wären die fertigungsbezogenen Mieten und Pachten von Anfang an als Herstellungskosten zu behandeln gewesen. Eine ausstehende Umgliederung hätte es nach diesem Verständnis nicht geben können.

Dem folgend ist der BFH in der zitierten Entscheidung auch der Ansicht der Finanzverwaltung in den gleichlautenden Ländererlassen vom 02.07.2012 nicht gefolgt, da diese eine Hinzurechnung nur dann ausschließen, wenn am Bilanzstichtag eine Aktivierung erfolgt.

Anders verhält es sich mit Zinsen. Diese gehören abweichend von § 255 Abs. 2 HGB nach § 255 Abs. 3 S. 1 HGB nicht zu den Herstellungskosten.

Allerdings dürfen (Wahlrecht) Zinsen nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Bauzeitzinsen).

Da der die Regelung des § 255 HGB im Unterabschnitt Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss des HGB platziert ist, handelt es sich um ein Wahlrecht, dessen Ausübung auf einen Bilanzstichtag zu erfolgen hat. Eine unterjährige Ausübung des Wahlrechtes ist nicht vorgesehen. Eine Aktivierung von Bauzeitzinsen für unterjährig ausgeschiedenen Vermögensgegenstände sieht das Handelsrecht also nicht vor. Das gilt selbst dann, wenn im vorangegangenen Jahresabschluss bereits das Wahlrecht zu Gunsten der Aktivierung ausgeübt wurde.]

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Stückzinsen bei Rückgabe eines Sachdarlehens

BFH vom 07.10.2021 – III R 15/18, BStBl. 2022 II 625

[Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 21.02.2018 – 3 K 3018/15, EFG 2018, 1121]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen die in § 8 GewStG genannten Beträge, wenn sie bei der Emittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Eine Hinzurechnung ist damit ausgeschlossen, wenn ein Geschäftsvorfall nicht zu Aufwand führt. Das ist dann der Fall, wenn ein Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang vorliegt. Wird eine festverzinsliche Anleihe während der Laufzeit erworben, sind zwei Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Zum einen ist dass das Stammrecht sowie die seit dem letzten Zinszahlungszeitpunkt aufgelaufenen Stückzinsen.

Schuldet die steuerpflichtige Person im Rahmen eines Sachdarlehens die Rückgabe eines festverzinslichen Wertpapieres, das sie während der Vertragslaufzeit veräußert hat und zum Ende der Laufzeit zurückerwirbt, hat sie vor der Rückgabe des Wertpapieres zwei Wirtschaftsgüter zu aktivieren. Die verauslagten Stückzinsen führen nicht zu Aufwand.

Aus diesem Grund scheidet eine Hinzurechnung der Differenz zwischen den erhaltenen Stückzinsen bei Veräußerung des festverzinslichen Wertpapieres und dem Rückerwerb des festverzinslichen Wertpapiers vor Fälligkeit des Sachdarlehens, also des wirtschaftlichen Zinsbetrages, aus diesem Grund aus.

Im Übrigen kommt eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG nur für Entgelte für Schulden in Betracht. Hierbei handelt es sich um die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital, BFH vom 09.08.2000 – I R 92/99, BStBl. 2001 II 609. Keine Hinzurechnung erfolgt, soweit Leistungen nicht für die Nutzung oder die Nutzungsmöglichkeit von Fremdkapital erbracht werden.

Damit scheiden Zahlungen an andere Personen als die darlehensgewährende Person im Rahmen der Hinzurechnung aus. Soweit im Rahmen eines Sachdarlehens die schuldende Person die überlassene Sache während der Vertragsdauer veräußert und für den Rückgabezeitpunkt zurückerwirbt und dabei Mehrkosten entstehen, handelt es sich nicht um Zinsen, die gegenüber der darlehensgebetenden Person zu entrichten sind. Es liegen keine Entgelte für Schulden vor.

Für eine abweichende wirtschaftliche Betrachtung besteht kein Spielraum.

Auch ist nicht ersichtlich, dass eine solche Vertragsgestaltung einen Anwendungsfall des § 42 AO bildet.