§ 8 Nr. 1 lit. a: Zinszahlungen an außenstehende Aktionäre nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG auf gezahlte Barabfindungen

FG Münster vom 15.12.2021 – 13 K 1136/18 G, EFG 2022, 416

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinn, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

§ 8 Nr. 1 GewStG werden bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Zinsen für den Zeitraum von der Wirksamkeit eines Ergebnisabführungsvertrages bis zur Ausübung des Optionsrechtes durch außenstehende Aktionäre unterliegen dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG, das nach § 7 S. 1 GewStG auch für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages anwendbar ist. Eine Hinzurechnung dieser Zinsen scheidet mithin aus. Insoweit geht das Gericht von einem weiten Verständnis des Begriffs Ausgleichszahlung in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG aus. Es stützt sich dabei auf die zivilrechtliche Rechtslage, die eine Anrechnung des erhaltenen Ausgleichs nach § 304 AktG auf die Verzinsung nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG vorsieht, BGH vom 16.09.2002 – II ZR 284/01, BGHZ 152, 29.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG erfolgt die Hinzurechnung für die Entgelte für Schulden.

Soweit Zinsen auf den Zeitraum nach der Ausübung des Optionsrechtes bis zur Zahlung der Abfindungserhöhungsbeträge entfallen, sind diese vom Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG nicht erfasst. Sie mindern als Betriebsausgaben den Gewinn und sind einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG zugänglich. Denn insoweit liegt nach den o.g. Grundsätzen keine Ausgleichszahlung im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG vor. Mit der Rückgabe der Aktien entfällt der Anspruch nach § 304 AktG, BGH vom 02.03.2003 – II ZR 85/02, DStR 2003, 2166. Ab diesem Zeitpunkt liegt eine Fremdkapitalüberlassung und mithin liegen Fremdkapitalzinsen vor.

Voraussetzung für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG ist des Weiteren, dass Schulden vorliegen. Schulden im Sinne der Regelung sind Belastungen des Vermögens, die als betrieblich veranlasste Verpflichtungen einem Dritten gegenüber rechtliche entstanden und wirtschaftlich verursacht sind, BFH vom 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. 2019 II 275. Diese Voraussetzungen sind auch im Falle von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten erfüllt, soweit diese entgeltsähnlichen Aufwand abbilden, BFH vom 11.04.1984 – I R 56/80, BStBl. 1984 II 598. [Anmerkung: Das noch für den Fall der Rekultivierungsrückstellung angeführte Argumente, dass diese den laufenden Geschäftsbetrieb betreffen würden und mithin die Voraussetzungen der Dauerschulden im Sinne der früheren Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG nicht erfüllt sind, BFH vom 08.09.1976 – I R 186/74, BStBl. 1977 II 9, ist auf die heutige Gesetzesfassung nicht übertragbar.]

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