§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG: Hinzurechnung von Entgelten der Reiseveranstalter für die Überlassung von Hotels, Hotelzimmern und beweglichen Wirtschaftsgütern sowie Hotelzimmerkontingente deren Bewirtschaftung nicht übernommen wurde

BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51

[Vorinstanz: FG Münster vom 04.02.2016 – 9 K 1472/13 G, EFG 2016, 925]

Nach § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG unterliegen der Hinzurechnung Miet-und Pachtzinsen, die die steuerpflichtige Person für die Überlassung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aufwendet, die im Eigentum einer anderen Person stehen.

Für die Zuordnung des Wirtschaftsgutes zum Anlagevermögen wird das Eigentum der mietenden bzw. pachtenden Person voraussetzungslos fingiert, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Die Fiktion beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer des Miet- bzw. Pachtverhältnisses.

Eine Fiktion der Eigenschaft als Anlagevermögen erfolgt damit nicht. Ob das Wirtschaftsgut dem Anlagevermögen zuzuordnen ist, richtet sich nach § 247 Abs. 2 HGB. Hiernach erfolgt eine Zuordnung zum Anlagevermögen, wenn und sowie Vermögensgegenstände dem Betrieb auf Dauer zu dienen bestimmt sind. Das sind Vermögensgegenstände, die zum Gebrauch im Betrieb bestimmt sind. Nicht zum Anlagevermögen rechnen daher Gegenstände, die zum Verbrauch oder Verkauf bestimmt sind, BFH vom 31.05.2001 – IV R 73/00, BStBl. 2001 II 673.

Die der Zuordnung des Wirtschaftsgutes zum Anlagevermögen orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betrieb. Dabei sind der subjektive Wille des Geschäftsführers ebenso wie objektive Merkmale zu berücksichtigen. Anhaltspunkt sind insoweit die Art des Wirtschaftsgutes, die Art und Dauer der Verwendung des Wirtschaftsgutes im Betrieb, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Es kommt also darauf an, dass das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Damit sind die Produktionsmittel dem Anlagevermögen zuzuordnen, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960.

Maßgeblich für die Einordnung der Funktion des Wirtschaftsgutes im Unternehmen ist der Geschäftsgegenstand des Unternehmens unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFHE 255, 280. Dabei darf die Fiktion des Eigentums nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- / Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Auf der anderen Seite ist die bestehende Rückgabepflicht aus dem Miet- / Pachtverhältnis bei der Beurteilung der Anlagevermögensqualität ebenfall außer Acht zu lassen.

Im Ergebnis ist daher zu fragen, ob der Geschäftszweck des Unternehmens das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Dabei ist entscheidend, ob sich die Tätigkeit der steuerpflichtigen Person wirtschaftlich nur dann sinnvoll ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148.

Umgekehrt scheidet eine Zuordnung zum Anlagevermögen hiernach aus, wenn die Gegenstände nicht für den ständigen Gebrauch im Betrieb vorzuhalten gewesen wären und diese damit nicht dem auf Dauer gewidmenten Betriebskapital (Anlagevermögen als das dauerhafte Betriebskapital) zugehörig wären, BFH vom 30.03.1991 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810.

Der zur Entscheidung berufene III. Senat weist sodann darauf hin, dass die Anknüpfung an den Begriff des Anlagevermögens inhaltsleer wäre, würde jede Miete / Pacht letztlich dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, da ein Verbrauch der Miet- / Pachtsache ebenso wie ein Verkauf dieser gedanklich wegen der Rückgabeverpflichtung ausscheidet.

Damit deckt der III. Senat des BFH letztlich das eigentliche Dilemma des Tatbestandes auf und führt dieses einer Entscheidung zu. Ob es dieser Entscheidung bedurft hätte, hätten die Gerichte die grundlegende Frage in den Vordergrund gestellt, welcher Rechtsnatur die Beherrbergungsleistung in Bezug auf das gesamte bewirtschaftete Hotel bzw. einzelne Hotelzimmer oder auch die Hotelzimmerkontingentverträge waren, ist an dieser Stelle fraglich. Jedenfalls darf nicht übersehen werden, dass die Argumentation des III. Senates auch auf andere Fallkonstellationen übertragen werden kann, so dass auch in diesen Konstellationen künftig eine Hinzurechnung ausscheiden dürfte.

Einschränkend führt der Senat jedoch aus, dass auch eine kurzzeitige Miete / Pacht die Zuordnung des Gegenstandes zum Anlagevermögen nicht ausschließt, BFH vom 30.03.1991 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810. Denn ein dauerndes Dienen im Sinne des Begriffes des Anlagevermögen ist gerade nicht auf die Ewigkeit gerichtet, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 980. Entscheidend ist vielmehr, dass derartige Gegenstände ständig für den Gebrauch im Betrieb benötigt werden. Das ist bereits für den Fall der Weitervermietung von Containern, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148, sowie für den Fall der Nutzung gleichartiger Bestuhlung und Beschallungsanlagen zur eienen Nutzung in Sälen und Stadien, BFH vom 30.03.1991 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810, entschieden worden.

Nach Ansicht des zur Entscheidung berufenen Senates erfordert das Geschäftsmodell des Reiseveranstalters typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen unbeweglichen und beweglichen Wirtschaftsgüter, sondern eine zeitlich begrenzte Nutzung von Wirtschaftsgütern, deren Produkteigenschaft kurzfristig an sich wandelnde Markterfordernisse angepasst werden können.

Soweit der III. Senat allerdings unter Bezugnahme auf BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960 ausgeführt hat, dass die Verwendung einer Sache als Produktionsmittel diese dem Anlagevermögen zuordnet und sodann erkennt, dass ein Reiseveranstalter die eingekauften Beherrbergungsleistungen, zu denen auch die Überlassung (un-)beweglicher Wirtschaftsgüter zählt, bündelt und dann als Pauschalreise am Markt anbietet, kommen Zweifel an der Entscheidung auf. Denn es werden gerade nicht die fiktiv im Eigentum stehenden Hotels, Hotelzimmer und Einrichtungsgegenstände dazu eingesetzt, um die Übernachtungsleistung bzw. Beherrbergungsleistung zu „produzieren“. Bezieht das Unternehmen jedoch gar keine Überlassungsleistungen, sondern andere Dienstleistungen in Form einer Beherrbergungsdienstleistung, würde sich die Hinzurechnungsfrage erst gar nicht stellen. Insoweit lägen dann auch dem Umlaufvermögen zuzuordnende Eingangsleistungen vor.