Praktisches Gewerbesteuerrecht 2025

Hybride Tagung am Montag, den 30. Juni 2025 im Zeitraum von 9:00 Uhr bis 17:45 Uhr in Solingen und als Livestream

Referenten:

Richter am Bundesfinanzhof Dr. Christian Graw

Regierungsdirektor Thomas Schöneborn, LL.M., Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Aachen

RA/FAStR/StB Stefan Liedtke, LL.M., Crowe BPG

Aktuelles aus Gesetzgebung und Verwaltung

Der Koalitionsvertrag und seine Auswirkungen auf die Gewerbesteuer

A. Gewerbesteuerpflicht

  • Beginn der sachlichen Steuerpflicht einer Personengesellschaft

BFH vom 20.02.2025 – IV R 23/22

  • Aufwärtsabfärbung, § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG

BFH vom 05.09.2023 – IV R 24/20

BFH vom 04.02.2024 – VIII R 1/22

  • Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

BFH vom 21.11.2024 – IV R 26/22

B. Hinzurechnungen

  • Finanzierungsaufwendungen, § 8 Nr. 1 lit. a GewStG

BFH vom 19.11.2024 – VIII R 26/21 – Ausgleichszahlungen bei Zins-Swaps

FG Münster vom 30.11.2023 – 10 K 2062/20 G (III R 6/24) – Konzernfinanzierungsgesellschaften

  • Mieten / Pachten, § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG

BFH vom 17.10.2024 – III R 33/22

BFH vom 16.09.2024 – III R 36/22

FG Baden-Württemberg vom 07.10.2024 – 10 K 953/22 (III R 39/24)

  • Rechteüberlassung, § 8 Nr. 1 lit. f GewStG

FG Berlin-Brandenburg vom 14.12.2022 – 11 K 11252/17 (NZB: IV B 7/23; nach Zulassung: IV R 26/23)

C. Kürzungen

  • einfache Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG
  • erweiterte Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG

BFH vom 17.10.2024 – III R 1/23 – Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im laufenden Erhebungszeitraum

BFH vom 11.01.2024 – IV R 24/21 – Vermietung eines Hotelgrundstücks

BFH vom 13.06.2024 – III R 26/21 – Verschaffung von Dienstleistungen

BFH vom 11.07.2024 – III R 41/22 – Weitervermietungsmodell

BFH vom 22.02.2024 – III R 13/23 – umgekehrte Betriebsaufspaltung

BFH vom 30.10.2024 – IV R 19/22 – Betriebsverpachtung

D. Verluste

  • Sanierungsgewinne, § 7b GewStG

BFH vom 10.10.2024 – IV R 1/22 / BFH vom 10.10.2024 – IV R 2/22

  • Verfahrensrecht

BFH vom 11.01.2024 – IV R 25/21 – Bindungswirkung der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes

BFH vom 25.04.2024 – XI R 18/22 – Berücksichtigung verlusterhöhender Tatsachen bei Nullfeststellung

BFH vom 23.02.2024 – IX B 118/22 – Feststellungsverjährung bei Verlustfeststellungsbescheiden

  • Unternehmeridentität

BFH vom 01.02.2024 – IV R 26/21 – einbringungsbedingter Übergang des Gewerbeverlustes

  • Unternehmensidentität

BFH vom 25.04.2024 – III R 30/21 – Gewerbeverlust nach Anwachsung

  • Kapitalgesellschaften

E. Zuteilung und Zerlegung

  • Bestimmung des Steuergläubigers

BFH vom 03.12.2024 – IV R 5/22

  • sachliche und örtliche Zuständigkeit

BFH vom 07.11.2024 – III R 27/23 / BFH vom 07.11.2024 – III R 28/23

  • Zerlegungsrecht

BFH vom 15.05.2024 – IV R 21/21 – mehrgemeindliche Betriebsstätten – Bindungswirkung der Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG

BFH vom 15.05.2024 – IV R 22/21 – nachträglich bekannt gewordene Tatsachen

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im Laufe eines Erhebungszeitraums – hier zu Beginn des 31.12.

Dieser Inhalt ist passwortgeschützt. Um ihn anzuschauen, geben Sie bitte Ihr Passwort unten ein:

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Vermietung und Verpachtung an Organkreisgesellschaft zum Zwecke der Weitervermietung und Verpachtung (Weitervermietungsmodell)

Dieser Inhalt ist passwortgeschützt. Um ihn anzuschauen, geben Sie bitte Ihr Passwort unten ein:

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: gewerbliche Nebenleistung in Form der Verschaffung von Dienstleistungen

Dieser Inhalt ist passwortgeschützt. Um ihn anzuschauen, geben Sie bitte Ihr Passwort unten ein:

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung

FG Hamburg vom 15.05.2024 – 2 K 76/22, NWB EAAAJ-73344

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Die Rechtsprechung versteht die Ausschließlichkeit in zweifacher Hinsicht. So ist die Ausschließlichkeit gegenständlich auf eigenen Grundbesitz und eigenes Kapitalvermögen begrenzt. Darüber hinaus ist sie nach Art, Umfang und Intensität der Tätigkeit darauf begrenzt, dass dieses Vermögen verwaltet oder genutzt wird, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405.

Hinsichtlich der Bestimmung des Grundbesitzes ist auf das Bewertungsgesetz verwiesen, BFH vom 19.12.2023 – IV R 5/21, BFH/NV 2024, 584. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG gehören zum Grundvermögen der Grund und Boden, die Gebäude und die sonstigen Bestandteile sowie das Zubehör. Nicht zum Grundbesitz zählen Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtung), auch wenn sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks im Sinne des § 94 BGB sind, § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG. Betriebsvorrichtung ist ein Gegenstand, durch den das Gewerbe unmittelbar betrieben wird.

Zur Abgrenzung von Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen ist auf die Erfordernis im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes bzw. des Dienens im Rahmen des unmittelbaren Betreibens des Gewerbes abzustellen, BFH vom 19.12.2023 – IV R 5/21, BFH/NV 2024, 584. Ein unmittelbares Betreiben des Gewerbes setzt einen ähnlichen engen Zusammenhang zwischen Betriebsvorrichtung und Betriebsablauf voraus, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Nicht ausreichend ist hingegen die Nützlichkeit, die Notwendigkeit oder gar die diesbezüglichen gewerbepolizeilichen Vorgaben für den Betrieb.

Personenaufzüge und Rolltreppen dienen bei mehrgeschossigen Gebäuden der Benutzung des Gebäudes als Ersatz für Treppen und haben damit eine Gebäudefunktion. Sie sind daher keine Betriebsvorrichtungen. Lastenaufzüge haben hingegen eine betriebliche Funktion, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Denn sie stehen in einem besonderen Verhältnis zu dem in dem Gebäude betriebenen Gewerbebetrieb, BFH vom 07.10.1977 – III R 48/76, BStBl. 1978 II 186. Das gilt auch für Paletten-Förderanlagen, die bei der Zwischenlagerung von Gütern eingesetzt werden, die im Betrieb Verwendung finden.

Soweit die Rechtsprechung eine Ausnahme von dem Erfordernis der Ausschließlichkeit dahingehend annimmt, dass dieses nicht verletzt ist, wenn die Betriebsvorrichtung zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksnutzung ist, BFH vom 15.06.2023 – IV R 6/20, BFH/NV 2023, 1190. Dabei wird zwingend notwendig in der Rechtsprechung als unentbehrlich verstanden, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405. Ob eine Unentbehrlichkeit vorliegt ist anhand der Marktlage für vergleichbare Grundstücke festzustellen, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Unerheblich ist dabei, welchen Einfluss das Vorhandensein auf den Betrieb der mietenden Partei hat, da sonst aus der Nutzung durch die mietende Partei die Unentbehrlichkeit zwingend erwachsen würde, FG Berlin-Brandenburg vom 22.11.2022 -6 K 6066/21, EFG 2023, 783. Unerheblich ist auch, ob das Vorhandensein in der Praxis üblicherweise gegeben ist und hieraus eine positive Ergebnisentwicklung für das Unternehmen gegeben ist, BFH vom 05.03.2008 – I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359.

Diese Ausnahme liegt im Fall notwendiger Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungswirtschaft, wie beispielsweise bei Heizungsanlagen, Gartenanlagen oder ähnlichen Anlagen, vor, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405. Die Ausnahme ist jedoch nicht einschlägig, wenn hiermit positive Einkünfte generiert werden, da das Vorhandensein zweckmäßig ist. Dem entgegen ist eine Paletten-Förderanlage jedenfalls dann nicht zwingend notwendig, wenn auch ein Lastenaufzug vorhanden ist. Im Regelfall verfügen, nach Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen, mehrgeschossige Gebäude zumeist nicht über eine Paletten-Förderanlage, sondern über einen Lastenaufzug. Unerheblich ist auch, dass die Miete für die Geschosse, die nur mittels Lastenaufzug zu erreichen sind, geringer ist, als für diejenigen, die ebenerdig liegen.

Nicht entscheidungserheblich war die Ansicht des FG Düsseldorf vom 23.11.2023 -14 K 1037/22/ G, F, EFG 2024, 311, dass bei einer schwer oder nur mit erheblichen Aufwand zu entfernende Anlage ein Indiz für eine zwingende Notwendigkeit vorliegt.

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: vorherige Übereignung von Hotelinventar mit der Maßgabe der späteren Rückübereignung

Dieser Inhalt ist passwortgeschützt. Um ihn anzuschauen, geben Sie bitte Ihr Passwort unten ein:

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Einfluss der Betriebsverpachtung auf die erweiterte Grundbesitzkürzung

BFH vom 19.12.2023 – IV R 5/21, BStBl. 2024 II 845

[Vorinstanz: FG Münster vom 06.12.2019 – 14 K 3999/16 G, GmbH-StB 2021, 325]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt und daneben keine anderen als die Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden und sofern und soweit die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Grundlegende Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Im Fall eine Betriebsaufspaltung scheidet die erweiterte Kürzung daher für das Besitzunternehmen aus, da diesem die gewerbliche Tätigkeit des Betriebsunternehmens im Rahmen der Merkmalszurechnung zugerechnet wird. Soweit das Besitzunternehmen auch die Voraussetzungen der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt, ergibt sich die Gewerblichkeit der Betätigung vorrangig aus der Merkmalszurechnung. Denn insoweit liegt eine originäre gewerbliche Betätigung vor.

Entfällt im Rahmen der Betriebsaufspaltung die persönliche Verflechtung, endet die Zurechnung der betrieblichen Merkamle der Betriebsgesellschaft. Die Besitzgesellschaft erzielt ab dann grundsätzlich vermögensverwaltende Einkünfte. Etwas anderes ergibt sich jedoch für den Fall, dass die Besitzgesellschaft gewerblich geprägt ist und sie fortan gewerbliche Einkünfte aufgrund der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erzielt. In diesem Fall liegt ein Übergang von der originär gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Merkmalszurechnung hin zu einer gewerblichen Prägung vor.

Davon unabhängig kann sich eine gewerbliche Tätigkeit der Besitzgesellschaft auch daraus ergeben, dass die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung vorliegen. Dieses Rechtsfolge ist jedoch rein einkommensteuerrechtlicher Art, denn gewerbesteuerlich endet der werbende Betrieb mit dem Beginn der Betriebsverpachtung. Selbst bei Vorliegen einer Betriebsverpachtung würde sich hieraus also keine gewerbliche Tätigkeit des Besitzunternehmens begründen.

Soweit die Gesellschaft der Gewerbesteuer unterliegt bemisst sich diese nach § 6 GewStG nach dem Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt und daneben keine anderen als die Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden und sofern und soweit die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Allerdings führt das Vorliegen einer Betriebsverpachtung regelmäßig zum Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot der erweiterten Grundbesitzkürzung. Denn die Betriebsverpachtung setzt voraus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände, verpachtet werden, BFH vom 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. 1964 III 124. [Hinweis: Im Urteilsfall noch nicht anzuwenden war § 16 Abs. 3b EStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011, BGBl. 2011 I 2131, das nach § 52 Abs. 34 EStG erstmals für Betriebsaufgaben zur Anwendung kommt, die nach dem 04.11.2011 erklärt wurden.] Die Bestimmung der wesentlichen Betriebsgegenstände erfolgt aufgrund funktionaler Betrachtung der sachlichen Erfordernisse nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des Betriebes, BFH vom 17.04.2019 – IV R 12/16, BStBl. 2019 II 745. Typischerweise umfasst die Betriebsverpachtung die Überlassung einer Mehrzahl verschiedener Wirtschaftsgüter, wie Grundvermögen sowie Vermögen anderer Art, BFH vom 29.10.1992 – III R 5/92, BFH/NV 1993, 233. Es läge dann keine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vor. Es ist jedoch zu beachten, dass bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen die gewerblich genutzten Räumlichkeiten grundsätzlich die einzigen wesentlichen Betriebsgrundlagen sind, BFH vom 07.11.2013 – X R 21/11, BFH/NV 2014, 676. Dem beweglichen Anlagevermögen kommt in diesen Fällen in der Regel nicht die Qualität einer wesentlichen Betriebsgrundlage zu, BFH vom 11.10.2007 – X R 39/04, BStBl. 2008 II 220. Daher verstößt eine Betriebsverpachtung nicht zwingend gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.

Außerhalb der Betriebsverpachtung liegt ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot vor, wenn nicht lediglich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wird.

Was Grundbesitz im Sinne der Norm ist, bestimmt sich nach bewertungsrechtlichen Grundsätzen, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Zum bewertungsrechtlichen Grundbesitz gehört nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 BewG ist das Erbbaurecht ebenfalls Teil des Grundbesitzes sowie die Gebäude auf fremden Grund und Boden und die sonstigen Fälle, in denen die Gebäude einer anderen Person zuzurechnen sind, als der Person, der das Eigentum am Grund und Boden zusteht, selbst wenn die Gebäude wesentliche Bestanteile des Grund und Bodens geworben sind, § 70 Abs. 3 BewG. Darüber hinaus rechnen zum Grundbesitz das Wohneigentum, das Teileigentum, das Wohnungserbbaurecht und das Teileerbbaurecht, § 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG. Sondernutzungsrechte bestimmen den Inhalt von Wohnungs- und Teileigentum und unterliegen daher keiner gesonderte Betrachtung.

Gehören zum Unternehmensvermögen neben Grundvermögen noch weitere Wirtschaftsgüter, sind diese nur dann kürzungsschädlich, wenn sie zur Nutzung überlassen werden. Unschädlich ist dem entgegen, wenn die Wirtschaftsgüter ausdrücklich von der Nutzungsüberlassung ausgenommen sind.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Betriebsverpachtung in Fällen, in denen das Betriebsgrundstück die wesentliche Betriebsgrundlage bildet

FG Düsseldorf vom 23.11.2023 – 14 K 1037/22 G, F, NWB RAAAJ-59059

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Grundlegende Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Wird ein Betrieb im Ganzen verpachtet (Betriebsverpachtung), entfällt das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG. Ertragsteuerlich ist fortan keine originäre gewerbliche Tätigkeit mehr gegeben. Denn Voraussetzung der Betriebsverpachtung ist es, dass der Betrieb im Ganzen als geschlossener Organismus oder zumindest alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebes verpachtet werden und die verpachtende Partei in der Folge sich selbst nicht mehr am wirtschaftlichen Verkehr beteiligen kann. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind dabei diejenigen Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsfortführung zukommt, BFH vom 17.04.1997 – VIII R 2/95, BStBl. 1998 II 388. Ist die einzige wesentliche Betriebsgrundlage ein Grundstück, kann die Vermietung dieses Grundstücks die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung erfüllen, BFH vom 29.10.1992 – III R 5/92, BFH/NV 1993, 233. Das ist im Fall eines Einzelhandelsbetriebes regelmäßig gegeben, BFH vom 06.11.2008 – IV R 51/07, BStBl. 2009 II 303. Ertragsteuerlich führt die Betriebsverpachtung jedoch nicht zur Betriebsaufgabe und zur Versteuerung der stillen Reserven. Ertragsteuerlich wird der Gewerbebetrieb vielmehr fortgeführt, solange die steuerpflichtige Person nicht die Betriebsaufgabe erklärt, BFH vom 13.11.1963 – GrS 1/63, BStBl. 1964 III 124.

Abweichend davon endet die sachliche Gewerbesteuerpflicht unabhängig von der (ertragsteuerlichen) Aufgabeerklärung mit dem Beginn der Betriebsverpachtung, da nicht nur die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr entfallen ist, sondern auch die, die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines originären Gewerbebetriebes begründende, werbende Tätigkeit.

Damit kommt die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung in Betracht. Allerdings ist unabhängig vom Bestehen der sachlichen Gewerbesteuerpflicht Voraussetzung der erweiterten Grundbesitzkürzung, dass in quantitativer, qualitativer und zeitlicher Hinsicht ausschließlich die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erfolgt und daneben lediglich Tätigkeiten ausgeübt werden, die gesetzlich als zulässige Nebentätigkeiten benannt sind, und kein Ausschluss der Anwendung nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG erfolgt. Besteht die Betriebsverpachtung lediglich in der Vermietung von Grundbesitz, verstößt das nach Ansicht des angerufenen Finanzgerichts nicht gegen die qualitative Ausschließlichkeit, a.A. FG Düsseldorf vom 22.06.2022 – 2 K 2599/18 G, EFG 2022, 1392; FG Münster vom 06.12.2019 – 14 K 3999/16 G, GmbH-StB 2021, 328.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist hingegen ausgeschlossen, wenn neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes die Verwaltung und Nutzung beweglicher Wirtschaftsgüter erfolgt.

Nicht zu einem Ausschluss kommt es, wenn sich bewegliche Wirtschaftsgüter im Eigentum der steuerpflichtigen Gesellschaft befinden, die nicht Gegenstand einer Überlassung sind und denen keine eigene Funktion im Sinne eines Wertspeichers zukommt. Daher ist die Einlagerung von Inventarstücken der überlassenen Immobilie – auch in der Immobilie – für die erweiterte Grundbesitzkürzung unschädlich, wenn diese nicht Gegenstand der Nutzungsüberlassung sind.

Schädlich ist jedoch die Überlassung von Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG, denn diese sind steuerlich nicht Teil des Grundvermögens. Hierbei handelt es sich um sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören und zwar auch dann, wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Wegen des Bezuges zu einer Betriebsanlage setzt die Betriebsvorrichtung voraus, dass das Unternehmen damit unmittelbar betrieben wird, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Daher ist ein Lastenaufzug in einem Warenhaus, anders als ein Personenaufzug, eine Betriebsvorrichtung, BFH vom 05.03.1971 – III R 90/69, BStBl. 1971 II 155. Denn mittels des Lastenaufzugs wird das Gewerbe unmittelbar betrieben, BFH vom 07.10.1977 – III R 48/76, BStBl. 1978 II 186. Dem entgegen hat ein Personenaufzug die Funktion einer Treppe und dient der Benutzung des Gebäudes, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Im Ausnahmefall kann der Verstoß gegen das qualitative Ausschließlichkeitsgebot zudem unbeachtlich sein. Das ist dann der Fall, wenn die zusätzliche Überlassung zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundbesitzverwaltung und -nutzung ist. Dabei ist darauf abzustellen, ob die zusätzliche Überlassung bei Abschluss vergleichbarer Mietverträge als zwingend notwendig im Sinne einer Unentbehrlichkeit angesehen wird. Das ist im Fall eines Lastenaufzugs in einem Warenhausgebäude der Fall. Keine Betriebsvorrichtungen sind Verladerampen, die aus einer Betonrampe und einem Blech bestehen, das zur Überbrückung der Betonrampe und dem anfahrenden LKW dient, BFH vom 10.07.1964 – III 159/60 U, BStBl. 1964 III 523. Verladerampen haben eine Zugangsfunktion zum Gebäude, FG Düsseldorf vom 24.02.2023 – 10 K 1672/20 G, EFG 2023, 651.