§ 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG: Batteriegroßspeicheranlagen

oberste Finanzbehörden der Länder vom 13.11.2023, NWB NAAAJ-52446

Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, so ist der Gewerbesteuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile zu zerlegen, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Zerlegungsmaßstab ist grundsätzlich das Verhältnis der Arbeitslöhne der Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden zueinander, § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG. Bei Betrieben, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungswärme betreiben ein hiervon abweichender Maßstab.

Nach Ansicht der obersten Finanzbehörden der Länder stellen Batteriegroßspeicheranlagen, die ausschließlich Strom aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie speichern, Anlagen zur Erzeugung von Strom dar, da diese eine Doppelrolle als Letztverbraucher und Energieerzeuger einnehmen.

§ 28 Abs. 1 GewStG, § 12 S. 1 AO:

BFH vom 07.06.2023 – I R 47/20

Nach § 28 Abs. 1 GewStG ist der Gewerbeertrag zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind.

Der Begriff der Betriebsstätte ist im Zerlegungsrecht nicht gesondert definiert, so dass auf die allgemeine Definition des § 12 AO zurückgegriffen werden kann.

Betriebsstätte im Sinne des § 12 S. 1 AO ist eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die die steuerpflichtige Person nicht nur vorübergehend Verfügungsmacht hat, BFH vom 03.02.1993 – I R 80-81/91, BStBl. 1993 II 462.

Die nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht setzt voraus, dass die steuerpflichtige Person eine ihr nicht ohne weiteres entziehbare Rechtsposition inne hat („selbständiger Nutzungsanspruch“). Die Nutzungsmacht muss nicht ausschließend sein, BFH vom 18.03.2009 – III R 2/06, BFH/NV 2009, 1457. Nicht ausreichend ist eine tatsächliche Mitbenutzung, die Berechtigung zur Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922. Dabei ist die Verfügungsmacht über Spinden und Schließfächer für die Aufbewahrung persönlicher Gegenstände der am Ort tätigen Personen nicht ausreichend. Ausreichend kann jedoch ein Schließfach für die Aufbewahrung von Werkzeugen der steuerpflichtigen Person am Ort der Tätigkeit sein, BFH vom 09.01.2019 – I B 138/17, BFH/NV 2019, 681.

Die Einrichtung oder Anlage muss der Tätigkeit der steuerpflichtigen Person unmittelbar dienen, BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20, BStBl. 2022 II 844. Dazu muss dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt werden und sich in der Bindung eine gewisse „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der Tätigkeit ausdrücken, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922. Das Sichaufhalten und Tätigwerden mit eigenem Werkzeug in fremden Räumlichkeiten, um die Arbeiten zu verrichten, führt nicht dazu, dass die Einrichtung oder Anlage der Tätigkeit der steuerpflichtigen Person unmittelbar dient.

§ 33 Abs. 1 GewStG: Nichtberücksichtigung der Honorare von selbständigen Handelsvertretern

Hessisches FG vom 29.11.2022 – 8 K 700/21, NWB LAAAJ-36760

Der Gewerbesteuermessbetrag unterliegt der Zerlegung nach §§ 28ff. GewStG, wenn die steuerpflichtige Person innerhalb des Erhebungszeitraumes in mehreren Gemeinde Betriebsstätten unterhält, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG. Vorbehaltlich des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG erfolgt die Zerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne. Führt die Zerlegung nach Arbeitslöhnen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, ist die Zerlegung nach einem Maßstab durchzuführen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt, § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Maßstab der Prüfung des offenbar unbilligen Ergebnisses ist der gesetzlich verfolgte Zweck der Zerlegung, die Umsetzung des tragenden Besteuerungsgedankens der Gewerbesteuer, des Äquivalenzprinzips. Den Gemeinden soll ein Ausgleich für diejenigen Gemeindelasten, die durch die Betriebsstätte des Unternehmens im Gemeindegebiet erwachsen, in Form einer Steuerquelle zustehen. Eine Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen auf die verschiedenen Gemeinden, in deren Gebiet sich eine Betriebsstätte befindet, dürfte anhand der konkreten Lasten kaum möglich sein. Denn diese lassen sich im Besteuerungsverfahren nicht bestimmen. Soweit der Gesetzgeber die Lasten als Arbeitnehmerfolgelasten versteht, hat er als Maßstab der Aufteilung der Besteuerungsgrundlage auf verschiedene Gemeinden an das Verhältnis der Arbeitslöhne abgestellt. Dabei hat der Gesetzgeber sich auch davon leiten lassen, dass dieses Verhältnis leicht zu ermitteln ist. Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung dieses Aufteilungsmaßstabes erkannt und in Kauf genommen, dass dieser stark typisierend ist und im Einzelfall zu ungewollten Ergebnissen führen kann. Zur Absicherung der Typisierung hat der Gesetzgeber für offenbar unbillige Ergebnisse der Zerlegung eine Ausnahmeregelung in § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG geschaffen. Dieser Tatbestand kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn die Tatumstände derart außergewöhnlich sind, dass die Zerlegung nach Arbeitslöhnen den Interessensausgleich zwischen den hebeberechtigten Gemeinden nicht gewährleisten kann. Nicht ausreichend ist daher eine sich bereits aus der Methode der Zerlegung nach § 29 GewStG ergebende Unbilligkeit, BFH vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007 II 836. Notwendig ist vielmehr eine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht, BFH vom 17.02.1993 – I R 19/92, BStBl. 1993 II 679. Eine solche erfordert ein deutliches Missverhältnis zwischen der unmittelbaren Belastung der einzelnen Gemeinden durch die Betriebsstätten einerseits dem ihr zugewiesenen Zerlegungsanteil andererseits. Dabei ist die Belastung der Gemeinden anhand der Arbeitnehmerfolgekosten zu bestimmen. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Zerlegungsanteil nach Arbeitslöhnen in einer Gemeinde durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern auf null reduziert wird, BFH vom 26.02.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836. Etwas anderes gilt jedoch für den Einsatz von Handelsvertretern, BFH vom 06.08.1962 – I B 212/59, DB 1962, 1493, BFH vom 12.07.1960 – I B 47/59 S, BStBl. 1960 III 386. [Hinweis: Aber auch andere Lasten der Gemeinde können Berücksichtigung finden.]

Die Belastungen der Gemeinde durch Arbeitnehmerfolgekosten oder in anderer Art und Weise sind durch die hebeberechtigte Gemeinde darzulegen, sollten diesen nicht erkennbar sein.

§ 29 Abs. 1 S. 2 GewSt i.d.F. des FoStoG

Einführung der Zerlegung nach dem Verhältnis der installierten Leistung für Betriebe die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderer Energieträger aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben.

§ 28 Abs. 1 S. 2 GewStG, § 30 GewStG: mehrgemeindliche Betriebsstätte bei Versorgungsunternehmen

BFH vom 18.02.2021 – III R 8/19

Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden ist der Steuermessbetrag auf die einzelnen Gemeinden zu zerlegen, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Das gilt auch in den Fällen, in denen sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt, § 28 Abs. 1 S. 2 GewStG.

Erstreckt sich eine Betriebsstätte au mehrere Gemeinden, ist der Steuermessbetrag auf die Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, § 30 GewStG.

Voraussetzung für die Annahme einer mehrgemeintlichen Betriebsstätte im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 2, § 30 GewStG ist es, dass der auf auf jede beteiligte Gemeinde entfallende Anteil an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt, BFH vom 08.03.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735.

Das gewerbesteuerliche Zerlegungsrecht kennt keinen eigenständigen Zerlegungsbegriff. Daher ist auch für Zwecke der gewerbesteuerlichen Zerlegung auf den Betriebsstättenbegriff des § 12 AO zurückzugreifen, vgl. BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Das Vorliegen einer Betriebsstätte im Sinne des § 12 S. 1 AO setzt voraus, dass Geschäftseinrichtungen oder Anlagen mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche vorhanden sind, die von gewisser Dauer ist, über die der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehend Verfügungsmacht hat, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat die steuerpflichtige Person, wenn sie eine Rechtsposition innehat, die ihr nicht ohne Weiteres entzogen werden kann. Nicht ausreichend ist die rein tatsächliche Nutungsmöglichkeit, die tatsächliche Mitbenutzung sowie die bloße Berechtigung zur Nutzung im Interesse eines anderen, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Die Einrichtung oder Anlage muss darüber hinaus der Tätigkeit der steuerpflichtigen Person unmittelbar dienen, wenn es im Gesetz lautet „zur Ausübung des Gewerbes“, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.Das ist der Fall, wenn an dem Ort der Einrichtung oder Anlage eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit örtlicher Bindung ausgeübt wird, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638, und sich in der Bindung eine gewisse Verwurzelung des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrückt, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922. Diese Voraussetzung ist im Allgemeinen nur erfüllt, wenn der Unternehmer selbst, seine Arbeitnehmer, fremdes weisungsabhängiges Personal oder Subunternehmer in oder an der Geschäftseinrichtung tätig werden, BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84. Das kann auch in der Betriebsstätte eines Dritten erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass die steuerpflichtige Person rechtlich befugt ist, die Einrichtung oder Anlage nach den Bedürfnisse des eigenen Unternehmens zu nutzen und eigene oder überlassene Arbeitnehmer dort tätig werden, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Diese Voraussetzungen liegen bei der schlichten Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz indes nicht vor, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638. Daran ändern auch die mit der Überlassung des Grundstücks oder Gebäudes verbundenen Verwaltungsarbeiten nichts, selbst wenn sich die überlassende Person umfangreiche Betretungs- und Kontrollrechte vorbehalten hätte, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die nutzungsüberlassende Person eine eigenbetriebliche Tätigkeit entfalten würde, die eine gewisse Nachhaltigkeit aufweist und die über punktuell einzelfallbezogene Maßnahmen hinausgeht, BFH vom 13.06.2006 – I R 84/05, BStBl. 2007 II 94. Wird die eigenbetriebliche Tätigkeit durch vollautomatisch arbeitende Einrichtungen ausgeführt, kann ausnahmsweise eine Betriebsstätte vorliegen, BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84. Voraussetzung darüf ist, dass der steuerpflichtigen Person das Recht eingeräumt wird, das Gebäude zu den üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zu berteten und die anfallenden Wartungsarbeiten an ihren Anlagen vorzunehmen, BFH vom 25.05.2000 – III R 20/97, BStBl. 2001 II 365. Nicht ausreichend ist in diesen Fällen die reine Fernüberwachung der Anlage mittels Datenfernübertragung, BFH vom 30.06.2005 – III R 47/03, BStBl. 2006 II 78.

Der Entscheidungsfall betraf das sog. Unbundling, also die Trennung der Netzinfrastruktur vom eigentlichen Betrieb eines Versorgungsunternehmens zur Stärkung des Wettbewerbs. Diese Trennung vollzieht sich dergestalt, dass das frühere Einheitsunternehmen die Netzinfrastruktur an ein anderes Unternehmen verpachtet und zugleich einen Vertrag über die Nutzung der Transportkapazität des Netzes mit dem pachtenden Unternehmen abschließt. Infolge der Verpachtung verliert das Versorgungsunternehmen die notwendig Verfügungsmacht über die Infrastruktur, so dass aus dem Vorhandensein der Netzinfrastruktur keine mehrgemeintliche Betriebsstätte heraus mehr besteht. Das wäre jedoch anders zu beurteilen, wenn sich das Versorgungsunternehmen vorbehalten hätte das Netz dauerhaft mit seiner Weisungsbefugnis unterliegendem Personal zu betreiben. Eine solche Vereinbarung dürfte allerdings mitden gesetzlichen Vorgaben zur Trennung von Versorgung und Transport nicht in Einklang stehen.

§ 28 GewStG: Allgemeine Erkenntnisse zum Betriebsstättenbegriff aufgrund der Entflechtung von Energieunternehmen

BFH vom 18.02.2021 – III R 8/19, DStR 2021, 8

[Vorinstanz FG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2018 – 5 K 5039/18, EFG 2020, 1327]

Zu einer Zerlegung kommt es nach § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG nur dann, wenn im Erhebungszeitraum in mehreren Gemeinden Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes unterhalten werden. Das gilt nach § 28 Abs. 1 S. 2 GewStG auch dann, wenn sich die Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt (mehrgemeindliche Betriebsstätte).

Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte im zerlegungsrechtlichen Sinn setzt voraus, dass in dem Gebiet jeder betroffenen Gemeinde für sich betrachtet die Aktivität der steuerpflichtigen Person die Voraussetzung einer Betriebsstätte erfüllt, BFH vom 08.03.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735.

Da das Gewerbesteuerrecht den Begriff der Betriebsstätte selbst nicht definiert, ist auf die Begriffsdefinition des § 12 AO zurückzugreifen, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 05.11.2014 – IV R 30/11, BStBl. 2015 II 601.

Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO ist eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von gewisser Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die die steuerpflichtige Person eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. 1997 II 12.

Unerheblich ist es, ob die Geschäftseinrichtungen oder Anlagen an der Erdoberfläche sichtbar sind, BFH vom 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. 1997 II 12. Damit können auch Erdleitungen Geschäftseinrichtungen oder Anlagen sein.

Eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht setzt voraus, dass der steuerpflichtigen Person eine Rechtsposition zusteht, die ihr nicht ohne Weiteres entzogen werden kann. Nicht ausreichend wäre jedoch, dass lediglich eine tatsächliche Mitbenutzung erfolgt bzw. möglich wäre, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84. Ebensowenig ausreichend wäre die Berechtigung zur Nutzung im Interesse einer anderen Person, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07; BStBl. 2008 II 922. Eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht liegt auch dann vor, wenn die steuerpflichtige Person berechtigt ist, die Einrichtung oder Anlage einer anderen Person nach den Bedürfnissen ihres Unternehmens zu nutzen.

Des Weiteren setzt der Betriebsstättenbegriff des § 12 AO im Lichte des § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG voraus, dass die Einrichtung oder Anlage unmittelbar der Tätigkeit des Unternehmens dient, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 04.07.2012 – II R 38/10, BStBl. 2012 II 782. Denn nach § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG wird vorausgesetzt, dass die Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes unterhalten werden müssen. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung dort ausgeübt wird, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 26.07.2017 – III R 4/16, BFH/NV 2018, 233. Das ist regelmäßig der Fall, wenn die steuerpflichtige Person selbst, die bei ihr beschäftigten Personen, fremdes weisungsabhängiges Personal oder Subunternehmer in oder an der Geschäftseinrichtung bzw. Anlage tätig werden, BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84. Dem entgegen nicht ausreichend sind Eigentum oder Besitz an Immobilien, die lediglich Dritten überlassen werden, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 30.06.2005 – III R 47/03, BStBl. 2006 II 78. Hieran ändern auch die mit der Überlassung verbundenen Verwaltungsarbeiten nichts. Das gilt selbst dann, wenn die nutzungsüberlassende Person sich das Recht zur Betretung des Grundstücks und zur Prüfung von Geschäftsvorfällen oder sogar die Kontrolle des Betriebsablaufes vorbehalten hat, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638; BFH vom 04.07.2012 – II R 38/10, BStBl. 2012 II 782. Etwas anderes kann sich jedoch dann ergeben, wenn die nutzungsüberlassende Person mit Nachhaltigkeit im oder am überlassenen Objekt tätig wird, BFH vom 13.06.2006 – I R 84/05, BStBl. 2007 II 94. Soweit Einrichtungen vollautomatisch arbeiten ist für die Annahmen einer Betriebsstätte ausreichend, dass die steuerpflichtige Person mit der Geschäftseinrichtung tätig wird, BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84. Befinden sich die Anlagen in fremden Gebäuden, ist auch dann eine Betriebsstätte anzunehmen, wenn der steuerpflichtigen Person das Recht eingeräumt worden ist, das Gebäude zu den üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zu betreten und die anfallenden Wartungsarbeiten an ihren Anlagen vorzunehmen, BFH vom 25.05.2000 – III R 20/97, BStBl. 2001 II 365 betreffend Satellitenempfangsanlagen. Nicht ausreichend ist jedoch die reine Überwachung und Steuerung der Anlage per Datenfernübertragung, BFH vom 30.06.2005 – III R 47/03, BStBl. 2006 II 78.

Auch (Rohr-)Leitungssysteme können diese Voraussetzungen erfüllen.

Ist eine steuerpflichtige Person an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, werden weder ihr die Betriebsstätten der Tochtergesellschaft noch die diese begründenden Merkmale der mitunternehmerisch beteiligten Person dergestalt zugerechnet, dass die mitunternehmerisch beteiligte Person insoweit selbst eine Betriebsstätte unterhält. Ein analoge Anwendung von § 2 Abs. 4 ZerlG scheidet insoweit aus, da sich die Besteuerungssituationen im ertragsteuerlichen (Anwendungsbereich des ZerlG) und im gewerbesteuerlichen Sinne wegen § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG wesentlich unterscheiden.

§ 33 Abs. 1 GewStG: Sanierungsgewinn eines Unternehmens im gewerbesteuerlichen Organkreis begründet keine abweichende Zerlegung

FG Berlin-Brandenburg vom 09.02.2017 – 10 K 10165/14, NWB EAAAG-42657

Abweichend von den allgemeinen Regeln zur Zerlegung (mehrere Betriebsstätten innerhalb eines Erhebungszeitraumes begründen die Zerlegung (§ 28 GewStG), die in der Regel nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne zu erfolgen hat (§ 29 GewStG)) erfolgt die Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG nach einem Maßstab der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt, wenn die Zerlegung nach den allgemeinen Regelungen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt.

Ein offenbar unbilliges Ergebnis ist nach ständiger Rechtsprechung nicht jede offenbare Unbilligkeit, die sich aus dem groben Zerlegungsmaßstab des § 29 i.V.m. § 31 GewStG ergibt. Es bedarf vielmehr hinsichtlich der offenbaren Unbilligkeit eines erheblichen Gewichts. Der BFH spricht insoweit von atypischen Umständen des Einzelfalles, die dazu führen, dass die sich aus dem groben Maßstab des § 29 GewStG ergebende Unbilligkeit offensichtlich übertroffen wird, BFH vom 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. 2010 II 492.

Als Unbilligkeiten sind entsprechend dem Belastungsgedanken des Äquivanlenzprinzips nur Arbeitnehmerfolgelasten zu berücksichtigen. Daher kann eine abweichende Zerlegung in Betracht kommen, wenn in einer Betriebsstätte überwiegend Leiharbeite eingesetzt werden, FG Niedersachsen vom 03.07.2003 – 11 K 11/99, DStRE 2004, 471. Zudem hat der BFH auch atypische Lasten für die Gemeinde anerkannt, die nicht durch in der Gemeinde ansässige Arbeitnehmer anerkannt wurden, BFH vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007, II 836. Nicht anerkannt wurde durch den BFH jedoch die Berücksichtigung des Betriebsstättenergebnisses als Maßstab. Denn dieses ist Ausdruck der Ertragsstärke des Unternehmens und spiegelt nur zufällig die gemeindlichen Lasten wieder, die sich aus der Entfaltung des Unternehmens durch die Betriebsstätte ergeben, BFH vom 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. 2010 II 492.

Übertragen auf den Fall einer gewerbesteuerlichen Organschaft bedeutet das, dass der Gesetzgeber die Organgesellschaft in § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG als Betriebsstätte der Organträgerin ausgestaltet hat. Das gilt auch im Fall der Zerlegung. Daher kann aus dem Organschaftverhältnis selbst noch keine offenbare Unbilligkeit von Gewicht hergeleitet werden.

Erzielt die Organträgerin nunmehr ein außerordentliches Ergebnis in Form eines Sanierungsgewinns begründet das nach Ansicht des Finanzgerichts keine atypischen Umstände des Einzelfalles.

§ 33 Abs. 1 GewStG: keine Unbilligkeit von Zerlegungsergebnissen, die Folge der Änderung der gesetzlichen Regelung des Zerlegungsmaßstabes sind

BFH vom 24.05.2006 – I R 104/04, HFR 2007, 360

Unterhält eine steuerpflichtige Person mehrere Betriebsstätten kommt es nach § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG zur Zerlegung. In der Regel erfolgt die Zerlegung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GewStG.

Die Zerlegung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne erfolgt nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nach dem Verhältnis, dass der die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind.

Bei der Bestimmung des Verhältnisses sind nach § 29 Abs. 2 GewStG die Arbeitslöhne anzusetzen, die in den Betriebsstätten der beteiligten Gemeinden (§ 28 GewStG) während des Erhebungszeitraums (§ 14 GewStG) erzielt oder gezahlt worden sind.

Betriebsstätte im Sinne des § 28 Abs. 1 GewStG ist die Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO, BFH vom 12.02.2004 – IV R 29/02, BStBl. 2004 II 602.

Ein Arbeitnehmer ist bei einer Betriebsstätte beschäftigt, wenn er dort seine Tätigkeit ganz oder wesentlich ausübt, BFH vom 26.08.1987 – I R 376/83, BStBl. 1988 II 201. Dabei kommt es maßgeblich auf den Ort der Tätigkeit an. Regelmäßig unerheblich ist es welcher Betriebsstätte der Erfolg der Tätigkeit wirtschaftlich zufließt und wie eine solche Erfolgsverortung zu berechnen wäre.

Führt die Zerlegung nach § 28 ff. GewStG zu einem offensichtlich unbilligen Ergebnis, hat die Zerlegung nach § 33 Abs. 1 nach einem Maßstab zu erfolgen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt. Voraussetzung dafür ist jedoch eine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht, BFH vom 17.02.1993 – I R 19/92 , BStBl. 1993 II 679. Eine solche liegt nur vor, wenn aufgrund der atypischen Umstände des Einzelfalles die sich aus dem groben Maßstab des § 29 GewStG allgemein ergebende Unbilligkeit offensichtlich übertroffen wird, BFH vom 26.02.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836.

Bei der Beurteilung der Unbilligkeit eines Zerlegungsergebnisses ist zu berücksichtigten, dass der historische Gesetzgeber für die Zerlegung bei Versicherungs-, Bank- und Kreditinstituten eine Zerlegung nach dem Betriebsseinnahmen vorsah, § 29 Abs. 1 N.r 1 GewStG 1968. Diese Regelung wurde mit dem Vermögenssteuerreformgesetz vom 17.04.1974, BGBl. 1974 I 949 abgeschafft. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, dass die Anwendung des Maßstabes in der Praxis zunehmend auf Schwierigkeiten gestoßen sei und für die betreffenden Unternehmen künftig ebenfalls die Zerlegung nach Arbeitslöhnen erfolgen solle. Diese gesetzgeberische Entscheidung sperrt die Anwendung des § 33 Abs. 1 GewStG bei Unternehmen der bezeichneten Branchen.