§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG in Verbindung mit § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG: Seitwärtsabfärbung bei Verlusten aus gewerblicher Tätigkeit einer ansonsten vermögensverwaltenden GbR – Aufgabe der Rechtsprechung des BFH vom 12.04.2018 – IV R 5/15, BStBl. 2020 II 118

BFH vom 30.06.2022 – IV R 42/19, BStBl. 2023 II 118

[Vorinstanz: FG München vom 26.06.2016 – 2 K 2245/16, NWB GAAAH-31983]

Der Gewerbesteuer unterliegt der inländische stehende Gewerbebetrieb, § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG ist der einkommensteuerrechtliche Gewerbebetrieb. Das kann sowohl der originäre Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG sowie der fiktive Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG sein. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt die Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommen wird, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ausübt (1. Var.) – sog. Seitwärtsabfärbung – oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG bezieht (2. Var.) – sog. Aufwärtsabfärbung -. Das gilt nach geänderter Gesetzeslage unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder die bezogenen Einkünfte positiv oder negativ sind. Die Regelung ist nach § 52 Abs. 23 S. 1 EStG mit Rückwirkung ins Gesetz aufgenommen worden.

Der Tatbestand der Seitwärtsabfärbung setzt also voraus, dass zumindest zwei voneinander trennbare Tätigkeiten vorliegen, BFH vom 28.09.2017 – IV R 50/15, BStBl. 2018 II 89.

Läge nämlich nur eine nicht trennbare Tätigkeit vor, wäre das Tatbestandsmerkmal „auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ausübt“ nicht erfüllbar. Denn der Gesetzgeber bringt mit der Formulierung „auch“ ein Nebeneinander zum Ausdruck. Läge nur eine einheitliche nicht trennbare Tätigkeit vor, würde sich die Frage der Qualifikation der Einkünfte nach dem Schwerpunkt dieser Betätigung richten. Mithin läge insgesamt eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn der gewerbliche Teil der Tätigkeit diese prägen würde. Umgekehrt läge insgesamt eine nicht gewerbliche Tätigkeit vor, wenn die gewerblichen Elemente einer Tätigkeit dieser nicht das Gepräge geben, BFH vom 27.08.2014 – VIII R 6/12, BStBl. 2015 II 1005; BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175.

Liegen trennbare Leistungen vor und qualifiziert eine davon als gewerbliche Tätigkeit, löst das die Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 1. Var. EStG aus. Es kommt zur Seitwärtsabfärbung. Die Seitwärtsabfärbung – auch Infektion genannt – tritt nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 1. Var. EStG ohne Rücksicht auf Art und Umfang der gewerblichen Tätigkeit ein. Damit führt nach dem Wortlaut der Norm auch eine für sich betrachtet geringfügige Betätigung oder eine im Verhältnis zur Gesamttätigkeit vernachlässigbare Betätigung gewerblicher Art zur Umqualifizierung der Einkünfte der gesamten Personengesellschaft, so noch BFH vom 10.08.1994 – I R 133/93, BStBl. 1995 II 171. Die strikte Orientierung am Wortlaut der Norm wirft die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf. Der BFH arbeitet in der Folgezeit heraus, dass gewerbliche Tätigkeiten, die im Verhältnis zur Gesamttätigkeit unbedeutend sind, die Rechtsfolge der Infektion nicht auslösen, BFH vom 11.08.1999 – XI R 12/98, BStBl. 2000 II 229; BFH vom 08.03.2004 – IV R 212/03, BFH/NV 2004, 954 betreffend einer Quote von 2,81 %. Zur Vermeidung der Begünstigung großer Personengesellschaften wurde diese (auf 3 % aufgerundete) relative Bagatellgrenze mit den Urteilen des BFH vom 27.08.2014 – VIII R 16/14, BStBl. 2015 II 996 und BFH vom 27.08.2014 – VIII R 6/12, BStBl. 2015 II 1002 um eine absolute Umsatzgrenze von EUR 24.500 ergänzt. Auch vor dem Hintergrund der von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Bagatellgrenzen, die von der Finanzverwaltung für den Vollzug der Steuergesetze übernommen wurden, erkannte das Bundesverfassungsgericht die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 [S. 1] 1. Var. EStG als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar an, BVerfG vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1.

Soweit die Rechtsprechung die relative und absolute Bagatellgrenze im Rahmen der Abfärbung auf Einkünfte aus § 18 EStG herausgearbeitet hat, steht das der Übertragung dieser Grundsätze auf die Infektion vermögensverwaltender Einkünfte nicht entgegen. Insbesondere ergeben sich aus den wirtschaftlichen Folgen der Abfärbung, die im Fall der Abfärbung auf vermögensverwaltende Einkünfte deutlich gewichtiger sein können als im Fall der Abfärbung auf betriebliche EInkünfte keine Gründe, die für erweiterte Bagatellgrenzen sprechen.

Dafür spricht insbesondere, dass die Auslagerung gewerblicher Einkünfte auf Schwestergesellschaften, die in der Rechtspraxis anerkannt wird, BFH vom 19.02.1998 – IV R 11/97, BStBl. 1998 II 603 und die vom Bundesverfassungericht im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Abfärbung als rechtfertigendes Element eingefordert wurde, BVerfG vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1. Die Anerkennung der Schwestergesellschaft setzt in diesem Zusammengang voraus, dass die Schwestergesellschaft nach außen in Erscheinung tritt und bspw. ein eigenes Bankkonto unterhält, eigene Rechnungsvordrucke verwendet, eine eigenständige Buchführung unterhält und eine getrennte Ergebnisermittlung vornimmt, BFH vom 15.12.1992 – VIII R 52/91, BFH/NV 1993, 684. Im Fall der Auslagerung gewerblicher Tätigkeiten aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft besteht das Risiko der Begründung einer Betriebsaufspaltung. Diese setzt jedoch voraus, dass das Betriebsunternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, denn diese wird von § 15 Abs. 2 EStG bei jeder gewerblichen Tätigkeit vorausgesetzt. Arbeitet das Betriebsunternehmen nur kostendeckend oder gar mit Verlust sind die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung nicht gegeben. Zudem besteht bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Möglichkeit, dass Wirtschaftsgüter aus der Vermögensverwaltung in das Sonderbetriebsvermögen I bei dem Betriebsunternehmen gezogen werden.

In der jüngeren Rechtsprechung des BFH wurde die Abfärbung für den Fall des Verlustes bei ansonsten gegebener Gewinnerzielungsabsicht für gewerbesteuerliche Zwecke abgelehnt, BFH vom 12.04.2018 – IV R 5/15, BStBl. 2020 II 118. Dieser Rechtsprechung ist die Gesetzgeber durch die Anfügung eines Satzes 2 in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG entgegengetreten. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 1. Var. EStG findet die Abfärbung danach unabhängig davon Anwendung, ob aus der gewerblichen Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Die Regelung wurde im Jahr 2019 mit Rückwirkung aufgenommen, § 52 Abs. 23 S. 1 EStG. Dem steht auch das aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz hergeleitete grundsätzliche Rückwirkungsverbot nicht entgegen, BVerfG vom 07.07.2010 – 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1. Dieses findet Anwendung, wenn der Gesetzgeber eine bereits enstande Steuerschuld nachträglich zu Lasten der steuerpflichtigen Person abändert, BVerfGE 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, also ungünstigere Folgen an den gesetzlichen Tatbestand knüpfen, als diejenigen von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Ausnahmsweise ist eine rückwirkende Änderung zulässig, wenn sie eine redaktionelle Änderung des Gesetzes betrifft, BVerfG vom 17.12.2013 – 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1. Darüber hinaus ist die rückwirkende Änderung einer gesetzlichen Regelung zulässig, wenn kein schützenswertes Vertrauen bestanden hat. Das ist bspw. dann der Fall, wenn die Rechtslage unklar und verworren war, BVerfG vom 15.10.2008 – 1 BvR 1138/06, BVerfGK 14, 338 oder weil eine Zustand allgemeiner und erheblicher Rechtsunsicherheit eingetreten war und für eine Vielzahl Betroffener Unklarheit darüber herrschte, was rechtens sei, BVerfG vom 02.05.2012 – 2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20. Ebenso verstößt es nicht gegen das Rückwirkungsverbot eine Rechtslage rückwirkend festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach, BVerfG vom 15.10.2008 – 1 BvR 1138/06, BVerfGK 14, 338. Allerdings kann sich nach einer Rechtsprechungsänderung ein Vertrauen in den Bestand der geänderten Rechtsprechung neu bilden, das einer rückwirkenden Änderung entgegensteht.

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG: Das Tatbestandsmerkmal Gesellschafter oder Genosse setzt keine Mindestbeteiligungsquote voraus

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§ 19 GewStDV: Zur Berücksichtigung bedingter Forderungen als Aktivposten aus Bankgeschäften

FG Berlin-Brandenburg vom 28.06.2022 – 4 K 4039/20, NWB EAAAJ-22174

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag im Sinne des § 6 GewStG. Gewerbeertrag ist nach § 7 S. 1 GewStG der nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelte [und modifizierte] Gewinn des Erhebungszeitraumes, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen.

Zu den Hinzurechnungen gehört nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG auch die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden. Aufgrund der Ermächtigung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 lit. e GewStG wurde eine Bereichsausnahme von § 8 Nr. 1 lit. a GewStG in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV geschaffen, die in den letzten Jahren durch den Verordnungsgeber weiterentwickelt wurde.

Insbesondere ist ab dem Erhebungszeitraum 2021 zu beachten, dass Kreditinstitute im Sinne der Vorschrift nur noch diejenigen im Sinne des § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 KWG sind. Bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 stellte die Regelung allein auf im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG ab.

Die Bereichsausnahme des § 35c Abs. 1 S. 2 lit. e GewStG ist Unternehmen eröffnet, die im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr teilnehmen und damit auf das eigentliche Bankgeschäft ausgerichtete Unternehmen sind, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173. Das Gesetz sieht keine Unschädlichkeitsgrenzen für andere Tätigkeiten vor. Nach Ansicht des FG Hessen vom 26.08.2020 – 8 K 622/19, EFG 2020, 1856 ist die Voraussetzung jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Schwerpunkt der Gewinn- und Verlustrechnung in anderen Bereich liegt. [Hinweis: Diese Entscheidung wurde mit Urteil des BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20 aufgehoben.]

Bei Holdinggesellschaften bestanden sodann Zweifel, ob diese Unternehmen ein Kreditinstitut im Sinne der Ermächtigung sein können.

Der Verordnungsgeber knüpfte bei der Bestimmung des Begriffs des Kreditinstitutes an die Regelungen des KWG an. Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen im kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Im Rahmen der Anwendung des § 19 GewStDV ist es unerheblich ob die Erlaubnis nach § 32 KWG vorliegt, BFH vom 16.10.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653, oder diese zumindest beantragt wurde, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 17. Auch ist der im Handelsregister aufgeführte Unternehmensgegenstand ohne Auswirkung auf die Qualifizierung des Unternehmens, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Mithin können auch Konzernfinanzierungsunternehmen und Holdingunternehmen Kreditinstitute nach § 1 Abs. 1 KWG sein, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173.

Nach § 19 Abs. 2 GewStDV ist vorausgesetzt, dass die Bankgeschäfte gegenüber den anderen Geschäften überwiegen. Das ist der Fall, wenn der Durchschnitt aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstitutes nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken der Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, welche Auswirkung die Bedingtheit oder Unbedingtheit der Rückzahlbarkeit der Darlehensforderung auf die Einordnung der Forderung zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 1 GewStG hat. Die Annahme eines Einlagegeschäftes sperrt nicht die Bedingtheit. Das gilt aus systematischen Gründen auch für § 19 Abs. 1 GewStG. Gelddarlehensforderungen zählen nicht zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 GewStG, wenn es an einer unbedingten Rückzahlbarkeit fehlt. Abweichend von der Ansicht der BaFin sind das allerdings nicht Forderungen gegen Gesellschaften, die aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten nicht durchsetzbar sind. Denn diese Art von Treuepflichten kennt die Rechtspraxis nicht. Auch ergibt sich aus dem sog. Konzernrückhalt keine nur bedingt rückzahlbare Forderung. Nicht zu den Bankgeschäften zählen Forderungen, die mit einer originären Bedingung versehen sind, für die der qualifizierte Rangrücktritt erklärt ist oder bei denen eine Teilnahme am Verlust vorgesehen ist.

Zu den Bankgeschäften gehören nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG die Annahme fremder Gelder und anderer Einlagen, deren Rückzahlung unbedingt ist (Einlagegeschäft) und nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG die Gewährung von Darlehen (Kreditgeschäft). Zum Einlagegeschäft gehört auch die Darlehensaufnahme bei einem anderen Kreditinstitut. Bei dem anderen Kreditinstitut liegt in diesem Fall ein Kreditgeschäft vor. Auch die Mittelaufnahmen von einem nicht persönlich haftenden Gesellschafter gehört zum Einlagegeschäft. Im Fall des Einlagegeschäftes ist es unerheblich, ob ein Zins gewährt wird. Der Begriff des Kreditgeschäftes ist ohne Einschränkung formuliert. Daher können Kreditgeschäfte auch mit Konzerngesellschaften getätigt werden. Dabei ist die Herkunft der ausgereichten Mittel unbeachtlich. Soweit sich aus der Rechtsprechung des BFH vom 16.12.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653 und BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173 etwas anderes ergeben sollte, steht das im Widerspruch zu § 19 Abs. 1 GewStDV, der gerade davon ausgeht, dass das Kreditgeschäft nicht (voll) fremdfinanziert ist. Auch würde sich ein solches Verständnis nicht aus § 1 Abs. 1 S. 2 KWG herleiten lassen.

Die Bankgeschäfte werden nach Ansicht der BaFin gewerbsmäßig ausgeübt, wenn die Tätigkeit auf Dauer angelegt und mit Gewinnerzielungsabsicht insoweit betrieben wird. Dem hat sich die finanzgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173; FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Die Gewinnerzielungsabsicht kann aus der Verwendung marktüblicher Zinssätze abgeleitet werden, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133.

Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb ist nach Ansicht der BaFin gegeben, wenn das Einlagengeschäft und das Kreditgeschäft ein Volumen von zusammen EUR 12.500 haben. Dabei ist das Kreditgeschäft mit 2,5 % der Darlehensvaluta zu berücksichtigen. Für den Fall, dass nur ein Einlagegeschäft getätig wird, ist es ausreichend, dass mehr als fünf Personen Einlagen in Höhe von zusammen mehr als EUR 12.500 geleistet haben.

Rechtsfolge der Bereichsausnahme nach § 19 Abs. 1 GewStDV ist, dass nur die Entgelte für Schulden nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG hinzuzurechnen sind, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattungen, Schiffe und Anteilen an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten das Eigenkapital übersteigen.

Verfahrensrecht:

Die Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes ist nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG mit Wirkung ab dem 13.12.2010 inhaltlich an die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages gebunden. Die Feststellung des Verlustes kann daher nur mit Erfolg angegriffen werden, wenn der festgestellte Gewerbesteuermessbetrag unzutreffend in die Feststellung des Verlustes eingeflossen ist. Im Übrigen ist die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages anzugreifen.

§ 8 Nr. 5, § 9 Nr. 2a, Nr. 7 GewStG: Hinzurechnung und Kürzung bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland

BFH vom 28.06.2022 – I R 43/18, NAAAJ-23853

[Vorinstanz: FG Hessen vom 19.10.2018 – 8 K 1279/16, EFG 2019, 199]

Bemessungsgrundlage nach § 6 GewStG ist der Gewerbeertrag. Grundlage der Gewerbeertragsermittlung ist nach § 7 S. 1 GewStG der nach einkommen- und körperschaftlichen Vorschriften ermittelte Gewinn. Diese ist hinsichtlich des Wesens der Gewerbesteuer zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG zu erhöhen und zu vermindern.

Ist die steuerpflichtige Person eine Kapitalgesellschaft und bezieht sie Erträge aus Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften (Dividenden), bleiben diese nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG außer Ansatz, soweit die nach § 8b Abs. 4 KStG n.F. vorausgesetzte Mindestbeteiligung vorliegt). Allerdings ist nach § 8b Abs. 5 KStG 5 % der Bruttodividende als nicht abzugsfähige Betriebsaufgabe dem Gewinn wieder hinzuzurechnen. Das gilt für Zwecke der Gewerbesteuer über § 7 S. 1 GewStG gleichermaßen.

Für Zwecke der Gewerbesteuer wird die Belastungsentscheidung allerdings neu getroffen. Zu diesem Zweck werden die von der Besteuerung ausgenommenen Beträge nach § 8 Nr. 5 GewStG wieder hinzugerechnet. Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben werden gegenläufig berücksichtigt. Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG nicht vorliegen.

§ 9 Nr. 2a GewStG erfasst Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft. § 9 Nr. 7 GewStG a.F. / n.F. erfassen Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes. Alle genannten Kürzungen stehen unter dem Vorbehalt weiterer Voraussetzungen.

Keine ausdrückliche gesetzliche Regelung findet sich für Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, bei der Sitz und Ort der Geschäftsleitung auseinanderfallen und ein Ort davon im Inland liegt.

Gegenstand der Entscheidung war die erst genannte Konstellation des Sitzes der Gesellschaft im Ausland bei inländischem Ort der Geschäftsleitung. Auf diese Konstellation findet § 9 Nr. 7 GewStG keine Anwendung. Der Ausschluss der Anwendung von § 9 Nr. 2a GewStG ist dagegen weniger eindeutig aus dem Wortlaut der Norm zu entnehmen. Auch zeigt der systematische Vergleich zu § 9 Nr. 2 GewStG, dass dieser sämtliche Mitunternehmerschaften umfasst. Auch dienen § 9 Nr. 2a GewStG und § 9 Nr. 7 GewStG der Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgeschütteter Beträge, BFH vom 01.07.1992 – I R 5/92, BStBl. 1993 II 131. Mithin ist es aus systematischen Gründen geboten, dass auch im zur Entscheidung anstehenden Konstellation die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluss erfolgt über § 9 Nr. 2a GewStG.

[Anm. Martini, Ubg 2022, 669 mit Verweis auf BFH vom 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGZ 178, 192: Das Steuerrecht kennt für die Einordnung ausländischer Rechtsträger in die inländische Besteuerung den Rechtstypenvergleich. Diese Einordnung setzt den rechtlichen Bestand des einzuordnenden Rechtsträger voraus. Ist der Gegenstand der Betrachtung eine rein ausländische Gesellschaft richtet sich diese Prüfung allein nach dem Recht dieses Staates. Fallen allerdings statuarischer Sitz und Verwaltungssitz (Ort der Geschäftsleitung) derart auseinander, dass diese in unterschiedlichen Staaten liegen, sind beide Rechtsordnungen betroffen. Nach der Gründungstheorie ist eine nach dem Recht eines Staates wirksam gegründet Gesellschaft auch im anderen Staat anzuerkennen. Nach der Sitztheorie richtet sich die Anerkennung der Gesellschaft nach dem Recht des Sitzstaates, wobei Sitzstaat der Staat des Verwaltungssitzes ist. Bei Anwendung der Sitztheorie wäre also Voraussetzung für die Anerkennung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft unter Umständen deren Eintragung in das jeweilige Handelsregister, wenn diese nach innerstaatlichem Recht konstitutiv wäre. Ohne die Erfüllung dieser Voraussetzungen läge eine Personenvereinigung vor, Martini, IStR 2021, 37. Für den Fall, dass an der Gesellschaft nur eine Person beteiligt ist, käme es dann zur Annahme eines Einzelunternehmens oder zur Zurechnung des Gesellschaftsvermögens beim Gesellschafter, OLG München vom 05.08.2021 – 29 U 2411/21 Kart, NZG 2021, 1518 zum Fall eine britischen Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland nach dem Brexit. Innerhalb der Europäischen Union ist jedoch die Rechtsprechung des EuGH zu beachten nach der sich die Gesellschaft auf ihr Gründungsstatut berufen kann, EuGH vom 09.03.1999 – Rs. C-212/97 (Centros), Slg. 1999, I-1459; EuGH vom 05.11.2002 – Rs. C-208/00 (Überseering), Slg. 2002, I-09919; EuGH vom 30.09.2003 – Rs. C-167/01 (Inspire Art), Slg. 2003 I-10155.]

Nicht entschieden ist allerdings der umgekehrte Fall in dem der statuarische Sitz der Gesellschaft im Inland und der Ort der Geschäftsleitung im Ausland liegt. Hier dürfte eine Besteuerung mangels Betriebsstätte ausscheiden.

Ebenfalls nicht entschieden ist, ob im Fall einer lediglich inländischen Betriebsstätte der Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2a GewStG eröffnet ist. Durch die Angleichung des § 9 Nr. 7 GewStG an § 9 Nr. 2a GewStG kommt dieser Frage nur eine geringe Bedeutung zu.

§ 8 Nr. 1 lit. e GewStG: Weitervermietung

FG Münster vom 23.06.2022 – 10 K 2018/18 G, NWB PAAAJ-63895

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.

Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die mietende oder pachtende Partei den überlassenen Gegenstand weiterüberlässt, BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289.

Verfassungsrechtlich ist die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG nicht zu beanstanden, grundlegend zu § 8 Nr. 7 GewStG a.F. BVerfG vom 13.05.1969 – 1 BvR 25/65, BStBl. 1969 II 424 sowie nachfolgender Nichtannahmebeschluss BVerG vom 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862.

Verfassungsrechtliche Zweifel könnten sich jedoch aus dem Dreierbeschluss des BVerfG vom 29.08.1974 – 1 BvR 67/73, HFR 1974, 498 ergeben. Denn verfassungsrechtlich bedenklich wäre eine generell höhere Gewerbesteuer für mietende und pachtende Steuerpflichtige gegenüber steuerpflichtige Personen, denen das Eigentum zusteht. Es kommt mithin auf die Belastungsgleicheit an.

Eine Belastungsungleichheit könnte sich daraus ergeben, dass ein Grundeigentümer über § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG den Gewerbeertrag um den pauschalierten Reinertrag des Grundeigentums mindert, wohingegen eine mietende oder pachtende Partei den tatsächlichen Mietwert des Objektes anteilig nach § 8 Nr. 1 lit. d GewStG anteilig wieder hinzurechnet.

Dem liegt das Verständnis zu Grunde, dass § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG auch der Gleichstellung von Eigentum und Fremdeigentum dient, BT-DrS VI 3418/109, BFH vom 15.05.2011 – I R 63/01, BFH/NV 2003, 82. Denn schon vor der Einführung von § 8 Nr. 1 lit. e GewStG floss der pauschalierte Reinertrag des Grundeigentums in den Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG ein. Die mietenden sowie pachtenden Partei nahm den uneingeschränkten Betriebsausgabenabzug von Miete und Pacht vor. Der uneingeschränkte Betriebsausgabenabzug von Miete und Pacht führt jedoch auch dazu, dass der Finanzierungskostenanteil, der in Miete und Pacht enthalten ist, die Bemessungsgrundlage mindert. Das korrigiert § 8 Nr. 1 lit. d GewStG. Denn auch der Eigentümer hat seinen Finanzierungsaufwand über § 8 Nr. 1 lit. a GewStG hinzuzurechnen. So verstanden wäre der Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG in der Vergangenheit jedoch zu gering gewesen. Dem steht jedoch entgegen, dass der Kürzungsbetrag des § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG auf den pauschalierten Reinertrag der Immobilie abstellt.

Eine Verfassungswidrigkeit könnte sich daraus ergeben, dass eine einmal getroffene Belastungsentscheidung nicht folgerichtig umgesetzt wurde. So ergibt sich aus den Verhandlungen des Rechtstags – IV. Wahlperiode 1928, Band 432, Anlagen 401-600 zu den stenografischen Berichten, Nr. 568, 113, dass der Grundbesitz ausschließlich der Grundsteuer unterworfen werden sollte und von der Gewerbesteuer im Umfang der objektivierten Ertragskraft ausgenommen sei. Soweit bei der mietenden und pachtenden Partei die Grundsteuer im Rahmen der Berechnung der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG wegen ihrer Umlagefähigkeit nach § 2 Nr. 1 BetriebskostenV jedoch einfließt ist das nicht folgerichtig. Dem folgte der BFH jedoch in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht, BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289; BFH vom 08.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. 2017 II 722.

§ 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG: Verpachtung durch eine Personengesellschaft an gewerbliche Schwesterpersonengesellschaft

BFH vom 01.06.2022 – III R 3/21

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Nach § 7 S. 1 GewStG ist der Gewerbeertrag, der nach einkommensteuerrechtlichen und körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn, der um die Hinzurechnungen und Kürzungen korrigiert und für gewerbesteuerlichen Zwecke modifiziert ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, die erweiterte Grundbesitzkürzung eröffnet. Diese ist jedoch nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. In diesem Fall liegt dem Grunde nach keine rein vermögensverwaltende Tätigkeit vor, die aufgrund der Rechtsformwahl der Gewerbesteuer unterliegt. Ohne die Zwischenschaltung der grundbesitzenden Gesellschaft wäre der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder Genossen zuzurechnen und die Grundstückserträge würden in den Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder Genossen einfließen, BFH vom 17.01.2006 – VIII R 60/02, BStBl. 2006 II 434.

Gesellschafter oder Genosse einer grundbesitzenden Gesellschaft ist die gesellschaftsrechtlich beteiligte Person.

Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder Genossen ist zum einen der unmittelbare Gewerbebetrieb dieser Person. Zum anderen ist auch der Gewerbebetrieb einer Mitunternehmerschaft, an der der Gesellschafter oder Genossen mitunternehmerisch beteiligt ist, Gewerbebetrieb im Sinne der Norm. Auf Art und Umfang der Beteiligung kommt es nicht an, BFH vom 22.01.2009 – IV R 80/06, BFH/NV 2009, 1279. Denn jeder Mitunternehmer kann zusammen mit den anderen Mitunternehmern jeweils als Unternehmer des ganzen Gewerbebetriebes betrachtet werden, BFH vom 18.12.1974 – I R 10/73, BStBl. 1975 II 268. Das gilt jedenfalls für persönliche haftende Gesellschafter, BFH vom 07.08.2008 – IV R 36/07, BStBl. 2010, 988 und zwar auch dann, wenn er nicht am Vermögen oder dem Gewinn und Verlust beteiligt ist. Im Übrigen kann bei lediglich äußerst geringer Beteiligung an der mietenden Gesellschaft eine Ausnahme im Sinne einer Bagatellregelung erwogen werden, BFH vom 26.06.2007 – IV R 9/05, BStBl. 2007 II 893.

Der Grundbesitz dient dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters, wenn er diesem bereits allgemein von Nutzen ist, BFH vom 18.12.2014 – IV R 50/11, BStBl. 2015 II 597. Keine notwendige Voraussetzung ist das Vorliegen eines Miet- oder Pachtvertrages.

Unerheblich ist die Art und der Umfang des überlassenen Grundbesitzes.

Rechtsfolge des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG ist der Ausschluss der Anwendung der erweiterten Kürzung in vollem Umfang und nicht nur in dem Umfang, wie die Beteiligung des Gesellschafters oder Genossen reicht.

§ 8 Nr. 1 lit. d GewStG: Einordnung der vertraglichen Verpflichtungen und fiktives Anlagvermögen

BFH vom 01.06.2022 – III R 56/20, NWB GAAAJ-30872

[Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein vom 30.06.2020 – 1 K 55/16, NWB KAAAH-66473]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelten und für Zwecke der Gewerbesteuer modifizierten Gewinn, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 GewStG bestimmte Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Nach § 8 Nr. 1 lit. d GewStG sind das Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen.

Was Miet- und Pachtzinsen sind, ist nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 535 ff. BGB) zu bestimmen. Der konkrete Vertrag muss daher seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts sein, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BStBl. 2022 II 273. Miete und Pacht sind hiernach dadurch charakterisiert, dass der mietenden Person die Mietsache zur Nutzung überlassen wird und die vermietende Person verpflichtet ist, die Sache in einem für den vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und während der Dauer der Überlassung in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Die pachtenden Person ist zivilrechtlich zum Gebrauch des Pachtgegenstandes sowie zum Genuss der ordnungsgemäß zu ziehenden Früchte berechtigt, § 581 Abs. 1 S. 1 BGB. Enthält eine vertragliche Vereinbarung wesentliche miet- und pachtfremde Elemente, richtet sich die steuerliche Einordnung danach, ob mehrere trennbare Hauptpflichten vorliegen oder die Hauptpflichten miteinander verschmelzen und damit ein Vertrag eigener Art gegeben ist. [Hinweis: Die Finanzverwaltung spricht insoweit von einem trennbaren gemischten Vertrag, gleichlautende Ländererlasse vom 02.07.2012, BStBl. 2012 I 654, in der Fassung vom 06.04.2022, BStBl. 2022 I 638, Rn. 6, und von einem gemischten Vertrag, der ein einheitliches unteilbares Ganzes darstellt, gleichlautende Ländererlasse vom 02.07.2012, BStBl. 2012 I 654, in der Fassung vom 06.04.2022, BStBl. 2022 I 638 Rn. 7.] Unerheblich für die Einordnung eines Vertrages sind Art und Umfang der Nebenpflichten.

Schuldet eine Vertragspartei nicht nur die Gebrauchsüberlassung, sondern auch den Transport des Vertragsgegenstandes sowie weitere Werk- und Dienstleistungselemente, geht das über die Verpflichtungen einer vermietenden Partei hinaus. [Hinweis: Unschädlich für die Einordnung des Vertrags als Mietvertrag ist die Durchführung von Reparatur- und Austauschleistungen, denn insoweit regeln die Parteien lediglich die Ausgestaltung der Hauptpflichten der vermietenden bzw. verpachtenden Partei. Gegen die Annahme eines Mietvertrages spricht dagegen, wenn die Vertragsgegenstände auf Anforderung der anderen Vertragspartei an einem bestimmten Ort bereitgestellt werden und später an einem anderen Ort durch die überlassende Partei wieder abgeholt werden und letztere auch noch die Reinigung der Mietsache nach Gebrauch übernimmt.] In einem solchen Fall liegt kein Mietvertrag und mithin auch kein Mietzins vor, der einer Hinzurechnung unterliegen könnte.

Fehlt es an entsprechenden Pflichten, die über die Hauptpflichten hinausgehen, die nach Miet- oder Pachtrecht geschuldet werden, kommt eine Hinzurechnung in Betracht, wenn Miet- und Pachtzinse für die Benutzung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geschuldet werden, die im Eigentum einer anderen Person stehen. Anlagevermögen im Sinne der Norm ist dabei das Anlagevermögen im Sinne des § 247 Abs. 2 HGB. Diese charakterisiert sich dadurch, dass die Gegenstände dazu bestimmt sind, dem Betrieb auf Dauer zu dienen. Die Gegenstände dienen also dem Gebrauch und nicht dem Verbrauch oder dem sofortigem Verkauf. Anlagevermögen im Sinne des § 247 Abs. 2 HGB kann allerdings nur bei Gegenständen gegeben sein, die im eigenen Eigentum stehen. Gegenstände der Miete oder Pacht stehen jedoch im Eigentum einer anderen Person. Der Begriff des Anlagevermögens ist daher so zu verstehen, dass die Gegenstände dem Anlagevermögen zuzuordnen wären, stünden sie im Eigentum der mietenden oder pachtenden Person, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283. Die Frage, ob das fiktive im Eigentum der steuerpflichtigen Person stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, ist darauf gerichtet, dass das überlassene Wirtschaftsgut seiner Art nach Anlagevermögen sein muss und dazu gewidmet ist, auf Dauer zu eine Nutzung im Gewerbebetrieb zu ermöglichen. Dabei orientiert sie sich maßgeblich an der Zweckbestimmung im Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber im Hinblick auf z.B. auf die Art des Wirtschaftsgutes, die Art und Dauer der Verwendung im Betrieb und die Art des Betriebes an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss, vgl. BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283 zur Filmproduktion; BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51 zu Hotelzimmern; BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II 276 betreffend konzertveranstaltenden Personen. Insbesondere die Verwendung als Produktionsmittel spricht für die Zuordnung zum Anlagevermögen. Dem entgegen legt eine Verwendung als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahe, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283; BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51; BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung ist der Geschäftsgegenstand zu berücksichtigen. Zudem sind die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen so weit wie möglich zu berücksichtigen, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II 276. Unerheblich ist dabei die Dauer der Überlassung. Diese kann auch nur sehr kurz sein, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Denn das Tatbestandsmerkmal auf Dauer ist so zu verstehen, dass derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch im Betrieb benötigt werden, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148 zur wiederholten Anmietung gleichartiger Container; BFH vom 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810 zur wiederholte Anmietung gleichartiger Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien; BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289 zur Anmietung von Einzelhandelsgeschäften durch Großhändler zur Weitervermietung. Eine Zurechnug zum Anlagevermögen scheidet mithin aus, wenn die steuerpflichtige Person die überlassenen Gegenstände nicht ständig für den Gebrauch im Betrieb hätte vorhalten müssen, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II 276, sondern nur jeweils im Zusammenhang mit einem konkreten Produkt und daher nur „flüchtig“, BFH vom 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810 benötigt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn das konkrete Wirtschaftsgut eines von vielen ist und daher die überlassenen Gegenstände dauerhaft benötigt werden, um den Geschäftszweck in seiner konkreten Ausgestaltung nachgehen zu können.