§ 35 Abs. 2 S. 2 EStG: allgemeiner Gewinnverteilungsschlüssel des persönlich haftenden Gesellschafters der KGaA
BFH vom 24.01.2024 – I R 54/20, GmbH-StB 2024, 274
[Vorinstanz: FG Münster vom 04.12.2019 – 9 K 149/17 F, EFG 2020, 720]
Die tarifliche Einkommensteuer, die um bestimmte Beträge gemindert ist, ist zu ermäßigen soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt, § 35 Abs. 1 S. 1 EStG.
Die Ermäßigung beträgt bei Einkünften aus Gewerbebetrieb aus der Tätigkeit als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Var. EStG das Vierfache des jeweils für den Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrag. Der Abzug ist auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt, § 35 Abs. 1 S. 5 EStG.
Für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG sind der Gewerbesteuer-Messbetrages, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die persönlich haftenden Gesellschaft entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen, § 35 Abs. 2 S. 1 EStG.
Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuer-Messbetrag richte sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinne sind nicht zu berücksichtigen, § 35 Abs. 2 S. 2 EStG. Eine entsprechende Regelung ist dem Gesetz für den Fall der Ermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA nicht enthalten.
Die ursprünglich vorgesehene besondere Regelung zur Anrechnung bei persönlich haftenden Gesellschaftern einer KGaA (BT-DrS 14/2683, 6 und 116) wurde auf Vorschlag des Finanzausschusses (BT-DrS 14/3366, 19 und 119) nicht umgesetzt. Die Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrages und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer erfolgt daher unter rechtsformspezifischer Auslegung der allgemein für einen Mitunternehmer formulierten Regelung des § 35 Abs. 2 S. 2 EStG unter Heranziehung des abziehbaren Teils des Gewinns, der an den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA als Vergütung für die Geschäftsführung verteilt wird, § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, und der zu den gewerblichen Einkünften des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA nach § 15 Abs. 1 2. 1 Nr. 3 2. Var. EStG zählt. Denn diese sind, soweit sie gewinnabhängig sind, nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewinn der KGaA für gewerbesteuerliche Zwecke wieder hinzuzurechnen und sind beim persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA, bei dem sie zu Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG führen, nach § 9 Nr. 2b GewStG zu kürzen, so dass diese bei der Gewerbebesteuerung der KGaA zu berücksichtigen sind. Eine Gewerbebesteuerung beim persönlich haftenden Gesellschafter erfolgt nicht.
Der Ansicht der Finanzverwaltung, BMF-Schreiben vom 03.11.2016, Rn. 27, BStBl. 2016 I 1187 (Anhang 15 ESt-Handbuch 2016) [a.A. noch BMF-Schreiben vom 19.09.2007, Rn. 27, BStBl. 2007 I 701] und des FG Münster, vom 04.12.2019 – 9 K 149/17 F, EFG 2020, 720 in der Vorinstanz die Ansicht, dass unter Vorabgewinne gewinnunabhängige und sowie gewinnabhängige Sondervergütungen des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA zu fassen sind, folgte der BFH nicht.
Dem entgegen sind Sondervergütungen im Sinne des § 35 Abs. 2 S. 2 EStG, die bei der Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrages sowie der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer nicht zu berücksichtigen sind, im Falle des persönlich haftenden Gesellschafters der KGaA die gewinnunabhängigen Tätigkeitsvergütungen nach § 288 Abs. 3 AktG sowie vom Ergebnis unabhängige Gewinnanteile.
Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: vorherige Übereignung von Hotelinventar mit der Maßgabe der späteren Rückübereignung
Geschützt: § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG: Feststellung der Besteuerungsgrundlagen
Praktisches Gewerbesteuerrecht 2024
Webinar am Freitag, den 28. Juni 2024 im Zeitraum vom 9:00 Uhr bis 17:45 Uhr
A. Steuerpflicht
- Abgrenzung selbständige Arbeit zu Gewerbebetrieb
FG Münster vom 27.10.2023 – 14 K 1624/21 G – Abgrenzungsprüfung im Fall einer Patentanwaltskanzlei bei Auslandssachverhalten
- Aufwärtsabfärbung, § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG
BFH vom 05.09.2023 – IV R 24/20 – neuere Rechtsprechung
- Betriebsstätte
BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20 – Ort der Geschäftsleitung bei Hausverwaltervollmacht
- Beginn der sachlichen Steuerpflicht
BFH vom 25.05.2023 – IV R 33/19 – grundbesitzende Personengesellschaft
BFH vom 01.09.2022 – IV R 13/20 – gewerblicher Grundstückshandel
- Dauer der sachlichen Steuerpflicht
BFH vom 15.06.2023 – IV R 30/19 – eine Sekunde
B. Hinzurechnungen
- Einleitungssatz
BFH vom 12.10.2023 – III R 39/21 – Aktivierung von Standflächen
- § 8 Nr. 1 lit. a GewStG – Entgelte für Schulden
BFH vom 16.11.2023 – III R 27/21 – Hinzurechnung von Swap – Zinsen
Verhältnis zu § 4h EStG – Auswirkungen der Novellierung von § 4h EStG
- § 19 GewStDV – Bankenprivileg
BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20
- § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG -Mieten und Pachten
- Gleichheitsrechtliche Bedenken
BFH – III R 24/23 – Schlechterstellung der Miete gegenüber dem Eigentum
- Miete / Pacht
BFH vom 23.03.2023 – III R 5/20 – Sponsoringaufwendungen
- Fiktives Anlagevermögen
BFH vom 12.10.2023 – III R 39/21 – Standflächen bei Imbissbetrieben
BFH vom 17.08.2023 – III R 59/20 – Ferienimmobilien
Abgrenzung zu BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16 – Pauschalreisen
Ausstrahlungswirkung
- § 8 Nr. 1 lit. f GewStG
BFH vom 23.02.2023 – IV R 37/18 – Kabelweitersenderechten
C. Kürzungen
- einfache Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG
BFH vom 12.10.2023 – III R 34/21 – Ersatzwirtschaftswert
- erweiterte Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
- Anwendungsbereich
BFH vom 15.06.2023 – IV R 6/20 – gewerbliche Nebentätigkeit (Weihnachtsmarkt)
BFH vom 20.04.2023 – III R 53/20 – Komplementär-GmbH
- Ausschließlichkeit
FG Düsseldorf vom 26.06.2023 – 10 K 2800/20 G – Betriebsvorrichtung
BFH vom 25.05.2023 – IV R 33/19 – Zahlung vor Überlassung
- Ausschlussgründe, § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG
BFH vom 09.03.2023 – IV R 11/20 – Sondervergütungen
FG Düsseldorf vom 22.09.2022 – 9 K 2833/21 G – Weitervermietungsmodell
D. Verluste
- Verlustfeststellung
BFH vom 11.01.2024 – IV R 25/21 – Bindungswirkung des Messbescheides
BFH vom 23.02.2024 – IX B 118/22 – Feststellungsverjährung
- Unternehmeridentität
BFH vom 01.02.2024 – IV R 26/21 – Übergang des Verlustes bei Einbringung durch eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft
- Unternehmensidentität
anhängige Verfahren III R 30/21 und XI R 2/23 zum Begriff der Unternehmensidentität bei Kapitalgesellschaften
E. Zerlegung
- Rechtsschutz
BFH vom 11.05.2023 – IV R 3/19 – Angabe einer hebeberechtigten Gemeinde im Gewerbesteuermessbescheid
BFH vom 20.05.2022 – IV B 50/21 (AdV) – Aussetzungsantrag der Gemeinde
- Mehrgemeindliche Betriebsstätten
BFH vom 14.12.2023 – IV R 2/21 – Zerlegungsmaßstab
§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Einfluss der Betriebsverpachtung auf die erweiterte Grundbesitzkürzung
BFH vom 19.12.2023 – IV R 5/21, BStBl. 2024 II 845
[Vorinstanz: FG Münster vom 06.12.2019 – 14 K 3999/16 G, GmbH-StB 2021, 325]
Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.
Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt und daneben keine anderen als die Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden und sofern und soweit die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.
Grundlegende Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.
Im Fall eine Betriebsaufspaltung scheidet die erweiterte Kürzung daher für das Besitzunternehmen aus, da diesem die gewerbliche Tätigkeit des Betriebsunternehmens im Rahmen der Merkmalszurechnung zugerechnet wird. Soweit das Besitzunternehmen auch die Voraussetzungen der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt, ergibt sich die Gewerblichkeit der Betätigung vorrangig aus der Merkmalszurechnung. Denn insoweit liegt eine originäre gewerbliche Betätigung vor.
Entfällt im Rahmen der Betriebsaufspaltung die persönliche Verflechtung, endet die Zurechnung der betrieblichen Merkamle der Betriebsgesellschaft. Die Besitzgesellschaft erzielt ab dann grundsätzlich vermögensverwaltende Einkünfte. Etwas anderes ergibt sich jedoch für den Fall, dass die Besitzgesellschaft gewerblich geprägt ist und sie fortan gewerbliche Einkünfte aufgrund der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erzielt. In diesem Fall liegt ein Übergang von der originär gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Merkmalszurechnung hin zu einer gewerblichen Prägung vor.
Davon unabhängig kann sich eine gewerbliche Tätigkeit der Besitzgesellschaft auch daraus ergeben, dass die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung vorliegen. Dieses Rechtsfolge ist jedoch rein einkommensteuerrechtlicher Art, denn gewerbesteuerlich endet der werbende Betrieb mit dem Beginn der Betriebsverpachtung. Selbst bei Vorliegen einer Betriebsverpachtung würde sich hieraus also keine gewerbliche Tätigkeit des Besitzunternehmens begründen.
Soweit die Gesellschaft der Gewerbesteuer unterliegt bemisst sich diese nach § 6 GewStG nach dem Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.
Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt und daneben keine anderen als die Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden und sofern und soweit die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.
Allerdings führt das Vorliegen einer Betriebsverpachtung regelmäßig zum Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot der erweiterten Grundbesitzkürzung. Denn die Betriebsverpachtung setzt voraus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände, verpachtet werden, BFH vom 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. 1964 III 124. [Hinweis: Im Urteilsfall noch nicht anzuwenden war § 16 Abs. 3b EStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011, BGBl. 2011 I 2131, das nach § 52 Abs. 34 EStG erstmals für Betriebsaufgaben zur Anwendung kommt, die nach dem 04.11.2011 erklärt wurden.] Die Bestimmung der wesentlichen Betriebsgegenstände erfolgt aufgrund funktionaler Betrachtung der sachlichen Erfordernisse nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des Betriebes, BFH vom 17.04.2019 – IV R 12/16, BStBl. 2019 II 745. Typischerweise umfasst die Betriebsverpachtung die Überlassung einer Mehrzahl verschiedener Wirtschaftsgüter, wie Grundvermögen sowie Vermögen anderer Art, BFH vom 29.10.1992 – III R 5/92, BFH/NV 1993, 233. Es läge dann keine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vor. Es ist jedoch zu beachten, dass bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen die gewerblich genutzten Räumlichkeiten grundsätzlich die einzigen wesentlichen Betriebsgrundlagen sind, BFH vom 07.11.2013 – X R 21/11, BFH/NV 2014, 676. Dem beweglichen Anlagevermögen kommt in diesen Fällen in der Regel nicht die Qualität einer wesentlichen Betriebsgrundlage zu, BFH vom 11.10.2007 – X R 39/04, BStBl. 2008 II 220. Daher verstößt eine Betriebsverpachtung nicht zwingend gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.
Außerhalb der Betriebsverpachtung liegt ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot vor, wenn nicht lediglich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wird.
Was Grundbesitz im Sinne der Norm ist, bestimmt sich nach bewertungsrechtlichen Grundsätzen, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Zum bewertungsrechtlichen Grundbesitz gehört nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 BewG ist das Erbbaurecht ebenfalls Teil des Grundbesitzes sowie die Gebäude auf fremden Grund und Boden und die sonstigen Fälle, in denen die Gebäude einer anderen Person zuzurechnen sind, als der Person, der das Eigentum am Grund und Boden zusteht, selbst wenn die Gebäude wesentliche Bestanteile des Grund und Bodens geworben sind, § 70 Abs. 3 BewG. Darüber hinaus rechnen zum Grundbesitz das Wohneigentum, das Teileigentum, das Wohnungserbbaurecht und das Teileerbbaurecht, § 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG. Sondernutzungsrechte bestimmen den Inhalt von Wohnungs- und Teileigentum und unterliegen daher keiner gesonderte Betrachtung.
Gehören zum Unternehmensvermögen neben Grundvermögen noch weitere Wirtschaftsgüter, sind diese nur dann kürzungsschädlich, wenn sie zur Nutzung überlassen werden. Unschädlich ist dem entgegen, wenn die Wirtschaftsgüter ausdrücklich von der Nutzungsüberlassung ausgenommen sind.
§ 30 GewStG: Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten
BFH vom 14.12.2023 – IV R 2/21, DStR 2024, 940
[Vorinstanz: FG Hessen vom 19.09.2019 – 8 K 1734/14, EFG 2019, 2012]
Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, ist der Steuermessbetrag auf die einzelnen Gemeinden zu zerlegen, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG.
Das gilt auch in den Fällen, in denen sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt, § 28 Abs. 1 S. 2 GewStG.
Erstreckt sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden, ist der Steuermessbetrag auf die Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, § 30 GewStG.
Voraussetzung für die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 2 GewStG , § 30 GewStG ist es, dass der auf jede beteiligte Gemeinde entfallende Anteil an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt, BFH vom 08.03.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735.
Das gewerbesteuerliche Zerlegungsrecht kennt keinen eigenständigen Betriebsstättenbegriff. Daher ist auch für Zwecke der gewerbesteuerlichen Zerlegung auf den Betriebsstättenbegriff des § 12 AO zurückzugreifen, vgl. BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.
Unterhält eine steuerpflichtige Person innerhalb eines Erhebungszeitraumes sowohl eine mehrgemeindliche Betriebsstätte als auch zumindest eine weitere Betriebsstätte so erfolgt die Zerlegung mehrstufig. Auf erster Stufe erfolgt die sog. Hauptzerlegung. Diese erfolgt unter Anwendung der Zerlegungsmethode des § 29 GewStG und damit regelmäßig nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne der Betriebsstätten zueinander. Der auf die mehrgemeindliche Betriebsstätte entfallende Zerlegungsanteil ist daran anschließend im Wege der sog. Unterzerlegung auf die Gemeinden zu zerlegen, über deren Gebiet sich die mehrgemeindliche Betriebsstätte erstreckt.
Für die Unterzerlegung gibt das Gesetz in § 30 GewStG keinen konkreten Zerlegungsmaßstab vor. Die gesetzliche Regelung besagt nur, dass die Unterzerlegung nach den örtlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten zu erfolgen hat. Dieser Maßstab ist grober Natur, BFH vom 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. 1988 II 292, und eröffent die Möglichkeit der Schätzung der Belastungen. Die Ausgestaltung des Maßstabes trägt dem Rechnung, dass es nicht möglich ist, die Belastung der Gemeinden aus der gemeinsamen Betriebsstätte zu berechnen.
Eine sachgerechte Auswahl der Zerlegungsfaktoren die diesen Anforderungen gerecht werden, bedingt die Abwägung aller Interessen, BFH vom 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. 1954 III 372; BFH vom 28.02.1956 – I B 170/54.
Die Auswahl der Zerlegungsfaktoren hat der Eigenart der mehrgemeindlichen Betriebsstätte und den Interessen der beteiligten Gemeinden in typisierender Form Rechnung zu tragen. Nicht notwendig ist es , dass eine Feststellung und Gewichtung von Art und Umfang der individuellen Beeinträchtigung und Belastung für jede Gemeinde vorgenommen wird. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die Bestimmung der Gemeindelasten typisiert erfolgt. Dabei sind sowohl die typischen Arbeitnehmerfolgekosten („persönliche Lasten„) wie auch die „sachlichen Lasten“ zu berücksichtigen, die aus der mehrgemeindlichen Betriebsstätte für die Gemeinden ergeben. Belastungen sachlicher Art sind die Kosten für die Zufahrt zur Betriebsstätte ebenso wie diejenigen der Unterhaltung entsprechender Einrichtungen, wie der lokalen Feuerwehr, die entsprechend der gewerblichen Nutzung der Betriebsstätte, ausgerüstet sein muss. Das hat zur Folge, dass bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten anders als im Regelzerlegungsfall neben den Arbeitnehmerfolgekosten zumindest ein weiterer sachlicher Faktor zu berücksichtigen ist.
Bei der Ausgestaltung der Zerlegung stehen die persönlichen wie auch die sachlichen Lasten regelmäßig gleichgewichtig zueinander, BFH vom 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. 1965 III 113. In Zeiten der Veränderung der Arbeitswelt durch flexiblere Arbeitsmodelle und unter Einbeziehung fiskaler Vor- und Nachteile aus der Ansiedlung von Arbeitskräften in der Gemeinde kann sich jedoch eine andere Gewichtung ergeben.
Als sachlicher Zerlegungsmaßstab werden in der Rechtsprechung die in den einzelnen Gemeinden vorhandenen Betriebsanlagen der Betriebsstätte herangezogen, BFH vom 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. 1954 III 372; BFH vom 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. 1965 III 113. Dabei ist jedoch die vorgelagerte Frage zu beantworten, ob auf die historischen oder fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten in steuerlicher oder handelsrechtlicher Hinsicht abzustellen ist. Zudem muss die steuerpflichtige Person die vorhandenen Betriebsanlagen einer Betriebsstätte bzw. bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten der jeweiligen Gemeinde innerhalb der mehrgemeindlichen Betriebsstätte zuordnen. Bei Elektrizitätsunternehmen wurde alternativ auf die Menge des auf dem Gebiet einer Gemeinde abgegebenen Stroms oder auf die Betriebseinnahmen aus der Stromabgaben abgestellt, BFH vom 16.11.1954 – I B 249/62 U, BStBl. 1966 III 40; BFH vom 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. 1988 II 292. Soweit Gegenstand des Unternehmens der Transport von Erdgas über ein Rohrleitungssystem ist, kann auf die Menge des abgegebenen Gases abgestellt werden. Das gilt vor allem dann, wenn praktische Schwierigkeiten hinsichtlich der Zuordnung des weit überwiegenden Wertanteils der Betriebsanlagen bestehen, wie das bei einem weit verzweigten Rohrleitungssystem der Fall ist. Das gilt vor allem dann, wenn die Daten über die Abgabemenge bei der steuerpflichtigen Person ohnehin vorhanden sind oder leicht aus vorhandenen Daten abgeleitet werden können. Hieran ändert auch die Trennung von Gashandel und Gastransport (Unbundling) nichts. Auch stellt der Rückgriff auf die abgegebene Gasmenge keinen Verstoß gegen Art. 20a GG vor, weil letztlich die Gemeinde profitiert, auf deren Gebiet eine hohe Gasmenge abgegeben wird.
Geschützt: § 8 Nr. 1 lit. a GewStG, § 19 Abs. 1 GewStDV: Ausnahme von der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden nach dem sog. Bankenprivileg
§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG, § 19 GewStDV: Kein Erfordernis des Überwiegens der Erträge aus Geldforderungen gegenüber den Erträgen aus anderen Geschäften
BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20, BStBl. 2024 II S. 378
[Vorinstanz: Hessisches FG vom 26.08.2020 – 8 K 622/19, EFG 2020, 1856]
Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.
Zu den Hinzurechnungen gehört nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG auch die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden.
Aufgrund der Ermächtigung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 lit. e GewStG wurde eine Bereichsausnahme von § 8 Nr. 1 lit. a GewStG in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV geschaffen, die in den letzten Jahren durch den Verordnungsgeber weiterentwickelt wurde. Bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 stellte die Regelung allein auf diejenigen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG ab. Die Bereichsausnahme des § 35c Abs. 1 S. 2 lit. e GewStG ist Unternehmen eröffnet, die bezogen auf Bankgeschäfte gewerbsmäßig handeln und solche Geschäfte in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern.
Voraussetzung für die Anwendung der Bereichsausnahme ist, dass die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Insoweit ist auf die Durchschnittswerte aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstituts nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken abzustellen.
Diese Regelung ersetzt seit dem Steuerreformgesetz 1990 die bis dato geltende Regelung, die auf einen Vergleich des Rohgewinnertrages aus Bankgeschäften mit den anderen Geschäften, BFH vom 21.05.1997 – I R 62/96, BFH/NV 1998, 210. Die Änderung des Gesetzes verfolgte die Zweck der Vereinfachung, BT-DrS 11/2157, 176.
Die Regelung findet – bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 – auf Konzernfinanzierungsgesellschaften Anwendung, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173.