§ 10a GewStG: Auswirkungen der Abspaltung einer Mitunternehmerschaft auf den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der Mitunternehmerschaft

BFH vom 12.11.2020 – IV R 29/18, BStBl. 2021 II 722

Vortragsfähige Fehlbeträge sind nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.

Vortragsfähige Fehlbeträge sind gemäß § 10a S. 7 GewStG die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrages nach § 10a S. 1 und 2 GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge.

Die Inanspruchnahme des Verlustvortrages nach § 10a GewStG setzt neben Unternehmens- auch Unternehmeridentität voraus.

Die Unternehmeridentität setzt voraus, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten hat, BFH vom 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. 2013 II 176.

Das ist beim Einzelunternehmen der Einzelunternehmer. Im Fall einer Mitunternehmerschaft sind das die einzelnen mitunternehmerisch verbundenen Personen, BFH vom 03.05.1993 – GrS 3/92, BStBl. 1993 II 616.

Mit dem Ausscheiden einer mitunternehmerisch verbundenen Person aus einer Mitunternehmerschaft fällt der auf diese Person entfallende Verlustvortrag verloren, BFH vom 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. 2013 II 176.

Spaltet also eine Kapitalgesellschaft eine von ihr gehaltene mitunternehmerische Beteiligung auf eine andere Kapitalgesellschaft ab, entfällt der auf sie entfallenden Verlustvortrag.

Im Fall der Abspaltung einer mitunternehmerischen Beteiligung kann die Mitunternehmerschaft zudem sowohl aus § 10a S. 10 1. HS GewStG i.V.m. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG (Konzernklausel) bzw. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG analog keine Fortführung eines Verlustvortrages herleiten, der wegen fehlender Unternehmereigenschaft entfallen ist. Zwar findet nach § 10a S. 1 1. HS GewStG § 8c KStG auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge entsprechend anwendbar. Die Regelung erfasst lediglich Fehlbeträge von Körperschaften, um diese in gleicher Weise einzuschränken, wie im Körperschaftsteuerrecht.

[Hinweis: § 8c KStG geht auf die Rechtsprechung des BFH zum Mantelkauf nach § 8 Abs. IV KStG zurück.]

Ausweislich der Gesetzesbegründung erfasst die Regelung des § 10a S. 10 2. HS GewStG nur auf Verluste der Körperschaft selbst und nicht die Verluste auf Ebene einer nachgeordneten Personengesellschaft. [Hinweis: Damit sollte vermieden werden, dass Verluste einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergeleitet und durch Weitergabe der mitunternehmerischen Beteiligung fungibel werden.]

Nichts anders ergibt sich aus umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen.

So betrifft § 19 Abs. 1 UmwStG dem Wortlaut nach nur die an der Umwandlung beteiligten Körperschaften. Der Verlustvortrag der Mitunternehmerschaft, deren Anteile Gegenstand der Umwandlung waren, findet die Regelung jedoch keine Anwendung. Die Regelung des § 19 Abs. 2 UmwStG erfasst ihrem Wortlaut nach nur die vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft.

[Hinweis: Offen ist bisweilen, ob die Erkenntnis der Rechtsprechung, dass Träger des gewerbesteuerlichen Verlustvortrages der Mitunternehmerschaft die mitunternehmerisch beteiligte Person ist, in diesem Zusammenhang außer Acht gelassen werden kann.]

Nichts anders ergibt sich aus § 19 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 2. HS, § 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG.

§ 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG: Anwendung der temporären Verlustabzugsbeschränkung im Rahmen der Gewerbesteuer

FG Berlin-Brandenburg vom 22.10.2020 – 10 K 10192/19, DStRE 2021, 1194

Nach § 10a GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag (§ 10 GewStG) um Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit sie nicht bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages vorangegangener Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.

Nach § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG ist der Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit verrechenbaren Verlusten, verbleibenden Verlustvorträgen, nicht ausgeglichenen negativen Einkünften und einem Zinsvortrag des übernehmenden Rechtsträgers nicht zulässig.

Gegen die Anwendung der temporären Verlustabzugsbeschränkung des § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG im Rahmen der gewerbesteuerlichen Verlustverrechnung spricht der Wortlaut der Norm, da die in § 2 Abs. 4 S. 3 GewStG verwendeten Begriffe in § 10a GewStG nicht enthalten sind. Dieser Befund bestätigt sich im Gesamtüberblick des Umwandlungssteuergesetzes, das an verschiedenen Stellen ausdrücklich auf die Gewerbesteuer Bezug nimmt und in diesem konkreten Fall gerade nicht. Dem Schweigen des Gesetzes kommt mithin eine eigene Aussagekraft zu.

[Hinweis: Die temporäre Verlustausgleichsbeschränkung im Jahr der Einbringung führt jedoch nicht zum endgültigen Wegfall der Verlustnutzung, sondern nur zu einer Verlagerung in Form eines Verlustvortrages. Der Verlust kann daher mit Gewinnen in der folgenden Periode verrechnet werden.]

[Hinweis: Der Anwendungsbereich der Verlustabzugsbeschränkung des § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG umfasst nicht für Verluste des übernehmenden Rechtsträgers, die auf die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG beruhen. Anderenfalls würde der Zwecke des § 7g EStG bestimmten Unternehmen einen Liquiditätsvorteil zu gewähren nicht erreicht.]

[Hinweis: Der Rückwirkungszeitraum des § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG beginnt mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages und endet mit Ablauf des Tages der Eintragung in das Handelsregister.]

§ 7 S. 1 GewStG: keine Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns II, § 22 Abs. 2 UmwStG 2006

BFH vom 11.07.2019 – I R 13/18, BStBl. 2022 II 91

[Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein vom 21.03.2018 – 1 K 1/16, NWB RAAAG-81453]

Erfolgt u.a. eine Sacheinlage von Kapitalgesellschaftsanteilen gegen Gewährung neuer Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger zu einem Wert unterhalb des gemeinen Wertes und veräußert der übernehmende Rechtsträger die eingelegten Anteile innerhalb einer Frist von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden zu versteuern (Einbringungsgewinn II, § 22 Abs. 2 UmwStG 2006).

Das Finanzamt vertrat im Entscheidungsfall die Ansicht, dass der Einbringungsgewinn II selektiv die Veräußerung der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile und nicht die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils besteuere. Besteuerungsrelevant sei daher das Einzelwirtschaftsgut (Kapitalgesellschaftsbeteiligung), auch wenn dieses ursprünglich zu einer Sachgesamtheit (Mitunternehmeranteil) gehört habe. Das gelte auch für Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, die dem Sonderbetriebsvermögen II zuzurechnen seien.

Der BFH stellt dem entgegen jedoch darauf ab, dass die Sacheinlage den gesamten Mitunternehmeranteil umfasst hat und der Einbringende seine mitunternehmerschaftliche Betätigung mit der Einbringung einstellt. Die spätere Veräußerung der eingebrachte Kapitalgesellschaftsbeteiligung durch den übernehmenden Rechtsträger, die den Einbringungsgewinn II auslöst, ändert hieran nichts. Sie führt jedoch nach § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 zur anteiligen Versagung des Buchwertansatzes und zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven.

Für Zwecke der Gewerbesteuer stellt der BFH heraus, dass der nach einkommensteuerrechtlichen oder körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn nach § 7 S. 1 GewStG Ausgangsgröße der Besteuerung ist. Dieser ist jedoch zu modifiziern, um dem Charakter der Gewerbesteuer gerecht zu werden. Konkret bedeutet das, dass der ertragsteuerliche Gewinn um solche Bestandteile zu bereinigen ist, die mit dem Zweck der Gewerbesteuer als Sachsteuer nicht übereinstimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Fiskalzweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer es gebietet, dass Gewinne auszuscheiden sind, wenn diese aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gewerbebetriebes, eines Teilbetriebes oder des Mitunternehmeranteils beruhen, wenn damit die endgültige Einstellung der gewerblichen Betätigung des (Mit-)Unternehmers verbunden ist. Das gilt nicht in den Fällen des § 7 S. 2 GewStG.

Die Sacheinlage nach § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 durch eine natürliche Person erfüllt diese Voraussetzungen. Gleich welcher Wert in diesem Fall zum Ansatz kommt und ob dieser Wert bereits im Rahmen der Sacheinlage oder rückwirkend als Einbringungsgewinn II zur Anwendung gelangt, unterliegt der Vorgang nicht der Gewerbesteuer, da der ertragsteuerliche Gewinn im Rahmen der Modifikationen im Rahmen des § 7 S. 1 GewStG auszuscheiden ist.

Die Entscheidung wurde durch die Finanzverwaltung bisher nicht veröffentlich, so dass unklar ist, ob die Finanzverwaltung der Rechtsprechung folgt.