§ 10a GewStG, § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG, § 8c KStG: Wegfall des gewerbesteuerlichen Verlustvortrages bei Gesellschafterwechsel im Fall einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft

FG Düsseldorf vom 07.03.2024 – 9 K 382/23 G, F

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach § 6 GewStG nach dem Gewerbeertrag.
Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des
Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns,
der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Der maßgebende Gewerbeertrag wird unter den Voraussetzungen des § 10a GewStG um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben. Auf die Fehlbeträge sind nach § 10a S. 10 1. HS GewStG § 8c KStG sowie nach § 10a S. 11 GewStG § 8d KStG entsprechend anwendbar.

Nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG sind negative Einkünfte nach einem genauer bestimmten schädlichen Beteiligungserwerb nicht mehr abzugsfähig. Auf Antrag ist diese Rechtsfolge nach § 8d Abs. 1 S. 1 KStG unter weiteren Voraussetzunge nicht anzuwenden. Das gilt jedoch nach § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG nicht, wenn die Körperschaft zu Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem schädlichen Beteiligungserwerb vorausgeht, an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist.

Soweit § 10a S. 11 GewStG lediglich eine entsprechende Anwendung des § 8d KStG zur Anwendung bringt, eröffnrt er den Spielraum den Anwendungsausschluss § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG für Zwecke der Gewerbebesteuerung nur insoweit anzuwenden, wie – entsprechend dem Zweck der Vorschrift – ein Missbrauch zu bekämpfen ist. Da eine Personengesellschaft selbst Gewerbesteuerobjekt und Schuldnerin der Gewerbesteuer ist, scheidet ein Missbrauch aus, so dass die Regelung nicht zur Anwendung zu bringen ist.

§ 7 S. 3 1. Var. GewStG: Fiktion des Gewerbeertrages im Fall der Tonnagebesteuerung

BFH vom 22.02.2024 – IV R 14/21

[Vorinstanz: FG Hamburg vom 04.05.2021 – 2 K 61/19]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG dem Grunde nach jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Der Begriff des Gewerbebetriebes ist einkommensteuerrechtlicher Natur, § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG. Nach dem Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer unterliegt der Gewerbebetrieb eines Personenunternehmens der Gewerbesteuer jedoch nur während der werbenden Phase. Nach Beendigung der werbenden Phase unterliegen Gewinne oder Verluste eines Personenunternehmens nicht mehr der Gewerbesteuer, BFH vom 18.05.2017 – IV R 30/15, BFH/NV 2017, 1191.

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach § 6 GewStG nach dem Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 7 S. 3 1.Var. GewStG gilt allerdings der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Abs. 4 und Abs. 4a EStG als Gewerbertrag im Sinne des § 7 S. 1 GewStG.

Nach § 5a Abs. 4a S. 3 EStG sind dem Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG dem Gewinn hinzuzurechnen.

Die Regelung setzt eine sachliche und persönliche Steuerpflicht voraus und fingiert diese nicht.

Geschützt: § 10a GewStG: Übergang eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft bei Einbringung des Betriebes nach § 24 UmwStG

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Praktisches Gewerbesteuerrecht 2024

Webinar am Freitag, den 28. Juni 2024 im Zeitraum vom 9:00 Uhr bis 17:45 Uhr

A. Steuerpflicht

  • Abgrenzung selbständige Arbeit zu Gewerbebetrieb

FG Münster vom 27.10.2023 – 14 K 1624/21 G – Abgrenungsprüfung im Fall einer Patentanwaltskanzlei bei Auslandssachverhalten

  • Aufwärtsabfärbung, § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG

BFH vom 05.09.2023 – IV R 24/20 – neuere Rechtsprechung

  • Betriebsstätte

BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20 – Ort der Geschäftsleitung bei Hausverwaltervollmacht

  • Beginn der sachlichen Steuerpflicht

BFH vom 25.05.2023 – IV R 33/19 – grundbesitzenden Personengesellschaft

BFH vom 01.09.2022 – IV R 13/20 – gewerblichem Grundstückshandel

  • Dauer der sachlichen Steuerpflicht

BFH vom 15.06.2023 – IV R 30/19 – eine Sekunde

B. Hinzurechnungen

  • Einleitungssatz

BFH vom 12.10.2023 – III R 39/21 – Aktivierung von Standflächen

  • § 8 Nr. 1 lit. a GewStG – Entgelte für Schulden

BFH vom 16.11.2023 – III R 27/21 – Hinzurechnung von Swap – Zinsen

Verhältnis zu § 4h EStG – Auswirkungen der Novellierung von § 4h EStG

  • § 19 GewStDV – Bankenprivileg

BFH vom 30.11.2023 -III R 55/20

  • § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG -Mieten und Pachten
  • Gleichheitsrechtliche Bedenken

BFH – III R 24/23 – Schlechterstellung der Miete gegenüber dem Eigentum

  • Miete / Pacht

BFH vom 23.03.2023 – III R 5/20 – Sponsoringaufwendungen

  • Fiktives Anlagevermögen

BFH vom 12.10.2023 – III R 39/21 – Standflächen bei Imbissbetrieben

BFH vom 17.08.2023 – III R 59/20 – Ferienimmobilien

Abgrenzung zu BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16 – Pauschalreisen

Ausstrahlungswirkung

  • § 8 Nr. 1 lit. f GewStG

BFH vom 23.02.2023 – IV R 37/18 – Kabelweitersenderechten

C. Kürzungen

  • einfache Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG

BFH vom 12.10.2023 – III R 34/21 – Ersatzwirtschaftswert

  • erweiterte Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
  • Anwendungsbereich

BFH vom 15.06.2023 – IV R 6/20 – gewerbliche Nebentätigkeit (Weihnachtsmarkt)

BFH vom 20.04.2023 – III R 53/20 – Komplementär-GmbH

  • Ausschließlichkeit

FG Düsseldorf vom 26.06.2023 – 10 K 2800/20 G – Betriebsvorrichtung

BFH vom 25.05.2023 – IV R 33/19 – Zahlung vor Überlassung

  • Ausschlussgründe, § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG

BFH vom 09.03.2023 – IV R 11/20 – Sondervergütungen

FG Düsseldorf vom 22.09.2022 – 9 K 2833/21 G – Weitervermietungsmodell

D. Verluste

  • Verlustfeststellung

BFH vom 11.01.2024 – IV R 25/21 – Bindungswirkung des Messbescheides

BFH vom 23.02.2024 – IX B 118/22 – Feststellungsverjährung

  • Unternehmeridentität

BFH vom 01.02.2024 – IV R 26/21 – Übergang des Verlustes bei Einbringung durch eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

  • Unternehmensidentität

anhängige Verfahren III R 30/21 und XI R 2/23 zum Begriff der Unternehmensidentität bei Kapitalgesellschaften

E. Zerlegung

  • Rechtsschutz

BFH vom 11.05.2023 – IV R 3/19 – Angabe einer hebeberechtigten Gemeinde im Gewerbesteuermessbescheid

BFH vom 20.05.2022 – IV B 50/21 (AdV) – Aussetzungsantrag der Gemeinde

  • Mehrgemeindliche Betriebsstätten

BFH vom 14.12.2023 – IV R 2/21 – Zerlegungsmaßstab

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Einfluss der Betriebsverpachtung auf die erweiterte Grundbesitzkürzung

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§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG, § 19 Abs. 1 GewStDV: Ausnahme von der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden nach dem sog. Bankenprivileg

FG Münster vom 30.11.2023 – 10 K 2062/20 G

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach § 6 GewStG nach dem Gewerbeertrag.
Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des
Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns,
der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb erfolgt unter den in § 8 GewStG genannten Voraussetzungen die Hinzurechnung der Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG sind das Entgelte für Schulden. Bei bestimmten, in § 19 GewStDV definierten Unternehmen, sind nur bestimmte Entgelte für Schulden anzusetzen, sog. Bankenprivileg.

In den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 GewStDV fallen Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG. Diesen gleichgestellt sind nach § 19 Abs. 3 GewStDV weitere Unternehmen. Ferner ist der Anwendungsbereich auch Finanzdienstleistungsinstituten nach § 19 Abs. 4 GewStDV eröffnet.

Kreditinstitut im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 KWG ist ein Unternehmen, das Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteteten Geschäftsbetrieb erfordert.

Bankgeschäfte sind u.a. Kreditgeschäfte in Gestalt der Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten, § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG. Hierzu gehören auch Cash-Pool-Systeme, denn hierbei kommen zwischen den Beteiligten Darlehensbeziehungen im Sinne von Gelddarlehen nach § 388 BGB zu Stande.

Gewerbsmäßig werden Bankgeschäfte getätigt, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG durchgeführt werden. Dazu muss die Betriebsführung so ausgerichtet sein, dass eine durch den Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG erfassbare, unmittelbar aus der Tätigkeit folgenden Betriebsvermögensmehrung erzielt werden soll. Indiz für eine gewerbsmäßige Tätigkeit ist die Festlegung eines Darlehenszinses, der höher liegt als der Guthabenzins.

Voraussetzung für die Anwendung des § 19 Abs. 1 GewStDV ist nach § 19 Abs. 2 GewStDV, dass im Durschnitt aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstituts nach § § 25 KWG oder entsprechender Statistiken die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen.

Für Zwecke der Hinzurechnung sind die Entgelte für Schulden nur insoweit anzusetzen, wie sie dem Betrag bestimmter Ansätze entsprechend, die das Eigenkapital überschreiten. Zu berücksichtigen sind dabei die zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Schiffe, Anteile an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie der Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG, § 19 GewStDV: Kein Erfordernis des Überwiegens der Erträge aus Geldforderungen gegenüber den Erträgen aus anderen Geschäften

BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20

[Vorinstanz: Hessisches FG vom 26.08.2020 – 8 K 622/19, EFG 2020, 1856]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Zu den Hinzurechnungen gehört nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG auch die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden.

Aufgrund der Ermächtigung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 lit. e GewStG wurde eine Bereichsausnahme von § 8 Nr. 1 lit. a GewStG in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV geschaffen, die in den letzten Jahren durch den Verordnungsgeber weiterentwickelt wurde. Bis einschließliche des Erhebungszeitraums 2020 stellte die Regelung allein auf diejenigen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG ab. Die Bereichsausnahme des § 35c Abs. 1 S. 2 lit. e GewStG ist Unternehmen eröffnet, die bezogen auf Bankgeschäfte gewerbsmäßig handeln und solche Geschäfte in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern.

Voraussetzung für die Anwendung der Bereichsausnahme ist, dass die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Insoweit ist auf die Durchschnittswerte aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstituts nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken abzustellen.

Diese Regelung ersetzt seit dem Steuerreformgesetz 1990 die bis dato geltende Regelung, die auf einen Vergleich des Rohgewinnertrages aus Bankgeschäften mit den anderen Geschäften, BFH vom 21.05.1997 – I R 62/96, BFH/NV 1998, 210. Die Änderung des Gesetzes verfolgte die Zweck der Vereinfachung, BT-DrS 11/2157, 176.

Die Regelung findet – bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 – auf Konzernfinanzierungsgesellschaften Anwendung, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173.

§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG: einheitlicher Gewerbebetrieb – hier: Gewächshausbau und Pflanzenzucht

FG Münster vom 29.11.2023 – 13 K 986/21 G, EFG 2024, 477

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 2 Abs. 1 S . 1 GewStG der stehende Gewerbebetrieb. Gewerbebetrieb ist nach § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG das gewerbliche Unternehmen im einkommensteuerlichen Sinne.

Übt eine natürliche Person mehrere gewerbliche Tätigkeiten aus, kann es sich um einen einheitlichen Betrieb oder um mehrere Betriebe handeln, BFH vom 17.06.2020 – X R 15/18, BStBl. 2021 II 157.

Ob ein oderer mehrer Gewerbebetriebe vorliegen, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Gewerbesteuerlich kommt dieser Frage Bedeutung zu, weil der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG jedem Gewerbebetrieb, der durch eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft betrieben wird, zusteht und gegenläufig eine Verlustverrechnung zwischen verschiedenen Gewerbebetrieben nach § 10a GewStG nicht vorgesehen ist.

Ob ein einheitlicher oder mehrere Betriebe vorliegen, bestimmt sich ferner aufgrund der Gleichartigkeit oder Ungleichartigkeit der Betätigung. Im Fall der Gleichartigkeit liegt regelmäßig ein Gewerbebetrieb vor. Im Fall der Ungleichartigkeit liegen regelmäßig mehrere Betriebe vor.

Maßgeblich für die Einordnung ist dabei der organisatorische, finanzielle und wirtschaftliche Zusammenhang im Verhältnis zum Grad der Verschiedenheit der Betätigung, BFH vom 17.06.2020 – X R 15/18, BStBl. 2021 II 157.

Treffen jedoch gewerbliche und nicht gewerbliche Betätigungen aufeinander, sind diese regelmäßig getrenntz zu erfassen, BFH vom 11.07.1991 – IV R 33/90, BStBl. 1992 II 353. Etwas anderes würde sich nur ergeben, wenn die Betätigungen sich gegenseitig bedingen.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Betriebsverpachtung in Fällen, in denen das Betriebsgrundstück die wesentliche Betriebsgrundlage bildet

FG Düsseldorf vom 23.11.2023 – 14 K 1037/22 G, F, NWB RAAAJ-59059

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Grundlegende Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Wird ein Betrieb im Ganzen verpachtet (Betriebsverpachtung), entfällt das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG. Ertragsteuerlich ist fortan keine originäre gewerbliche Tätigkeit mehr gegeben. Denn Voraussetzung der Betriebsverpachtung ist es, dass der Betrieb im Ganzen als geschlossener Organismus oder zumindest alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebes verpachtet werden und die verpachtende Partei in der Folge sich selbst nicht mehr am wirtschaftlichen Verkehr beteiligen kann. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind dabei diejenigen Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsfortführung zukommt, BFH vom 17.04.1997 – VIII R 2/95, BStBl. 1998 II 388. Ist die einzige wesentliche Betriebsgrundlage ein Grundstück, kann die Vermietung dieses Grundstücks die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung erfüllen, BFH vom 29.10.1992 – III R 5/92, BFH/NV 1993, 233. Das ist im Fall eines Einzelhandelsbetriebes regelmäßig gegeben, BFH vom 06.11.2008 – IV R 51/07, BStBl. 2009 II 303. Ertragsteuerlich führt die Betriebsverpachtung jedoch nicht zur Betriebsaufgabe und zur Versteuerung der stillen Reserven. Ertragsteuerlich wird der Gewerbebetrieb vielmehr fortgeführt, solange die steuerpflichtige Person nicht die Betriebsaufgabe erklärt, BFH vom 13.11.1963 – GrS 1/63, BStBl. 1964 III 124.

Abweichend davon endet die sachliche Gewerbesteuerpflicht unabhängig von der (ertragsteuerlichen) Aufgabeerklärung mit dem Beginn der Betriebsverpachtung, da nicht nur die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr entfallen ist, sondern auch die, die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines originären Gewerbebetriebes begründende, werbende Tätigkeit.

Damit kommt die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung in Betracht. Allerdings ist unabhängig vom Bestehen der sachlichen Gewerbesteuerpflicht Voraussetzung der erweiterten Grundbesitzkürzung, dass in quantitativer, qualitativer und zeitlicher Hinsicht ausschließlich die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erfolgt und daneben lediglich Tätigkeiten ausgeübt werden, die gesetzlich als zulässige Nebentätigkeiten benannt sind, und kein Ausschluss der Anwendung nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG erfolgt. Besteht die Betriebsverpachtung lediglich in der Vermietung von Grundbesitz, verstößt das nach Ansicht des angerufenen Finanzgerichts nicht gegen die qualitative Ausschließlichkeit, a.A. FG Düsseldorf vom 22.06.2022 – 2 K 2599/18 G, EFG 2022, 1392; FG Münster vom 06.12.2019 – 14 K 3999/16 G, GmbH-StB 2021, 328.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist hingegen ausgeschlossen, wenn neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes die Verwaltung und Nutzung beweglicher Wirtschaftsgüter erfolgt.

Nicht zu einem Ausschluss kommt es, wenn sich bewegliche Wirtschaftsgüter im Eigentum der steuerpflichtigen Gesellschaft befinden, die nicht Gegenstand einer Überlassung sind und denen keine eigene Funktion im Sinne eines Wertspeichers zukommt. Daher ist die Einlagerung von Inventarstücken der überlassenen Immobilie – auch in der Immobilie – für die erweiterte Grundbesitzkürzung unschädlich, wenn diese nicht Gegenstand der Nutzungsüberlassung sind.

Schädlich ist jedoch die Überlassung von Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG, denn diese sind steuerlich nicht Teil des Grundvermögens. Hierbei handelt es sich um sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören und zwar auch dann, wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Wegen des Bezuges zu einer Betriebsanlage setzt die Betriebsvorrichtung voraus, dass das Unternehmen damit unmittelbar betrieben wird, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Daher ist ein Lastenaufzug in einem Warenhaus, anders als ein Personenaufzug, eine Betriebsvorrichtung, BFH vom 05.03.1971 – III R 90/69, BStBl. 1971 II 155. Denn mittels des Lastenaufzugs wird das Gewerbe unmittelbar betrieben, BFH vom 07.10.1977 – III R 48/76, BStBl. 1978 II 186. Dem entgegen hat ein Personenaufzug die Funktion einer Treppe und dient der Benutzung des Gebäudes, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Im Ausnahmefall kann der Verstoß gegen das qualitative Ausschließlichkeitsgebot zudem unbeachtlich sein. Das ist dann der Fall, wenn die zusätzliche Überlassung zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundbesitzverwaltung und -nutzung ist. Dabei ist darauf abzustellen, ob die zusätzliche Überlassung bei Abschluss vergleichbarer Mietverträge als zwingend notwendig im Sinne einer Unentbehrlichkeit angesehen wird. Das ist im Fall eines Lastenaufzugs in einem Warenhausgebäude der Fall. Keine Betriebsvorrichtungen sind Verladerampen, die aus einer Betonrampe und einem Blech bestehen, das zur Überbrückung der Betonrampe und dem anfahrenden LKW dient, BFH vom 10.07.1964 – III 159/60 U, BStBl. 1964 III 523. Verladerampen haben eine Zugangsfunktion zum Gebäude, FG Düsseldorf vom 24.02.2023 – 10 K 1672/20 G, EFG 2023, 651.