§ 33 Abs. 1 GewStG: Sanierungsgewinn eines Unternehmens im gewerbesteuerlichen Organkreis begründet keine abweichende Zerlegung

FG Berlin-Brandenburg vom 09.02.2017 – 10 K 10165/14, NWB EAAAG-42657

Abweichend von den allgemeinen Regeln zur Zerlegung (mehrere Betriebsstätten innerhalb eines Erhebungszeitraumes begründen die Zerlegung (§ 28 GewStG), die in der Regel nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne zu erfolgen hat (§ 29 GewStG)) erfolgt die Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG nach einem Maßstab der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt, wenn die Zerlegung nach den allgemeinen Regelungen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt.

Ein offenbar unbilliges Ergebnis ist nach ständiger Rechtsprechung nicht jede offenbare Unbilligkeit, die sich aus dem groben Zerlegungsmaßstab des § 29 i.V.m. § 31 GewStG ergibt. Es bedarf vielmehr hinsichtlich der offenbaren Unbilligkeit eines erheblichen Gewichts. Der BFH spricht insoweit von atypischen Umständen des Einzelfalles, die dazu führen, dass die sich aus dem groben Maßstab des § 29 GewStG ergebende Unbilligkeit offensichtlich übertroffen wird, BFH vom 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. 2010 II 492.

Als Unbilligkeiten sind entsprechend dem Belastungsgedanken des Äquivanlenzprinzips nur Arbeitnehmerfolgelasten zu berücksichtigen. Daher kann eine abweichende Zerlegung in Betracht kommen, wenn in einer Betriebsstätte überwiegend Leiharbeite eingesetzt werden, FG Niedersachsen vom 03.07.2003 – 11 K 11/99, DStRE 2004, 471. Zudem hat der BFH auch atypische Lasten für die Gemeinde anerkannt, die nicht durch in der Gemeinde ansässige Arbeitnehmer anerkannt wurden, BFH vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007, II 836. Nicht anerkannt wurde durch den BFH jedoch die Berücksichtigung des Betriebsstättenergebnisses als Maßstab. Denn dieses ist Ausdruck der Ertragsstärke des Unternehmens und spiegelt nur zufällig die gemeindlichen Lasten wieder, die sich aus der Entfaltung des Unternehmens durch die Betriebsstätte ergeben, BFH vom 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. 2010 II 492.

Übertragen auf den Fall einer gewerbesteuerlichen Organschaft bedeutet das, dass der Gesetzgeber die Organgesellschaft in § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG als Betriebsstätte der Organträgerin ausgestaltet hat. Das gilt auch im Fall der Zerlegung. Daher kann aus dem Organschaftverhältnis selbst noch keine offenbare Unbilligkeit von Gewicht hergeleitet werden.

Erzielt die Organträgerin nunmehr ein außerordentliches Ergebnis in Form eines Sanierungsgewinns begründet das nach Ansicht des Finanzgerichts keine atypischen Umstände des Einzelfalles.

§ 10a GewStG: Übergang des Gewerbeverlustes bei Einbringung eines Betriebes durch eine Kapitalgesellschaft in eine Mitunternehmerschaft

FG Baden-Württemberg vom 30.01.2017 – 10 K 3703/14, EFG 2017, 1604

aufgehoben durch BFH vom 17.01.2019 – III R 35/17, BStBl. 2019 II 407

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Der so ermittelte maßgebende Gewerbeertrag wird nach § 10a S. 1 GewStG um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Bei der Kürzung sind die betragsmäßigen Beschränkung des § 10a S. 2 GewStG zu beachten.

Die Kürzung des Gewerbeertrags um Fehlbeträge setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Unternehmensidentität und die Unternehmeridentität voraus, BFH vom 24.04.2014 – IV R 34/10, BStBl. 2017 II 233.

Unternehmensidentität bedeutet, dass die steuerpflichtige Person, die den Abzug des Fehlbetrages in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten hat. Die steuerpflichtige Person muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrages Unternehmensinhaber gewesen sein, BFH vom 11.10.2012 – GrS 3/92, BStBl. 1993 II 616.

Ertragsteuerlich sind einzelunternehmisch tätige Personen ebenso wie mitunternehmerisch verbundene Personen diejenigen, die die Einkünfte aus dem Unternehmen beziehen. Sie sind damit sachlich gewerbesteuerpflichtigt und die Träger von Fehlbeträgen, BFH vom 11.10.2012 – GrS 3/92, BStBl. 1993 II 616. Das Recht zur Kürzung des Fehlbetrages steht damit nicht der Mitunternehmerschaft, sondern den an ihr mitunternehmerisch beteiligten Personen zu, BFH vom 16.06.2011 – IV R 11/08, BStBl. 2011 II 903.

Im Fall der Einbringung eines gewerblichen Betriebes in eine Mitunternehmerschaft führt das dazu, dass ein bestehender Fehlbetrag, der für die einbringenden Person festgestellt wurde, von dieser bei der Mitunternehmerschaft gekürzt werden kann, soweit der Gewerbeetrag auf die einbringende Person entfällt, BFH vom 11.10.2012 – GrS 3/92, BStBl. 1993 II 616. Zum Ende des ersten Erhebungszeitraums nach der Einbringung ist der Fehlbetrag bei der Mitunternehmerschaft nach § 10a S. 6 GewStG festzustellen.

Unternehmensidentität ist gegeben, wenn der Gewerbebetrieb im Jahr der Entstehung des Fehlbetrages wie auch im Jahr der Kürzung in identischer Form bestanden hat, BFH vom 07.08.2008 – IV R 86/05, BStBl. 2012 II 145. Das ergibt sich aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer, BFH vom 28.04.1977 – IV R 165/76, BStBl. 1977 II 666. Ein gewerbesteuerliche Fehlbetrag kann daher nicht von einem Betrieb auf einen anderen Betrieb übergehen. Mit dem Ende der sachlichen Steuerpflicht entfällt die Unternehmensidentität und damit der Fehlbetrag. Sie besteht jedoch fort, solange der nämliche Unternehmensgegenstand nicht entfallen ist, BFH vom 07.09.2016 – IV R 31/13, BFHE 255, 266. Maßgebliche Kriterien sind die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft sowie Umfang und Zusammensetzung des Aktivvermögens, BFH vom 16.04.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81. Bei Kapitalgesellschaften ist jedoch zu beachten, dass die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt.

Im Fall der Einbringung ist das Merkmal der Unternehmensidentität auch dann von Bedeutung, wenn die Einbringung durch eine Kapitalgesellschaft erfolgt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets und in vollem Umfang Gewerbebetrieb ist. Maßgeblich ist vielmehr die aufnehmende Personengesellschaft, für die Grundsätze der Unternehmensidentität uneingeschränkt gelten.

Praktisches Gewerbesteuerrecht 2016

Für das Seminar „Praktisches Gewerbesteuerrecht“ konnte Herr Richter am Finanzgericht Dr. Christian Graw als dritter Referent gewonnen werden.

Herr Dr. Graw ergänzt das bisherige Referentteam durch seine Expertise im Bereich der gewerbesteuerlichen Auswirkungen von Umwandlungsvorgängen und deren Folgewirkungen bei späteren Ereignissen.

§ 10a GewStG: Verschmelzung einer Mutterpersonengesellschaft auf eine Tochterpersonengesellschaft

BFH vom 12.05.2016 – IV R 29/13, GmbHR 2016, 1111

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Maßgebend ist dabei nach § 10 GewStG in zeitlicher Hinsicht der Gewerbeertrag, der in dem Erhebungszeitraum bezogen wird, für den der Steuermessbetrag festgesetzt wird, § 10a S. 6 GewStG.

Der so ermittelte maßgebende Gewerbeertrag wird nach § 10a S. 1 GewStG um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Bei Mitunternehmerschaften ist nach § 10a S. 4 GewStG der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag entsrpechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen. Vorabgewinne sind nicht zu berücksichtigen. Die vortragsfähigen Fehlbeträge sind nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen nd nur soweit sie gesondert festgestellt wurden, bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages des folgenden Erhebungszeitraumes zu berücksichtigen. Die Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrages erfolgt nach § 10a S. 2 GewStG bis zum Betrag von EUR 1 Mio. uneingeschränkt und darüber hinaus in Höhe von bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume. Die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrages verbleibenden Fehlbeträge sind nach § 10a S. 7 GewStG zu Schluss des Erhebungszeitraumes gesondert festzustellen.

Die Geltendmachung eines Gewerbeverlustes setzt bei Personenunternehmen den Fortbestand der Unternehmensidentität und der Unternehmeridentität voraus, BFH vom 17.01.2019 – III R 35/17, BStBl. 2019 II 407.

Wird ein Unternehmen von einer Kapitalgesellschaft auf eine Mitunternehmerschaft übertragen, steht der Geltendmachung des Verlustes der Kapitalgesellschaft durch die Mitunternehmerschaft jedenfalls eine fortbestehende Tätigkeit der Kapitalgesellschaft entgegen, die über die Verwaltung der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft hinausgeht, BFH vom 17.01.2019 – III R 35/17, BStBl. 2019 II 407.

Verbleibt indes keine eigene operative Tätigkeit bei der übertragenden Kapitalgesellschaft, kommt es zum Übergang des Verlustes auf die aufnehmende Mitunternehmerschaft, so schon Abschn. 68 Abs. 4 S. 6 GewStR 1998 sowie für den Fall der Begründung einer atypisch stillen Beteiligung OFD Frankfurt vom 19.07.2011, DStR 2011, 2154; OFD Magdeburg vom 06.03.2012, DStR 2012, 1088; a.A. FM NRW vom 27.01.2012, FR 2012, 238. Dem liegt zu Grunde, dass nach § 24 Abs. 4 1. HS in Verbindung mit § 23 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 3 1. HS UmwStG der übernehmende Rechtsträger in die Stellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt. Damit kann unter den Voraussetzungen des § 10a GewStG der Verlust auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen.

Die Mitunternehmerschaft kann daher den Verlust der Kapitalgesellschaft geltend machen, wenn Unternehmensidentität und Unternehmeridentität gewahrt sind.

Unter Unternehmensidentität ist zu verstehen, dass im Kürzungsjahr der bestehende Betrieb mit dem Betrieb identisch sein muss, der im Verlustentstehungsjahr bestanden hat, BFH vom 28.04.1977 – IV R 165/76, BStBl. 1977 II 666. Das ergibt sich aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer, BFH vom 28.04.1977 – IV R 165/76, BStBl. 1977 II 666, der den Übergang eines Verlustes auf ein anderes Unternehmen verbietet, BFH vom 23.02.2017 – III R 35/14, BStBl. 2017 II 757.

Im Fall einer Mitunternehmerschaft ist dazu auf die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung abzustellen, BFH vom 04.05.2017 – IV R 2/14, BStBl. 2017 II 1138. Ob die Identität geblieben ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale. Dabei ist insbesondere auf die Art der Betätigung, den Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, die Zusammensetzung des Aktivvermögens abzustellen, BFH vom 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. 2013 II 958. Unter Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang bestehen, BFH vom 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. 2013 II 958.

Bei Kapitalgesellschaften besteht die Unternehmensidentität grundsätzlich unabhängig von Veränderungen des Unternehmens, BFH vom 17.01.2019 – III R 35/17, BStBl. 2019 II 407. Denn nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG ist die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfang eine gewerbliche. Das wurde höchstrichterlich für die Fall der Wiederbelebung einer Kapitalgesellschaft nach dem Verlust der Vermögenswerte durch Zuführung von Mitteln durch Neugesellschafter ebenso bejaht, BFH vom 29.10.1986 – I R 318-319/83, BStBl. 1987 II 310, wie für den Fall der Sitzverlegung und Änderung des Unternehmenszwecks, BFH vom 25.11.2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 941; BFH vom 04.05.2017 – IV R 2/14, BStBl. 2017 II 1138. Dieses Verständnis der Unternehmensidentität einer Kapitalgesellschaft verhindert jedoch nicht das Übergehen eines Verlustvortrages von einer Kapitalgesellschaft auf eine Mitunternehmerschaft. Denn im Fall des vollständigen Übergangs des Betriebs auf eine Mitunternehmerschaft bleibt steuerlich lediglich eine leere Hülle zurück. Dem steht nicht entgegen, dass die Kapitalgesellschaft künftig die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft bilanziert, da die Beteiligung steuerlich nach der sog. Spiegelbildmethode behandelt wird, BFH vom 15.07.2021 – IV R 36/18, BFHE 274, 55.

Darüber hinaus setzt der Verlustabzug die Unternehmeridentität voraus, denn bei einem Unternehmerwechsel entfällt der Verlustabzug nach § 10a S. 8 GewStG in Verbindung mit § 2 Abs. 5 GewStG. Im Fall einer Mitunternehmerschaft hängt die Unternehmeridentität von der Identität der Gesellschafter ab, BFH vom 24.04.2014 – IV R 34/10, BStBl. 2017 II 233. Folge der mitunternehmerbezogenen Verlustverrechnung ist, dass bei Ausscheiden einer mitunternehmerisch verbundenen Person der Verlustabzug nach § 10a GewStG verloren geht, soweit der Fehlbetrag anteilig auf den ausgeschiedenen Mitunternehmer entfällt, BFH vom 16.05.2011 – IV R 11/08, BStBl. 2011 II 903. Das gilt selbst dann, wenn die mitunternehmerisch verbundene Person ihren Gesellschaftsanteil auf eine Schwestergesellschaft überträgt, der das Vermögen der ursprünglichen Gesellschaft sodann anwächst, BFH vom 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. 2013 II 176. Die für eine juristische Sekunde entstehende doppelstöckige Struktur sperrt die Unternehmeridentität. Auch die Verschmelzung der Muttergesellschaft eine Schwesterkapitalgesellschaft lässt die Mitunternehmeridentität entfallen. Die Fokussierung auf die mitunternehmerisch beteiligte Person führt allerdings auch dazu, dass ein identitätswahrender Formwechsel der Mutter-personen-gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft den Verlustvortrag der Tochtergesellschaft nicht tangiert. Nach Ansicht des FG Schleswig-Holstein vom 28.09.2016 – 2 K 41/16, DStR 2017, 803 – rkr – gilt das auch für den umgekehrten Fall des Formwechsels einer Mutter-kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. Dem steht auch § 18 Abs. 1 S. 2 UmwStG nicht entgegen, der einen Verlustübergang von der Kapitalgesellschaft auf die Personengesellschaft verhindert, denn dieser gilt nur für die formwechselnde Gesellschaft und nicht für deren Tochtergesellschaft. Auch ein Gesellschafterwechsel bei der Obergesellschaft keine Auswirkungen auf die Gewerbeverlust der Enkelgesellschaft hat. Denn die Unternehmeridentität der Enkelgesellschaft bestimmt sich allein anhand der Gesellschafterstellung der Tochtergesellschaft, R10a.3 Abs. 3 S. 1 GewStR 2009. Aber auch im Fall der Abwärtsverschmelzung einer Mutterpersonengesellschaft auf ihre Tochterpersonengesellschaft entfällt die Unternehmeridentität, da die Muttergesellschaft nicht nur Mitunternehmerin, sondern auch Trägerin des gewerbesteuerlichen Verlustes ist, BFH vom 03.05.1993 – GrS 3/92, BStBl. 1993 II 616.

Bei Kapitalgesellschaften ist Unternehmeridentität auch dann noch gewahrt, wenn diese Objekt identitätswahrender Umwandlungen sind.

§ 2 Nr. 1 S. 1 GewStG: Geschäftsleitungsbetriebsstätte

FG Hamburg vom 16.02.2016 – 2 K 54/13, EFG 2016, 747

Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. In Inland wird ein Gewerbebetrieb betrieben, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird, § 2 Abs. 1 S. 3 GewStG. Mangels spezialgesetzlicher Regelung ist für die Bestimmung der Betriebsstätte auf § 12 AO zurückzugreifen, BFH vom 21.05.1997 – I R 79/96, BStBl. 1998 II 113.

Das ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, § 12 S. 1 AO. Betriebsstätten sind nach § 12 S. 2 Nr. 1 AO insbesondere die Stätten der Geschäftsleitung. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Stätte der Geschäftsleitung keine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage voraussetzt, BFH vom 28.07.1993 – I R 15/93, BStBl. 1994 III 148.

Ort der Geschäftsleitung ist der Ort der geschäftlichen Oberleitung im Sinne des § 10 AO. Das ist der Ort an dem der für die Geschäftsleitung maßgebliche Wille gebildet wird, BFH vom 23.01.1993 – I R 22/90, BStBl. 1990 II 554. Von diesem Ort gehen die wesentlichen leitenden Funktionen des Unternehmens, Weisungen und Richtlinien für den Betrieb des Unternehmens aus und an diesem Ort werden die für die Geschäftsführung im weitesten Sinn entscheidenden Anordnungen und Verfügungen getroffen, BFH vom 03.07.1997 – IV R 58/95, BStBl. 1998 II 86. Zur laufenden Geschäftsführung gehören die tatsächlichen und rechtlichen Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Unternehmens mit sich bringt, und solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung des Unternehmens gehören (Tagesgeschäft). Hierzu gehören nicht die Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft, insbesondere die Festlegung der Grundsätze der Unternehmenspolitik und die Mitwirkung der Inhaber des Unternehmens an ungewöhnlichen Maßnahmen bzw. an Entscheidungen von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung treffen, BFH vom 07.12.1994 – I K 1/93, BStBl. 1995 II 175.

Im Fall einer GmbH & Co. KG Struktur, in der die Komplementärin zur Geschäftsführung berufen ist, ist das regelmäßig der Ort an dem die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH überwiegend die maßgeblichen Entscheidungen betreffend die Kommanditgesellschaft fällt, BFH vom 03.07.1997 – IV R 58/95, BStBl. 1998 II 86. Innerhalb einer mehrstufigen Beteiligungskette können das auch die Räumlichkeiten einer Obergesellschaft sein. Der Ort der Geschäftsleitung der Personengesellschaft läge dann in den Räumlichkeiten der Obergesellschaft.

Unterhält die Personengesellschaft neben der Stätte der Geschäftsleitung noch eine weitere Betriebsstätte, die im Ausland belegen ist, wären die auf die ausländische Betriebsstätte entfallenden Gewerbeertragsanteile nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG / § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Läge eine solche zweite Betriebsstätte im Inland, wäre nach §§ 28 ff. GewStG eine Zerlegung durchzuführen.