§ 8 Nr. 1 lit. e GewStG: Mieten für Standplätze bei Imbissbetrieben im Reisegewerbe

BFH vom 12.10.2023 – III R 39/21

[Vorinstanz: Sächsisches Finanzgericht vom 16.11.2021 – 1 K 854/21, EFG 2022, 1125]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.

Eine Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen scheidet mithin aus, wenn die Miet- und Pachtzinsen erfolgsneutral zu verbuchen sind. Eine Hinzurechnung scheidet mithin aus, wenn es sich bei den Miet- und Pachtzinsen um Herstellungskosten handelt. Mangels eigenständiger Begriffsdefinition im Steuerrecht ist auf die handelsrechtliche Begriffsdefinition in § 255 Abs. 2 HGB zurückzugreifen, BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BStBl. 2022 II 279, BFH vom 20.05.2021 – IV R 31/18, BFH/NV 2021, 1367. Hiernach sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist, § 255 Abs. 2 S. 2 HGB. Forschungs- und Vertriebskosten dürfen nicht einbezogen werden, § 255 Abs. 2 S. 4 HGB. Das Einbeziehungsverbot betrifft sowohl die jeweiligen Einzel- als auch die Gemeinkosten. Ist eine überwiegende Zuordnung zum Fertigungsbereich oder eine Werthaltigkeit nicht gegeben, ist unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips , § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. HS HGB, von einem Einbeziehungsverbot auszugehen.

Das gilt unabhängig davon, ob es sich um Herstellungskosten des Anlage- oder des Umlaufvermögens handelt, BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BStBl. 2022 II 279. Ebenfalls nicht erforderlich ist, ob die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens am Bilanzstichtag noch zum Betriebsvermögen gehören oder bereits zuvor aus diesem ausgeschieden sind BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BStBl. 2022 II 279.

Die Begriffe Miet- und Pachtzinsen lehnen sich an die zivilrechtlichen Vertragstypen Miet- und Pachtvertrag an. Ein Miet- oder Pachtvertrag liegt nach dem Zivilrecht vor, wenn er in seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt ein Miet- oder Pachtverhältnis darstellt, BFH vom 14.02.1973 – I R 85/71, BStBl. 1973 II 413. Maßgeblich für die Einordnung des Vertrages sind dabei die Hauptpflichten.

Ein Wirtschaftsgut ist dem Anlagevermögen zuzurechnen, wenn es anhand des konkreten Geschäftsgegenstandes und der speziellen betrieblichen Verhältnisse dem Betrieb dauernd zu dienen bestimmt ist, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51, BFH vom 23.03.2022 – III R 14/21, BStBl. 2022 II 559.

§ 3 Nr. 20 lit. e GewStG: Einrichtungen zur ambulanten und stationären Rehabilitation

FG Düsseldorf vom 18.08.2023 – 3 K 2043/19 G

Der Gewerbesteuer unterliegen nach § 2 Abs. 1 GewStG Unternehmen, die originäre gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG erzielen, Unternehmen, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aufgrund der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit (Infektion nicht gewerblicher Tätigkeiten durch gewerbliche Tätigkeit) insgesamt gewerbliche Einkünften erzielen sowie Unternehmen, die nach Abs. 3 Nr. 2 gewerblich Einkünfte aufgrund der rechtliche Ausgestaltung ihrer Tätigkeit (gewerbliche Prägung) fiktiv gewerbliche Einkünfte erzielen. Darüber hinaus unterliegen Unternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 GewStG der Gewerbesteuer.

Diese Regelungen zur Steuerpflicht haben überschießende Tendenz. Das Gesetz sieht daher in § 3 GewStG unterschiedliche Befreiungstatbestände vor. Ein Grund für die Befreiung von der Gewerbesteuer ist die Entlastung der Sozialversicherungsträger, BFH vom 22.10.2003 – I R 65/02, BStBl. 2004 II 300.

Nach § 3 Nr. 20 GewStG sind unter weiteren Voraussetzungen Krankenhäuser und Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime sowie Rehabilitationseinrichtungen von der Gewerbesteuer befreit. Die Befreiungsnorm erstreckte sich anfänglich (BGBl. 1976 I 3341) nur auf Krankenhäuser, Altenwohnheime und Altenpflegeheime. In der Folge wurde die Vorschrift auf Pflegeheime erstreckt (BGBl. 1979 I 1953). Später wurden auch Kurzzeitpflegeeinrichtungen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen in den Anwendungsbereich der Norm aufgenommen (BGBl. 1993 I 2310). Ambulante Rehabilitationseinrichtungen wurden erst mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2015 in den gesetzlichen Anwendungsbereich aufgenommen (BGBl. 2014 I 1266) und mit Einrichtungen zur stationären Pflege in § 3 Nr. 20 lit. e GewStG gleichgestellt.

Der Begriff der Einrichtung ist im Gewerbesteuerrecht nicht definiert. Er wird jedoch im Rahmen der gewerbesteuerlichen Befreiungstatbestände mehrfach verwendet. Da die Begrifflichkeit im Steuerrecht im Übrigen unbekannt ist, grenzt sie sich vom steuerlichen Gewerbebetrieb und andere steuerlichen Begriffen ab. Im konkreten Fall des § 3 Nr. 20 GewStG bezieht sich der Begriff auf sozialversicherungsrechtliche Regelungen. So kennt das Sozialversicherungsrecht bspw. in § 40 Abs. 1 und Abs. 2 SBG V Einrichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und auch Einrichtungen, die Leistung der medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII (gesetzliche Unfallversicherung) erbringen. Diese Einrichtungen unterliegen der Anerkennung durch den Unfallversicherungsträger, § 26 Abs. 5 S. 1 SGB VII, die nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgt. Nur die so anerkannten Einrichtungen sind Rehabilitationseinrichtungen im Sinne des Befreiungstatbestandes.

Der Begriff der Einrichtung ist sozialversicherungsrechtlich im Übrigen weit auszuleben und knüpft nicht an eine bestimmte Rechtsform an. Die weite Auslegung erlaubt zudem, dass ein Teil einer rechtlichen Einheit Einrichtung in diesem Sinne ist. Das gilt auch im Rahmen des Gewerbesteuerrechts.

Darüber hinaus ist der Befreiungstatbestand tätigkeitsbezogen ausgestaltet, da nach § 3 Nr. 20 S. 2 GewStG die Befreiung nach S. 1 nur soweit anzuwenden ist, wie die Einrichtung Leistungen im Rahmen der verordneten ambulanten oder stationären Rehabilitation erbringt. Die erweiterte ambulante Physiotherapie (EAP) verfügt über einen ausreichenden Bezug zur Rehabilitation, denn auch wenn es sich bei ihr um eine nachakute intensivierte Therapieform handelt, ist sie auf Rehabilitation gerichtet. Sie ist daher der dem Bereich der medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII zugeordnet.

Andere medizinische Leistungen außerhalb der Rehabilitation, wie zum Beispiel ärztlich verordnete Heilmittelleistungen nach § 32 SGB V oder Leistungen zur primären Prävention nach § 20 SGB V werden, auch wenn die Kosten vom Sozialversicherungsträger getragen werden, noch der Gesetzesbegründung, BT-DrS 18/1529, von der Zielrichtung der Steuerbefreiung nicht erfasst, BFH vom 22.06.2011 – I R 43/10, BStBl. 2011 II 892.

Da der Gesetzgeber mit der Regelung das Ziel verfolgt, die Sozialversicherungsträger von durch die Besteuerung mit Gewerbesteuer entstehenden Kosten zu entlasten, bedarf es der Befreiung jedoch nur, wenn die Gewerbesteuer auch zu einer gewissen Belastung führt. Diese ist nach Ansicht des Gesetzgebers gegeben, wenn in mindestens 40 Prozent der Fälle die Behandlungskosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. Dabei ist jedoch nur auf die Rehabilitationsfälle abzustellen. Bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben die Fälle der allgemeinen Physiotherapie, für die der Anwendungsbereich der Norm bereits nicht eröffnet ist. Im Übrigen ist das Ziel des Gesetzgebers auf die Entlastung der Träger der gesetzlichen Sozialversicherung und Beihilfe gerichtet und nicht auf die Träger privater Versicherungen.

Geschützt: § 8 Nr. 1 lit. e GewStG: im Fall der Überlassung von Ferienimmobilien zur Weiterüberlassung

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§ 3 Nr. 13 GewStG: zur Anwendung der Vorschrift auf Kapitalgesellschaften, deren Zweck die Übernahme von Dozenturen durch eigenes Person

FG Düsseldorf vom 10.08.2023 – 9 K 1130/22 G

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften. Damit unterliegen auch Tätigkeiten der Gewerbesteuer, die einkommensteuerrechtlich nicht als gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG sowie des § 15 Abs. 3 EStG qualifizieren würden.

Auch um die damit einhergehende überschießende Wirkung abzumildern sieht das Gewerbesteuerrecht in § 3 GewStG Befreiungstatbestände vor.

Nach § 3 Nr. 13 GewStG sind von der Gewerbesteuer bestimmte Einrichtungen befreit, soweit von ihnen unmittelbar zu Schul- und Bildungszwecken dienende Leistungen erbracht werden. Voraussetzung ist, dass die Einrichtungen a) als Ersatzschulen staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder b) auf einen Beruf oder eine genauer definierte Prüfung vorbereiten.

Der Begriff der Einrichtung beschreibt eine personelle, organisatorische und sachliche Einheit. Er ist nicht steuerobjektbezogen, sondern kann sich auf einen Teilbereich des Steuerobjektes beschränken. Er ist zudem nicht an eine Rechtsform geknüpft.

Eine Einrichtung ist berufsbildend, wenn sie ihrer Art und ihren Zielen nach der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung dient. Das ist der Fall, wenn sie spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, BFH vom 18.09.2003 – V R 62/02, BStBl. 2004 II 252 zur parallelen Fragestellung zu § 4 Nr. 21 UStG.

Dieses weite Verständnis des Tatbestandsmerkmals der berufsbildenden Einrichtungen trägt dem bildungspolitischen Zweck der Regelung Rechnung. Dieser liegt darin, private Ausbildungseinrichtungen wie öffentliche, gemeinnützige und freiberufliche Institute nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Das dient dazu dem Bildungsauftrag ohne einen Kostenfaktor Gewerbesteuer nachzukommen. Auch dient die Befreiung der Herstellung der Wettbewerbsneutralität.

Nicht erforderlich ist es, dass die Einrichtung über eigene Unterrichtsräume oder andere Vorrichtungen verfügt, einen klassischen Schulbetrieb unterhält oder die zu unterrichtenden Personen Vertragspartner der die Leistung erbringenden Einrichtung sind. Insoweit löst sich das Gewerbesteuerrecht vom Umsatzsteuerrecht, welches eine Vertragsbeziehung zwischen dem steuerpflichtigen Unternehmen und der zu unterrichtenden Person im Rahmen des § 4 Nr. 21 UStG (A 4.21.2 Abs. 2 UStAE, BStBl. 2010 I 846) fordert.

Das Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit dient in diesem Zusammenhang der Beschreibung der Art und Weise, in der die Leistung bei der Erfüllung der Schul- und Bildungszwecken der Einrichtung eingesetzt wird. Es bezieht sich nicht auf den Leistungsinhalt. Damit dienen solche Leistungen dem Schul- und Bildungszweck unmittelbar, die ihn nicht nur ermöglichen, sondern ihn selbst bewirken, BFH vom 26.05.2021 – V R 25/20, BStBl. 2022 II 313.

Die Rechtsfolge der Gewerbesteuerbefreiung erstreckt sich auf die steuerfreie Leistung, insoweit die Leistung ihrer Art nach allgemeine Schulbildung oder Berufsausbildung- oder Berufsfortbildung fördert, ergänzt oder erleichtert, ohne dass eine weitere Leistung dazwischengeschaltet wird, FG Münster vom 31.08.2019 – 9 K 2097/14 G, EFG 2016, 48.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in der Fassung des Wachstumschancengesetz – Entwurf

Referentenentwurf vom 17. Juli 2023

Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG setzt im Kern voraus, dass die steuerpflichtige Person ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt.

Das Gesetz erlaubt jedoch Ausnahmen. Für die Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens bspw. gilt eine Ausnahme dem Grunde nach. Seit dem Erhebungszeitraum 2021 erlaubt das Gesetz nach § 9 Nr. 1 S. 3 lit. b GewStG der Höhe nach auch die Erzielung von Einnahmen aus der Lieferung von aus erneuerbaren Energiequellen in Sinne des § 3 Nr. 21 EEG gewonnenem Strom sowie die Erzielung von Einnahmen aus dem Betrieb von Ladestation für Elektrofahrzeugen oder Elektrofahrrädern. Beide sind jedoch nur dann unschädlich, wenn die Einnahmen aus dieser Tätigkeit nicht mehr als 10 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind.

Der Referentenentwurf sieht nunmehr in Art. 22 vor, dass ab dem Erhebungszeitraum 2023 die Grenze auf 20 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes angehoben wird.

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG; § 12 S. 2 Nr. 1 und S. 1 AO: Ort der Geschäftsleitung bei Vollmachtserteilung

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§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Überlassung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen

FG Düsseldorf vom 26.06.2023 – 10 K 2800/20 G

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Voraussetzung der erweiterten Grundbesitzkürzung ist, dass die steuerpflichtige Person ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben lediglich eine der im Gesetz aufgeführten Nebentätigkeiten ausübt, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG aufgeschlossen ist.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist dann zu versagen, wenn neben dem Grundbesitz auch anderes Vermögen verwaltet und genutzt wird. Das gilt selbst dann, wenn diese Tätigkeit insgesamt vermögensverwaltender Natur ist, soweit es sich hierbei nicht um die gesetzlich in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen handelt. Zudem erkennt die Rechtsprechung an, dass die Überlassung von sonstigen Wirtschaftsgüter unschädlich ist, wenn ohne die Überlassung eine wirtschaftlich sinnvolle Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes nicht möglich wäre.

Eigener Grundbesitz im Sinne der Kürzungsnorm ist der zum Betriebsvermögen des Unternehemens gehörende Grundbesitz, BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262.

Eine Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes liegt vor, wenn der Grundbesitz zur Fruchtziehung eingesetzt wird. Das ist typischerweise im Bereich der Vermietung und Verpachtung der Fall, BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175.

Praktisches Gewerbesteuerrecht 2023 – ein Rückblick

Die Entwicklungen im Gewerbesteuerrecht der letzten 12 Monaten haben RiBFH Dr. Christian Graw, Thomas Schöneborn, Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Aachen und Stefan Liedtke RA/FAStR/StB heute im Rahmen des Webinars Praktisches Gewerbesteuerrecht 2023 über 7,25 Stunden vorgestellt und im Teilnehmendenkreis diskutiert.

Auch bot die Veranstaltung Gelegenheit zum Gedankenaustausch zwischen Personen aus kommunalen Prüfungsdiensten und aus Steuerabteilungen von Wirtschaftsunternehmen sowie Beratungsunternehmen.

Neben als der Technik bot sich uns auch dieser Anblick:

Die intensive Arbeitstagung endet mit dem Hinweis auf die Veranstaltung Praktisches Gewerbesteuerrecht 2024, die am 28. Juni 2024 stattfinden wird.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Durchführung eines Weihnachtsmarktes

BFH vom 15.06.2023 – IV R 6/20, BStBl. 2023 II 933

[FG Münster vom 21.01.2020 – 6 K 1384/18 G, F, EFG 2020, 539]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die erweiterte Grundbesitzkürzung verfolgt dabei den Zweck bestimmte Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, in bestimmtem Umfang von der Gewerbesteuer durch Kürzung zu entlasten. Strukturelle Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher die grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit der steuerpflichtige Person. Der Tatbestand erfasst mithin die Fälle der Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 8 Abs. 2 KStG bzw. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (gewerbliche Prägung).

Die Anwendung der erweiterten Kürzung ist ausgeschlossen, wenn die steuerpflichtige Person im Erhebungszeitraum eine originäre gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausübt. Dabei ist es unerheblich, ob insgesamt eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausgeübt ist oder nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Auch kommt es nicht auf die Dauer der Tätigkeit während des Erhebungszeitraums an. Eine nur punktuell ausgeübte gewerbliche Tätigkeit ist eine gewerbliche Tätigkeit und wirkt infizierend. Hieran ändert auch der Wille der steuerpflichtigen Person, den Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit zu spenden, nichts. Denn bei der Spende handelt es sich nicht um eine Betriebsausgabe. Sie mindert den Gewinn nicht und hat keinen Einfluss auf die Gewinnerzielungsabsicht. Im Übrigen strebt die steuerpflichtige Person, die den Gewinn aus einer Tätigkeit spenden möchte, die originäre Gewinnerzielung an, um den gemeinnützigen Zwecken eine möglichst hohe Zahlung zukommen zu lassen. Hiervon abweichend ordnet der BFH die streiterhebliche Rechtsfrage dem Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit in qualitativer Hinsicht zu, ohne zu problematisieren, ob überhaupt der Anwendungsbereich der Norm eröffnet ist.

Nicht Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die erweiterte Kürzung auch dann zu versagen gewesen wäre, wenn keine Gewinnerzielungsabsicht vorgelegen hätte. [Anmerkung: In diesem Fall wäre der Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung nicht ausgeschlossen, da die Tätigkeit nicht originär gewerblich im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG gewesen wäre. Allerding dürfte die konkrete Tätigkeit nicht mehr als Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gelten, so dass ein Verstoß gegen die Ausschließlichkeit vorgelegen hätte, da die steuerpflichtige Person insoweit fremdnützig gehandelt hätte.]

§ 28 Abs. 1 GewStG, § 12 S. 1 AO:

BFH vom 07.06.2023 – I R 47/20

Nach § 28 Abs. 1 GewStG ist der Gewerbeertrag zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind.

Der Begriff der Betriebsstätte ist im Zerlegungsrecht nicht gesondert definiert, so dass auf die allgemeine Definition des § 12 AO zurückgegriffen werden kann.

Betriebsstätte im Sinne des § 12 S. 1 AO ist eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die die steuerpflichtige Person nicht nur vorübergehend Verfügungsmacht hat, BFH vom 03.02.1993 – I R 80-81/91, BStBl. 1993 II 462.

Die nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht setzt voraus, dass die steuerpflichtige Person eine ihr nicht ohne weiteres entziehbare Rechtsposition inne hat („selbständiger Nutzungsanspruch“). Die Nutzungsmacht muss nicht ausschließend sein, BFH vom 18.03.2009 – III R 2/06, BFH/NV 2009, 1457. Nicht ausreichend ist eine tatsächliche Mitbenutzung, die Berechtigung zur Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922. Dabei ist die Verfügungsmacht über Spinden und Schließfächer für die Aufbewahrung persönlicher Gegenstände der am Ort tätigen Personen nicht ausreichend. Ausreichend kann jedoch ein Schließfach für die Aufbewahrung von Werkzeugen der steuerpflichtigen Person am Ort der Tätigkeit sein, BFH vom 09.01.2019 – I B 138/17, BFH/NV 2019, 681.

Die Einrichtung oder Anlage muss der Tätigkeit der steuerpflichtigen Person unmittelbar dienen, BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20, BStBl. 2022 II 844. Dazu muss dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt werden und sich in der Bindung eine gewisse „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der Tätigkeit ausdrücken, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922. Das Sichaufhalten und Tätigwerden mit eigenem Werkzeug in fremden Räumlichkeiten, um die Arbeiten zu verrichten, führt nicht dazu, dass die Einrichtung oder Anlage der Tätigkeit der steuerpflichtigen Person unmittelbar dient.