§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Vermietung innerhalb einer Organschaft (mit anschließender Weitervermietung an eine nicht organschaftlich verbundene Gesellschaft)

FG Düsseldorf vom 22.09.2022 – 9 K 2833/21 G, EFG 2023, 136

[aufgehoben durch BFH vom 11.07.2024 – III R 41/22]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschrift des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt und daneben keine andere als eine der im Gesetz aufgeführten Nebentätigkeiten ausüben und sofern und soweit die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Darüber hinaus ist anerkannt, dass Geschäftsbeziehungen innerhalb eines Organkreises grundsätzlich nicht zu gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen führen, BFH vom 18.05.2011 – X R 4/10, BStBl. 2011 II 887; BFH vom 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227; H 2.3 GewStH i.V.m. R 7.1 Abs. 5 S. 3 GewStR 2009. Damit wird vermieden, dass durch Aufspaltung des Geschäftsbetriebes in verschiedene Gesellschaften der Ertrag gewerbesteuerfrei gestellt werden kann, wohingegen der gegenläufige Aufwand vor Hinzurechnung zur Minderung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage führt.

Fraglich ist, ob das auch im Fall der Weitervermietung an außenstehende Dritte gilt. Gegen eine Anwendung der vorstehend genannten Grundsätze auch in diesem Fall spricht nach Ansicht des Gerichtes, dass hierdurch eine Benachteiligung gegenüber anderen Marktteilnehmenden eintritt. [Keinen Hinweis enthält die Entscheidung darauf, welche Konstellationen das Gericht miteinander vergleicht.]

Nach Ansicht des Gerichts sei der grundbesitzenden Organgesellschaft die erweiterte Kürzung daher zu gewähren. Diese sei jedoch, so das Gericht weiter, auf den Betrag zu begrenzen, der die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG bei der weitervermietenden Schwestergesellschaft übersteigt. Denn anderenfalls bliebe die Hinzurechnung gegenläufig unberücksichtigt.

[Hinweis: Vor dem Hintergrund des gesetzlichen Zwecks der erweiterten Kürzung, eine Schlechterstellung von Gesellschaften, die Kraft Gesetzes der Gewerbesteuer unterliegen, gegenüber einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit zu vermeiden, ist Gegenstand des Vergleichs eine Organisation der grundbesitzenden Gesellschaft als vermögensverwaltende Gesellschaft wobei es auch eine mögliche Gewerbesteuerpflicht der Anteilseigner nicht ankommt. Dieser Vergleich ist jedoch dahingehend einzuschränken, dass eine Aufgliederung des Geschäftsmodells auf verschiedene rechtliche Einheiten unter Begründung einer Organschaft dieser Einheiten der steuerpflichtigen Person nicht den Zugang zur erweiterten Kürzung gestatten darf, wenn insgesamt die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung für den Organkreis nicht vorliegen. Wäre jedoch ohne die Aufgliederung die erweiterte Kürzung zu gewähren, dürfte die Aufgliederung der geschäftlichen Aktivitäten auf verschiedene Gesellschaften innerhalb eines Organkreises einer erweiterten Grundbesitzkürzung nicht entgegenstehen. Strukturell unrichtig wäre indes nach dem vorstehend Gesagten ein Vergleich der Organisationsstruktur mit und ohne Organschaft.]

[Hinweis: Das Gericht versteht die Äußerung des I. Senates im Rahmen der Divergenzanfrage des IV. Senates, BFH vom 20.05.2021 – IV R 31/19, BStBl. 2021 II 768, in der Entscheidung des BFH vom 16.09.2021 – IV R 7/18, BFH/NV 2022, 377, dahingehend, dass der I. Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Durchgriffsverbot bei Schwesterkapitalgesellschaften betreffend das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung festhalten wird. Es brauchte daher ein Vorliegen einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung nicht zu prüfen.]

§ 8 Nr. 4 GewStG; § 9 Nr. 2b GewStG: Hinzurechnung der Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA bei Drittanstellung

BFH vom 14.09.2022 – I R 13/20, FR 2023, 478 [Vorinstanz: FG München vom 20.02.2020 – 13 K 1151/17, EFG 2020, 788]

Klägerin war eine KGaA, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH & Co. KG war. Persönlich haftende Gesellschafterin dieser GmbH & Co. KG wiederum war, wie zu vermuten, eine GmbH. Gesellschafterin der GmbH war die GmbH & Co. KG. Die persönlich haftenden Gesellschafterinnen hielten jeweils keine Kapitalbeteiligungen. Geschäftsführer der GmbH waren natürliche Personen, die auch zugleich Kommanditaktionäre der KGaA waren. Zudem war auch eine nicht an der KGaA beteiligte Person zur Geschäftsführung bei der GmbH berufen.

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser ist der nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde und für Zwecke der Gewerbesteuer modifizierten Gewinn, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um die Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 8 Nr. 4 GewStG unterliegen der Hinzurechnung die Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen worden sind (Einleitungssatz zu § 8 GewStG). Die Regelung trägt dem Rechnung, dass nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG die genannten Beträge bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Gewinns abgezogen werden dürfen, da diese Beträge der Einkommen- oder Körperschaftsteuer bei der betroffenen Person unterliegen und ohne den Abzug eine Doppelbesteuerung eintreten würden. Da die betroffene Person nicht zwingend der Gewerbesteuer unterliegt und die gewerbesteuerlich zu besteuernde Wertschöpfung der KGaA diese mitunternehmerische Ergebnisse umfasst, bedarf es für gewerbesteuerliche Zwecke einer gegenläufigen Korrektur in Form einer Hinzurechnung. Eine darüber hinausgehende Rückausnahme für den Fall, dass der persönlich haftende Gesellschafter selbst der Gewerbesteuer unterliegt und es der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG nicht bedarf, ist nicht vorgesehen, BFH vom 06.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462. Allerdings vermeidet § 9 Nr. 2b GewStG eine Doppelbesteuerung auf Ebene des Gesellschafters, die dadurch eintreten würde, dass nach § 8 Nr. 4 GewStG der Betriebsausgabenabzug auf Ebene der KGaA für die bezeichneten Beträge durch Hinzurechnung neutralisiert wird und zugleich eine Besteuerung der Einnahmen bei einem betrieblichen Gesellschafter selbst der Besteuerung unterliegen. Auf Ebene des Gesellschafters werden diese Beträge zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gekürzt.

Gewinnanteile im Sinne des § 8 Nr. 4 GewStG sind alle Arten von Vergütungen, die die persönlich haftenden Gesellschafter als Gegenleistung für ihre – gegenwärtige oder frühere – Geschäftsführertätigkeit erhalten, BFH vom 08.02.1984 – I R 11/80, BStBl. 1984 II 381. Die Hinzurechnung ist nicht auf gewinnabhängige Vergütungen begrenzt. Auf den Rechtsgrund (Gesellschaftsvertrag / Tätigkeitsvertrag) kommt es insoweit nicht an. Damit kommt es auch nicht darauf an, ob der persönlich haftete Gesellschafter als Geschäftsführer oder Angestellter tätig wird, BFH vom 06.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462. Nicht erfasst sind allerdings Auslagen- und Aufwendungsersatzleistungen, die kein Entgelt für die Geschäftsführungstätigkeit sind. Aufwendungen des persönlich haftenden Gesellschafters für die Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben auf andere Personen mindern die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG darüber hinaus nicht, BFH vom 31.10.1990 – I R 32/96, BStBl. 1991 II 253.

Geschützt: § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG: Beginn der sachlichen Steuerpflicht

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§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Avalprovisionen als Entgelte für Schulden

BFH vom 31.08.2022 – X R 15/21, FR 2023, 64

[Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.05.2021 – 3 K 199/20, EFG 2021, 2041]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Entgelte für Schulden unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG der Hinzurechnung für gewerbesteuerliche Zwecke. Die Finanzverwaltung versteht unter Entgelten für Schulden die Gegenleistung für die eigentliche Nutzung von Fremdkapital, R 8.1 Abs. 1 S. 1 GewStR 2009. Entsprechend tradierter Rechtsprechung ist das im Einzelfall nach wirtschaftlicher Betrachtung zu beurteilen, RFH vom 13.09.1939 – I 275/38, RStBl. 1938, 1138. Damit sind sowohl der Zins im engeren Sinn, die Gebühr für die Gewährung eines Darlehens sowie laufende Gebühren des Darlehens erfasst. Nicht erfasst sind indes die sonstigen Aufwendungen, die keinen Entgeltcharakter haben. Das sind vor allem die Geldbeschaffungskosten. Auch dienen Avalprovisionen nicht der Nutzung von Fremdkapital, sondern werden für die Einräumung einer Bürgschaft gezahlt, BFH vom 29.03.2007 – IV R 55/05, BStBl. 2007 II 655. Welcher Zweck mit der Bürgschaft verfolgt wird und ob diese notwendige Voraussetzung der Darlehensgewährung ist oder ob diese zu einen günstigeren Zinssatz ermöglicht, ist nach bisherigem Verständnis unerheblich.

Im Rahmen der vorliegenden Entscheidung hat der BFH Stellung zur Einordnung der Avalprovision in den Tatbestand des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG genommen, der tatbestandlich an den Begriff der Schuldzinsen anknüpft. Da der Gesetzgeber den Begriff der Schuldzinsen ertragsteuerrechtlich weder in § 4 Abs. 4a EStG noch in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG definiert hat, ist dieser Begriff auszulegen. Dabei löst sich die Rechtsprechung zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG seit jeher vom engen zivilrechtlichen Verständnis des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB und legen den Begriff wirtschaftlich weit aus.

Schuldzinsen sind nach der Rechtsprechung alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an Gläubiger zu erbringen hat und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits; mithin Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können, BFH vom 29.10.1985 – IX R 56/82, BStBl. 1985 II 143. Diese zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG ergangene Rechtsprechung wurde mit der Entscheidung BFH vom 12.02.2014 – IV R 22/10, BStBl. 2014 II 621 für den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG übernommen. Dem folgt auch die Finanzverwaltung mit Schreiben des BMF vom 02.11.2018 – IV C 6 – S 2144/07/10001:007, BStBl. 2018 I 1207.

Unerheblich ist dabei, ob die Aufwendungen dem Geldgeber oder einem Dritten zufließen, BFH vom 01.10.2002 – IX R 72/99, BStBl. 2003 II 399.

Damit zählen Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) jedenfalls dann zu den Schuldzinsen im Sinne des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird.

Damit stellt sich die Frage, ob die Entscheidungsgrundsätze auf den Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG übertragen werden können. Dafür spricht, dass auch im Rahmen des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG eine wirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen ist. Denn anders als im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG ist der Tatbestand nicht auf Schuldzinsen begrenzt. Der Gesetzgeber spricht vielmehr von Entgelte für Schulden und formuliert daher losgelöst von zivilrechtlich bereits ausgestalteten Begrifflichkeiten. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass im Gewerbesteuerrecht erst Recht eine entsprechend extensive Auslegung geboten ist. Es ist vielmehr zu fragen, ob im Fall der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zwingend eine Zahlung an den Gläubiger zu erfolgen hat oder ob auch Zahlungen an Dritte ausreichend sein können, so wie es in der Entscheidung BFH vom 01.10.2002 – IX R 72/99, BStBl. 2003 II 399 ausreichend war.

§ 7 S. 2 GewStG: mehrstöckige Mitunternehmerschaften

FG München vom 26.08.2022 – 2 K 1842/21, EFG 2022, 1862

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wid.

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Zum – laufenden – Gewerbeertrag gehören nach § 7 S. 2 GewStG auch Gewinne aus der Veräußerung und aus der Aufgabe des Anteils eines Gesellschafters, der als (Mit-)Unternehmer des Betriebes einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

[Besonderheit des Falles: Der Veräußerungstatbestand wurde durch die rückwirkende Auslösung der Versteuerung des Einbringungsgewinns I, § 22 Abs. 3 S. 2 UmwStG 2006, verwirklicht. Auslösendes Moment war dabei nicht der Verkauf der Beteiligung innerhalb der Sperrfrist, sondern der Wegzug der Person, die einer aufgelösten Stiftung nachfolgte, die als Einbringender galt, § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 UmwStG 2006. Dabei war ferner zu berücksichtigen, dass der Wegzug einer direkt beteiligten natürlichen Person nicht unter § 7 S. 2 GewStG gefallen wäre. Im Entscheidungsfall war jedoch eine mitunternehmerisch beteiligte Stiftung einbringende Person. Damit war der Anwendungsbereich des § 7 S. 2 GewStG eröffnet, BFH vom 19.07.2018 – IV R 31/15, BFH/NV 2018, 1222.]

Im Fall der Veräußerung oder rückwirkenden Versteuerung des Einbringungsgewinns I betreffend die Beteiligung an einer mehrstöckigen mitunternehmerisch organisierten Struktur ist einkommensteuerlich zu berücksichtigen, dass die Veräußerung nur die Beteiligung an der Obergesellschaft betrifft. An den nachgelagerten Mitunternehmerschaften besteht schon keine zivilrechtliche Beteiligung, BFH vom 25.02.1991, GrS 7/89, BStBl. 1991 II 691. Diese Grundsätze finden über § 7 S. 1 GewStG auch für Zwecke der Gewerbesteuer Anwendung. Das gilt auch für die Zuordnung des Gewinns, den eine mitunternehmerisch verbundene Person aus der Veräußerung oder Aufgabe ihrer Beteiligung erzielt. Die hierauf entfallende Gewerbesteuer schuldet nach § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG die Mitunternehmerschaft, an der die Beteiligung bestanden hat. Dem folgt auch die Finanzverwaltung in R 7.1 Abs. 3 S. 5 GewStR 2009. Der Steuerschuldnerschaft der Obergesellschaft kommt insoweit eine Abschirmwirkung zu. Es erfolgt keine Zuordnung der aufgedeckten stillen Reserven auf alle nachgelagerten Personengesellschaften. Das gilt selbst dann, wenn auf Ebene der Untergesellschaften Ergänzungsbilanzen gebildet wurden oder der Gewerbeertrag der Untergesellschaft einer Steuerbefreiung – hier § 3 Nr. 20 lit. b GewStG – unterliegt.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Zinsen auf Depotverbindlichkeiten eines Erst- bzw. Rückversicherungsunternehmens

FG München vom 25.07.2022 – 7 K 361/21, EFG 2022, 700

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

§ 8 Nr. 1 GewStG werden bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG erfolgt die Hinzurechnung für die Entgelte für Schulden.

Der Schuldbegriff des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG setzt lediglich ein rechtliches Entstehen der Schuld und eine wirtschaftliche Verursachung voraus. Damit weicht er von dem Begriff des § 240 Abs. 1 HGB und des § 247 Abs. 1 HGB ab[, der einen Leistungszwang gegenüber einem anderen, dem sich der Kaufmann nicht entziehen kann, eine wirtschaftliche Belastung am Abschlussstichtag und eine Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme voraussetzt]. Der Begriff ist nicht durch die Verwendung der Mittel, Umfang der Verbindlichkeit, Dauer des Bestandes der Verbindlichkeit oder andere beschreibende Faktoren abhängig.

Die bei Erstversicherern entstehenden Depotverbindlichkeiten – versicherungstechnische Verbindlichkeitsposten – für das in Rückdeckung gegebene Versicherungsgeschäft (§ 33 Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung) bindet Aktivvermögen nach § 54 Abs. 1 S. 1 VAG. Funktional entspricht das der Situation der versicherungstechnischen Rückstellungen und den aus Versicherungsgeschäften entstandenen Verbindlichkeiten gegenüber Versicherungsnehmen. Für diese wendet die Finanzverwaltung nach A 45 Abs. 9 GewStR 1998 sowie nach den gleichlautenden Ländererlassen vom 02.07.2021, BStBl. 2012 I 654 Rn. 24 in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des BFH vom 04.04.1963 – I 3/62 U, BStBl. 1963 III 264, die auf die Rechtsprechung des RFH vom 26.11.1943 – I D 1/43, RStBl. 1944, 171 zurückgeht, die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG nicht an. Nach Ansicht der Rechtsprechung kommt den versicherungstechnisch gebotenen Rückstellungen, die mit Werten des Deckungsstocks belegt sind, die Funktion eines Sondervermögens zu, das nach §§ 68 bis 78 VAG a.F. zugunsten der Versicherungsnehmer gegen jeden Zugriff Dritter abgesichert ist, BFH vom 21.07.1961 – I 293/61, BStBl. 1967 II 631.

Soweit bei Rückversicherern diese versicherungstechnische Verbindung nicht besteht, weil § 121b VAG a.F. keinen Verweis auf § 66 VAG a.F. enthält, fehlt es gerade an dem Charakter eines Sondervermögens und damit die Rechtfertigung von der Hinzurechnung Abstand zu nehmen.

Auf Ebene eines Rückversicherungsunternehmens greift keine ausnahmsweise zulässige Saldierung von Zinsaufwand und Zinsertrag, wie das bei wechselseits gewährten Darlehen und Darlehen innerhalb eines Cash-Pools denkbar ist, wenn diese wirtschaftlich zusammenhängen. Es bedarf für die Saldierung der Gleichartigkeit, derselben Zweckbestimmung und der tatsächlichen Verrechnung, BFH vom 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. 2019 II 275. Die für eine Saldierung wirtschaftlich zusammenhängender Verbindlichkeiten notwendige wechselseitige Darlehensbeziehung liegt bei der Depotverbindlichkeit eines Rückversicherungsunternehmens nicht vor. Das zeigt sich auch daran, dass die Bildung einer Bewertungseinheit nach § 254 HGB in diesem Fall nicht vorgesehen ist.

Ebenfalls liegt kein durchlaufender Kredit vor. Hiergegen spricht bereits, dass jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten ist, BFH vom 17.07.2019 – III R 24/16, BStBl. 2020 II 48.