Praktisches Gewerbesteuerrecht 2025

Hybride Tagung am Montag, den 30. Juni 2025 im Zeitraum von 9:00 Uhr bis 17:45 Uhr in Solingen und als Livestream

Referenten:

Richter am Bundesfinanzhof Dr. Christian Graw

Regierungsdirektor Thomas Schöneborn, LL.M., Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Aachen

RA/FAStR/StB Stefan Liedtke, LL.M., Crowe BPG

Aktuelles aus Gesetzgebung und Verwaltung

Der Koalitionsvertrag und seine Auswirkungen auf die Gewerbesteuer

A. Gewerbesteuerpflicht

  • Beginn der sachlichen Steuerpflicht einer Personengesellschaft

BFH vom 20.02.2025 – IV R 23/22

  • Aufwärtsabfärbung, § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG

BFH vom 05.09.2023 – IV R 24/20

BFH vom 04.02.2024 – VIII R 1/22

  • Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

BFH vom 21.11.2024 – IV R 26/22

B. Hinzurechnungen

  • Finanzierungsaufwendungen, § 8 Nr. 1 lit. a GewStG

BFH vom 19.11.2024 – VIII R 26/21 – Ausgleichszahlungen bei Zins-Swaps

FG Münster vom 30.11.2023 – 10 K 2062/20 G (III R 6/24) – Konzernfinanzierungsgesellschaften

  • Mieten / Pachten, § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG

BFH vom 17.10.2024 – III R 33/22

BFH vom 16.09.2024 – III R 36/22

FG Baden-Württemberg vom 07.10.2024 – 10 K 953/22 (III R 39/24)

  • Rechteüberlassung, § 8 Nr. 1 lit. f GewStG

FG Berlin-Brandenburg vom 14.12.2022 – 11 K 11252/17 (NZB: IV B 7/23; nach Zulassung: IV R 26/23)

C. Kürzungen

  • einfache Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG
  • erweiterte Grundbesitzkürzung, § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG

BFH vom 17.10.2024 – III R 1/23 – Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im laufenden Erhebungszeitraum

BFH vom 11.01.2024 – IV R 24/21 – Vermietung eines Hotelgrundstücks

BFH vom 13.06.2024 – III R 26/21 – Verschaffung von Dienstleistungen

BFH vom 11.07.2024 – III R 41/22 – Weitervermietungsmodell

BFH vom 22.02.2024 – III R 13/23 – umgekehrte Betriebsaufspaltung

BFH vom 30.10.2024 – IV R 19/22 – Betriebsverpachtung

D. Verluste

  • Sanierungsgewinne, § 7b GewStG

BFH vom 10.10.2024 – IV R 1/22 / BFH vom 10.10.2024 – IV R 2/22

  • Verfahrensrecht

BFH vom 11.01.2024 – IV R 25/21 – Bindungswirkung der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes

BFH vom 25.04.2024 – XI R 18/22 – Berücksichtigung verlusterhöhender Tatsachen bei Nullfeststellung

BFH vom 23.02.2024 – IX B 118/22 – Feststellungsverjährung bei Verlustfeststellungsbescheiden

  • Unternehmeridentität

BFH vom 01.02.2024 – IV R 26/21 – einbringungsbedingter Übergang des Gewerbeverlustes

  • Unternehmensidentität

BFH vom 25.04.2024 – III R 30/21 – Gewerbeverlust nach Anwachsung

  • Kapitalgesellschaften

E. Zuteilung und Zerlegung

  • Bestimmung des Steuergläubigers

BFH vom 03.12.2024 – IV R 5/22

  • sachliche und örtliche Zuständigkeit

BFH vom 07.11.2024 – III R 27/23 / BFH vom 07.11.2024 – III R 28/23

  • Zerlegungsrecht

BFH vom 15.05.2024 – IV R 21/21 – mehrgemeindliche Betriebsstätten – Bindungswirkung der Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG

BFH vom 15.05.2024 – IV R 22/21 – nachträglich bekannt gewordene Tatsachen

Geschützt: § 2 Abs. 1 GewStG: Beginn der sachlichen Steuerpflicht einer Personengesellschaft

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§ 35b Abs. 2 S. 4 GewStG i.V.m. § 181 Abs. 5 S. 1 AO: Änderung eines Verlustfeststellungsbescheides nach Ablauf der Festsetzungsfrist

BFH vom 23.02.2024 – IX B 118/22, AO-StB 2024, 95

[Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 29.09.2022 – 14 K 3301/20 E, F, NWB WAAAJ-66758]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Der so ermittelte maßgebende Gewerbeertrag wird nach § 10a S. 1 GewStG um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Bei Mitunternehmerschaften ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag nach § 10a S. 4 GewStG entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel den mitunternehmerisch verbundenen Personen zuzurechnen. Vorabgewinne sind nicht zu berücksichtigen. Die vortragsfähigen Fehlbeträge sind nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen und nur soweit sie gesondert festgestellt wurden, bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages des folgenden Erhebungszeitraumes zu berücksichtigen. Die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrages verbleibenden Fehlbeträge sind nach § 10a S. 7 GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraumes gesondert festzustellen.

Nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG sind Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes im Sinne des § 10a S. 6 GewStG zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die Besteuerungsgrundlagen ändern und deshalb der Gewerbesteuermessbescheid für denselben Erhebungszeitraum zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist.

Die Feststellungsfrist für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes endet dabei nicht vor der Festsetzungsfrist für den Erhebungszeitraum, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festzustellen ist, § 35b Abs. 2 S. 4 1. HS GewStG. Nach § 35b Abs. 2 S. 4 2. HS GewStG in Verbindung mit § 181 Abs. 5 S. 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Feststellungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Das Gesetz bringt damit die dienende Funktion des Feststellungsverfahren zum Ausdruck, BT-DrS VI/1982, 157. Die verfahrensrechtliche Selbständigkeit des Feststellungsverfahrens tritt hinter der materiellen Richtigkeit von Steuerfestsetzung, für die noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist, zurück, BFH vom 12.06.2022 – XI R 26/01, BStBl. 2022 II 681. Allerdings setzt die Anwendung des § 181 Abs. 5 AO nach § 35b Abs. 2 S. 4 GewStG voraus, dass die Feststellung des vortragsfähigen Verlustes durch die Finanzverwaltung pflichtwidrig unterlassen wurde, da ansonsten die Festsetzungsfrist faktisch nicht enden würde, BT-DrS 16/2712, 40.

Ein pflichtwidriges Unterlassen liegt jedoch nicht vor, wenn eine materiell unzutreffende Verlustfeststellung nicht innerhalb der Festsetzungsfrist geändert wird, BFH vom 11.02.2015 – I R 5/13, BStBl. 2016 II 353. Das Gesetz erfasst lediglich die erstmalige Festsetzung des Gewerbeverlustes.

§ 35b Abs. 2 S. 2 GewStG: Bindungswirkung der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes

BFH vom 23.03.2023 – IV R 27/19

[Vorinstanz: Niedersächsisches Finanzgericht vom 09.09.2019 – 3 K 52/17]

Nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG sind die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes so zu berücksichtigen, wie sie der Festsetzung des Messbetrages des Erhebungszeitraums, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt wird, zugrund gelegt worden sind.

Damit ist eine Anfechtungsklage gegen den Gewerbesteuermessbetrag auch dann zulässig, wenn dieser auf null lautet, BFH vom 10.02.2022 – IV R 33/18.

§ 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG: Vergütungsempfänger unterliegt selbst nicht der Gewerbesteuer; § 35b Abs. 1 GewStG: Änderung des Körperschaftsteuer- oder Einkommensteuerbescheids

BFH vom 09.03.2023 – IV R 11/20, BStBl. 2023 II 830

[FG Köln vom 25.03.2020 – 12 K 1954/18, EFG 2021, 783]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die erweiterte Grundbesitzkürzung verfolgt dabei den Zweck bestimmte Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, in bestimmtem Umfang von der Gewerbesteuer durch Kürzung zu entlasten. Strukturelle Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher die grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit der Gesellschaft.

Die erweiterte Kürzung ist darüber hinaus nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG ausgeschlossen, soweit der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG enthält, die eine gesellschaftlich beteiligte Person von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat.

Die Norm ist dient insbesondere (BT-DrS 16/11108, 31) der Verhinderung des sog. Bankenbeteiligungsmodells. Sie ist jedoch nicht darauf beschränkt. Das zeigt auch der Wortlaut der Norm, der ausdrücklich nur die Vergütungen für die Überlassung von Grundbesitz von der Regelung des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a S. 1 GewStG ausnimmt. Die Anwendung des Ausschlusstatbestandes ist darüber hinaus nicht davon abhängig, ob die Vergütungsempfänder selbst der Gewerbesteuer unterliegen und mittels der Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft einen gewerbesteuerlichen Vorteil durch die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erzielen könnten.

Der Anwendungsausschluss ist jedoch nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a S. 2 GewStG nich auf Vergütungen anwendbar, die vor dem 19. Juni 2008 erstmals vereinbart wurden und seit dem nicht wesentlich geändert wurden.

Die Änderungsvorschrift des § 35b Abs. 1 S. 1 GewStG setzt voraus, dass die Änderung Einfluss auf die Höhe des Gewerbeertrages oder des vortragsfähigen Gewerbeverlustes hat, § 35b Abs. 1 S. 2 GewStG. Über die Gewinnänderung hinausgehende Änderungen des Gewerbesteuermessbescheides sind möglich, wenn und soweit es durch eine Änderung des Gewinns Auswirkungen auf Hinzurechnungen und Kürzungen nach § 8 und § 9 GewStG kommt, R 35b.1 Abs. 2 S. 3 GewStR 2009. Die Anwendung des § 35b Abs. 1 GewStG scheidet jedoch aus, soweit ein Betrag erstmals der Gewerbesteuer unterworfen werden soll. Insoweit fehlt es an einer Änderung im Sinne des § 35b Abs. 1 S. 1 GewStG.

§ 19 GewStDV: Zur Berücksichtigung bedingter Forderungen als Aktivposten aus Bankgeschäften

FG Berlin-Brandenburg vom 28.06.2022 – 4 K 4039/20, NWB EAAAJ-22174

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag im Sinne des § 6 GewStG. Gewerbeertrag ist nach § 7 S. 1 GewStG der nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelte [und modifizierte] Gewinn des Erhebungszeitraumes, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen.

Zu den Hinzurechnungen gehört nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG auch die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden. Aufgrund der Ermächtigung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 lit. e GewStG wurde eine Bereichsausnahme von § 8 Nr. 1 lit. a GewStG in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV geschaffen, die in den letzten Jahren durch den Verordnungsgeber weiterentwickelt wurde.

Insbesondere ist ab dem Erhebungszeitraum 2021 zu beachten, dass Kreditinstitute im Sinne der Vorschrift nur noch diejenigen im Sinne des § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 KWG sind. Bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 stellte die Regelung allein auf im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG ab.

Die Bereichsausnahme des § 35c Abs. 1 S. 2 lit. e GewStG ist Unternehmen eröffnet, die im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr teilnehmen und damit auf das eigentliche Bankgeschäft ausgerichtete Unternehmen sind, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173. Das Gesetz sieht keine Unschädlichkeitsgrenzen für andere Tätigkeiten vor. Nach Ansicht des FG Hessen vom 26.08.2020 – 8 K 622/19, EFG 2020, 1856 ist die Voraussetzung jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Schwerpunkt der Gewinn- und Verlustrechnung in anderen Bereich liegt. [Hinweis: Diese Entscheidung wurde mit Urteil des BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20 aufgehoben.]

Bei Holdinggesellschaften bestanden sodann Zweifel, ob diese Unternehmen ein Kreditinstitut im Sinne der Ermächtigung sein können.

Der Verordnungsgeber knüpfte bei der Bestimmung des Begriffs des Kreditinstitutes an die Regelungen des KWG an. Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen im kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Im Rahmen der Anwendung des § 19 GewStDV ist es unerheblich ob die Erlaubnis nach § 32 KWG vorliegt, BFH vom 16.10.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653, oder diese zumindest beantragt wurde, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 17. Auch ist der im Handelsregister aufgeführte Unternehmensgegenstand ohne Auswirkung auf die Qualifizierung des Unternehmens, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Mithin können auch Konzernfinanzierungsunternehmen und Holdingunternehmen Kreditinstitute nach § 1 Abs. 1 KWG sein, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173.

Nach § 19 Abs. 2 GewStDV ist vorausgesetzt, dass die Bankgeschäfte gegenüber den anderen Geschäften überwiegen. Das ist der Fall, wenn der Durchschnitt aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstitutes nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken der Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, welche Auswirkung die Bedingtheit oder Unbedingtheit der Rückzahlbarkeit der Darlehensforderung auf die Einordnung der Forderung zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 1 GewStG hat. Die Annahme eines Einlagegeschäftes sperrt nicht die Bedingtheit. Das gilt aus systematischen Gründen auch für § 19 Abs. 1 GewStG. Gelddarlehensforderungen zählen nicht zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 GewStG, wenn es an einer unbedingten Rückzahlbarkeit fehlt. Abweichend von der Ansicht der BaFin sind das allerdings nicht Forderungen gegen Gesellschaften, die aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten nicht durchsetzbar sind. Denn diese Art von Treuepflichten kennt die Rechtspraxis nicht. Auch ergibt sich aus dem sog. Konzernrückhalt keine nur bedingt rückzahlbare Forderung. Nicht zu den Bankgeschäften zählen Forderungen, die mit einer originären Bedingung versehen sind, für die der qualifizierte Rangrücktritt erklärt ist oder bei denen eine Teilnahme am Verlust vorgesehen ist.

Zu den Bankgeschäften gehören nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG die Annahme fremder Gelder und anderer Einlagen, deren Rückzahlung unbedingt ist (Einlagegeschäft) und nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG die Gewährung von Darlehen (Kreditgeschäft). Zum Einlagegeschäft gehört auch die Darlehensaufnahme bei einem anderen Kreditinstitut. Bei dem anderen Kreditinstitut liegt in diesem Fall ein Kreditgeschäft vor. Auch die Mittelaufnahmen von einem nicht persönlich haftenden Gesellschafter gehört zum Einlagegeschäft. Im Fall des Einlagegeschäftes ist es unerheblich, ob ein Zins gewährt wird. Der Begriff des Kreditgeschäftes ist ohne Einschränkung formuliert. Daher können Kreditgeschäfte auch mit Konzerngesellschaften getätigt werden. Dabei ist die Herkunft der ausgereichten Mittel unbeachtlich. Soweit sich aus der Rechtsprechung des BFH vom 16.12.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653 und BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173 etwas anderes ergeben sollte, steht das im Widerspruch zu § 19 Abs. 1 GewStDV, der gerade davon ausgeht, dass das Kreditgeschäft nicht (voll) fremdfinanziert ist. Auch würde sich ein solches Verständnis nicht aus § 1 Abs. 1 S. 2 KWG herleiten lassen.

Die Bankgeschäfte werden nach Ansicht der BaFin gewerbsmäßig ausgeübt, wenn die Tätigkeit auf Dauer angelegt und mit Gewinnerzielungsabsicht insoweit betrieben wird. Dem hat sich die finanzgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173; FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Die Gewinnerzielungsabsicht kann aus der Verwendung marktüblicher Zinssätze abgeleitet werden, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133.

Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb ist nach Ansicht der BaFin gegeben, wenn das Einlagengeschäft und das Kreditgeschäft ein Volumen von zusammen EUR 12.500 haben. Dabei ist das Kreditgeschäft mit 2,5 % der Darlehensvaluta zu berücksichtigen. Für den Fall, dass nur ein Einlagegeschäft getätig wird, ist es ausreichend, dass mehr als fünf Personen Einlagen in Höhe von zusammen mehr als EUR 12.500 geleistet haben.

Rechtsfolge der Bereichsausnahme nach § 19 Abs. 1 GewStDV ist, dass nur die Entgelte für Schulden nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG hinzuzurechnen sind, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattungen, Schiffe und Anteilen an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten das Eigenkapital übersteigen.

Verfahrensrecht:

Die Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes ist nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG mit Wirkung ab dem 13.12.2010 inhaltlich an die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages gebunden. Die Feststellung des Verlustes kann daher nur mit Erfolg angegriffen werden, wenn der festgestellte Gewerbesteuermessbetrag unzutreffend in die Feststellung des Verlustes eingeflossen ist. Im Übrigen ist die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages anzugreifen.

§ 10a GewStG, § 35b Abs. 2 S. 4 GewStG: Änderung der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes

BFH vom 11.02.2015 – I R 5/13, BStBl. 2016 II 353

[Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 18.12.2012 – 15 K 91/12 F, EFG 2013, 313]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Der so ermittelte maßgebende Gewerbeertrag wird nach § 10a S. 1 GewStG um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Bei Mitunternehmerschaften ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag nach § 10a S. 4 GewStG entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel den Mitunternehmern zuzurechnen. Vorabgewinne sind daher nicht zu berücksichtigen. Die vortragsfähigen Fehlbeträge sind nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen und nur soweit sie gesondert festgestellt wurden bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages des folgenden Erhebungszeitraumes zu berücksichtigen. Die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrages verbleibenden Fehlbeträge sind nach § 10a S. 7 GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraumes gesondert festzustellen.

Nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG sind Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes im Sinne des § 10a S. 6 GewStG zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die Besteuerungsgrundlagen ändern und deshalb der Gewerbesteuermessbescheid für denselben Erhebungszeitraum zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist.

Die Feststellungsfrist für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes endet dabei nicht vor der Festsetzungsfrist für den Erhebungszeitraum, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festzustellen ist, § 35b Abs. 2 S. 4 1. HS GewStG. Nach § 35b Abs. 2 S. 4 2. HS GewStG in Verbindung mit § 181 Abs. 5 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Feststellungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Das Gesetz bringt damit die dienende Funktion des Feststellungsverfahren zum Ausdruck, BT-DrS VI/1982, 157, so dass die verfahrensrechtliche Selbständigkeit des Feststellungsverfahrens hinter der materiellen Richtigkeit von Steuerfestsetzung, für die noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist, zurücktritt, BFH vom 12.06.2022 – XI R 26/01, BStBl. 2022 II 681. Allerdings setzt die Anwendung des § 181 Abs. 5 AO nach § 35b Abs. 2 S. 4 GewStG voraus, dass die Feststellung des vortragsfähigen Verlustes durch die Finanzverwaltung pflichtwidrig unterlassen wurde, da ansonsten die Festsetzungsfrist faktisch nicht enden würde, BT-DrS 16/2712, 40.

Ein pflichtwidriges Unterlassen der Feststellung liegt nur dann vor, wenn die Feststellung gänzlich unterlassen wurde. Denn eine materiell-rechtlich unrichtige Feststellung ist keine unterlassene Feststellung. Anders als § 35b Abs. 2 S. 2 und S. 3 GewStG spricht S. 4 eben nicht von Erlass, Änderung und Aufhebung. Der behördliche Pflichtverstoß nach § 35b Abs. 2 S. 4 GewStG liegt letztlich darin, die Zukunftswirkung einer Verlustfeststellung zu verhindern, indem vor Ablauf der Feststellungsfrist die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes unterbleibt.