§ 28 Abs. 1 GewStG: Zum Begriff der Betriebsstätte im gewerbesteuerlichen Zerlegungsrecht

BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638 [Vorinstanz: FG München vom 27.11.2018 – 6 K 2407/15, EFG 2019, 379]

An der Zerlegung nehmen die Gemeinden teil, in denen im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes unterhalten worden sind.

Betriebsstätte im zerlegungsrechtlichen Sinn ist diejenige nach § 12 AO, denn das Gewerbesteuerrecht enthält keine abweichende Definition der Betriebsstätte, BFH vom 12.02.2004 – IV R 29/02, BStBl. 2004 II 602.

Betriebsstätte im Sinne des § 12 S. 1 AO ist eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens unmittelbar dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat, BFH vom 05.11.2014 – IV R 30/11, BStBl. 2015 II 601.

Einrichtung oder Anlage dienen der Tätigkeit des Unternehmens, wenn dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird, BFH vom 26.07.2017 – III R 4/16, BFH/NV 2018, 233, und sich in der Bindung eine gewisse „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrückt, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922. Sie dienen der Tätigkeit des Unternehmens aber dann nicht, wenn sie „nur“ im Eigentum oder Besitz des Unternehmens stehen. Daher begründen auch Grundstücke, die Dritten überlassen werden, keine Betriebsstätte.

Eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat der Steuerpflichtige inne, wenn sie ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann. Nicht ausreichend ist die tatsächliche Mitbenutzung, BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84, die bloße Berechtigung der Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922.

Unter diesen Voraussetzungen kann eine Betriebsstätte auch in einer Betriebsstätte eines Dritten begründet werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Unternehmer rechtlich befugt ist die Einrichtung oder Anlage nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen und wenn er eigene Arbeitnehmer beschäftigt oder ihm überlassene, seinen Weisungen unterliegende Arbeitnehmer oder Subunternehmer tätig werden, BFH vom 26.07.2017 – III R 4/16, BFH/NV 2018, 233. Nicht ausreichend sind jedoch Verwaltungsarbeiten im Rahmen einer Nutzungsüberlassung, selbst wenn dem Überlassende das Recht zum Betreten des Gebäudes und zur Prüfung von Geschäftsvorfällen oder sogar eine Kontrolle des gesamten Betriebsablaufes vorbehalten ist, BFH vom 04.07.2012 – II R 38/10, BStBl. 2012 II 782. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn der Nutzungsüberlassende eine eigenbetriebliche Tätigkeit entfaltet, die eine gewisse Nachhaltigkeit aufweis und die über punktuell einzelfallbezogene Maßnahmen hinausgeht, BFH vom 13.06.2006 – I R 84/05, BStBl. 2007 II 94.

Unter diesen Voraussetzungen kann der Auftraggeber einer Management- oder Betriebsführungsgesellschaft auch ohne Verfügungsmacht über deren Räumlichkeiten dort eine Betriebsstätte begründen, wenn er aufgrund des zur Verfügung gestellten sachlichen und personellen Organismus in der Lage ist, ihre unternehmerische Tätigkeit operativ nachzugehen, BFH vom 29.11.2017 – I R 58/15, BFHE 260, 209.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Mitvermietung von Betriebsvorrichtung – Versagung der erweiterten Grundbesitzkürzung

BFH Urt. v. 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705

[Vorinstanz: FG Köln vom 29.04.2015 – 13 K 2407/11, EFG 2015, 1552]

Leitsatz der Entscheidung:

Eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG scheidet aus, wenn eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände (Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken und Büffetanlagen) mit vermietet, die als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind.

Die Überlassung von Betriebsvorrichtungen verstößt gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG und führt zur Versagung der erweiterten Grundbesitzkürzung.

Dem liegt zu Grunde, dass Betriebsvorrichtungen keine Bestandteile des Grundbesitzes sind. Grundbesitz im Sinne der erweiterten Kürzung ist wie im Rahmen der einfachen Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG der Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne, BFH vom 22.06.1977 – IR 50/75, BStBl. 1977 II 778. Der Umfang des Grundbesitzes bestimmt sich daher nach § 68 BewG. Nicht zum Grundbesitz gehören nach § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn diese zivilrechtlich wesentlichen Bestandteile des Grundstücks sind. Betriebsvorrichtungen sind jedoch nur Gegenstände, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben werden. Keine Betriebsvorrichtung liegt daher vor, wenn die Anlage für den Betrieb lediglich nützlich, notwendig oder gewerbeordnungsrechtlich vorgeschrieben ist. Eine Betriebsvorrichtung liegt erst dann vor, wenn sie von ihrer Funktion her unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient, BFH vom 28.03.2013 – III R 35/15, BStBl. 2013 II 606 Rn. 8, m.w.N. – vgl. auch Bahns/Graw, FR 2008, 257, 262 –

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Ausschließlichkeitsgebot ausnahmensweise zurücktritt. Das ist dann der Fall, wenn die Nutzungsüberlassung zwingend geboten ist, um das überlassene Grundstück sinnvoll zu nutzen. Das ist bei dem Betriebs notwendiger Sondereinrichtung für die Mieter sowie hinsichtlich notwendiger Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung (bspw. zentrale Heizungsanlage, Gartenanlagen usw.) der Fall, BFH vom 05.03.2008 – I R 56/07, HFR 2008, 1157 unter II.2.b. Darüberhinausgehenden Überlassungen – von Betriebsvorrichtungen – rechtfertigen keine Ausnahme von dem Ausschließlichkeitsgebot.

Das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG lässt i. Ü. keinen Raum für eine Bagatellgrenze.

§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG: Hinzurechnung von Entgelten der Reiseveranstalter für die Überlassung von Hotels, Hotelzimmern und beweglichen Wirtschaftsgütern sowie Hotelzimmerkontingente deren Bewirtschaftung nicht übernommen wurde

BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51

[Vorinstanz: FG Münster vom 04.02.2016 – 9 K 1472/13 G, EFG 2016, 925]

Nach § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG unterliegen der Hinzurechnung Miet-und Pachtzinsen, die die steuerpflichtige Person für die Überlassung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aufwendet, die im Eigentum einer anderen Person stehen.

Für die Zuordnung des Wirtschaftsgutes zum Anlagevermögen wird das Eigentum der mietenden bzw. pachtenden Person voraussetzungslos fingiert, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Die Fiktion beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer des Miet- bzw. Pachtverhältnisses.

Eine Fiktion der Eigenschaft als Anlagevermögen erfolgt damit nicht. Ob das Wirtschaftsgut dem Anlagevermögen zuzuordnen ist, richtet sich nach § 247 Abs. 2 HGB. Hiernach erfolgt eine Zuordnung zum Anlagevermögen, wenn und sowie Vermögensgegenstände dem Betrieb auf Dauer zu dienen bestimmt sind. Das sind Vermögensgegenstände, die zum Gebrauch im Betrieb bestimmt sind. Nicht zum Anlagevermögen rechnen daher Gegenstände, die zum Verbrauch oder Verkauf bestimmt sind, BFH vom 31.05.2001 – IV R 73/00, BStBl. 2001 II 673.

Die der Zuordnung des Wirtschaftsgutes zum Anlagevermögen orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betrieb. Dabei sind der subjektive Wille des Geschäftsführers ebenso wie objektive Merkmale zu berücksichtigen. Anhaltspunkt sind insoweit die Art des Wirtschaftsgutes, die Art und Dauer der Verwendung des Wirtschaftsgutes im Betrieb, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Es kommt also darauf an, dass das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Damit sind die Produktionsmittel dem Anlagevermögen zuzuordnen, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960.

Maßgeblich für die Einordnung der Funktion des Wirtschaftsgutes im Unternehmen ist der Geschäftsgegenstand des Unternehmens unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFHE 255, 280. Dabei darf die Fiktion des Eigentums nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- / Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Auf der anderen Seite ist die bestehende Rückgabepflicht aus dem Miet- / Pachtverhältnis bei der Beurteilung der Anlagevermögensqualität ebenfall außer Acht zu lassen.

Im Ergebnis ist daher zu fragen, ob der Geschäftszweck des Unternehmens das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Dabei ist entscheidend, ob sich die Tätigkeit der steuerpflichtigen Person wirtschaftlich nur dann sinnvoll ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148.

Umgekehrt scheidet eine Zuordnung zum Anlagevermögen hiernach aus, wenn die Gegenstände nicht für den ständigen Gebrauch im Betrieb vorzuhalten gewesen wären und diese damit nicht dem auf Dauer gewidmenten Betriebskapital (Anlagevermögen als das dauerhafte Betriebskapital) zugehörig wären, BFH vom 30.03.1991 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810.

Der zur Entscheidung berufene III. Senat weist sodann darauf hin, dass die Anknüpfung an den Begriff des Anlagevermögens inhaltsleer wäre, würde jede Miete / Pacht letztlich dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, da ein Verbrauch der Miet- / Pachtsache ebenso wie ein Verkauf dieser gedanklich wegen der Rückgabeverpflichtung ausscheidet.

Damit deckt der III. Senat des BFH letztlich das eigentliche Dilemma des Tatbestandes auf und führt dieses einer Entscheidung zu. Ob es dieser Entscheidung bedurft hätte, hätten die Gerichte die grundlegende Frage in den Vordergrund gestellt, welcher Rechtsnatur die Beherrbergungsleistung in Bezug auf das gesamte bewirtschaftete Hotel bzw. einzelne Hotelzimmer oder auch die Hotelzimmerkontingentverträge waren, ist an dieser Stelle fraglich. Jedenfalls darf nicht übersehen werden, dass die Argumentation des III. Senates auch auf andere Fallkonstellationen übertragen werden kann, so dass auch in diesen Konstellationen künftig eine Hinzurechnung ausscheiden dürfte.

Einschränkend führt der Senat jedoch aus, dass auch eine kurzzeitige Miete / Pacht die Zuordnung des Gegenstandes zum Anlagevermögen nicht ausschließt, BFH vom 30.03.1991 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810. Denn ein dauerndes Dienen im Sinne des Begriffes des Anlagevermögen ist gerade nicht auf die Ewigkeit gerichtet, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 980. Entscheidend ist vielmehr, dass derartige Gegenstände ständig für den Gebrauch im Betrieb benötigt werden. Das ist bereits für den Fall der Weitervermietung von Containern, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148, sowie für den Fall der Nutzung gleichartiger Bestuhlung und Beschallungsanlagen zur eienen Nutzung in Sälen und Stadien, BFH vom 30.03.1991 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810, entschieden worden.

Nach Ansicht des zur Entscheidung berufenen Senates erfordert das Geschäftsmodell des Reiseveranstalters typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen unbeweglichen und beweglichen Wirtschaftsgüter, sondern eine zeitlich begrenzte Nutzung von Wirtschaftsgütern, deren Produkteigenschaft kurzfristig an sich wandelnde Markterfordernisse angepasst werden können.

Soweit der III. Senat allerdings unter Bezugnahme auf BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960 ausgeführt hat, dass die Verwendung einer Sache als Produktionsmittel diese dem Anlagevermögen zuordnet und sodann erkennt, dass ein Reiseveranstalter die eingekauften Beherrbergungsleistungen, zu denen auch die Überlassung (un-)beweglicher Wirtschaftsgüter zählt, bündelt und dann als Pauschalreise am Markt anbietet, kommen Zweifel an der Entscheidung auf. Denn es werden gerade nicht die fiktiv im Eigentum stehenden Hotels, Hotelzimmer und Einrichtungsgegenstände dazu eingesetzt, um die Übernachtungsleistung bzw. Beherrbergungsleistung zu „produzieren“. Bezieht das Unternehmen jedoch gar keine Überlassungsleistungen, sondern andere Dienstleistungen in Form einer Beherrbergungsdienstleistung, würde sich die Hinzurechnungsfrage erst gar nicht stellen. Insoweit lägen dann auch dem Umlaufvermögen zuzuordnende Eingangsleistungen vor.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Entgelte für Schulden – durchlaufende Darlehen / Krediten

BFH vom 17.07.2019 – III R 24/16, BStBl. 2020 II 48

Entgelte für Schulden unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG. Das gilt auch dann, wenn die aufgenommenen Mittel weitergereicht werden. Branchenausnahmen enthält das Gesetz in § 19 GewStDV.

Eine Hinzurechnung unterbleibt jedoch, wenn durchlaufende Kredite vorliegen, BFH vom 16.10.1991 – I R 88/89, BStBl. 1992 II 257.

Voraussetzung für einen durchlaufenden Kredit ist, dass der aufgenommene Kredit nach dem Willen der Vertragsparteien zu einem außerhalb des Betriebes des Darlehensnehmers liegenden Zweck (betriebsfremde Zwecke) verwendet wird, vgl. BFH Urt. v. 02.08.1966 – I 66/63, BStBl. III 1967,27. Der Steuerpflichtige muss folglich den Kredit im fremden Interesse aufgenommen haben und nicht im eigenen, BFH vom 27.05.1981 – I R 6/78, nicht amtlich veröffentlicht. Für eine solche Kreditaufnahme würde es sprechen, wenn gegenüber dem Darlehensgeber offen gelegt wird, dass die Darlehensaufnahme für Rechnung eines Dritten erfolgt, BFH 16.12.2008 – I R 82/07, HFR 2009, 901. Gegen eine solche Kreditaufnahme in fremden Interesse würde es sprechen, wenn der Darlehensnehmer die Kredite bilanziert und die entsprechenden Zinsen selbst als Aufwand verbucht, BFH vom 07.07.2004 – XI R 65/03, BStBl. 2005 II 102. [Hinweis: Der handelsbilanziellen Behandlung des Geschäftsvorfalls kommt damit entscheidende Bedeutung für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung zu.]

In der tatsächlichen Abwicklung des Darlehensverhältnisses muss der Darlehensnehmer auf die Weitervermittlung und Verwaltung des Kredites beschränkt bleiben, BFH vom 02.08.1966 – I R 63/66, BStBl. 1967 III 27. Ihm dürfen vor allem keine über die bloßen Verwaltungskosten hinausgehenden Nutzungen aus der Abwicklung des Vertrages erwachsen, BFH vom 02.08.1966 – I R 63/66, BStBl. 1967 III 27. Schädlich sind in diesem Zusammenhang auch lediglich mittelbar erwachsende Vorteile, BFH vom 15.05.2008 – IV R 77/05, BStBl. 2008 II 767.

Keine durchlaufende Kredite liegen daher in folgenden Fällen vor:

  • Aufnahme von Krediten durch eine Gesellschaft innerhalb eines Organkreises und Weiterreichung des Kredites innerhalb des Organkreises, BFH vom 24.01.1996 – I R 160/94, BStBl. 1996 II 328. In einem solchen Fall ist es (auch) Zweck der aufnehmenden Gesellschaft die Finanzierung des Organkreises zu gewährleisten. [Hinweis: In diesem Fall würde die Hinzurechnung auf Ebene der zweiten Gesellschaft innerhalb des Organkreises ausscheiden, da Leistungsbeziehungen innerhalb eines Organkreises keine Hinzurechnungen und Kürzungen auslösen.]
  • Aufnahme des Kredites durch ein Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, der an das Betriebsunternehmen weitergereicht wird, BFH vom 07.07.2004 – XI R 65/03, BStBl. 2005 II 102. Denn es ist (auch) Zweck des Besitzunternehmens das Betriebsunternehmen zu finanzieren.
  • Erster Darlehensnehmer ist Gesellschafter des zweiten Darlehensnehmers und hält die Anteile am zweiten Darlehensnehmer im Betriebsvermögen und es kommt infolge der Darlehensweitergabe zu einer Steigerung des Wertes der Beteiligung, BFH vom 07.07.2004 – XI R 65/03, BStBl. 2005 II 102. [Hinweis: Die Darlehnsaufnahme ist in Bezug auf den Unternehmenswert grundsätzlich ein neutraler Vorgang.]
  • Geschäftszweck der ersten Darlehensnehmerin ist die Förderung bestimmter Fremdinteressen, BFH vom 18.12.1986 – I R 293/82, BStBl. 1987 II 446.

Im Entscheidungsfall sprach gegen die Anwendung der Grundsätze durchlaufender Kredite bereits, dass die erste Darlehensnehmerin die Verbindlichkeit in der Bilanz ausgewiesen hatte und eigenen Zinsaufwand geltend gemacht hat.

Auch erfüllte die erste Darlehensnehmerin mit der Weitergabe des Darlehens im Entscheidungsfall eigene betriebliche Zwecke. Diese erkannte der BFH u.a. darin, dass die Kreditfinanzierung erst durch die Zwischenschaltung der Klägerin ermöglicht wurde.

Letztlich nahm der BFH an, dass die Darlehensaufnahme zur Mehrung des Wertes der Beteiligung führte. Zur Begründung führte er aus, dass nicht nur das Betriebsvermögen der Tochtergesellschaft gemehrt wurde, sondern auch der Wert der von der Klägerin gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft an Wert gewollen hätten.

Der BFH bestätigt somit seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsaufwendungen jedes Schuldverhältnis für sich betrachtet werden muss und eine Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse grundsätzlich nicht möglich sei (Saldierungsverbot).

Nach Auffassung des BFH scheidet eine Saldierung der Zinsaufwendungen der Klägerin mit den von der Tochtergesellschaft erhaltenen Zinserträgen aus, da bei Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 lit. a S. 1 GewStG jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten ist und die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse grundsätzlich nicht möglich ist. Dies gilt entsprechend für die Entgelte für Schulden, zu denen in erster Linie die laufenden Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts zählen, vgl. BFH Urt. v. 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. II 2019, 275.

Anerkannte Ausnahmen von diesem Saldierungsverbot hat die Rechtsprechung nur hinsichtlich mehrerer bei einem Kreditgeber unterhaltener Konten und bei wechselseitig zwischen zwei Personen gegebenen Darlehen anerkannt, wenn die Darlehensverhältnisse gleichartig sind, demselben Zweck bestimmt sind und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden, vgl. BFH Urt. v. 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. III 2019, 275.

§ 7 S. 1 GewStG: keine Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns II, § 22 Abs. 2 UmwStG 2006

BFH vom 11.07.2019 – I R 13/18, BStBl. 2022 II 91

[Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein vom 21.03.2018 – 1 K 1/16, NWB RAAAG-81453]

Erfolgt u.a. eine Sacheinlage von Kapitalgesellschaftsanteilen gegen Gewährung neuer Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger zu einem Wert unterhalb des gemeinen Wertes und veräußert der übernehmende Rechtsträger die eingelegten Anteile innerhalb einer Frist von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden zu versteuern (Einbringungsgewinn II, § 22 Abs. 2 UmwStG 2006).

Das Finanzamt vertrat im Entscheidungsfall die Ansicht, dass der Einbringungsgewinn II selektiv die Veräußerung der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile und nicht die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils besteuere. Besteuerungsrelevant sei daher das Einzelwirtschaftsgut (Kapitalgesellschaftsbeteiligung), auch wenn dieses ursprünglich zu einer Sachgesamtheit (Mitunternehmeranteil) gehört habe. Das gelte auch für Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, die dem Sonderbetriebsvermögen II zuzurechnen seien.

Der BFH stellt dem entgegen jedoch darauf ab, dass die Sacheinlage den gesamten Mitunternehmeranteil umfasst hat und der Einbringende seine mitunternehmerschaftliche Betätigung mit der Einbringung einstellt. Die spätere Veräußerung der eingebrachte Kapitalgesellschaftsbeteiligung durch den übernehmenden Rechtsträger, die den Einbringungsgewinn II auslöst, ändert hieran nichts. Sie führt jedoch nach § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 zur anteiligen Versagung des Buchwertansatzes und zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven.

Für Zwecke der Gewerbesteuer stellt der BFH heraus, dass der nach einkommensteuerrechtlichen oder körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn nach § 7 S. 1 GewStG Ausgangsgröße der Besteuerung ist. Dieser ist jedoch zu modifiziern, um dem Charakter der Gewerbesteuer gerecht zu werden. Konkret bedeutet das, dass der ertragsteuerliche Gewinn um solche Bestandteile zu bereinigen ist, die mit dem Zweck der Gewerbesteuer als Sachsteuer nicht übereinstimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Fiskalzweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer es gebietet, dass Gewinne auszuscheiden sind, wenn diese aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gewerbebetriebes, eines Teilbetriebes oder des Mitunternehmeranteils beruhen, wenn damit die endgültige Einstellung der gewerblichen Betätigung des (Mit-)Unternehmers verbunden ist. Das gilt nicht in den Fällen des § 7 S. 2 GewStG.

Die Sacheinlage nach § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 durch eine natürliche Person erfüllt diese Voraussetzungen. Gleich welcher Wert in diesem Fall zum Ansatz kommt und ob dieser Wert bereits im Rahmen der Sacheinlage oder rückwirkend als Einbringungsgewinn II zur Anwendung gelangt, unterliegt der Vorgang nicht der Gewerbesteuer, da der ertragsteuerliche Gewinn im Rahmen der Modifikationen im Rahmen des § 7 S. 1 GewStG auszuscheiden ist.

Die Entscheidung wurde durch die Finanzverwaltung bisher nicht veröffentlich, so dass unklar ist, ob die Finanzverwaltung der Rechtsprechung folgt.

§ 7 S. 1 GewStG: keine Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns I, § 22 Abs. 1 UmwStG 2006

BFH vom 11.07.2019 – I R 26/18, BStBl. 2022 II 93

[Vorinstanz: FG Köln vom 19.07.2018 – 6 K 2507/16, EFG 2018, 1730]

Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser basiert auf dem nach einkommensteuer- und köprerschaftsteuerlichen Regeln ermittelten Gewinn, der um Bestandteile zu modifizieren ist, die mit dem Zwecke der Gewerbesteuer, ledichlich den laufenden Ertrag des werbenden Geschäftsbetriebes der Besteuerung zu unterwerfen, § 7 S. 1 GewStG. Es sind also solche Bestandteile des ertragsteuerlichen Gewinns zu bereinigen, die mit dem Zweck der Gewerbesteuer nicht übereinstimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Fiskalzweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer es gebietet, das Gewinne auszuscheiden sind, wenn diese aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gewerbebetriebes, eines Teilbetriebes oder des Mitunternehmeranteils beruhen, sofern damit die endgültige Einstellung der gewerblichen Betätigung des (Mit-)Unternehmers verbunden ist. Hiervon abweichend erstreckt sich die Steuerpflicht in den Fällen des § 7 S. 2 GewStG auch auf die eigentlich zu korrigierenden Ertragsbestandteile. Zudem sind spezifische gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG vorzunehmen.

Erfolgt eine Sacheinlage gegen Gewährung von neuen Anteilen an dem übernehmenden Rechtsträger zu einem Wert unterhalb des gemeinen Wertes und veräußert der Einbringende die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraumes von sieben Jahren (Sperrzeitraum) nach dem Einbringungszeitpunkt, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden zu versteuern (Einbringungsgewinn I, § 22 Abs. 1 UmwStG 2006).

Dem Einbringungsgewinn I liegt zu Grunde, dass der einbringende Rechtsträger seinen Gewerbebetrieb vollumfänging in den aufnehmenden Rechtsträger überträgt und in diesem Zusammenhang einstellt (Sacheinlage). Hieran ändert auch die spätere Veräußerung der erhaltenen Anteile nichts. Die Veräußerung tangiert allein den Wertansatz, mit dem das übergehenden Vermögen angesetzt wird. Damit verbunden besteht Einfluss auf den Wertansatz der erhaltenen Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger.

Erfolgt die Sacheinlage nach § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 durch eine natürliche Person ist die besondere Rechtsfolge des § 7 S. 2 GewStG nicht gegeben. Der ertragsteuerliche Gewinn ist in diesen Fällen um die nicht Bestandteile zu korrigieren, die nach dem Wesen der Gewerbesteuer nicht der Besteuerung unterliegen. Im Fall der Sacheinlage erfolgt eine Korrektur um den Gewinnanteil, der auf die Sacheinlage zurückzuführen ist und zwar unabhängig davon, ob die stillen Reserven vollständig, teilweise oder gar nicht aufgedeckt werden und unabhängig davon, dieser Wert rückwirkend nach § 22 Abs. 1 UmwStG 2006 verändert wird.

§ 28 GewStG – Zerlegungsbescheid – Umfang der Anfechtung

BFH vom 11.07.2019 – I R 26/18, BStBl. 2022 II 93

[Vorinstanz: FG Köln vom 19.07.2018 – 6 K 2507/16, EFG 2018, 1730]

Der Gewerbesteuermessbescheid ist Grundlagenbescheid für den Zerlegungsbescheid, so schon BFH vom 28.06.2000 – I R 84/98, BStBl. 2001 II 3.

Die Klage ist daher ohne Sachprüfung als unbegründet abzuweisen, wenn der Kläger Einwendungen gegen den Zerlegungsbescheid erhebt, die den Gewerbesteuermessbescheid betreffen, so schon BFH vom 27.06.2018 – I R 13/16, BStBl. 2019 II 632.

Praktisches Gewerbesteuerrecht 2019 – ein Rückblick

Am 5. Juli 2019 in Köln fand zum 6. Mal die Tagung „Praktisches Gewerbesteuerrecht“ statt.

Traditionell setzte sich das Podium auch in diessem Jahr aus Mitgliedern der Finanzverwaltung, der Beraterschaft und der Richterschaft zusammen. Namentlich waren das Herr RD Thomas Schöneborn, LL.M. (OFD NRW), RiBFH Dr. Christian Graw und RA/FAStR/StB Stefan Liedtke, LL.M. (Warth & Klein Grant Thornton AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Den teilnehmenden Personen bot das Gelegenheit die unterschiedlichen Sichtweisen und Auslegungen des Gewerbesteuerrechts mit den Referenten zu diskutieren und Anregungen für die Praxis zu erhalten.

Schwerpunkte der Veranstaltung waren erneut die Bereiche Hinzurechnungen und Kürzungen. Im Vordergrund standen Finanzierungsaufwendungen sowie die erweiterte Grundbesitzkürzung. Ebenfalls einen breiten Raum nahmen die Besonderheiten der gewerbesteuerlichen Verlustverrechnung bei Mitunternehmerschaften ein. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch die ausführliche Darstellung des Zerlegungsrechts.

Die Tagung wurde auch in diesem Jahr durch einen umfangreichen Tagungsband begleitet.

Tagungsort war der große Saal in der 13. Etage des Pullman Hotels in Köln, der am Rande des fachlichen Teils zum Ausblick über die Stadtkulisse von Köln einlud.