Nichtanwendungserlass zu BFH vom 12.10.2016 – I R 92/12, BStBl. 2022 II 123

BMF vom 14.01.2022 – IV C2 – S 2770/20/10001, BStBl. 2022 I 160

Nicht streitergeblich war die Aussage des BFH:

Der Wortlaut (auch des § 15 Absatz 3 Nummer 1 EStG setzt voraus, dass neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb – i.S.v. voneinander abgrenzbaren Tätigkeiten – auch Einkünfte einer anderen Einkunftsart erzielt werden […]. Besteht – wie im Streitfall – die Geschäftstätigkeit einer Personengesellschaft ausschließlich in dem Halten der Anteile an einer anderen Personengesellschaft und verfügt die Personengesellschaft über kein weiteres Vermögen, mittels dessen Einkünfte erzielt werden, ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 EStG nicht
anwendbar.

Die Aufwärtsabfärbung ist daher nicht ausgeschlossen, wenn die Geschäftstätigkeit einer Personengesellschaft ausschließlich im Halten von Anteile an anderen Personengesellschaften besteht und die Oberpersonengesellschaft kein weiteres Vermögen hat, das zur Einkünfteerzielung dient.

§ 8 Nr. 1 lit. a: Zinszahlungen an außenstehende Aktionäre nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG auf gezahlte Barabfindungen

FG Münster vom 15.12.2021 – 13 K 1136/18 G, EFG 2022, 416

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinn, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

§ 8 Nr. 1 GewStG werden bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Zinsen für den Zeitraum von der Wirksamkeit eines Ergebnisabführungsvertrages bis zur Ausübung des Optionsrechtes durch außenstehende Aktionäre unterliegen dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG, das nach § 7 S. 1 GewStG auch für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages anwendbar ist. Eine Hinzurechnung dieser Zinsen scheidet mithin aus. Insoweit geht das Gericht von einem weiten Verständnis des Begriffs Ausgleichszahlung in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG aus. Es stützt sich dabei auf die zivilrechtliche Rechtslage, die eine Anrechnung des erhaltenen Ausgleichs nach § 304 AktG auf die Verzinsung nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG vorsieht, BGH vom 16.09.2002 – II ZR 284/01, BGHZ 152, 29.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG erfolgt die Hinzurechnung für die Entgelte für Schulden.

Soweit Zinsen auf den Zeitraum nach der Ausübung des Optionsrechtes bis zur Zahlung der Abfindungserhöhungsbeträge entfallen, sind diese vom Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG nicht erfasst. Sie mindern als Betriebsausgaben den Gewinn und sind einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG zugänglich. Denn insoweit liegt nach den o.g. Grundsätzen keine Ausgleichszahlung im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG vor. Mit der Rückgabe der Aktien entfällt der Anspruch nach § 304 AktG, BGH vom 02.03.2003 – II ZR 85/02, DStR 2003, 2166. Ab diesem Zeitpunkt liegt eine Fremdkapitalüberlassung und mithin liegen Fremdkapitalzinsen vor.

Voraussetzung für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG ist des Weiteren, dass Schulden vorliegen. Schulden im Sinne der Regelung sind Belastungen des Vermögens, die als betrieblich veranlasste Verpflichtungen einem Dritten gegenüber rechtliche entstanden und wirtschaftlich verursacht sind, BFH vom 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. 2019 II 275. Diese Voraussetzungen sind auch im Falle von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten erfüllt, soweit diese entgeltsähnlichen Aufwand abbilden, BFH vom 11.04.1984 – I R 56/80, BStBl. 1984 II 598. [Anmerkung: Das noch für den Fall der Rekultivierungsrückstellung angeführte Argumente, dass diese den laufenden Geschäftsbetrieb betreffen würden und mithin die Voraussetzungen der Dauerschulden im Sinne der früheren Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG nicht erfüllt sind, BFH vom 08.09.1976 – I R 186/74, BStBl. 1977 II 9, ist auf die heutige Gesetzesfassung nicht übertragbar.]

§ 8 Nr. 1 lit. f GewStG: Hinzurechnungspflicht der Entgelte für die Überlassung von Adressdaten

FG Niedersachsen vom 09.12.2021 – 10 K 10124/18, JAAAI-05631

Nach § 8 Nr. 1 lit. f GewStG unterliegt ein Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten der Hinzurechnung.

Rechte im Sinne der Regelung sind Immaterialgüterrechte, also subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition, ein Abwehrrecht – besteht, BFH vom 31.01.2012 – I R 105/10, BFH/NV 2012, 996.

Eine geschützte Rechtsposition ist nicht nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zwischen den Vertragsparteien, sondern ein absolutes Abwehrrecht. Besteht diese Abwehrrecht nicht, liegt eine ungeschützte Rechtsposition vor. Damit ist der Begriff des Rechts im § 8 Nr. 1 lit. f GewStG enger als derjenige des immateriellen Wirtschaftsgutes im Sinne des § 5 Abs. 2 EStG.

Aufwendungen betreffend einer ungeschützten Rechtsposition unterliegen aufgrund des ausdrücklichen Wortlautes der Norm nicht der Hinzurechnung, BFH vom 12.01.2017 – IV R 55/11, BStBl. 2017 II 725.

Ob eine geschützte Rechtsposition entsprechender Abwehrbefugnis vorliegt, bestimmt sich nach dem Zivilrecht. Insoweit kommt dem Urheberrecht besondere Bedeutung zu.

Nach § 4 Abs. 1 UrhG sind Sammelwerke entsprechend geschützt. Datenbankwerke sind nach § 4 Abs. 2 S. 1 UrhG Unterfälle der Sammelwerke.

Voraussetzung für den Schutz ist jedoch, dass Auswahl und Anordnung der Elemente der Sammlung auf eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG zurückgeht. Auswahl ist der Vorgang des Sammelns und Aufnehmens, des Sichtens, Bewertens und Zusammenstellens von Elementen zu einem bestimmten Thema im Hinblick auf bestimmte Auswahlkriterien. Unter Anordnung versteht das Urheberrecht die Einteilung, Präsentation und Zugänglichmachung der ausgewählten Elemente nach einem oder mehreren Ordnungssystemen. An der persönlichen geistigen Schöpfung fehlt es jedoch, wenn alle erreichbaren Datensätze unsystematisch in der Weise erfasst werden, dass zuerst einmal sämtliche Daten erfasst werden.

Soweit eine Datenbank nach § 87a UrhG geschützt ist, handelt es sich um den Schutz der Datenbank in ihrer Gesamtheit. Nicht geschützt ist jedoch der Inhalt der Datenbank. Dem entsprechend unterliegt die Überlassung des Inhaltes zur Nutzung nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. f GewStG.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: (keine) Hinzurechnung von Bauzeitzinsen bei unterjährigem Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen

FG Köln vom 25.11.2021 – 13 K 703/17, NWB WAAAI-04539

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Der Hinzurechnung unterliegen bestimmte Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden. Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG unterliegen Entgelte für Schulden der Hinzurechnung.

Wurden Entgelte für Schulden nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB als Herstellungskosten von Vermögensgegenständen behandelt, fehlt es an einer Minderung des Gewinns, wie es § 8 Nr. 1 GewStG einleitend voraussetzt.

Nach der Rechtsprechung des BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFH/NV 2021, 122 reicht es aus, wenn die entsprechenden Kosten als Herstellungskosten aktiviert worden wären, hätte sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden.

[Hinweis: Gegenstand der zitierten Entscheidung waren Mieten und Pachten.

Da Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB die Fertigungseinzel- und der angemessene Teil der Fertigungsgemeinkosten sind wären die fertigungsbezogenen Mieten und Pachten von Anfang an als Herstellungskosten zu behandeln gewesen. Eine ausstehende Umgliederung hätte es nach diesem Verständnis nicht geben können.

Dem folgend ist der BFH in der zitierten Entscheidung auch der Ansicht der Finanzverwaltung in den gleichlautenden Ländererlassen vom 02.07.2012 nicht gefolgt, da diese eine Hinzurechnung nur dann ausschließen, wenn am Bilanzstichtag eine Aktivierung erfolgt.

Anders verhält es sich mit Zinsen. Diese gehören abweichend von § 255 Abs. 2 HGB nach § 255 Abs. 3 S. 1 HGB nicht zu den Herstellungskosten.

Allerdings dürfen (Wahlrecht) Zinsen nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Bauzeitzinsen).

Da der die Regelung des § 255 HGB im Unterabschnitt Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss des HGB platziert ist, handelt es sich um ein Wahlrecht, dessen Ausübung auf einen Bilanzstichtag zu erfolgen hat. Eine unterjährige Ausübung des Wahlrechtes ist nicht vorgesehen. Eine Aktivierung von Bauzeitzinsen für unterjährig ausgeschiedenen Vermögensgegenstände sieht das Handelsrecht also nicht vor. Das gilt selbst dann, wenn im vorangegangenen Jahresabschluss bereits das Wahlrecht zu Gunsten der Aktivierung ausgeübt wurde.]

§ 8 Nr. 1 lit. e GewStG: Hinzurechnung der Entgelte für die Überlassung von Standflächen für mobile Verkaufsstände

Sächsisches FG vom 16.11.2021 – 1 K 854/21, NWB PAAAI -61072

Im Rahmen der Gewerbeertragsermittlung sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der Ausgangspunkt für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbebesteuerung ist, nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG die Beträge der Mieten und Pachten für die Überlassung unbeweglicher Wirtschaftsgüter wieder hinzuzurechnen, die zuvor den Gewinn gemindert haben.

Der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG unterliegen Miet- und Pachtzinsen. Ob Miet- oder Pachtzinsen vorliegen richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, also nach §§ 535 BGB bzw. §§ 581 BGB.

Bei Verträgen, die sowohl miet- oder pachtrechtliche Hauptpflichten auf der einen und sonstige Hauptpflichten auf der anderen Seite enthalten, sind diese gesondert voneinander zu beurteilen, vorausgesetzt sie sind trennbar. Bei untrennbar miteinander verbundenen Leistungen bestimmt sich der Typus des Vertrages nach dem Schwerpunkt der Leistung. Ein Mietvertrag über ein unbewegliches Wirtschaftsgut liegt damit vor, wenn der Schwerpunkt der Leistung in der Flächenüberlassung liegt, so auch BFH vom 24.01.2008 – V R 12/05, BStBl. 2009 II 60 zur umsatzsteuerlichen Beurteilung.

Bei der Überlassung von Standplätzen anlässlich von Märkten, bei Festivals und ähnlichen Veranstaltungen für die Aufstellung von mobilen Verkaufswagen ist das der Fall.

[Hinweis: Besteht der Schwerpunkt der Leistung tatsächlich in der Überlassung einer Fläche oder vielmehr in der Zusammenführung von Marktteilnehmern auf einer bestimmten Fläche?]

Die gemietete Fläche muss ferner dem Anlagevermögen zuzuordnen sein. Nach § 247 Abs. 2 HGB ist das der Fall, wenn Wirtschaftsgüter auf Dauer dem Betrieb dienen. Das ist der Fall, wenn sie dauernd zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmt sind.

In diesem Zusammenhang wird das Eigentum der steuerpflichtigen Person voraussetzungslos fingiert. Denn die Hinzurechnung dient der Ermittlung des objektivierten Gewerbeertrags. Diesem liegt der Gedanke der Finanzierungsneutralität zu Grunde. Unerheblich ist daher, ob überhaupt die Möglichkeit des Eigentumserwerbs besteht. Insoweit ist es ebenfalls unerheblich, ob das Halten oder die spätere Veräußerung der Immobilie rentabel ist, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/14, BFHE 256, 526.

Ob Anlagevermögen vorliegt, beurteilt sich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betrieb, die vom subjektivem Willen der steuerpflichtigen Person abhängig und sich anhand objektiver Merkmale nachvollziehen lassen muss (Art des Wirtschaftsgutes, Art und Dauer der Verwendung im Betrieb sowie der Bilanzierung). Im Ergebnis muss das Wirtschaftsgut seiner Art nach Anlagevermögen sein. Das ist der Fall, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer im Gewerbebetrieb genutzt zu werden. Die Verwendung als Produktionsmittel spricht für eine Zuordnung zum Anlagevermögen. Andererseits würde die Verwendung als zu veräußerndes Produkt die Zuordnung zum Umlaufvermögen nahe legen, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BFHE 272,65. In diesem Zusammenhang ist der Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen. Ebenfalls sind die betrieblichen Verhältnisse des Unternehmens zu berücksichtigen.

Nicht ausschlaggebend ist im konkreteten Fall der Stellplätze auf Märkten, ob ein Unternehmen des Reisegewerbes vorliegt. Denn auch dieses könnte auf eigenen Flächen betrieben werden.

Der Zuordnung des Wirtschaftsgutes zum Anlagevermögen steht nicht entgegen, dass dieses nur für kurze Zeit angemietet wird. Maßgeblich ist nicht die tatsächliche Zeitdauer des Verbleibs des Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögens, sondern ob derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch im Betrieb benötigt werden, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BFHE 272, 65. Das ist nicht der Fall, wenn sie nur im Zusammenhang mit einem konkreten Produkt und daher nur flüchtig benötigt werden und daher nicht zum auf Dauer dem Betrieb gewidmeten Betriebskapital gehören, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BFHE 272, 65.

Dem Anlagevermögen nicht zugeordnet werden können Nebenleistungen, über die im Rahmen der Nebenkostenabrechnung abgerechnet wird.

§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG: Aufwendungen für Fachmessen

FG Münster vom 03.11.2021 – 13 K 1122/19 G, NWB PAAAI-01316

Nach § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG sind Aufwendungen zu einem bestimmten Anteil hinzuzurechnen, die bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden, wenn es sich hierbei um Mieten oder Pachten für die Benutzung (un)beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagenvermögens handelt.

Nicht der Hinzurechnung unterliegen Aufwendungen für Mieten und Pachten Aufwendungen für sonstige Dienstleistungen im Zusammenhang mit Mieten und Pachte, wie bspw. für den Auf- und Abbau von gemieteten Anlagen.

Soweit es sich um Aufwendungen handelt, die als Miete oder Pacht zu qualifizieren sind, hat der BFH in der Entscheidung vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFHE 255, 280 die instanzgerichtliche Würdigung des Finanzgerichts Münchens in der Entscheidung vom 08.06.2015 – 7 K 3250/12, dass insoweit eine einheitliche Leistung gegeben sei und keine Aufteilung in die Überlassung des Messestandes, die Zulassung zur Messe sowie in sonstige Leistungen des Messeveranstalters zu erfolgen habe, nicht beanstandet. Ob das FG Münster sich dieser Rechtsprechung anschließen würde, konnte das Gericht im Entscheidungsfall offen lassen. Das Gericht warf allerdings die Frage auf, ob das Entgelt nicht in einen Teilbetrag, der auf die Überlassung des Messestellplatzes entfällt, und einen Teilbetrag, der auf die übrigen Leistungen des Messeveranstalters entfällt, aufzuteilen sei.

Im Entscheidungsfall sah das Gericht diese Frage als nicht entscheidungserheblich an, weil die Vorausssetzungen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG sowieso nicht vorgelegen haben.

Voraussetzung für die Hinzurechnung ist, dass Mieten und Pachten für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens den Gewinn gemindert haben.

Der Begriff des Anlagevermögens bestimmt sich nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Zum Anlagevermögen rechnen daher nach § 247 Abs. 2 HGB die Wirtschaftsgüter, die auf Dauer dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Dem entgegen rechnen zum Umlaufvermögen die zum Verbrauch oder sofortigem Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter, BFH vom 31.05.2001 -IV R 73/00, BStBl. 2001 II 673.

Bei der Beurteilung der Anlagevermögenseigenschaft ist zu beachten, dass das ein fiktives Eigentum am Wirtschaftsgut voraussetzt, BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289, das vorbehaltslos angenommen wird.

Ob das Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen zählt, richtet sich nach der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betrieb sowie nach dem subjektiven Willen der steuerpflichtigen Person, der sich jedoch anhand objektiver Merkmale (Art des Wirtschaftsgutes, Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, Art des Betriebes und ggfs. Art der Bilanzierung) nachvollziehen lassen muss, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526.

Die Prüfung muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Dabei hat sich die Entscheidung soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu orientieren, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFHE 255, 280. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Hierfür ist – im Sinne einer Kontrollfrage – darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich nur sinnvoll ausüben lässt, wenn das Eigentum an dem Wirtschaftsgut langfristig erworben wird, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Wird ein Gegenstand nur kurzzeitig gemietet oder gepachtet, steht das der Annahme von Anlagenvermögen nicht entgegen, da es für die Annahme des Anlagevermögens ausreichend ist, wenn die steuerpflichtige Person derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch im Betrieb benötigt, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Umgekehrt scheidet eine Zuordnung zum Anlagevermögen aus, wenn die steuerpflichtige Person die Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch im eigenen Betrieb vorhalten muss, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Ausreichend ist, dass das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Messestände erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Ihr ständiges Vorhandensein ist für den wirtschaftlichen Erfolg der steuerpflichtigen Person unerheblich. Auch sind Messestände nicht dazu gewidmet auf Dauer im Geschäftsbetrieb genutzt zu werden. Das gilt jedenfalls für den Fall, dass die steuerpflichtige Person als Herstellerin und Zulieferin für Produkte der Industrie tätig ist. Aber auch mit Blick auf den Vertrieb eines solchen Unternehmens ist das dauernde Vorhandensein von Messeständen nicht vorausgesetzt.

Die Voraussetzungen des Anlagevermögens erfüllen hingegen Produktionsmittel, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960.

Letztlich darf die Fiktion des Eigentums allerdings nicht weiter reichen, als das Eigentum selbst, BFH vom 25.07.20019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Auf der anderen Seite ist die Annahme von Umlaufvermögen nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Miete / Pacht zur Rückgabe der überlassenen Sache verpflichtet, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Denn aufgrund der Eigentumsfiktion besteht fiktiv keine Rückgabeverpflichtung.

§ 35 Abs. 2 S. 1 EStG: tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer – Unterbleiben der Gewerbesteuerfestsetzung

BFH vom 28.10.2021 – IV R 12/19, NWB OAAAI-02738

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer nach § 35 Abs. 1 S. 1 um das Vierfache (bis 2019 um das 3,8 fache) des für das Unternehmen festgestellten (bei Mitunternehmerschaften: anteiligen) Steuermessbetrages (Gewerbesteuer-Messbetrag) .

Der Abzug des Steuerermäßigungsbetrages ist auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt, § 35 Abs. 1 S. 4 EStG.

Bei Mitunternehmerschaften sind der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrages, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelne mitunternehmerschaftlich verbundene Person entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen, § 35 Abs. 2 S. 1 EStG. Zuständig für die Feststellung ist das für die Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt, § 35 Abs. 3 S. 1 EStG.

Die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages, die Feststellung des Anteils an dem festzusetzenden Gewerbesteuer-Messbetrages und die Festsetzung der Gewerbesteuer sind Grundlagenbescheid für die Ermittlung der Steuerermäßigung im Sinne des § 35 Abs. 1 EStG, § 35 Abs. 3 S. 2 EStG. Die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages, die Festsetzung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrages aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft sind Grundlagenbescheide für die Ermittlung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrages im Sinne des § 35 Abs. 2 EStG, § 35 Abs. 3 S. 3 EStG.

Für die Aufteilung und die Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer bei Mitunternehmerschaften gilt das vorstehende entsprechend, § 35 Abs. 4 EStG.

Bei allen vorgenannten Feststellungen handelt es sich um eigenständige Verwaltungsakte, selbst wenn diese zusammen mit anderen Verwaltungsakten in einem Sammelbescheid zusammengefasst wurden, BFH vom 22.09.2011 – IV R 8/09, BStBl. 2012 II 183.

Nach § 155 Abs. 2 AO kann der Folgebescheid auch dann ergehen, wenn der Grundlagenbescheid noch nicht ergangen ist. Das gilt nach § 181 Abs. 1 S. 1 AO auch im Feststellungsverfahren. In diesen Fällen liegen sog. Vorab-Folgebescheide vor. Im Rahmen dieser Bescheide werden die erwarteten Feststellungen der Grundlagenbescheide im Rahmen einer Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO als Besteuerungsgrundlagen im Folgebescheid verarbeitet. Mithin erlaubt es das Verfahrensrecht eine erkennbar einstweilige Regelung zu treffen, die einem noch zu erlassenden Grundlagenbescheid vorgreift, BFH vom 25.11.2020 – II R 3/18, BFHE 272, 1.

Ergeht in der Folgezeit ein Grundlagenbescheid ist der Vorab-Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.

Kommt es in der Folgezeit jedoch nicht zum Erlass des Grundlagenbescheides, bleibt es beim bisherigen – geschätzten – Ansatz, BFH vom 03.12.2008 – X R 3/17, BFH/NV 2009, 711.

Unterbleibt der Erlass eines Grundlagenbescheides findet § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO keine Anwendung. In dem Unterlassen der Festsetzung der Gewerbesteuer durch die Gemeinde liegt auch keine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO, die den Anwendungsbereich des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO eröffnen könnte.

Auch der Eintritt der Festsetzungsverjährung betreffen den Grundlagenbescheid eröffnet den Anwendungsbereich der Änderungsvorschrift nicht. Das gilt auch für den Anwendungsbereich des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Weder das Unterlassen der Gewerbesteuerfestsetzung noch der Eintritt der Festsetzungsverjährung ändern den maßgeblichen Sachverhalt rückwirkend. Die Verjährung führt lediglich dazu, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen, § 47 AO. Das der steuerbegründende Tatbestand verwirklicht wurde, bleibt indes unbeeinflusst. Auch die Unterlassung der Steuerfestsetzung beeinflusst die Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht, BFH vom 08.11.2006 – II R 13/05, BFH/NV 2007, 641.

§ 35 EStG: Änderung der Anrechnung der tatsächlich gezahlten Steuer bei Eintritt der Festsetzungsverjährung der Gewerbesteuer vor Erlass eines Gewerbesteuerbescheides

BFH vom 28.10.2021 – IV R 12/19, NWB OAAAI-02738 [Vorinstanz: FG München vom 21.02.2019 – 15 K 1181/18, ]

Nach § 35 EStG erfolgt die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. In der Höhe ist die Anrechnung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 2 S. 1 EStG begrenzt. Ergeht ein Gewerbesteuerbescheid, ist dieser nach § 35 Abs. 4, Abs. 3 S. 3 EStG Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO für die Anrechnung im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung. Ein bereits ergangener Einkommensteuerbescheid könnte nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO in der Folge geändert werden.

Unterbleibt die Gewerbesteuerfestsetzung und tritt die Festsetzungsverjährung ein hat der Eintritt der Festsetzungsverjährung keinen Grundlagenbescheidcharakter. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung qualifiziert nicht als Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 163 AO. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung rechtfertigt mithin keine Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO.

Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt auch nicht zu einem rückwirkenden Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Denn das würde voraussetzen, dass ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Ob eine steuerliche Wirkung gegeben ist, ist anhand des materiellen Steuerrechts zu beantworten, BFH vom 19.07.1993 – GrS 2/92, BStBl. 1993 II 897. Weder das Unterlassen einer fristgerechten Festsetzung der Gewerbesteuer noch der Eintritt der Festsetzungsverjährung stellen ein rückwirkendes Ereignis dar. Das mit dem Eintritt der Festsetzungsverjährung eintretene Erlöschen des Steuerschuldverhältnisses wirkt nur für die Zukunft, BFH vom 08.11.2006 – II R 13/05, BFH/NV 2007, 641. Nicht entscheidungserheblich ist, ob ein Erlass nach § 227 AO im Erhebungsverfahren ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist, so aber BMF vom 03.11.2016 – IV C 6-S 2996a/08/10002, BStBl. 2016 I 1187.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Erstjahr

BFH vom 27.10.2021 – III R 7/19, BFH/NV 2022, 242

[Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 10.12.2018 – 8 K 8131/17, EFG 2019, 1221]

Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft gilt nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb und löst damit eine Gewerbesteuerpflicht der Gesellschaft aus.

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Voraussetzung für die Gewährung der erweiterten Grundbesitzkürzung ist, dass das Unternehmen ausschließlich – auch in zeitlicher Hinsicht – eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Unschädlich ist, wenn neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes weitere aufgezählte Tätigkeiten verrichtet werden. Schädlich ist hingegen, wenn vor oder nach der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes eine der aufgezählten unschädlichen Tätigkeiten ausgeübt wird. Für den Fall der Tätigkeit nach Veräußerung des letzten Grundstücks ist das höchstrichterlich bereits durch BFH vom 20.01.1982 – I R 201/78, BStBl. 1982 II 477 entschieden worden. Im Entscheidungsfall endete der Erhebungszeitraum nach § 14 S. 3 GewStG mit der Veräußerung der letzten Immobilie nicht. Damit fehlte es an der zeitlichen Ausschließlichkeit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Nichts anderes gilt für den Fall der Aufnahme der Tätigkeit. Beginnt der Erhebungszeitraum nach § 14 S. 3 GewStG für eine Kapitalgesellschaft bereits mit deren Eintragung im Handelsregister, da ihre Tätigkeitnach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, fehlt es auch insoweit an einer zeitlich ausschließlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im Erstjahr.