§ 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG: Hinzurechnung von Sponsoringaufwendungen, Trikotwerbung, Bandenwerbung, digitale Werbungsformate

BFH vom 23.03.2023 – III R 5/22, DStR 2023, 1027

[Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 11.11.2021 – 10 K 29/20, EFG 2022, 1132]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. d / lit. e GewStG Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen / unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.

Die Begriff Miet- und Pachtzinsen lehnen sich an die zivilrechtlichen Vertragstypen Miet- und Pachtvertrag an. Ein Miet- oder Pachtvertrag liegt nach dem Zivilrecht vor, wenn er in seinem wesentlichen rechtlich Gehalt ein Miet- oder Pachtverhältnis darstellt, BFH vom 14.02.1973 – I R 85/71, BStBl. 1973 II 413. Maßgeblich für die Einordnung des Vertrages sind dabei die Hauptpflichten. Unerheblich für die Einordnung des Vertrages ist der Bestand von Nebenpflichten, die dem Vertragstypen Miete oder Pacht nicht entsprechen, BFH vom 23.07.1957 – I 50/55 U, BStBl. 1957 III 306. Diese haben keinen Einfluss auf die Vertragstypenbestimmung. Neben dem vertraglichen Inhalt kommt auch der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Bedeutung zu, BFH vom 01.06.2022 – III R 56/20, DStR 2023, 26.

Wesensmerkmal eines Mietvertrages im zivilrechtlichen Sinne ist die Verpflichtung der vermietenden Person zur Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand an die mietende Person und die Erhaltung der Mietsache während der Mietdauer in diesem Zustand, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Charakteristisch für einen Pachtvertrag ist, dass die verpachtende Person sich neben der Gebrauchsüberlassung verpflichtet, der pachtenden Person den Genuss der ordnungsgemäß zu ziehenden Früchte zu gewähren, § 581 Abs. 1 S. 1 BGB.

Eine Einordnung des Vertrages als Miet- oder Pachtvertrag scheidet jedoch aus, wenn der Vertrag neben miet- und pachtvertragstypischen auch wesentliche miet- und pachtfremde Hauptpflichten enthält. Es liegt dann ein gemischter Vertrag vor.

Lassen sich die durch die Hauptpflichten bestimmten wesentlichen Elemente eines solches Vertrages voneinander trennen, handelt es sich um Miet- oder Pachtzins, sowie das Entgelt auf die Gebrauchsüberlassung entfällt, BFH vom 15.06.1983 – I R 113/79, BStBl. 1984 II 17 und um eine weitere Vergütung anderer Art.

Trennbar sind Hauptpflichten, wenn ein Nebeneinander verschiedener Vertragstypen vorliegt, die sich einer unterschiedlichen Beurteilung zuführen lassen, FG Münster vom 18.08.2022 – 10 K 1421/19 G, EFG 2022, 1919.

Keine Trennbarkeit ist gegeben, wenn der Vertrag wesentliche miet- und pachtfremde Hauptpflichten enthält, die so miteinander verschmolzen sind, dass ein Vertragsgebilde ganz eigener Art entsteht, welches nicht mehr nur als ein Nebeneinander von Leistungspflichten verschiedener Vertragstypen charakterisiert werden kann (typenverschmolzener Vertrag), BFH vom 15.06.1983 – I R 113/79, BStBl. 1984 II 17. In diesem Fällen liegt kein Miet- oder Pachtvertrag mehr vor, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BStBl. 2022 II 273. Eine Zuordnung zum Vertragstypus Miet- oder Pachtvertrag scheidet in diesen Fällen aus, BFH vom 23.07.1957 – I 50/55 U, BStBl. 1957 III 306.

Unerheblich ist im Rahmen der Prüfung der Trennbarkeit, ob Rechtsfragen betreffend den Vertrag nach den Grundsätzen der Miete oder Pacht unmittelbar oder entsprechend angewendet werden kann, BFH vom 12.07.1960 – I 96/59 S, BStBl. 1960 III 387.

Ob ein Miet- oder Pachtverhältnis mit den vorstehend genannten Rechtsfolgen für die Hinzurechnung vorliegt, bestimmt sich also danach, ob eine Gebrauchsüberlassung mit oder ohne Gewährung der Fruchtziehung gegen Entgelt Hauptpflicht ist.

Verträge über Sponsoring und Werbung enthalten regelmäßig Elemente miet- und pachtvertraglicher Art. Zudem sind Dienstvertrags-, Werkvertrags- und Geschäftsbesorgungselemente regelmäßig Vertragsgenstand von Sponsoring- und Werbeverträgen. Soweit im konkreten Vertrag neben der Gebrauchsüberlassung weitere Hauptpflichten vereinbart sind, die eine gewisse Aktivität der anderen Vertragspartei beinhalten, liegt ein gemischter Vertrag vor. Nicht miet- oder pachtrechtlicher Natur sind insbesondere Werbeleistungen, die über die schlichte zur Verfügungstellung von Werbeflächen hinausgehen. Insoweit stellt nicht die Gebrauchsüberlassung, sondern der Werbeerfolg die Hauptpflicht dar. Zivilrechtlich stellt der Vertrag über die Gebrauchsüberlassung und einen Werbeerfolg einen Vertrag sui generis dar, der auch als gemischter Vertrag qualifiziert. Denn die einzelnen Hauptpflichten lassen sich in diesem Fall weder rechtlich noch wirtschaftlich voneinander trennen. Ähnlich verhält es sich im Fall des Sponsorings, denn die gesponsorte Person verpflichtet sich über die Entfaltung der geförderten Aktivitäten zu kommunizieren, OLG Dresden vom 02.03.2006 – 13 U 2242/05, OLG-Report Dresden, 2007, 253. Eine Hinzurechnung scheidet in diesen Fällen aus.

Verträge betreffend die Anzeige von Werbung auf digitalen Werbeflächen sind nicht auf die Gebrauchsüberlassung gerichtet. Sie sind auf den Werbeerfolg gerichtet und damit werkrechtlicher Art, BGH vom 26.03.2008 – X ZR 70/06, NJW-RR 2008, 1155, BGH vom 22.03.2018 – VII ZR 71/17, WM 2018, 1284. Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. d GewStG scheidet damit aus.

Anders verhält es sich jedoch im Fall analoger Bandenwerbung die losgelöst von anderen vertraglichen Regelungen betrachtet werden kann und nicht Teil eines Sponsoringvertrages ist. Diese kann allein mietrechtlicher Art sein, BGH vom 19.06.1984 – X ZR 93/83, NJW 1984, 2406; BGH vom 19.12.2018 – XII ZR 14/18, WM 2018, 1284. Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich das Vertragsinteresse auch in diesen Fällen nicht in der Flächenüberlassung erschöpft, sondern auch ein Werbeerfolg durch Durchführung von bestimmten Veranstaltungen geschuldet auch sein kann, BFH vom 07.11.2007 – I R 42/06, BStBl. 2008 II 949.

Verträge betreffend Trikotwerbung enthalten neben den mietrechtlichen Elementen auch die Elemente, die auf den Werbeerfolg durch Verwendung der Trikots bei bestimmten Sportveranstaltungen gerichtet sind. Es wird die sichtbare Verwendung der Trikots geschuldet, BFH vom 09.12.1981 – I R 215/78, BStBl. 1983 II 27. Auch insoweit scheidet eine Hinzurechnung aus.

Werbeträger: Abgrenzung von Mietvertrag (§ 535 BGB) und Werkvertrag (§ 631 BGB)

BGH vom 19.12.2018 – XII ZR 14/18, NWB CAAAH-05684

Maßgeblich für die Einordnung des Vertragstyps ist die rechtliche Qualifikation der vertraglich geschuldeten Hauptleistung. Unerheblich ist die konkrete Bezeichnung der Leistung im Vertrag.

Ein Mietvertrag ist nach § 535 BGB dadurch gekennzeichnet, dass der Gebrauch einer Sache gewährt wird. Die damit verbundene Besitzverschaffung kann ausnahmsweise entbehrlich sein, BGH vom 01.02.1989 – VIII ZR 126/88, NJW-RR 1989, 589.

Ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB liegt vor, wenn ein bestimmter Leistungserfolg geschuldet wird. Werkvertraglicher Natur im Sinne des § 631 BGB ist damit die Anbringung von Werbung. Diese tritt ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach gegenüber der dauerhaften Bereitstellung von Werbeflächen in den Hintergrund, BGH vom 28.03.2018 – XII ZR 18/17, NWB SAAAH-04095, und BGH vom 07.11.2018 – XII ZR 109/19, MDR 2019, 88.

Bestehen die Hauptleistungspflichten darin, auf näher festgehaltenen Werbefeldern anzubringende Beschriftungen über die gesamte Vertragsdauer dort angebracht zu halten, um einen Werbeeffekt zu ermöglichen, liegt indes ein mietrechtlicher Vertrag vor.

Etwas anders würde jedoch gelten, wenn nicht nur die bestimmte Fläche für eine bestimmte Dauer zu werbemäßiger Nutzung zur Verfügung zu stellen ist, sondern sie darüber hinaus Einfluss auf den konkreten Einsatz dieser Gegenstände nach Ort und Zeit bestehen würde, soweit die Gegenstände mobil sind.

Das wurde bereits zur Anbringung von Werbung auf Straßenbahnen entschieden, BGH vom 01.02.1989 – VIII ZR 126/88, NJW-RR 1989, 589. Verträge über die Anbringung von Werbung auf Anhängern und mobilen Soccer-Arenen ohne konkrete Verwendungsbestimmung sind daher grundsätzlich mietrechtlicher Natur.

Soweit die Rechtsprechung die Werbegestattung einer Driving Range (Grundstück), BGH vom 26.01.1994 – XII ZR 93/92, NJW-RR 1994, 558, sowie im Rahmen einer Bandenwerbung, BGH vom 23.12.1998 – XII ZR 49/97, NJW-RR 1999, 845, als Rechtspacht eingestuft hat, führt das über § 581 Abs. 2 BGB ebenfalls zur Anwendung des Mietrechts und nicht des Werkvertragsrechts.