§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG: einheitlicher Gewerbebetrieb – hier: zwei Tankstellen in räumlicher Nähe

FG Düsseldorf vom 23.06.2020 – 10 K 197/17 K

Die Frage, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen ist im Gewerbesteuerrecht an verschiedenen Stellen von grundlegender Bedeutung. So kennt das Gewerbesteuerrecht als Objektsteuerrecht keine Verlustverrechnung zwischen verschiedenen Steuerobjektes. Auf der anderen Seite gewährt § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewSt jedem Gewerbebetrieb einen Freibetrag von EUR 24.500, der von einer natürlichen Person oder Personengesellschaft betrieben wird.

Ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen. Sachlich selbständig sind Bereiche, die weder finanziell, noch organisatorisch oder finanziell zusammenhängen. Umgekehrt bilden die Betätigungen eine Einheit, wenn sie sachlich zusammenhängen, RFH vom 21.12.1938 – VI 730/38, RStBl. 1939, 372. Allein die Gleichartigkeit der Betriebe begründet jedoch noch keinen einheitlichen Betrieb. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein Gleichartigkeit der Betätigung durchaus für einen einheitlichen Betrieb spricht, BFH vom 30.06.1961 – IV 426/60, BFH vom 14.09.1965 – I 64/63, BStBl. 1965 III 656.

Ein organisatorischer Zusammenhang ist gegeben, wenn die Unternehmensbereiche in einem Geschäftslokal untergebracht sind, unter Einsatz derselben Arbeitskräfte ausgeübt oder die Waren oder Betriebsmittel gemeinsam eingekauft und bezahlt werden, BFH vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. 1997 II 573.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die Betätigungen gleichartig sind oder sich – bei ungleichartiger Betätigung – gegenseitig stützen und ergänzen, BFH vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. 1997 II 573. Zudem kann auch die Identität oder die Verschiedenheit des Kunden- und Lieferantenkreis sowie die Zusammesetzung des Aktivvermögens und dessen Finanzierung Ausdruck des wirtschaftlichen Zusammenhangs sein, BFH vom 12.01.1978 – IV R 26/73, BStBl. 1978 II 348.

Ein finanzieller Zusammenhang fehlt, wenn getrennt Aufzeichnungen geführt, eigene Bankkonten unterhalten, getrennte Kassenabrechnungen vorgenommen und für jeden Betrieb gesonderte Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen erstellt werden.

Das FG Düsseldorf kommt in seiner Entscheidung zu der Überzeugung, dass alleine die Führung separater Bankkonten und damit eine finanzielle Trennung nicht zur Begründung verschiedener Gewerbebetriebe führen kann, wenn ein wirtschaftlicher und organisatorischer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bereichen weiterhin gegeben ist.

Änderung des Zerlegungsbescheides – hier § 164 AO und § 173 AO

FG Düsseldorf vom 19.06.2020

Die Änderung des Zerlegungsbescheides ist nach § 164 Abs. 2 AO zulässig, wenn der Vorbehalt im Zeitpunkt der Änderung fortbesteht.

Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Vorbehalt der Nachprüfung verfahrensfehlerhaft nur gegenüber einer beteiligten Person aufgehoben wurde, BFH vom 27.03.1996 – I R 83/94, BStBl. 1996 II 509.

Zwar könnte die beteiligte Person die Änderung des Zerlegungsbescheides nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO noch beantragen, wenn ihr gegenüber der Vorbehalt nicht aufgehoben wurde. Dem steht jedoch die Notwendigkeit der einheitlichen Entscheidung gegenüber, die im Fall der Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung gegenüber einer beteiligten Person nicht mehr ergehen könnte.

Darüber hinaus findet § 173 Abs. 1 AO auf die Änderung des Zerlegungsbescheides Anwendung. Allerdings ist der Tatbestand teleologisch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des groben Verschuldens zu reduzieren, da die Änderung des Zerlegungsmaßstabes auf der einen Seite zu einem steuerlichen Mehr und auf der anderen Seite zu einem steuerlichen Weniger führt.

Ebenfalls zur Anwendung kommt auch die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO, wonach eine Änderungen nach § 173 AO nach Abschluss einer Betriebsprüfung ausgeschlossen sind, soweit keine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt.

Für den Fall, dass nach Abschluss der Außenprüfung keine Steuerbescheide ergehen, ist die Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO dem Steuerbescheid nach Abschluss der Außenprüfung gleichgestellt, § 173 Abs. 2 S. 2 AO. Für die Mitteilung ergeben sich dem Gesetz keine Formerfordernisse. Daher löst auch der bloße Hinweis im Prüfungshinweis diese Sperrwirkung aus. Aber auch die Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung nach Abschluss der Außenprüfung genügt diesen Voraussetzungen.

§ 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GewStG: mehrgemeintliche Betriebsstätte bei Betrieb eines Rohrleitungssystems; § 33 Abs. 2 GewStG: offenbar unbilliges Ergebnis

FG Düsseldorf vom 19.06.2020 – 3 K 3280/17, NWB TAAAI-59378

Eine einheitliche mehrgemeintliche Betriebsstättte im Sinne des § 30 GewStG setzt voraus, dass kumulativ in räumlicher, organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht ein einheitliches Ganzes besteht, BFH vom 20.02.1974 – I R 179/72, BStBl. 1974 II 427.

Ein räumlicher Zusammenhang kann durch die Erdoberfläche als auch durch ober- und unterirdische betriebliche Anlagen vorliegen. Dieses Merkmal kann im Sonderfall der Elektrizitätswerke gegenüber den anderen Merkmalen zurücktreten, BFH vom 16.11.1965 – I B 249/62 U, BStBl. 1966 III 40. In diesem Sonderfall kann auch dann eine mehrgemeindliche Betriebsstätte vorliegen, wenn die Hauptverwaltung nicht an das Verteilernetz angeschlossen ist.

Ein in organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht gegebenes Ganzes liegt dann nicht vor, wenn die Beschäftigten am Ort der Hauptverwaltung einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb des Netzes verrichten.

Es liegt keine offenbare Unbilligkeit im Sinne des § 33 Abs. 1 GewStG vor, wenn die Voraussetzungen für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte im Sinne des § 30 GewStG nicht vorliegen und deswegen die Gemeinden in denen sich lediglich eine betriebliche Anlage befindet aufgrund der Anwendung der Regelzerlegung nach § 29 GewStG keinen Zerlegungsanteil erhält, BFH vom 05.10.1965 – I B 387/62 U, BStBl. 1965 III 668.

[Hinweis: Vgl. zur Verlegung betreffend das Festnetz einer Telefongesellschaft FG Köln vom 27.11.2006 – 2 K 6440/03, EFG 2007, 372.]

§ 8 Nr. 1 lit. e GewStG: Hinzurechnung in Zusammenhang mit der Anmietung von Messeständen (Messestandflächen)

FG Münster vom 09.06.2020 – 9 K 1816/18 G, EFG 2020, 1689 / bestätigt durch BFH vom 23.03.2022 – III R 14/21, NWB HAAAJ-16163 unter Verweis auf § 118 Abs. 2 FGO.

Der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG unterliegen die Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns nach § 7 S. 1 GewStG abgesetzt worden sind, wenn es sich hierbei um Miet- oder Pachtzinsen für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens handelt, die im Eigentum eines anderen stehen.

Im Entscheidungsfall hielt das Finanzgericht die Frage des Vorliegens von Miet- oder Pachtzinsen und damit eines Miet- und Pachtverhältnisses für nicht entscheidungserheblich und stützte seine Entscheidung vielmehr darauf, dass kein fiktives Anlagevermögen Vertragsgegenstand sei.

Der Begriff des Anlagevermögens bestimmt sich nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen. Demnach rechnen zum Anlagevermögen die Gegenstände, die dem Betrieb auf Dauer zu dienen bestimmt sind, § 247 Abs. 2 HGB. Das sind die Gegenständen, die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder zum Verkauf bestimmt sind.

Die Zuordnung bestimmt sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betrieb, die einerseits durch den subjektiven Willen des Steuerpflichtigen und andererseits durch objektive Merkmale (bspw. Art des Wirtschaftsgutes, Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, Art des Betriebs und ggfs. der Art der Bilanzierung) bestimmt wird.

Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen muss der Geschäftsgegenstand – in seiner objektiven Ausprägung – des Unternehmens berücksichtigt werden. Die Prüfung muss sich dabei soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen der steuerpflichtigen Person – als subjektive Ausprägung des Geschäftsgegenstandes – orientieren.

Konkret ist daher zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt.

Dabei ist der Gegenstand auch dann fiktives Anlagevermögen, wenn er nur kurzzeitig gemietet oder gepachtet wird. Denn für die Zuordnung ist nicht die Dauer der tatsächlichen Benutzung, sondern der Umstand maßgeblich, ob der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb vorhalten muss, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985.

Im Entscheidungsfall des BFH waren Veranstaltungsräumlichkeiten für das Geschäftsmodell des Konzertveranstalters zwingende Voraussetzung zur Ausübung der geschäftlichen Aktivität. Darin unterscheide sich der Fall vom Pauschalreiseanbieter, bei dem die kurzzeitige Anmietung von Hotelzimmer bzw. der kurzzeitige Erwerb kein Surrogat zur langfristigen Nutzung darstellen, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Besteht demnach der Geschäftsgegenstand in der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb bestimmter Produkte und sind die betrieblichen Verhältnisse darauf gerichtet, dass der Vertrieb auf externe Personen ausgelagert ist, konzentriert sich die geschäftliche Aktivität auf die Entwicklung und Herstellung. Anlagevermögen liegt in diesen Fällen nur vor, wenn das Wirtschaftsgut für die Entwicklung und Herstellung im Sinne einer technischen Bedingung benötigt wird. Unerheblich ist es in diesen Fällen, dass eine ständige Produktbewerbung durch den Hersteller auf einem durch Hersteller geprägten Markt wirtschaftlich notwendig ist. Denn auch wenn dem so wäre, wäre das ständige Vorhalten von Messestandflächen nicht zwingend geboten. Auch kommt einem Messestandplatz nur Bedeutung für einen Vertriebsweg zu.

Im konkreten Fall der externen Vertriebsstruktur und der anderweitigen Werbemöglichkeiten für die Produkte war die Klägerin auf die Teilnahme an Messen nicht angewiesen, vgl. FG Düsseldorf vom 29.01.2019 – 10 K 2717/17 G, Zerl, EFG 2019, 544.

Aktuelles zur Gewerbesteuer 2020

23. Juni 2020

14:00 bis 17:30 Uhr

Live Übertragung

Es diskutieren im Rahmen eines Webinars RD Thomas Schöneborn, LL.M. (OFD NRW), RA/FAStR/StB Stefan Liedtke, LL.M. (Warth & Klein Grant Thornton) und Dr. Christian Graw (RiBFH) aktuelle Entwicklungen im Gewerbesteuerrecht anhand von Gesetzesänderungen und neuerer Rechtsprechung.

A. Gesetzesänderungen

  1. Änderung der Hinzurechnung für Elektrofahrzeuge, § 8 Nr. 1 lit. d GewStG
  2. Änderung der Kürzung bei Auslandsdividenden nach § 9 Nr. 7 GewStG
  3. E-KöMoG: Anhebung des Anrechnungsfaktors bei § 35 EStG von 3,8 auf 4,0
  4. Konjunkturpaket (Beschluss vom 03. Juni 2020): Verbesserung des Verlustrücktrages nach § 10d EStG (Mehrjahresrücktrages/Anhebung des Höchstbetrages/Mindestgewinnbesteuerung) / gWG: Anhebung der Grenze / degressive AfA / Anhebung des Freibetrages bei § 8 Nr. 1 auf EUR 200.000

B. Rechtsprechung

  1. (keine) Abfärbung von gewerblichen Beteiligungseinkünften nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG für Zwecke der Gewerbesteuer, BFH vom 06.06.2019 – IV R 30/16
  2. (keine) Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns I, BFH vom 11.07.2019 – I R 26/18
  3. (keine) Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns II, BFH vom 11.07.2019 – IR 13/18
  4. Hinzurechnung von Zinsen nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG für durchlaufende Kredite, BFH vom 17.07.2019 – III R 24/16
  5. Sortenschutzrecht, ein Recht im Sinne des § 8 Nr. 1 lit. f GewStG, BFH Urteil v. 19.12.2019 – III R 39/17
  6. (keine) erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bei Beteiligung an (nicht) gewerblich geprägten Personengesellschaften, BFH vom 06.06.2019 – IV R 9/19 (IV R 26/14) und BFH vom 27.06.2019 – IV R 44/16
  7. (keine) erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bei Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen, BFH vom 28.11.2019 – III R 34/17; 18.12.2019 – III R 36/17
  8. (kein) Übergang des nach § 10a GewStG vortragsfähigen Verlustes im Rahmen der Ausgliederung bei Fortführung eigener Aktivitäten des übertragenden Rechtsträgers, BFH vom 17.01.2019 – III R 35/17, BStBl. 2019 II 407
  9. Wegfall der Unternehmensidentität bei Einstellung des bisherigen Betriebes, BFH vom 19.12.2019 – IV R 8/17
  10. Wegfall der Unternehmensidentität bei Ruhen des Gewerbebetriebes, BFH vom 30.10.2019 – IV R 59/16

C. Neues aus der Verwaltung

Für die Veranstaltung ist ein Zeitfenster von 3,5 Stunden inkl. kurzer Pausen vorgesehen.

Die Veranstaltung wird als Live Übertragung angeboten.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten die Möglichkeit zur eigenen Wortmeldung und zur schriftlichen Einreichung von Fragen.

Es wird eine Tagungsunterlage ausgereicht.

Anmeldung unter: http://fachanwalt-fuer-steuerrecht.de/Veranstaltung.aspx?vaid=20100185&vaGroup=vaWeitereVeranstaltungen

§ 7 S. 3 GewStG: rückwirkende Änderung

BFH vom 15.04.2020 – IV B 9/20 (AdV), BFH/NV 2020, 919

[Vorinstanz: FG Hamburg vom 07.01.2020 – 6 V 270/19, EFG 2020, 589]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Abweichend hiervon gelten nach § 7 S. 3 GewStG der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn einschließlich Hinzurechnungen nach § 5a Abs. 4 und 4a EStG als Gewerbeertrag nach Satz 1. Nach § 36 Abs. 3 S. 1 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 findet die Fassung des § 7 S. 3 GewStG des Gesetzes erstmals Anwendung für die Ermittlung des Gewerbeertrages für den Erhebungszeitraum 2009.

Die Neuregelung folgt auf die Rechtsprechung des BFH vom 25.10.2018 – IV R 35/16, BFH vom 25.10.2018 – IV R 40/16, BFH vom 25.10.2018 – IV R 41/16. Der BFH hatte damals entschieden, dass die Unterschiedsbeträge nach § 5a Abs. 4 S. 3 EStG entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, BMF vom 31.10.2008 – IV C 6-6 2133a/07/10001, BStBl. 2008 I 956, nicht als Bestandteil des fiktiven Gewerbeertrages nach § 7 S. 3 GewStG gelten. Ein Unterschiedsbetrag ist nach § 5a Abs. 4 S. 3 EStG zu ermitteln, wenn Nr. 1 die Anwendung der Tonnagebesteuerung endet; Nr. 2 das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet; Nr. 3 ein Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet. Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass die Unterschiedsbeträge nach § 5a Abs. 4 S. 3 EStG zwar im Rahmen der Fiktion des § 7 S. 3 GewStG nicht in den Gewerbeertrag einflossen, aber nach § 9 Nr. 3 S. 2 GewStG eine Kürzung des Gewerbeertrages um 80 % ihres Betrages auslösten.

§ 21 Abs. 3 FVG: Anordnungskompetenz betreffend die Teilnahme gemeindebediensteter Personen an der Außenprüfung

BFH vom 23.01.2020 – III R 9/18 [Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 19.01.2019 -1 K 2190/17 AO]

Die Anordnungskompetenz zur Teilnahme eine gemeindebediensteten Person an einer Außenprüfung liegt beim staatlichen Finanzamt.

Den Gemeinden steht keine eigene Anordnungskompetenz zu,Anschluss an BVerwG vom 27.01.1955 – 8 C 30/92, BVerwGE 97, 357. Denn den Gemeinden steht kein eigenes Prfüungsrecht zu. Sie dürfen lediglich an den Prüfungen der staatlichen Finanzverwaltung teilnehmen. Die Teilnahme an einer Außenprüfung können und müssen die Gemeinden gegenüber dem staatlichen Finanzamt einfordern.

Die Anordnung der Teilnahme einer gemeindebediensteten Person ist ein selbständig anfechtsbarer Verwaltungsakt (Prüfungsanordnung).

Gemeindebediensteten Personen im Sinne der Regelung zur Teilnahme an der Außenprüfung können nur Amtsträger im Sinne des § 7 Nr. 1 und Nr. 2 AO sein. Diese unterliegen dem – strafbewährten – verlängerten Schutz des Steuergeheimnisses.

Im Fall einer Interessenskollision kann es zum Ausschluss der Teilnahme einer gemeindebediensteten Person kommen, vgl. hierzu BFH/NV 2017, 1009

§ 14 GewStG: abgekürzter Erhebungszeitraum – Anknüpfung an die sachliche Steuerpflicht

BFH vom 19.12.2019 – IV R 8/17, BStBl. 2020 II 401

[Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 18.05.2017 – 1 K 3691/15, EFG 2017, 1183]

Der Steuermessbetrag ist nach § 14 S. 1 GewStG für den Erhebungszeitraum festzustellen. Erhebungszeitraum ist nach § 14 S. 2 GewStG das Kalenderjahr. Besteht die sachliche Gewerebsteuerpflicht nicht während des gesamten Kalenderjahres, tritt an die Stelle des Kalenderjahres der Zeitraum der sachlichen Steuerpflicht, § 14 S. 3 GewStG (abgekürzter Erhebungszeitraum).

Die sachliche Steuerpflicht knüpft an den Steuergegenstand gemäß § 2 GewStG an. Steuergegenstand ist der stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG. Gewerbebetrieb sind das originär gewerbliche Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG sowie die fiktiven Gewerbebetriebe im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG, § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG.

Das gewerbliche Unternehmen umfasst nicht nur die Gesamtheit der sachlichen Grundlagen des Betriebes und die mit ihnen ausgeübte Tätigkeit, sondern auch deren Beziehung zu dem oder den Unternehmen des Betriebes, BFH vom 03.04.2008 – IV R 54/04, BStBl. 2008 II 742. Hieraus folgt, dass die Steuerpflicht nach § 14 S. 3 GewStG nicht an die persönliche Steuerpflicht, sondern ausschließlich an die sachliche Steuerpflicht (=Steuerschuldnerschaft) anknüpft, BFH vom 25.04.2018 – IV R 8/16, BStBl. 2018 II 484. Diese ist zugleich Ausdruck der Steuerschuldnerschaft.

Der Fortbestand der Unternehmensidentität ist unter wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung zu prüfen, BFH vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441.

Prüfungskriterien sind insbesondere

  • die Art der Betätigung,
  • der Kunden- und Lieferantenkreis,
  • die Arbeitnehmerschaft,
  • die Geschäftsleitung,
  • die Betriebsstätte und
  • die Zusammensetzung des Anlagevermögens.

Das gilt auch für Mitunternehmerschaften, bei denen die einzelnen Mitunternehmer Träger des Verlustabzuges sind. Denn die Gesamtheit der Mitunternehmer üben die gewerbliche Tätigkeit aus.

Die sachliche Steuerpflicht findet ein Ende, wenn der Betrieb eingestellt wird, BFH vom 04.05.2017 – IV R 2/14, BStBl. 2017 II 1138. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Unternehmensgegenstand eines operativ tätigen Unternehmens zum Vermietungs- und Verpachtungsunternehmen wechselt. In diesem Fall endet die sachliche Steuerpflicht des operativen Unternehmens und ein beginnt eine neue sachliche Steuerpflicht des fortbestehenden Unternehmens.

In der Vergangenheit hatte der Senat entschieden, dass eine Betriebsaufgabe regelmäßig zu verneinen sei wenn wesentliche Betriebsgrundlagen, insbesondere Wirtschaftsgüter mit erheblichen stillen Reserven in einem neuen, weitergeführten Betrieb überführt werden, so noch BFH vom 03.04.2014 – IV R 12/10, BStBl. 2014 II 1000. Das hatte zur Folge, dass bei Überführung wesentlicher Betriebsgrundlage in die neue Tätigkeit, die sachlich Steuerpflicht der bisherigen Tätigkeit sich in der neu ausgeübten Tätigkeit fortsetzte. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest. Nach neuerem Verständnis ist die Überführung von wesentlichen Betriebsgrundlagen – vor allem wenn sich die Wesentlichkeit aus den in ihnen ruhenden stillen Reserven ergibt – nicht mehr allein tragend um eine Betriebsfortführung und damit eine fortbestehende sachliche Steuerpflicht anzunehmen. Maßgeblich ist nach neuerer Rechtsprechung der Vergleich der bisherigen mit der neuen Tätigkeit unter Berücksichtigung der zur Unternehmensidentität im Sinne des § 10a GewStG entwickelten Kriterien, BFH vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441.

Ob die Voraussetzungen der Einstellung des bisherigen Betriebes und der Neubegründung eines Betriebes gegeben sind, bestimmt sich danach, ob bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsanschauung ein einheitlich fortbestehender Betrieb gegeben ist, BFH vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441.

Daher scheidet ein Fortbestand der Unternehmensidentität aus, wenn die unternehmerische Betätigung von einer operativen Tätigkeit zu einer reinen Verpachtungstätigkeit wechselt. Das gilt nach Ansicht des Senates auch dann, wenn in Folge des Wechsels von der operativen Tätigkeit zur Verpachtungstätigkeit eine Betriebsaufspaltung entsteht und das Verpachtungsunternehmen aus diesem Grund weiterhin originär gewerbliche Einkünfte bezieht und wegen der Merkmalszurechnung ggfs. sogar die identische Tätigkeit fortführt. Dem liegt zu Grunde, dass zuvor die operative Tätigkeit eingestellt wurde, BFH vom 30.10.2019 – IV R 59/16, BStBl. 2020 II 147.

Liegen die Voraussetzungen für die Fortführung des bisherigen Betriebes nicht vor, besteht auch die Unternehmensidentität nicht fort.

Mit dem Wegfall der Unternehmensidentität scheidet auch die Verrechnung eines Verlustvortrages mit einem positiven Gewerbeertrag des neuen Betriebes aus. Umgekehrt wäre eine Verlust, den der neue Betrieb erwirtschaftet, für den neuen Gewerbebetrieb auf den 31.12. des Verlustentstehungsjahres nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.

Die sachliche Steuerpflicht endet nach § 2 Abs. 5 GewStG, wenn der bisherige Unternehmen sein Unternehmen im Ganzen auf einen anderen Unternehmer überträgt. Das Gesetz fingiert insoweit eine Einstellung des Gewerbebetriebes durch den bisherigen Unternehmen.

Bei Mitunternehmerschaften führt ein partieller Wechsel im Bestand der Mitunternehmer nicht zu einem Unternehmerwechsel im Sinne des § 2 Abs. 5 GewStG, BFH vom 26.06.1996 – VIII R 41/95, BStBl. 1997 II 179. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn sämtliche Kommanditanteile zeitgleich auf einen oder mehrere Erwerber übertragen werden, ohne dass die Person des Komplementärs ausscheidet. Denn die Komplementärin ist stets Mitunternehmerin einer Personengesellschaft, das Risiko der Haftungsinanspruchnahme für Verluste zu tragen hat, BFH vom 03.02.2010 – IV R 26/07, BStBl. 2010 II 751.

Das Ende der sachlichen Steuerpflicht führt nach § 14 S. 3 GewStG zu einem Ende des Erhebungszeitraums.

Zu einem Unternehmerwechsel kommt es nur, wenn sämtliche Mitunternehmer, also auch die Komplementärin, aus der das Unternehmen fortführenden Personengesellschaft zeitgleich ausscheiden, BFH vom 26.06.1996 – VIII R 41/95, BStBl. 1997 II 179.

§ 8 Nr. 1 lit. f GewStG – zur Lizenzzahlung des Saatgutherstellers an den Sortenschutzinhaber

BFH vom 19.12.2019 – III R 39/17, BStBl. 2020 II 397

[Vorverfahren FG Münster vom 13.10.2017 – 13 K 2554/15 G, F, EFG 2018, 144]

Der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. f GewStG unterliegen Aufwendungen für die zeitlich Überlassung von Rechten.

Rechte sind Immaterialrechtsgüter, also subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigen Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition – ein Abwehrrecht – besteht. Diese Voraussetzung erfüllt die Rechtsposition des § 10 SortSchG, denn hiernach ist allein der Sortenschutzinhaber berechtigt Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, für Vermehrungszwecke aufzubereiten, in den Verkehr zu bringen, ein- und auszuführen oder hierfür aufzubewahren.

Der Sortenschutzinhaber kann zur Erzeugung von Vermehrungsmaterial aus dem Basissaatgut eine Produktionslizenz erteilen.

Daben kann der Sortenschutzinhaber auch eine Vertriebslizenz für das Vermehrungsmaterial erteilen.

Der Sortenschutzinhaber kann die Herstellung des Vermehrungsmaterials jedoch auch selbst vornehmen oder beauftragen. In diesem Fall würde keine Lizenz erteilt. Der spätere Handel mit dem Vermehrungsmaterial würde sich als schlichter Verkauf und nicht als Rechteüberlassung zeigen.

Eine zeitliche Befristung liegt vor, schon dann vor, soweit und solange der Verbleib des Rechts beim Berechtigten ungewiss ist, etwa weil das Recht an den Übertragenden zurückfallen kann, BFH vom 23.04.2013 – IX R 57/99, BFH/NV 2003, 311 zu § 21 EStG. Diese Voraussetzung liegt auch dann vor, wenn ungewiss ist, ob die zeitliche Überlassung endet. Ausreichend zur Begründung dieser Ungewissheit ist bereits die Existenz gesetzlicher Kündigungsmöglichkeiten, BFH vom 23.05.1979 – I R 163/77, BStBl. 1979 II 757.

Dem entgegen liegt eine endgülige Übertragung des Rechts vor, wenn ein Rückfall des Rechts kraft Gesetzes oder Vertrages nicht vorgesehen ist, BFH vom 23.05.1979 – I R 163/77, BStBl. 1979 II 757 oder das wirtschaftliche Eigentum an dem Recht übergegangen ist, weil es sich während der vereinbarten Nutzungsdauer in seinem wirtschaftlichen Wert erschöpft (verbrauchende Rechteüberlassung), BFH vom 16.05.2001 – I R 64/99, BStBl. 2003 II 641.

Ob eine befristete oder endgültige Rechteüberlassung vorliegt richtete sich nach den Verhältnissen, wie sie sich bei Abschluss des Vertrages darstellen.

Nicht der Hinzurechnung unterliegen Aufwendung für sog. Vertriebslizenzen, § 8 Nr. 1 lit. f S. 1 2. HS GewStG. Das sind Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, das daraus abgeleitet Rechte Dritten zu überlassen. Eine solche Vertriebslizenz ist dann gegeben, wenn der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst bspw. zu Herstellungs- und Produktionszwecken nutzt oder verändert oder bearbeitet und diese statt dessen unverändert weitergibt.