§ 29 Abs. 1 Nr. 1 / Nr. 2; § 33 GewStG: Anwendung der Regelzerlegung in Erhebungszeiträumen vor Anwendung der besonderen Zerlegungsmaßstände des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG

BFH vom 14.12.2020 – IV B 27/20, BFH/NV 2021, 538 [Vorinstanz: FG Hamburg vom 19.02.2020 – 2 K 166/19]

Der Gewerbeertrag ist in Fällen, in denen im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten werden, auf die einzelnen Gemeinden zu zerlegen, § 28 Abs. 1 GewStG.

Den Zerlegungsmaßstab definiert § 29 Abs. 1 GewStG. [Hinweis: Regelzerlegungsmaßstab ist das Verhältnis der Arbeitslöhne, § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG. Neben dem Regelzerlegungsmaßstab kennt das Gesetz in § 29 Abs. 1 Nr. 2 einen besonderen Zerlegungsmaßstab in verschiedener Ausprägung, der auf Betriebe aus dem Bereich der erneuerbaren Energien Anwendung findet. Diese Regelung wurde durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008, BGBl. 2008 I 2794, in das Gesetz eingefügt nachdem die Rechtsprechung erkannt hatte, dass die vorherige Verwaltungspraxis zur Zerlegung bei bestimmter Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien keine gesetzliche Grundlage hatte, BFH vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007 II 836. Um die Ausweisung von Standortflächen für die betroffenen Kommunen attraktiver zu machen, wurden die Regelungen in der Folgezeit mehrfach überarbeitet. Der zeitliche Anwendungsbereich der streitgegenständliche gesetzlichen Grundlage ist ausgelaufen.]

Die Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG in der Fassung des Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013, BGBl. 2013 I 1809 ist für die Erhebungszeitraum 2012 noch nicht anwendbar, § 36 Abs. 9d GewStG in der Fassung des Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes, FG Hamburg vom 19.02.2020 – 2 K 166/19.

Auch liegen die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 GewStG in den Fällen, die in späteren Erhebungszeiträumen von § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG erfasst sind, nicht vor, FG Hamburg vom 19.02.2020 – 2 K 166/19. Das Tatbestandsmerkmal des offenbar unbilligen Ergebnis ist nur unter den Voraussetzungen, die der Bundesfinanzhof in der Entscheidung vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007 II 836 herausgearbeitet hat erfüllt.

§ 10a GewStG: Auswirkungen der Abspaltung einer Mitunternehmerschaft auf den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der Mitunternehmerschaft

BFH vom 12.11.2020 – IV R 29/18, BStBl. 2021 II 722

Vortragsfähige Fehlbeträge sind nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.

Vortragsfähige Fehlbeträge sind gemäß § 10a S. 7 GewStG die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrages nach § 10a S. 1 und 2 GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge.

Die Inanspruchnahme des Verlustvortrages nach § 10a GewStG setzt neben Unternehmens- auch Unternehmeridentität voraus.

Die Unternehmeridentität setzt voraus, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten hat, BFH vom 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. 2013 II 176.

Das ist beim Einzelunternehmen der Einzelunternehmer. Im Fall einer Mitunternehmerschaft sind das die einzelnen mitunternehmerisch verbundenen Personen, BFH vom 03.05.1993 – GrS 3/92, BStBl. 1993 II 616.

Mit dem Ausscheiden einer mitunternehmerisch verbundenen Person aus einer Mitunternehmerschaft fällt der auf diese Person entfallende Verlustvortrag verloren, BFH vom 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. 2013 II 176.

Spaltet also eine Kapitalgesellschaft eine von ihr gehaltene mitunternehmerische Beteiligung auf eine andere Kapitalgesellschaft ab, entfällt der auf sie entfallenden Verlustvortrag.

Im Fall der Abspaltung einer mitunternehmerischen Beteiligung kann die Mitunternehmerschaft zudem sowohl aus § 10a S. 10 1. HS GewStG i.V.m. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG (Konzernklausel) bzw. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG analog keine Fortführung eines Verlustvortrages herleiten, der wegen fehlender Unternehmereigenschaft entfallen ist. Zwar findet nach § 10a S. 1 1. HS GewStG § 8c KStG auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge entsprechend anwendbar. Die Regelung erfasst lediglich Fehlbeträge von Körperschaften, um diese in gleicher Weise einzuschränken, wie im Körperschaftsteuerrecht.

[Hinweis: § 8c KStG geht auf die Rechtsprechung des BFH zum Mantelkauf nach § 8 Abs. IV KStG zurück.]

Ausweislich der Gesetzesbegründung erfasst die Regelung des § 10a S. 10 2. HS GewStG nur auf Verluste der Körperschaft selbst und nicht die Verluste auf Ebene einer nachgeordneten Personengesellschaft. [Hinweis: Damit sollte vermieden werden, dass Verluste einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergeleitet und durch Weitergabe der mitunternehmerischen Beteiligung fungibel werden.]

Nichts anders ergibt sich aus umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen.

So betrifft § 19 Abs. 1 UmwStG dem Wortlaut nach nur die an der Umwandlung beteiligten Körperschaften. Der Verlustvortrag der Mitunternehmerschaft, deren Anteile Gegenstand der Umwandlung waren, findet die Regelung jedoch keine Anwendung. Die Regelung des § 19 Abs. 2 UmwStG erfasst ihrem Wortlaut nach nur die vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft.

[Hinweis: Offen ist bisweilen, ob die Erkenntnis der Rechtsprechung, dass Träger des gewerbesteuerlichen Verlustvortrages der Mitunternehmerschaft die mitunternehmerisch beteiligte Person ist, in diesem Zusammenhang außer Acht gelassen werden kann.]

Nichts anders ergibt sich aus § 19 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 2. HS, § 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG.

§ 8 Nr. 1 GewStG: Hinzurechnung der Beträge soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind; Anwendung bei unterjährig ausgeschiedenen Wirtschaftsgütern

BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342

[Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht vom 20.03.2018 – 1 K 243/15]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Bei der Ermittlung des Gewinns werden Herstellungskosten nicht abgesetzt.

Das Einkommensteuerrecht enthält heute keine Definition des Herstellungskostenbegriffs. Es kann daher auf den Herstellungskostenbegriff des § 255 Abs. 2 HGB zurückgegriffen werden, BFH vom 04.07.1990 – GrS 1/89, BStBl. 1990 II 830. Herstellungskosten sind hiernach Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung.

Kosten der Einrichtung einer Baustelle gehören zu den Fertigungseinzelkosten und damit zu den Herstellungskosten. Sie mindern den Gewinn nicht und unterliegen nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG.

Unerheblich ist, ob die Fertigungseinzelkosten für die Herstellung eines Wirtschaftsgutes des Anlagevermögen oder des Umlaufvermögens enstehen, da § 255 Abs. 2 HGB insoweit nicht unterscheidet.

Auch ist es unerheblich, ob das Wirtschaftsgut bereits vor dem Bilanzstichtag aus dem Unternehmensvermögen ausscheidet, da die Fertigungseinzelkosten zwingend Herstellungskosten sind. Es sind originäre Herstellungskosten.

§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG: einheitlicher Gewerbebetrieb – hier: zwei Tankstellen in räumlicher Nähe

FG Düsseldorf vom 23.06.2020 – 10 K 197/17 K

Die Frage, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen ist im Gewerbesteuerrecht an verschiedenen Stellen von grundlegender Bedeutung. So kennt das Gewerbesteuerrecht als Objektsteuerrecht keine Verlustverrechnung zwischen verschiedenen Steuerobjektes. Auf der anderen Seite gewährt § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewSt jedem Gewerbebetrieb einen Freibetrag von EUR 24.500, der von einer natürlichen Person oder Personengesellschaft betrieben wird.

Ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen. Sachlich selbständig sind Bereiche, die weder finanziell, noch organisatorisch oder finanziell zusammenhängen. Umgekehrt bilden die Betätigungen eine Einheit, wenn sie sachlich zusammenhängen, RFH vom 21.12.1938 – VI 730/38, RStBl. 1939, 372. Allein die Gleichartigkeit der Betriebe begründet jedoch noch keinen einheitlichen Betrieb. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein Gleichartigkeit der Betätigung durchaus für einen einheitlichen Betrieb spricht, BFH vom 30.06.1961 – IV 426/60, BFH vom 14.09.1965 – I 64/63, BStBl. 1965 III 656.

Ein organisatorischer Zusammenhang ist gegeben, wenn die Unternehmensbereiche in einem Geschäftslokal untergebracht sind, unter Einsatz derselben Arbeitskräfte ausgeübt oder die Waren oder Betriebsmittel gemeinsam eingekauft und bezahlt werden, BFH vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. 1997 II 573.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die Betätigungen gleichartig sind oder sich – bei ungleichartiger Betätigung – gegenseitig stützen und ergänzen, BFH vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. 1997 II 573. Zudem kann auch die Identität oder die Verschiedenheit des Kunden- und Lieferantenkreis sowie die Zusammesetzung des Aktivvermögens und dessen Finanzierung Ausdruck des wirtschaftlichen Zusammenhangs sein, BFH vom 12.01.1978 – IV R 26/73, BStBl. 1978 II 348.

Ein finanzieller Zusammenhang fehlt, wenn getrennt Aufzeichnungen geführt, eigene Bankkonten unterhalten, getrennte Kassenabrechnungen vorgenommen und für jeden Betrieb gesonderte Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen erstellt werden.

Das FG Düsseldorf kommt in seiner Entscheidung zu der Überzeugung, dass alleine die Führung separater Bankkonten und damit eine finanzielle Trennung nicht zur Begründung verschiedener Gewerbebetriebe führen kann, wenn ein wirtschaftlicher und organisatorischer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bereichen weiterhin gegeben ist.

§ 7 S. 3 GewStG: rückwirkende Änderung

BFH vom 15.04.2020 – IV B 9/20 (AdV), BFH/NV 2020, 919

[Vorinstanz: FG Hamburg vom 07.01.2020 – 6 V 270/19, EFG 2020, 589]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Abweichend hiervon gelten nach § 7 S. 3 GewStG der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn einschließlich Hinzurechnungen nach § 5a Abs. 4 und 4a EStG als Gewerbeertrag nach Satz 1. Nach § 36 Abs. 3 S. 1 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 findet die Fassung des § 7 S. 3 GewStG des Gesetzes erstmals Anwendung für die Ermittlung des Gewerbeertrages für den Erhebungszeitraum 2009.

Die Neuregelung folgt auf die Rechtsprechung des BFH vom 25.10.2018 – IV R 35/16, BFH vom 25.10.2018 – IV R 40/16, BFH vom 25.10.2018 – IV R 41/16. Der BFH hatte damals entschieden, dass die Unterschiedsbeträge nach § 5a Abs. 4 S. 3 EStG entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, BMF vom 31.10.2008 – IV C 6-6 2133a/07/10001, BStBl. 2008 I 956, nicht als Bestandteil des fiktiven Gewerbeertrages nach § 7 S. 3 GewStG gelten. Ein Unterschiedsbetrag ist nach § 5a Abs. 4 S. 3 EStG zu ermitteln, wenn Nr. 1 die Anwendung der Tonnagebesteuerung endet; Nr. 2 das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet; Nr. 3 ein Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet. Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass die Unterschiedsbeträge nach § 5a Abs. 4 S. 3 EStG zwar im Rahmen der Fiktion des § 7 S. 3 GewStG nicht in den Gewerbeertrag einflossen, aber nach § 9 Nr. 3 S. 2 GewStG eine Kürzung des Gewerbeertrages um 80 % ihres Betrages auslösten.

§ 14 GewStG: abgekürzter Erhebungszeitraum – Anknüpfung an die sachliche Steuerpflicht

BFH vom 19.12.2019 – IV R 8/17, BStBl. 2020 II 401

[Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 18.05.2017 – 1 K 3691/15, EFG 2017, 1183]

Der Steuermessbetrag ist nach § 14 S. 1 GewStG für den Erhebungszeitraum festzustellen. Erhebungszeitraum ist nach § 14 S. 2 GewStG das Kalenderjahr. Besteht die sachliche Gewerebsteuerpflicht nicht während des gesamten Kalenderjahres, tritt an die Stelle des Kalenderjahres der Zeitraum der sachlichen Steuerpflicht, § 14 S. 3 GewStG (abgekürzter Erhebungszeitraum).

Die sachliche Steuerpflicht knüpft an den Steuergegenstand gemäß § 2 GewStG an. Steuergegenstand ist der stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG. Gewerbebetrieb sind das originär gewerbliche Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG sowie die fiktiven Gewerbebetriebe im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG, § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG.

Das gewerbliche Unternehmen umfasst nicht nur die Gesamtheit der sachlichen Grundlagen des Betriebes und die mit ihnen ausgeübte Tätigkeit, sondern auch deren Beziehung zu dem oder den Unternehmen des Betriebes, BFH vom 03.04.2008 – IV R 54/04, BStBl. 2008 II 742. Hieraus folgt, dass die Steuerpflicht nach § 14 S. 3 GewStG nicht an die persönliche Steuerpflicht, sondern ausschließlich an die sachliche Steuerpflicht (=Steuerschuldnerschaft) anknüpft, BFH vom 25.04.2018 – IV R 8/16, BStBl. 2018 II 484. Diese ist zugleich Ausdruck der Steuerschuldnerschaft.

Der Fortbestand der Unternehmensidentität ist unter wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung zu prüfen, BFH vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441.

Prüfungskriterien sind insbesondere

  • die Art der Betätigung,
  • der Kunden- und Lieferantenkreis,
  • die Arbeitnehmerschaft,
  • die Geschäftsleitung,
  • die Betriebsstätte und
  • die Zusammensetzung des Anlagevermögens.

Das gilt auch für Mitunternehmerschaften, bei denen die einzelnen Mitunternehmer Träger des Verlustabzuges sind. Denn die Gesamtheit der Mitunternehmer üben die gewerbliche Tätigkeit aus.

Die sachliche Steuerpflicht findet ein Ende, wenn der Betrieb eingestellt wird, BFH vom 04.05.2017 – IV R 2/14, BStBl. 2017 II 1138. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Unternehmensgegenstand eines operativ tätigen Unternehmens zum Vermietungs- und Verpachtungsunternehmen wechselt. In diesem Fall endet die sachliche Steuerpflicht des operativen Unternehmens und ein beginnt eine neue sachliche Steuerpflicht des fortbestehenden Unternehmens.

In der Vergangenheit hatte der Senat entschieden, dass eine Betriebsaufgabe regelmäßig zu verneinen sei wenn wesentliche Betriebsgrundlagen, insbesondere Wirtschaftsgüter mit erheblichen stillen Reserven in einem neuen, weitergeführten Betrieb überführt werden, so noch BFH vom 03.04.2014 – IV R 12/10, BStBl. 2014 II 1000. Das hatte zur Folge, dass bei Überführung wesentlicher Betriebsgrundlage in die neue Tätigkeit, die sachlich Steuerpflicht der bisherigen Tätigkeit sich in der neu ausgeübten Tätigkeit fortsetzte. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest. Nach neuerem Verständnis ist die Überführung von wesentlichen Betriebsgrundlagen – vor allem wenn sich die Wesentlichkeit aus den in ihnen ruhenden stillen Reserven ergibt – nicht mehr allein tragend um eine Betriebsfortführung und damit eine fortbestehende sachliche Steuerpflicht anzunehmen. Maßgeblich ist nach neuerer Rechtsprechung der Vergleich der bisherigen mit der neuen Tätigkeit unter Berücksichtigung der zur Unternehmensidentität im Sinne des § 10a GewStG entwickelten Kriterien, BFH vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441.

Ob die Voraussetzungen der Einstellung des bisherigen Betriebes und der Neubegründung eines Betriebes gegeben sind, bestimmt sich danach, ob bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsanschauung ein einheitlich fortbestehender Betrieb gegeben ist, BFH vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441.

Daher scheidet ein Fortbestand der Unternehmensidentität aus, wenn die unternehmerische Betätigung von einer operativen Tätigkeit zu einer reinen Verpachtungstätigkeit wechselt. Das gilt nach Ansicht des Senates auch dann, wenn in Folge des Wechsels von der operativen Tätigkeit zur Verpachtungstätigkeit eine Betriebsaufspaltung entsteht und das Verpachtungsunternehmen aus diesem Grund weiterhin originär gewerbliche Einkünfte bezieht und wegen der Merkmalszurechnung ggfs. sogar die identische Tätigkeit fortführt. Dem liegt zu Grunde, dass zuvor die operative Tätigkeit eingestellt wurde, BFH vom 30.10.2019 – IV R 59/16, BStBl. 2020 II 147.

Liegen die Voraussetzungen für die Fortführung des bisherigen Betriebes nicht vor, besteht auch die Unternehmensidentität nicht fort.

Mit dem Wegfall der Unternehmensidentität scheidet auch die Verrechnung eines Verlustvortrages mit einem positiven Gewerbeertrag des neuen Betriebes aus. Umgekehrt wäre eine Verlust, den der neue Betrieb erwirtschaftet, für den neuen Gewerbebetrieb auf den 31.12. des Verlustentstehungsjahres nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.

Die sachliche Steuerpflicht endet nach § 2 Abs. 5 GewStG, wenn der bisherige Unternehmen sein Unternehmen im Ganzen auf einen anderen Unternehmer überträgt. Das Gesetz fingiert insoweit eine Einstellung des Gewerbebetriebes durch den bisherigen Unternehmen.

Bei Mitunternehmerschaften führt ein partieller Wechsel im Bestand der Mitunternehmer nicht zu einem Unternehmerwechsel im Sinne des § 2 Abs. 5 GewStG, BFH vom 26.06.1996 – VIII R 41/95, BStBl. 1997 II 179. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn sämtliche Kommanditanteile zeitgleich auf einen oder mehrere Erwerber übertragen werden, ohne dass die Person des Komplementärs ausscheidet. Denn die Komplementärin ist stets Mitunternehmerin einer Personengesellschaft, das Risiko der Haftungsinanspruchnahme für Verluste zu tragen hat, BFH vom 03.02.2010 – IV R 26/07, BStBl. 2010 II 751.

Das Ende der sachlichen Steuerpflicht führt nach § 14 S. 3 GewStG zu einem Ende des Erhebungszeitraums.

Zu einem Unternehmerwechsel kommt es nur, wenn sämtliche Mitunternehmer, also auch die Komplementärin, aus der das Unternehmen fortführenden Personengesellschaft zeitgleich ausscheiden, BFH vom 26.06.1996 – VIII R 41/95, BStBl. 1997 II 179.

§ 8 Nr. 1 lit. f GewStG – zur Lizenzzahlung des Saatgutherstellers an den Sortenschutzinhaber

BFH vom 19.12.2019 – III R 39/17, BStBl. 2020 II 397

[Vorverfahren FG Münster vom 13.10.2017 – 13 K 2554/15 G, F, EFG 2018, 144]

Der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. f GewStG unterliegen Aufwendungen für die zeitlich Überlassung von Rechten.

Rechte sind Immaterialrechtsgüter, also subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigen Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition – ein Abwehrrecht – besteht. Diese Voraussetzung erfüllt die Rechtsposition des § 10 SortSchG, denn hiernach ist allein der Sortenschutzinhaber berechtigt Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, für Vermehrungszwecke aufzubereiten, in den Verkehr zu bringen, ein- und auszuführen oder hierfür aufzubewahren.

Der Sortenschutzinhaber kann zur Erzeugung von Vermehrungsmaterial aus dem Basissaatgut eine Produktionslizenz erteilen.

Daben kann der Sortenschutzinhaber auch eine Vertriebslizenz für das Vermehrungsmaterial erteilen.

Der Sortenschutzinhaber kann die Herstellung des Vermehrungsmaterials jedoch auch selbst vornehmen oder beauftragen. In diesem Fall würde keine Lizenz erteilt. Der spätere Handel mit dem Vermehrungsmaterial würde sich als schlichter Verkauf und nicht als Rechteüberlassung zeigen.

Eine zeitliche Befristung liegt vor, schon dann vor, soweit und solange der Verbleib des Rechts beim Berechtigten ungewiss ist, etwa weil das Recht an den Übertragenden zurückfallen kann, BFH vom 23.04.2013 – IX R 57/99, BFH/NV 2003, 311 zu § 21 EStG. Diese Voraussetzung liegt auch dann vor, wenn ungewiss ist, ob die zeitliche Überlassung endet. Ausreichend zur Begründung dieser Ungewissheit ist bereits die Existenz gesetzlicher Kündigungsmöglichkeiten, BFH vom 23.05.1979 – I R 163/77, BStBl. 1979 II 757.

Dem entgegen liegt eine endgülige Übertragung des Rechts vor, wenn ein Rückfall des Rechts kraft Gesetzes oder Vertrages nicht vorgesehen ist, BFH vom 23.05.1979 – I R 163/77, BStBl. 1979 II 757 oder das wirtschaftliche Eigentum an dem Recht übergegangen ist, weil es sich während der vereinbarten Nutzungsdauer in seinem wirtschaftlichen Wert erschöpft (verbrauchende Rechteüberlassung), BFH vom 16.05.2001 – I R 64/99, BStBl. 2003 II 641.

Ob eine befristete oder endgültige Rechteüberlassung vorliegt richtete sich nach den Verhältnissen, wie sie sich bei Abschluss des Vertrages darstellen.

Nicht der Hinzurechnung unterliegen Aufwendung für sog. Vertriebslizenzen, § 8 Nr. 1 lit. f S. 1 2. HS GewStG. Das sind Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, das daraus abgeleitet Rechte Dritten zu überlassen. Eine solche Vertriebslizenz ist dann gegeben, wenn der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst bspw. zu Herstellungs- und Produktionszwecken nutzt oder verändert oder bearbeitet und diese statt dessen unverändert weitergibt.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: zur Frage der Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen

BFH vom 28.11.2019 – III R 34/17

[Vorinstanz: FG Hessen vom 06.12.2016 – 8 K 1064/13, NWB VAAAG-43872]

Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG setzt voraus, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet oder nutzt und daneben nur gesondert aufgelistete Tätigkeiten entfaltet.

Die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist nach Ansicht des BFH nicht deckungsgleich mit dem Begriff aus der privaten Vermögensverwaltung. Der gewerbesteuerliche Begriff ist enger gefasst. Daher überschreitet die (Mit-)Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter auch dann den zulässigen Rahmen der unschädlichen Nebentätigkeiten nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, wenn einkommensteuerrechtlich noch von einer privaten Vermögensverwaltung auszugehen ist, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 1250.

Die Verwaltung und Nutzung liegt vor, wenn eine Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz erfolgt, etwa durch Vermietung und Verpachtung, BFH vom 17.01.2006 – VIII R 60/02, BStBl. 2006 II 434 sowie BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175.

Grundbesitz im Sinne des Norm ist der bewertungsrechtliche Grundbesitz, BFH vom 22.06.1977 – I R 50/75, BStBl. 1977 II 778. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG ist das der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nicht Teil des Grundbesitzes sind nach § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG die Betriebsvorrichtungen.

Eigener Grundbesitz im Sinne der erweiterten Kürzung liegt vor, wenn der Grundbesitz zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehört. Dazu muss dem Unternehmen wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO am Grundbesitz zustehen, BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262.

Nebentätigkeiten sind in dem Maße kürzungsunschädlich, wie sie in § 9 Nr. 1 S. 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt sind, BFH vom 14.06.2005 – VIII R 3/03, BStBl. 2005 II 778. Daneben wurde durch die Rechtsprechung anerkannt, das die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes auch dann vorliegt, wenn sich die Tätigkeit als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung zeigt, BFH vom 17.05.2005 – VIII R 39/05, BStBl. 2006 II 659.

Das Ausschließlichkeitsgebot und die Möglichkeit abweichender Gestaltung lassen keinen Platz für Bagatellgrenzen, bis zu deren Erreichen die Ausübung jeglicher Nebentätigkeiten unerheblich für die Kürzung wäre, BFH vom 17.05.2005 – VIII R 39/05, BStBl. 2006 II 659.

Die Besonderheit des Entscheidungsfalles ergibt sich aus dem Sachverhalt. Die Parteien hatten vereinbart, dass die Klägerin, ein Gebäude für Zwecke des Mieters errichtete und an diese vermietet. Für die Bauausführungen beauftragte die Vermieterin die Mieterin. Nach dem Inhalt des Vertrages sollten Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG dabei nicht von der Vermieterin angeschafft werden und auch nicht Gegenstand des Mietvertrages sein. Dieser Überlassungsausschluss ist mietvertraglich zulässig, wir der BFH mit Verweis auf Häublein in MüKo BGB (8. Aufl.) § 535 Rn. 73 feststellte. Im Rahmen der Vertragsabwicklung rechneten die Parteien über die Errichtung von Betriebsvorrichtungen gesondert ab, so dass die Vermieterin deren Anschaffung wirtschaftlich nicht trug.

Im Entscheidungsfall wurden einzelne Anlagen und Wirtschaftsgüter, die nach Ansicht des Finanzgerichts Betriebsvorrichtungen darstellen, jedoch nicht in die gesonderte Abrechnung mit einbezogen.

Der Fall wurde durch den BFH zurückverwiesen, um aufzuklären, ob die Nichtberücksichtigung der einzelnen Anlagen und Wirtschaftsgüter im Rahmen Abrechnung auf einer Änderung des ehemals geschlossenen Mitvertrages beruht oder schlicht bei der Abrechnung ein Fehler unterlaufen ist. Dabei hat das Finanzgericht zu prüfen, ob die Personen, die für die Abrechnung zuständig waren, Vertretungsmacht hatten oder ob ein Anwendungsfall des § 41 Abs. 1 S. 1 AO gegeben ist, also die Parteien wirtschaftlich die Rechtsfolgen eines zivilrechtlich unwirksamen Geschäftes haben eintreten lassen. Hiergegen würde nach Ansicht des BFH sprechen, wenn die Parteinen die Abrechnung nachgeholt hätten.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Lieferung von Fernwärme aus einer Verteilerstation auf eigenem Grundbesitz an Wohnungen, die nicht zum eigenen Grundbesitz gehören

FG Berlin-Brandenburg vom 29.10.2019 – 8 K 8045/19, EFG 2019, 1993

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist ausweislich der Gesetzesformulierung auch dann nicht ausgeschlossen, wenn neben der ausschließlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes auch Wohnungsbauten betreut werden. Nach der Rechtsprechung umfasst die Betreuung von Wohnungsbauten sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung. Unter Bewirtschaftungsbetreuung ist ein rechtsgeschäftliches oder administratives Handeln für andere in der Wohnungswirtschaft gemeint. Nicht erfasst ist jedoch eine versorgende Tätigkeit, die typischerweise nicht selbst durch Immobilienverwaltungsunternehmen vorgenommen werden. Für Zwecke der Unschädlichkeit nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG kommt es sodann nicht darauf an, ob die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird.

Die Lieferung von Fernwärme im Rahmen bestehender Mietverträge stellt eine unschädliche Nebenleistung zur eigentlichen Flächenüberlassung nach § 535 BGB dar, da die Pflicht zur Beheizung der Wohnung dem Vermieter obliegt. Wird die Fernwärme (zudem) an Wohnungen abgegeben, die nicht im Eigentum des steuerpflichtigen Unternehmens stehen, handelt es sich insoweit nicht um die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Sie stellt ferner keine unschädliche Betreuung von Wohnungsbauten vor. Denn die Lieferung von Fernwärme ist weder Bestandteil der Baubetreuung noch der Bewirtschaftungsbetreuung.