Autor: Stefan Liedtke
§ 33 Abs. 1 GewStG: Nichtberücksichtigung der Honorare von selbständigen Handelsvertretern
Hessisches FG vom 29.11.2022 – 8 K 700/21, NWB LAAAJ-36760
Der Gewerbesteuermessbetrag unterliegt der Zerlegung nach §§ 28ff. GewStG, wenn die steuerpflichtige Person innerhalb des Erhebungszeitraumes in mehreren Gemeinde Betriebsstätten unterhält, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG. Vorbehaltlich des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG erfolgt die Zerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne. Führt die Zerlegung nach Arbeitslöhnen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, ist die Zerlegung nach einem Maßstab durchzuführen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt, § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG.
Maßstab der Prüfung des offenbar unbilligen Ergebnisses ist der gesetzlich verfolgte Zweck der Zerlegung, die Umsetzung des tragenden Besteuerungsgedankens der Gewerbesteuer, des Äquivalenzprinzips. Den Gemeinden soll ein Ausgleich für diejenigen Gemeindelasten, die durch die Betriebsstätte des Unternehmens im Gemeindegebiet erwachsen, in Form einer Steuerquelle zustehen. Eine Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen auf die verschiedenen Gemeinden, in deren Gebiet sich eine Betriebsstätte befindet, dürfte anhand der konkreten Lasten kaum möglich sein. Denn diese lassen sich im Besteuerungsverfahren nicht bestimmen. Soweit der Gesetzgeber die Lasten als Arbeitnehmerfolgelasten versteht, hat er als Maßstab der Aufteilung der Besteuerungsgrundlage auf verschiedene Gemeinden an das Verhältnis der Arbeitslöhne abgestellt. Dabei hat der Gesetzgeber sich auch davon leiten lassen, dass dieses Verhältnis leicht zu ermitteln ist. Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung dieses Aufteilungsmaßstabes erkannt und in Kauf genommen, dass dieser stark typisierend ist und im Einzelfall zu ungewollten Ergebnissen führen kann. Zur Absicherung der Typisierung hat der Gesetzgeber für offenbar unbillige Ergebnisse der Zerlegung eine Ausnahmeregelung in § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG geschaffen. Dieser Tatbestand kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn die Tatumstände derart außergewöhnlich sind, dass die Zerlegung nach Arbeitslöhnen den Interessensausgleich zwischen den hebeberechtigten Gemeinden nicht gewährleisten kann. Nicht ausreichend ist daher eine sich bereits aus der Methode der Zerlegung nach § 29 GewStG ergebende Unbilligkeit, BFH vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007 II 836. Notwendig ist vielmehr eine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht, BFH vom 17.02.1993 – I R 19/92, BStBl. 1993 II 679. Eine solche erfordert ein deutliches Missverhältnis zwischen der unmittelbaren Belastung der einzelnen Gemeinden durch die Betriebsstätten einerseits dem ihr zugewiesenen Zerlegungsanteil andererseits. Dabei ist die Belastung der Gemeinden anhand der Arbeitnehmerfolgekosten zu bestimmen. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Zerlegungsanteil nach Arbeitslöhnen in einer Gemeinde durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern auf null reduziert wird, BFH vom 26.02.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836. Etwas anderes gilt jedoch für den Einsatz von Handelsvertretern, BFH vom 06.08.1962 – I B 212/59, DB 1962, 1493, BFH vom 12.07.1960 – I B 47/59 S, BStBl. 1960 III 386. [Hinweis: Aber auch andere Lasten der Gemeinde können Berücksichtigung finden.]
Die Belastungen der Gemeinde durch Arbeitnehmerfolgekosten oder in anderer Art und Weise sind durch die hebeberechtigte Gemeinde darzulegen, sollten diesen nicht erkennbar sein.
§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Überlassung von Betriebsvorrichtungen und Erbringung von Reinigungs- und Bewachungsleistungen
FG Berlin-Brandenburg vom 22.11.2022 – 6 K 6066/21, SAAAJ-37708
Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.
Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).
Zweck der Vorschrift ist die Herstellung einer rechtsformneutralen Besteuerung von Immobiliengesellschaften, BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262. Denn die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes ist grundsätzlich vermögensverwaltender Art und unterliegt nicht der Gewerbesteuer. Eine Gewerbesteuerpflicht der Tätigkeit kann sich jedoch aus der Rechtsform der Immobiliengesellschaft ergeben. Für diesen Fall gewährt § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG eine Kürzung.
Die Kürzung setzt voraus, dass die Tätigkeit der gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft die Grenzen der Vermögensverwaltung nicht überschreitet. Das wäre der Fall, wenn die Tätigkeit die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels verwirklichen würde.
Tatbestandliche Voraussetzung der erweiterten Grundbesitzkürzung ist sodann, dass ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wird. Die Begriffe verwalten und nutzen beschreiben allgemein die Vermögensverwaltung und stellen zugleich klar, dass alle typischen Hauptpflichten und Nebenpflichten eines Miet- und Pachtvertrages Teil der begünstigten Tätigkeit sind. Nur darüber hinausgehende, atypische Pflichten können einer erweiterten Grundbesitzkürzung im Wege stehen. Zu den nutzungsvertraglichen Nebenpflichten gehört die Reinigung von Gemeinschaftsflächen durch die nutzungsüberlassende Person. Nur wenn die Reinigungsleistung darüber hinausgeht, kann die Reinigungsleistung zur Hauptpflicht erstarken, so im Fall des FG Berlin-Brandenburg vom 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629; BFH vom 17.01.1961 – I 53/60 S, BStBl. 1961 III 233.
Über die typischen Vertragspflichten hinaus gehen Bewachungsleistungen, BFH vom 12.03.1964 – IV 136/61 S, BStBl. 1964 III 364, FG Berlin-Brandenburg vom 19.11.2019 – 8 K 8055/17, DStR 2020, 859. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn die Bewachung des Objektes im eigenen Interesse und damit zum Schutz des Objektes erfolgt, BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175. Erstreckt sich die Bewachung auch auf Besitz und Eigentum der nutzenden Personen, steht das der erweiterten Kürzung [Anmerkung: entgegen der Rechtsprechung BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175] entgegen. Welchen Zweck die Bewachung eines Objektes verfolgt, ist an den konkreten Gegebenheiten festzumachen. Dabei wird die Lage des konkreten Objektes ebenso wie dessen Frequentierung durch Laufkundschaft sowie Besonderheiten des Objektes zu berücksichtigen sein.
Der Begriff des Grundbesitzes ist bewertungsrechtlich zu verstehen. Zum Grundvermögen gehören daher nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG der Grund und Boden sowie die Gebäude. Nicht zum Grundbesitz gehört ausweislich § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG die sog. Betriebsvorrichtung selbst dann, wenn es sich um wesentliche Grundstücksbestandteile nach §§ 93f. BGB handelt. Das sind Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, mittels derer das Gewerbe der nutzenden Partei unmittelbar betrieben wird, BFH vom 28.02.2013 – III R 35/12, BStBl. 2013 II 606. Keine Betriebsvorrichtungen liegen vor, wenn die Vorrichtungen im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich sind, BFH vom 24.03.2006 – III R 40/04, BFH/NV 2006, 2130.
Werden neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes weitere Tätigkeiten ausgeübt, ist es unerheblich, ob diese mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden; schädlich ist bereits die bloße Verrichtung der Tätigkeit. Würden sie mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt, läge allerdings bereits eine, die erweiterte Grundbesitzkürzung per se ausschließende gewerbliche Tätigkeit vor. Fehlt es an der Gewinnerzielungsabsicht, liegt eine kürzungsschädliche Tätigkeit vor, die selbst nicht der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes zuzuordnen ist und auch keine unschädliche Nebentätigkeit darstellt.
Nicht kürzungsschädlich sind ausnahmsweise Tätigkeiten, die als zwingender Teil einer wirtschaftlich sinnvoll [Anmerkung: Es ist unklar, ob der Begriff „wirtschaftlich sinnvoll“ im Sinne einer Rendite oder im Sinne einer technischen Nutzung des Grundbesitzes zu verstehen ist.] gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen sind, BFH vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl. 2022 II 87. Jedenfalls liegt ein solcher Fall nicht vor, wenn eine mietende Partei die entsprechenden Anlagen in Eigenregie tatsächlich ersetzt und betreibt.
Das Gesetz führt des weiteren Tätigkeiten auf, die neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundvermögens ausgeführt werden können, ohne dass die erweiterte Grundbesitzkürzung zu versagen ist. Allerdings unterliegt der hieraus resultierende Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 1 S. 3 GewStG nicht der Kürzung, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405. Unschädlich ist demnach, dass eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt wird oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, errichtet und veräußert oder Wohnungsbauten betreut werden.
§ 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG: Mittelbare Beteiligung an der Besitzpersonengesellschaft – Änderung der Rechtsprechung – Übergangsregelung
gleichlautende Ländererlasse vom 22.11.2022, NWB NAAAJ-27255
Nach bisheriger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis verhinderte das Durchgriffsverbot die Zurechnung der Beteiligung an der Betriebsgesellschaft sowie die Zurechnung der Beherrschungsfunktion bezogen auf die Betriebsgesellschaft bei der Besitzgesellschaft.
Mit der Entscheidung BFH vom 16.09.2021 – IV R 7/18, BStBl. 2022 II 767 hat der BFH diese Rechtsprechung im Rahmen der Zuständigkeit aufgegeben. Nach der geänderten Rechtsprechung sind nunmehr bei der Prüfung der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung – hier der personellen Verflechtung – auch Beteiligungen der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-personen-gesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft bestehen, zu berücksichtigen.
Aus Vertrauensschutzgründen ist diese Rechtsprechung erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zu berücksichtigen, BMF vom 21.11.2022 – IV C 6 – S 2240/20/10006:002, BStBl. 2022 I xxx. Das hat zur Folge, dass in vergleichbaren Fällen im Erhebungszeitraum 2023 kein Verlust der erweiterten Kürzung eintritt.
Die Rechtsprechung zur personellen Verflechtung bei Schwesterkapitalgesellschaften, BFH vom 01.08.1979 – I R 111/78, BStBl. 1980 II 77, bleibt unberührt. [Anmerkung: Der im Rahmen einer Divergenzanfrage angerufene I. Senat hat sich für diesen Fall eine eigene Entscheidung vorbehalten.]
Betriebsaufspaltung: mittelbare Beteiligung an einer Besitzpersonengesellschaft – Änderung der Rechtsprechung – Übergangsregelung
BMF vom 21.11.2022 – IV C 6 – S 2240/20/10006:002, BStBl. 2022 I 1515
Anwendungsschreiben zur Rechtsprechung des BFH vom 16.09.2021 – IV R 7/18, BStBl. 2022 II 767.
Aus Vertrauensschutzgründen wird die bisherige Verwaltungsauffassung zu den Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung in Bezug auf die Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Personen an der Besitzgesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, auch weiterhin bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2023 angewandt.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 wendet die Finanzverwaltung die Grundsätze aus der Entscheidung BFH vom 16.09.2021 – IV R 7/18, BStBl. 2022 I 767 an.
[Hinweis: Keine ausdrückliche Regelung enthält der Erlass für den Fall der Beteiligung von Besitzunternehmen an Veräußerungs- und Umstrukturierungsvorgängen vor Beginn des Erhebungszeitraums 2024. Es liegt jedoch nahe, dass bei Fallkonstellationen, die nach bisheriger Rechtsprechung nicht in den Anwendungsbereich der Betriebsaufspaltung fielen auch bei Veräußerungen und Umwandlungen das Vorliegen einer solchen seitens der Finanzverwaltung nicht angenommen wird. Das BMF-Schreiben bindet die Finanzgerichtsbarkeit jedoch nicht.]
Für den Fall der Betriebsaufspaltung zwischen Schwester-Kapitalgesellschaften hält die Finanzverwaltung an den Grundsätzen der Entscheidung BFH vom 01.08.1979 – I R 111/78, BStBl. 1980 II 77 fest.
§ 3 Nr. 20 GewStG: Steuerbefreiung eines Geburtshauses
FG Münster vom 21.11.2022 – 7 K 423/21, NWB XAAAJ-33535
Der Gewerbesteuer unterliegen nach § 2 Abs. 1 GewStG Unternehmen, die originäre gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG erzielen ebenso wie Unternehmen, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aufgrund der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit (Infektion nicht gewerblicher Tätigkeiten durch gewerbliche Tätigkeit) insgesamt gewerbliche Einkünften erzielen sowie nach Nr. 2 gewerblich Einkünfte aufgrund der rechtliche Ausgestaltung ihrer Tätigkeit (gewerbliche Prägung) fiktiv gewerbliche Einkünfte erzielen. Darüber hinaus unterliegen Unternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 GewStG der Gewerbesteuer.
Die Regelungen zur Steuerpflicht haben mithin überschießende Tendenz. Das Gesetz sieht daher in § 3 GewStG unterschiedliche Befreiungstatbestände vor. Ein Grund für die Befreiung von der Gewerbesteuer ist die Entlastung der Sozialversicherungsträger, BFH vom 22.10.2003 – I R 65/02, BStBl. 2004 II 300.
Nach § 3 Nr. 20 GewStG sind unter weiteren Voraussetzungen Krankenhäuser und Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime sowie Rehabilitationseinrichtungen von der Gewerbesteuer befreit. Die Befreiungsnorm erstreckte sich anfänglich (BGBl. 1976 I 3341) nur auf Krankenhäuser, Altenwohnheime und Altenpflegeheime. In der Folge wurde die Vorschrift auf Pflegeheime erstreckt (BGBl. 1979 I 1953). Später wurden auch Kurzzeitpflegeeinrichtungen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen in den Anwendungsbereich der Norm aufgenommen (BGBl. 1993 I 2310). Ambulante Rehabilitationseinrichtungen wurden erst mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2015 in den gesetzlichen Anwendungsbereich aufgenommen (BGBl. 2014 I 1266) und mit Einrichtungen zur stationären Pflege in § 3 Nr. 20 lit. e GewStG gleichgestellt.
Voraussetzung für die Befreiung eines Krankenhauses von der Gewerbesteuer ist nach § 3 Nr. 20 lit. b GewStG, dass die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 AO erfüllt sind.
Die Regelung des § 67 Abs. 1 AO betrifft die Krankenhäuser im Anwendungsbereich des Krankhausentgeltgesetz sowie der Bundespflegesatzverordnung und setzt voraus, dass mindestens 40 % der jährlichen Belegtage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 7 Krankenhausentgeltgesetz bzw. § 10 Bundespflegesatzverordnung berechnet werden.
Fällt ein Krankenhaus nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung, ist es von § 67 Abs. 2 AO erfasst. Insoweit wird weiter vorausgesetzt, dass mindestens 40 % der jährlichen Belegtage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach Abs. 1 berechnet wird.
Eine Definition des Tatbestandsmerkmals Krankenhaus ist den Steuergesetzen nicht zu entnehmen. Eine solche enthalten jedoch § 2 Nr. 1 KHG und § 107 SGB V.
Krankenhaus im Sinne des § 2 Nr. 1 KHG ist eine Einrichtung, in der durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in den die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. In ähnlicher Weise beschreibt § 107 SGB V ein Krankenhaus als Einrichtung, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dient, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung steht, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügt und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeitet, mit Hilfe von jederzeit verfügbaren ärztlichem Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet ist vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können. Kein Krankenhaus ist demnach eine Einrichtung, die lediglich ambulante Leistungen erbringt, § 107 Abs. 1 Nr. 4 SGB V, wobei sich die stationäre Betreuung nicht auf die Nebenleistungen Unterkunft, Pflege und Verpflegung beschränkt, sondern auch die Hauptleistungen der ärztlichen Betreuung und Hebammenhilfe umfassen muss.
Unter Geburtshilfe ist die Entbindung zu verstehen, § 24f SGB V. Diese kann sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden, wobei ein Krankenhaus sich nicht darauf beschränken darf diese ambulant anzubieten.
Sozialrechtlich sind stationäre Entbindungen jedoch nicht allein Krankenhäusern vorbehalten, sondern auch anderen Einrichtungen eröffnet. Andere Einrichtung in diesem Sinne kann jedoch nur eine solche sein, die selbst Krankenhaus ist. Das setzt voraus, dass sie unter ständiger ärztlicher Leitung steht. Ein Geburtshaus unter der Leitung einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers genügt dem nicht, BSG vom 21.02.2006 – B 1 KR 34/04 R, NZS 2006, 649. Die zu § 197 Abs. 1 RVO ergangene Rechtsprechung lässt sich auf § 24f SGB V übertragen, denn die Gesetzesmaterialien besagen, dass die bisherige Regelung des § 197 RVO in § 24f SGB V ohne Änderung übernommen werden sollte. A.A. Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Rn. 497 (02.2021).
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 lit. b GewStG setzt mithin stets die ständige ärztliche Leitung der Einrichtung voraus.
Darüber hinaus setzt § 67 Abs. 1 AO voraus, dass eine Abrechnung der Leistungen nach Krankenhausentgeltgesetz oder Bundespflegesatzverordnung erfolgt. Soweit diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 2 AO eröffnet, wenn für 40 % der jährlichen Belegungs- und Berechnungstage kein höheres Entgelt als nach § 67 Abs. 1 AO berechnet wird. Maßgebliches Entgelt sind die Fallpauschalen nach § 7 Krankenhausentgeltgesetz bzw. § 10 Bundespflegesatzverordnung. Das setzt voraus, dass die im Rahmen einer Vorauskalkulation angesetzten „Selbstkosten“ dem Grunde und der Höhe nach an den Vorgaben der Bundespflegesatzverordnung orientiert sind, FG Baden-Württemberg vom 12.04.2011 – 3 K 516/08, EFG 2011, 1824. Es erfolgt also keine Gesamtbetrachtung.
Nach § 3 Nr. 20 lit. d GewStG erfolgt eine Befreiung von Einrichtungen zu vorübergehenden Aufnahmen pflegebedürftiger Personen sowie von Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen, wenn im Erhebungszeitraum die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind.
Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen nach § 3 Nr. 20 lit. d 1. Var. GewStG sind Pflegeheime, in denen pflegebedürftige Personen zeitweise ganztätig (vollstationär) oder nur tagsüber oder nur nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können (Kurzzeitpflegeeinrichtungen, Tages- und Nachteinrichtungen) im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI sowie § 1 Abs. 3 und Abs. 4 Heimgesetz. Die Finanzverwaltung fasst auch teilstationäre Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen hierzu, soweit sie die Voraussetzungen der §§ 107, 111 SGB V erfüllen, R 3.20 Abs. 4 S. 1 GewStR 2009. Pflegebedürftig ist eine Person nach § 14 SGB XI, wenn sie gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb der Hilfe durch andere bedarf. Es muss sich also um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen haben, oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss voraussichtlich für mindestens sechs Monate und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.
Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen nach § 3 Nr. 20 lit. d 2. Var. GewStG sind die in § 71 Abs. 1 SGB XI genannten Einrichtungen, die pflegebedürftige Personen in deren Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen. Hierzu gehören nicht die ambulanten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, FG Schleswig-Holstein vom 21.02.2001 – II 279/00, EFG 2001, 645. Das gilt auch für Dialysezentren, die nicht im häuslichen Umfeld betrieben werden, BFH vom 25.01.2017 – I R 74/14, BStBl. 2017 II 650. Ebenfalls vom Zweck der Vorschrift die Pflege und Betreuung älterer und kranker Menschen zu fördern, sind Einrichtungen erfasst, die der Pflege gesunder Kinder dienen, deren Eltern ihrer Sorge wegen einer eigenen Erkrankung nicht nachkommen können, Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Nr. 20 Rn. 27 (02/2021). Ausgeschlossen sind damit auch Einrichtungen zur Entbindung, da Schwangere und Entbindende nicht pflegebedürftig sind, was eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 3 SGB VI und § 15 SGB VI ausschließt.
Letztlich befreit § 3 Nr. 20 lit. e GewStG Einrichtungen zur ambulanten und stationären Rehabilitation, wenn die Behandlungskosten in mindestens 40 % der Fälle von gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind, soweit diese Leistungen im Rahmen der verordneten ambulanten oder stationären Rehabilitation im Sinne des Sozialrechts einschließlich der Beihilfevorschriften des Bundes oder der Länder erbringen. Einrichtungen der ambulanten Rehabilitation werden beispielsweise in § 111c SGB V und in § 35 Abs. 1 Nr. 5 Beihilfeverordnung und solche der stationären Rehabilitation in § 111 SGB V genannt. Diese dienen der Behandlung von Patienten, um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen, § 107 Abs. 2 Nr. 1 SGB V. Einrichtungen dieser Art sind fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen, § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Hierzu kommt, dass in den Einrichtungen Patienten untergebracht und verpflegt werden können, § 107 Abs. 2 Nr. 3 SGB V. Zu den Rehabilitationseinrichtungen zählen auch Einrichtungen, die Physiotherapiemaßnahmen vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln wie z.B. Krankengymnastik, Bewegungstherapie und anderen geeigneten Hilfen nach einem ärztlichen Behandlungsplan erbringen, BFH vom 22.10.2003 – I R 65/00, BStBl. 2004 II 300.
§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG; § 3 Nr. 32 GewStG: Gewerbesteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen
LfSt Niedersachsen vom 07.11.2022, S 2240-ST 222 / ST 221-2473/2022 [Aufhebung der Verfügung vom 31.07.2019 – S 2240 – 160 – ST 221 / St 222]
A. Begriffsbestimmung:
Photovoltaikanlagen wandeln mittels Solarzellen einen Teil der Sonnenstrahlung unmittelbar in elektrischen Strom um.
Die Leistungsfähigkeit einer Photovoltaikanlage wird in Kilowatt peak (kWp) beschrieben. Im Mittel lässt sich in Deutschland pro kWp eine Leistung von 800 bis 1.000 Kilowattstunden erzeugen. Pro kWp wird dabei eine Modulfläche von 7 qm bis 10 qm benötigt. Hausdachanlagen haben daher bis zu 10 kWp ausgestattet. Gewerbliche Anlagen haben in der Regel bis zu einem Megawatt peak. Höhere Leistungen erzielen Freiflächenanlagen.
B. Ertragsteuerliche Behandlung:
1. Gewinnerzielungsabsicht
Die Erzeugung von Strom mittels Photovoltaikanlage ist eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG, soweit eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Diese ist für nach dem 01.04.2012 in Betrieb genommene Anlagen gesondert zu prüfen. Nach Ansicht des Landesamtes für Steuern Niedersachsen liegt die Gewinnerzielungsabsicht bei Hausdachanlagen bis zu 10 kWp in der Regel nicht vor, BMF vom 29.10.2021, BStBl. 2021 I 2202. [Hinweis auf § 3 Nr. 72 EStG i.d.F. des JStG 2022 vom 16.12.2022, BGBl. 2022 I 2294, wonach Einnahmen oder Entnahmen aus dem Betrieb von bestimmten Photovoltaikanlagen steuerbefreit sind, wenn sie nach dem 31.12.2021 erzielt werden.]
2. Betriebseinheit
Betreibt eine natürliche Person neben einer Photovoltaikanlage eine weiter gewerbliche Tätigkeit, können beide Tätigkeiten Teil einer einzelunternehmerischen Tätigkeit sein. Es können jedoch auch zwei getrennt voneinander zu behandelnde Tätigkeiten vorliegen, Abschn. 2.4 GewStR 2009. Ob eine einheitliche Betätigung vorliegt, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der sachlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der organisatorischen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, BFH vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. 1997 II 573.
Für einen einheitlichen Gewerbebetrieb spricht, wenn eine gleichartige Betätigung vorliegt, die Möglichkeit, dass sich die einzelnen Tätigkeiten ergänzen sowie die räumliche Nähe der Betriebe. Ebenso dafür sprechen in organisatorischer Hinsicht eine einheitliche Verwaltung, Organisation, Kunden- und/oder Lieferantenkreise oder Finanzierung ein einheitliches Rechnungswesen, Personal und Anlagevermögen, BFH vom 15.09.2010 – X R 22/08, BFH/NV 2011, 238. Ein einheitlicher Gewerbebetrieb kann daher vorliegen, wenn die Photovoltaikanlage auf dem Nachbargebäude errichtet wurde, BFH vom 15.09.2010 – X R 21/08, BFH/NV 2011, 235. Das gilt insbesondere dann, wenn die steuerpflichtige Person bei der Errichtung der Anlage auf individuelles Fachwissen zurückgreifen konnte und die Anlage selbst zu Marketingzwecken genutzt werden konnte (Entscheidungsfall: Installateurbetrieb). Dem entgegen fehlt die sachliche Verbindung im Fall des Betriebs einer Photovoltaikanlage und eines Einzelhandelsgeschäftes, wenn der selbst produzierte Strom nicht im Rahmen des Einzelhandelsgeschäftes verbraucht wird, BFH vom 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252.
Bei mitunternehmerisch organisierten Personengesellschaften führt der Betrieb einer Photovoltaikanlage zwingend zur Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, da mit der Änderung des Gesetzes vom 19.12.2019, BStBl. 2020 I 17 klargestellt wurde, dass der Eintritt der Rechtsfolge der Infektion nicht davon abhängt, ob die infizierende gewerbliche Tätigkeit mit Gewinn oder Verlust ausgeübt wird. Nicht zur Anwendung kommt die Infektion allerdings dann, wenn die gewerbliche Tätigkeit einen Nettoumsatz von EUR 24.500 nicht überschreitet und nicht mehr als 3 % des Gesamtumsatzes im Wirtschaftsjahr ausmacht, BFH vom 18.08.2005 – IV R 59/04, BStBl. 2005 II 830.
Die Rechtsfolge der Infektion kann durch die Gründung einer Schwesterpersonengesellschaft vermieden werden. Dabei kann deren Gesellschaftsvertrag auch mündlich geschlossen werden. Allerdings obliegt es den steuerpflichtigen Personen die Darlegungs- und Beweislast. Ein Indiz für das Bestehen einer zweiten Gesellschaft kann in der unterschiedlichen Bezeichnung der Personengesellschaft im Rahmen der verschiedenen Tätigkeiten liegen.
Werden die Dachflächen für die Installation der Photovoltaikanlagen von der Schwestergesellschaft überlassen, kann eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vorliegen. Nach Ansicht des Landesamtes für Steuern Niedersachsen bezieht die Besitzgesellschaft die Einnahmen aus der Vermietung der Standortflächen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die dann zur Infektion bei der Besitzgesellschaft führen. [Hinweis: Der Besitzgesellschaft ist in diesem Fall die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft im Wege der Merkmalszurechnung zuzurechnen. In der Folge kommt es dann zur Seitwärtsinfektion auf Ebene der Besitzgesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. EStG.] Das Landesamt für Steuern nimmt weiterhin an, dass es im Fall der unentgeltlichen Überlassung nicht zur Infektion komme. [Hinweis: Denn auch die Infektion setzt die Gewinnerzielungsabsicht voraus.] Ebenso soll eine Infektion bei teilentgeltlicher Nutzungsüberlassung nur bei Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kommen. Letztere ist unter Anwendung des BMF-Schreibens vom 28.04.1998, BStBl. 1998 I 583 zu prüfen.
C. Gewerbesteuerliche Behandlung:
Hieran ändert auch die mit Gesetz vom 12.12.2019, BStBl. 2019 I 2451 eingefügte und erstmals für den Erhebungszeitraum 2019 anzuwendende Regelung des § 3 Nr. 32 GewStG nichts, die nur regelt, dass der stehende Gewerbebetrieb einer anlagebetreibenden Person im Sinne des § 3 Nr. 2 EEG von der Gewerbesteuer befreit ist, wenn sich die Tätigkeit ausschließlich in der Erzeugung und Vermarktung von Strom aus einer auf oder in einem Gebäude angebrachten Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von bis zu 10 kWp beschränkt. Denn die Befreiung ändert nichts an der Gewerblichkeit der Betätigung als solcher. Allerdings entfällt mit der Gewerbesteuerfreiheit die Verpflichtung zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung, § 14a GewStG in Verbindung mit § 25 Abs. 1 GewStDV. [Hinweis auf § 3 Nr. 72 EStG i.d.F. des JStG 2022 vom 16.12.2022, BGBl. 2022 I 2294, wonach Einnahmen oder Entnahmen aus dem Betrieb von bestimmten Photovoltaikanlagen steuerbefreit sind, wenn sie nach dem 31.12.2021 erzielt werden. Konkret sind Anlagen an oder in Einfamilienhäusern und nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäude mit einer Leistung von bis zu 30 kWp sowie an oder in sonstigen Gebäuden mit einer Leistung von bis zu 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit von der Regelung erfasst. Insgesamt darf die Leistung je steuerpflichtiger Person oder je Mitunternehmerschaft 100 kWp nicht überschreiten. § 3 Nr. 72 S. 3 schließt die Anwendung der Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aus.]
Abweichend vom Ertragsteuerrecht führt die bloße Aufnahme von Vorbereitungshandlungen noch nicht zur sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Vorlaufende Verluste (vorweggenommene Betriebsausgaben) aus Vorzeiträumen sind daher nicht zu berücksichtigen und werden auch nicht nach § 10a S. 6 GewStG festgestellt. [Hinweis: Dem liegt zu Grunde, dass der Gewerbesteuer nur die werbende Phase des Gewerbebetriebes unterliegt, BFH vom 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. 1995 II 900.] Die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines Photovoltaikanlagenbetriebes beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die regelmäßige Stromeinspeisung ins Netz beginnt.
Zur Vermeidung von unbilligen Härten ist jedoch nach § 163 AO von der Einbeziehung des Auflösungsbetrages nach § 7g EStG abzusehen, wenn sich die Bildung dieses Betrages nicht auf die Gewerbesteuer ausgewirkt hat, gleichlautende Ländererlasse vom 26.01.2011 – 2011 I 152.
§ 2 Abs. 2 S. 2 GewStG
§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Erweiterte Kürzung im Erhebungszeitraum der Veräußerung der letzten Immobilie
FG Münster vom 27.10.2022 – 10 K 3572/18 G [III R 1/23]
Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschrift des Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.
Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder eine der im Gesetz aufgeführten Nebentätigkeiten ausüben, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.
Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.
Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn die Betätigung der steuerpflichtigen Person nach den Grundsätzen des gewerblichen Grundstückshandels als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG qualifiziert. Das ist vereinfacht gesagt einmal der Fall, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als drei Objekt angeschafft und veräußert werden. Zudem kann auch schon der Verkauf einer einzigen Immobilie als gewerblicher Grundstückshandel qualifizieren, wenn bereits bei Erwerb der Immobilie eine Weiterveräußerungsabsicht vorgelegen hat.
Ob eine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vorliegt, bedarf dann der Prüfung, wenn kleine originär gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG vorliegt, denn aus der Nichtvorliegen des Einen folgt nicht das Vorliegen des Anderen.
Das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit hat eine sachliche wie auch eine zeitliche Komponent.
In zeitlicher Hinsicht ist das Tatbestandsmerkmal während des gesamten Erhebungszeitraums, § 14 GewStG, zu erfüllen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Veräußerung der letzten Immobilie mit wirtschaftlicher Wirkung zum 31.12. um 23:59 Uhr keinen Verstoß gegen die zeitliche Komponente der Ausschließlichkeit darstellt, da insoweit ausgeschlossen ist, dass eine wirtschaftliche Aktivität in der verbleibenden Minute entfaltet wird, BFH vom 11.08.2004 – I R 89/03, BStBl. 2004 II 1080. Dem liegt zu Grunde, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes Haupttätigkeit der steuerpflichtigen Person sein muss, BFH vom 20.01.1982 – I R 201/78, BStBl. 1982 II 477. Mithin war die erweiterte Grundbesitzkürzung zu versagen, wenn nachlaufend die Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens vorgenommen wird und der Zeitraum länger als die anerkannte Minute andauerte.
In sachlicher Hinsicht hat die Ausschließlichkeit eine qualitative und eine quantitative Komponente, BFH vom 26.02.2014 – I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395 sowie BFH vom 26.02.2014 – I R 6/13, BFH/NV 2014, 1400. Die Tätigkeit darf darüber hinaus nur in dem ausdrücklich erlaubten Maß die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes überschreiten.
Aus der Entscheidung des Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 05.05.2016 – 6 K 6359/12, EFG 2015, 1468 geht hervor, dass es zur Einkünfteerzielung kommen müsse. Das bloße Innehaben einer Forderung, bei der die Erzielung von Einkünften ausgeschlossen ist, stelle keine beachtliche Tätigkeit dar. Diese Ansicht des Finanzgerichtes wurde höchstrichterlich durch BFH vom 18.05.2017 – IV R 30/15, BFH/NV 2014, 1191 jedoch nicht bestätigt, da im konkreten Fall bereits der Erhebungszeitraum mit der Veräußerung der Immobilie nach § 14 S. 3 GewStG abgelaufen war, so dass es auf die nachlaufenden Betätigungen der steuerpflichtigen Gesellschaft nicht mehr ankam. Das Finanzgericht Münster hat sich den vorstehenden Erwägungen des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg angeschlossen, da im Streitfall der letzte Immobilie mit „wirtschaftlicher Wirkung zum Beginn des 31.12.“ veräußert wurde. Gründe für den gewählten Veräußerungszeitpunkt sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.
Gegen die Entscheidung hat die Verwaltung Revision eingelegt, die unter III R 1/23 beim BFH anhängig ist.