§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG; § 12 S. 2 Nr. 1 und S. 1 AO: Ort der Geschäftsleitung bei Vollmachtserteilung

FG Berlin-Brandenburg vom 23.03.2022 -11 K 11108/17, NWB KAAAJ-50237

[Zurückverweisung durch BFH vom 23.03.2022 – III R 35/20, BStBl. 2022 II 844; Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 21.11.2019 – 9 K 11108/17, EFG 2020, 669]

Gewerbesteuerpflichtig ist der stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG. Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes, § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG. Im Inland wird ein Gewerbebetrieb betrieben, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird, § 2 Abs. 1 S. 3 GewStG. Das Gewerbesteuerrecht kennt keine von § 12 AO abweichende Bestimmung einer Betriebsstätte. Eine Betriebsstätte ist daher nach § 12 S. 1 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Darüber hinaus listet § 12 S. 2 AO weitere geschäftliche Aktivitäten auf, die als Betriebsstätten anzusehen sind. Hierzu zählt nach § 12 S. 2 Nr. 1 AO auch die Stätte der Geschäftsleitung.

Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte nach § 12 S. 2 Nr. 1 AO ist der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet, § 10 AO. Werden diese Tätigkeiten an mehreren Orten ausgeübt, sind die Tätigkeiten nach ihrer Bedeutung zu gewichten und ein Ort der tatsächlichen Geschäftsführung zu bestimmen, BFH vom 22.03.2022 – III R 35/20, BStBl. 2022 II 844. Die Geschäftsführung umfasst die für das Unternehmen vorzunehmenden Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, sowie solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung des Gesellschaft gehören (Tagesgeschäfte), tatsächlich wahrgenommen werden. Nicht erheblich sind die Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft, insbesondere die Festlegung der Grundsätze des Unternehmenspolitik und die Mitwirkung der Inhaber des Unternehmens an ungewöhnlichen Maßnahmen und an Entscheidungen der von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, betreffen.

Im Übrigen ist eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 S. 1 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Ein Dienen setzt voraus, dass mittels der Geschäftseinrichtung oder Anlage eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird und sich in der Bindung eine gewisse Verwurzelung des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrückt, BFH vom 22.03.2022 – III R 35/20, BStBl. 2022 II 844. Die Geschäftseinrichtung oder die Anlage bedürfen einer festen Beziehung zur Erdoberfläche und müssen von gewisser Dauer sein. Die steuerpflichtige Person muss über sie eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht haben. Letzteres bedeutet, dass die unternehmerisch tätige Person eine Rechtsposition innehat, die ihr nicht ohne Weiteres entzogen werden kann. Dazu ist es nicht ausreichend, dass eine tatsächliche Mitbenutzung gegeben ist oder die Berechtigung zur Benutzung im Interesse eines anderen steht.

Nach den Grundsätzen der objektiven Feststellungslast trägt das Finanzamt die Darlegung- und Beweislast betreffend das Vorliegen der steuerbegründenden Tatbestandsmerkmale. Das gilt auch für die Frage, ob und wo im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird.

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Überlassung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen

FG Düsseldorf vom 26.06.2023 – 10 K 2800/20 G

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Voraussetzung der erweiterten Grundbesitzkürzung ist, dass die steuerpflichtige Person ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben lediglich eine der im Gesetz aufgeführten Nebentätigkeiten ausübt, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG aufgeschlossen ist.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist dann zu versagen, wenn neben dem Grundbesitz auch anderes Vermögen verwaltet und genutzt wird. Das gilt selbst dann, wenn diese Tätigkeit insgesamt vermögensverwaltender Natur ist, soweit es sich hierbei nicht um die gesetzlich in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen handelt. Zudem erkennt die Rechtsprechung an, dass die Überlassung von sonstigen Wirtschaftsgüter unschädlich ist, wenn ohne die Überlassung eine wirtschaftlich sinnvolle Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes nicht möglich wäre.

Grundbesitz im Sinne der Kürzungsvorschrift ist der bewertungsrechtliche Grundbesitz, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405. Denn § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG tritt an die Stelle des § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG, dessen Funktion die Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Grundsteuer und Gewerbesteuer hat. Die Besteuerungsgrundlage der Grundsteuer ergibt sich aus dem bewertungsrechtlichen Grundbesitzbegriff. Bewertungsrechtlich ist der Grundbesitz in § 68 BewG definiert. Zum Grundbesitz zählen nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Dem entgegen gehören Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen) nicht zum Grundbesitz, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind, § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG. Betriebsvorrichtungen sind folglich Gegenstände, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Nicht ausreichend ist es, wenn der Gegenstand lediglich nützlich oder notwendig oder gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Maßgeblich ist allein die funktionale Einbindung des Gegenstandes in die Ausübung des Gewerbes, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405. Es kommt also darauf an, ob ein Gebäudebestandteil der allgemeinen Nutzung des Gebäudes oder unmittelbar der Ausübung des Gewerbes. Keine Betriebsvorrichtungen sind hiernach Gestaltungsmerkmale eines Gebäudes. Soweit diese speziell für die konkrete betriebliche Nutzung ausgelegt sind, stellt sich dennoch die Frage, ob die Gestaltungsmerkmale der unmittelbaren Ausübung des Gewerbes dienen.

Eigener Grundbesitz im Sinne der Kürzungsnorm ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörende Grundbesitz, BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262.

Eine Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes liegt vor, wenn der Grundbesitz zur Fruchtziehung eingesetzt wird. Das ist typischerweise im Bereich der Vermietung und Verpachtung der Fall, BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175. Aber auch die Bereitstellung grundpfangrechtlicher Sicherheiten sowie die Nutzung zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken erfüllt die Voraussetzungen der Verwaltung und Nutzung eigenem Grundbesitzes.

Daneben ist die Ausübung, der in § 9 Nr. 1 S. 2 und 3 GewStG aufgezählten Nebentätigkeiten unschädlich.

Ferner sind ausnahmsweise Nebentätigkeit zulässig, die der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigene Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705; BFH vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl. 2022 II 87.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Durchführung eines Weihnachtsmarktes

BFH vom 15.06.2023 – IV R 6/20, BStBl. 2023 II 933

[FG Münster vom 21.01.2020 – 6 K 1384/18 G, F, EFG 2020, 539]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die erweiterte Grundbesitzkürzung verfolgt dabei den Zweck bestimmte Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, in bestimmtem Umfang von der Gewerbesteuer durch Kürzung zu entlasten. Strukturelle Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher die grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit der steuerpflichtige Person. Der Tatbestand erfasst mithin die Fälle der Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 8 Abs. 2 KStG bzw. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (gewerbliche Prägung).

Die Anwendung der erweiterten Kürzung ist ausgeschlossen, wenn die steuerpflichtige Person im Erhebungszeitraum eine originäre gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausübt. Dabei ist es unerheblich, ob insgesamt eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausgeübt ist oder nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Auch kommt es nicht auf die Dauer der Tätigkeit während des Erhebungszeitraums an. Eine nur punktuell ausgeübte gewerbliche Tätigkeit ist eine gewerbliche Tätigkeit und wirkt infizierend. Hieran ändert auch der Wille der steuerpflichtigen Person, den Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit zu spenden, nichts. Denn bei der Spende handelt es sich nicht um eine Betriebsausgabe. Sie mindert den Gewinn nicht und hat keinen Einfluss auf die Gewinnerzielungsabsicht. Im Übrigen strebt die steuerpflichtige Person, die den Gewinn aus einer Tätigkeit spenden möchte, die originäre Gewinnerzielung an, um den gemeinnützigen Zwecken eine möglichst hohe Zahlung zukommen zu lassen. Hiervon abweichend ordnet der BFH die streiterhebliche Rechtsfrage dem Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit in qualitativer Hinsicht zu, ohne zu problematisieren, ob überhaupt der Anwendungsbereich der Norm eröffnet ist.

Nicht Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die erweiterte Kürzung auch dann zu versagen gewesen wäre, wenn keine Gewinnerzielungsabsicht vorgelegen hätte. [Anmerkung: In diesem Fall wäre der Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung nicht ausgeschlossen, da die Tätigkeit nicht originär gewerblich im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG gewesen wäre. Allerding dürfte die konkrete Tätigkeit nicht mehr als Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gelten, so dass ein Verstoß gegen die Ausschließlichkeit vorgelegen hätte, da die steuerpflichtige Person insoweit fremdnützig gehandelt hätte.]

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Aufhebung eines Mietvertrages vor Überlassung der Immobilie

BFH vom 25.05.2023 – IV R 33/19, FR 2023, 909

[Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 05.11.2019 – 6 K 6170/18, EFG 2018, 393]

Die sachliche Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 GewStG beginnt bei einem gewerblich geprägten Immobilienunternehmen mit dem Abschluss des ersten Mietvertrages. Das gilt selbst dann, wenn die Immobilie erst noch errichtet bzw. in den mietvertraglich bestimmten Zustand gebracht werden muss. Eine tatsächliche Überlassung ist nicht Voraussetzung für den Beginn der sachlichen Steuerpflicht. Notwendige Voraussetzung ist jedoch, dass der vermietenden Partei zumindest ein Anwartschaftsrecht auf die Immobilie zusteht, die vermietet wird.

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die erweiterte Grundbesitzkürzung verfolgt dabei den Zweck bestimmte Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, in bestimmtem Umfang von der Gewerbesteuer durch Kürzung zu entlasten. Strukturelle Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher die grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit der Gesellschaft.

Darüber hinaus ist die erweiterte Grundbesitzkürzung nur Unternehmen zugänglich, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen.

Der Tatbestand der Verwaltung und Nutzung ist weiter gefasst als der einkommensteuerliche Begriff der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 EStG. Daher rechnen auch die Einnahmen aus der gelegentlichen Veräußerung der Immobilie zur Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes ebenso wie die aus der Übernahme der dinglichen Haftung durch Belastung des eigenen Grundbesitzes, die einkommensteuerlich unter § 22 Nr. 3 EStG fallen, zur Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, BFH vom 13.08.1997 – I R 61/96, BStBl. 1998 II 270.

Zur Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes zählt auch die Aufhebung eines Mietvertrages vor der Überlassung der Immobilie. Denn der Tatbestand der Verwaltung und Nutzung knüpft nicht an die erzielten Entgelte an. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Mietvertrag notwendige Voraussetzung der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes ist. Damit gehört auch die Aufhebung desselben zur Verwaltung und Nutzung der Immobilie.

Im Streitfall regelten die Parteien im Rahmen des Aufhebungsvertrages, dass das Mietverhältnis beendet wurde und sämtliche Ansprüche der Parteien gegeneinander durch eine Schlusszahlung an den Vermieter abgegolten wurden.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Übernahme einer Komplementärfunktion ohne vermögensmäßige Beteiligung gegen Entgelt durch eine grundbesitzende Gesellschaft

BFH vom 20.04.2023 – III R 53/20

[FG Baden-Württemberg vom 14.08.2020 – 6 K 200/19]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Voraussetzung der erweiterten Grundbesitzkürzung ist, dass die steuerpflichtige Person ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben lediglich eine der im Gesetz aufgeführten Nebentätigkeiten ausübt, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG aufgeschlossen ist.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist dann zu versagen, wenn neben dem Grundbesitz auch anderes Vermögen verwaltet und genutzt wird. Das gilt selbst dann, wenn diese Tätigkeit insgesamt vermögensverwaltender Natur ist, soweit es sich hierbei nicht um die gesetzlich in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen handelt. Zudem erkennt die Rechtsprechung an, dass die Überlassung von sonstigen Wirtschaftsgüter unschädlich ist, wenn ohne die Überlassung eine wirtschaftlich sinnvolle Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes nicht möglich wäre.

Soweit § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes voraussetzt, umfasst das nicht nur die Vermietung und Verpachtung des Grundbesitzes als Ausdruck der Gebrauchsüberlassung, BFH vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl. 2022 II 87, und die Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke, BFH vom 13.08.1997 – I R 61/96, BStBl. 1998 II 270, sondern erlaubt auch den eigenen Grundbesitz zur Absicherung fremder Schulden einzusetzen, BFH vom 17.01.2006 – VIII R 60/02, BStBl. 2006 III 434. Das umfasst auch die Übernahme von Bürgschaften und Schuldmitübernahmen, wenn diese ihre Werthaltigkeit nur aus Grundbesitz erfahren und sie nur aus Grundbesitz realisiert werden können. Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass diese Tätigkeit die Grenze zur Gewerblichkeit überschreitet, BFH vom 17.01.2006 – VIII R 60/02, BStBl. 2006 III 434. Ebenfalls nicht mehr erfasst ist die Übernahme der Vollhafterstellung, wenn neben Grundvermögen auch anderes Vermögen (bspw. Büro- und Geschäftsausstattung) vorhanden ist, da diese dann auch in die Haftung einbezogen wird. [Hinweis: Schon aus Gründen der gewerblichen Betätigung scheidet eine erweiterte Kürzung aus, wenn die Vollhafterstellung gegen Entgelt übernommen wird.] Das gilt jedenfalls dann, wenn die Vollhafterstellung ohne vermögensmäßige Beteiligung eingegangen wird, so dass keine dem Grund nach noch als Vermögensverwaltung anzusehende Tätigkeit vorliegt. Denn die vollhaftende Person kann aus der Geschäftsführung nicht ausgeschlossen werden und entfaltet aufgrund dessen eine mitunternehmerische Tätigkeit außerhalb der Vermögensverwaltung liegt. Das gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht erfüllt sind, mithin also eine Zebragesellschaft vorliegt.

Eigener Grundbesitz liegt zudem insoweit vor, wie Grundbesitz einer nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO der Gesellschafterin zuzurechnen ist, BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262. Im Fall der nicht vermögensmäßig beteiligten Komplementärin einer nicht gewerblich geprägten Gesellschaft fehlt es an einer (anteiligen) Zurechnung des Grundbesitzes. Der Grundbesitz der vermögensverwaltenden Untergesellschaft ist ihrer Gesellschafterin nicht zuzurechnen. Damit kann die Tätigkeit der Vollhafterin auch nicht als Verwaltung und Nutzung (zugerechneten) eigenen Grundbesitzes der Obergesellschaft angesehen werden.

§ 9 Nr. 1 S. 2, S. 5 Nr. 1 GewStG: Ausschluss der erweiterten Kürzung bei umgekehrter Betriebsaufspaltung

FG München vom 17.04.2023 – 7 K 434/19, NWB FAAAJ-43595

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG
der Gewerbeertrag. Nach § 7 S. 1 GewStG ist der Gewerbeertrag,
der nach einkommensteuerrechtlichen und körperschaftsteuerrechtlichen
Vorschriften ermittelte Gewinn, der um die Hinzurechnungen und Kürzungen
korrigiert und für gewerbesteuerlichen Zwecke modifiziert ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, die erweiterte Grundbesitzkürzung eröffnet. Dabei dient der Tatbestand der wirtschaftlichen Gleichstellung von Vermietungsunternehmen, die Kraft ihrer Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, und damit der Gewerbesteuer unterliegt mit der Vermietung und Verpachtung, die zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung führt und bei inhaltsgleicher Betätigung nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Der Tatbestand des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist daher in den Fällen nicht eröffnet, in denen sich die Gewerblichkeit der Einkünfte nicht aus der gewählten Rechtsform, sondern sich originär aus § 15 Abs. 2 EStG ergibt oder wegen einer Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG begründet. Mithin scheidet die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch in den Fällen der Betriebsaufspaltung aus. Denn nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung werden dem Besitzunternehmen die Merkmale der Tätigkeit des Betriebsunternehmens zugerechnet. In der Folge erzielt das Besitzunternehmen die Art der Einkünfte, die auch das Betriebsunternehmen erzielt. Voraussetzung der Betriebsaufspaltung ist, dass das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen überlässt (sachliche Verflechtung) und die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (personelle Verflechtung). Ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille ist gegeben, wenn die das Besitzunternehmen beherrschende Person oder Personengruppe auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchsetzen kann. Das Besitzunternehmen nimmt in diesen Fällen durch das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil, BFH vom 24.01.2012 – I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176. Dabei kann das Besitzunternehmen auch in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werden, BFH vom 16.09.1994 – III R 45/92, BStBl. 1995 II 75. In diesen Fällen kommt es darauf an, ob die Besitzkapitalgesellschaft ihren Willen selbst in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Das ist bei einer Beteiligungsidentität als auch bei einer Beherrschungsidentität, BFH vom 20.05.2021 – IV R 31/19, BStBl. 2021 II 768. gegeben. Die Beherrschungsidentität kann auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft gegeben sein, BFH vom 25.01.2015 – I R 20/14, BFH/NV 20154, 1109. Nicht ausreichend ist es jedoch, wenn die Besitzkapitalgesellschaft selbst nicht an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist. Denn der Besitzkapitalgesellschaft können die Beteiligungen der Gesellschafter der Muttergesellschaft nicht zugerechnet werden, BFH vom 26.03.1993 – III S 42/92, BStBl. 1993 II 723. Etwas anders gilt jedoch für den Willen der Gesellschafter der Muttergesellschaft, wenn es sich bei der Besitzgesellschaft um eine Personengesellschaft handelt, BFH vom 16.09.2021 – IV R 7/18, BStBl. 2022 II 767.

Damit nicht vergleichbar ist der Fall der umgekehrten Betriebsaufspaltung, BFH vom 16.09.1994 – III R 45/92, BStBl. 1995 II 75. In diesem Fall wir das Besitzunternehmen vom Betriebsunternehmen beherrscht. Etwas anderes könnte sich allein dann ergeben, wenn das beherrschte Besitzunternehmen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen die geschäftliche Oberleitung der Betriebsgesellschaft inne hat oder beherrschende Funktion ausübt, BFH vom 29.07.1976 – IV R 145/72, BStBl. 1976 II 760; FG Köln vom 17.10.2019, 6 K 832/16.

Beteiligt sich eine Person mittels einer Kapitalgesellschaft an einer Betriebskapitalgesellschaft und zugleich an einer Besitzkapitalgesellschaft verhindert die zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft die Begründung einer Betriebsaufspaltung. Hierin liegt keine Umgehungsgestaltung im Sinne des § 42 Abs. 1 S. 1 AO.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist jedoch nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. In diesem Fall liegt dem Grunde nach keine rein vermögensverwaltende Tätigkeit vor, die aufgrund der Rechtsformwahl der Gewerbesteuer unterliegt. Ohne die Zwischenschaltung der grundbesitzenden Gesellschaft wäre der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder Genossen zuzurechnen und die Grundstückserträge würden in den Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder Genossen einfließen, BFH vom 17.01.2006 – VIII R 60/02, BStBl. 2006 II 434.

Gesellschafter oder Genosse einer grundbesitzenden Gesellschaft ist die gesellschaftsrechtlich beteiligte Person. Allerdings ist der Kreis der Gesellschafter und Genossen nicht auf die unmittelbar beteiligten Personen begrenzt. Zum Kreis der Gesellschafter und Genossen im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG rechnen auch die Personen, die lediglich mittelbar über eine Personengesellschaft an der steuerpflichtigen Gesellschaft beteiligt sind, BFH vom 15.12.1998 – VIII R 77/93, BStBl. 1999 II 168. Ebenso sind auch die Personengesellschaften, an denen die Gesellschafterin oder Genossin beteiligt ist, Teil des Kreises der Gesellschafter oder Genossen, BFH vom 16.09.2021 – IV R 7/18, BStBl. 2022 II 767. Ausreichend ist also, dass die steuerpflichtigen Gesellschafter den Grundbesitz einer Personengesellschaft überlässt, die gemeinsam mit der Personengesellschaft dieselbe Anteilseignerin hat, wenn die jeweiligen Verbindungen zur Anteilseignerin lediglich durch Personengesellschaften vermittelt werden. Vermittelt indes eine Kapitalgesellschaft zumindest einen Beteiligungsstrang, greift das sog. Durchgriffsverbot. Die Anwendung des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG ist in diesen Konstellationen ausgeschlossen.

 

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Auswirkungen des bloßen Haltens von Oldtimerfahrzeugen als Kapitalanlage

FG Baden-Württemberg vom 28.03.2023 – 6 K 878/22

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die erweiterte Grundbesitzkürzung verfolgt dabei den Zweck bestimmte Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, in bestimmtem Umfang von der Gewerbesteuer durch Kürzung zu entlasten. Strukturelle Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher die grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit der steuerpflichtige Person. Der Tatbestand erfasst mithin die Fälle der Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 8 Abs. 2 KStG bzw. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (gewerbliche Prägung).

Die Anwendung der erweiterten Kürzung ist ausgeschlossen, wenn die steuerpflichtige Person im Erhebungszeitraum eine originäre gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausübt. Dabei ist es unerheblich, ob insgesamt eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausgeübt ist oder nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird und es deswegen zur Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. EStG kommt. Dabei ist es ausreichend, dass sich die gewerbliche Tätigkeit im Erhebungszeitraum dadurch auszeichnet, dass ein Wirtschaftsgut zum Zwecke der Weiterverkäußerung mit Gewinnerzielungsabsicht während des gesamten Erhebungszeitraumes lediglich gehalten wird und hieraus keine positiven Einkünfte erwachsen. Soweit das schlichte Halten von Wirtschaftsgütern mit dem Ziel der Gewinnerzielung durch Veräußerung nicht die Voraussetzungen gewerblichen Handelns entspricht, tritt jedoch keine Infektion ein, vgl. BFH vom 19.01.2017 – IV R 50/14, BStBl. 2017, 456 zum Goldhandel. In diesen Fällen ist die erweiterte Grundbesitzkürzung strukturell nicht ausgeschlossen.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob in diesen Fällen die Voraussetzungen der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes sowie eigenen Kapitalvermögens noch gegeben sind. Im Rahmen eines Vorlagebeschlusses stellt der 4. Senates des BFH auf die Entgeltlichkeit der Tätigkeit ab, BFH vom 21.07.2016 – IV R 26/14, BStBl. 2017 II 202. Die Entscheidung des Großen Senates des BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262 deutet darauf hin, dass sich die Schädlichkeit nicht aufgrund der Erträge, sondern aufgrund der Tätigkeit ergebe. Dem steht auch die Rechtsprechung des FG Münsters vom 21.01.2020 – 6 K 1384/18 G, F, EFG 2020, 539 nicht entgegen. Der Entscheidung des Großen Senates folgend versteht das Finanzgericht Baden-Württemberg das System der erweiterten Kürzung dahingehend, dass die erweiterte Kürzung gegenständlich auf eigenen Grundbesitz und eigenes Kapitalvermögen begrenzt ist und sich Art, Umfang und Intensität ausschließlich auf die Verwaltung und Nutzung dieser Vermögensbereiche beschränken. Das Halten von anderen Wirtschaftsgütern als Grundvermögen und Kapitalvermögen sei daher per se kürzungsschädlich.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Betreuung von Wohnungsbauten

BFH vom 23.03.2023 – III R 49/20

[Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 07.07.2020 – 8 K 8320/17]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder daneben Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Grundlegende Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Ausdrücklich erlaubt ist jedoch die Betreuung von Wohnungsbauten sowie die Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes. Hierbei handelt es sich um originär gewerbliche Tätigkeiten. Diese Tätigkeiten sind für die erweiterte Kürzung aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung unschädlich, sofern der Gewinn aus diesen Tätigkeiten gesondert ermittelt wird, § 9 Nr. 1. S. 4 GewStG.

Der Begriff der Betreuung erfasst sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung, BFH vom 15.04.2021 – IV R 32/18, BStBl. 2021 II 624.

Die Bewirtschaftungsbetreuung umfasst die Verwaltung und die praktische Betreuung des Gesamtobjektes vor Ort. Diese Tätigkeit umfasst die Hauptverantwortung vor Ort in dem Sinne, dass sich die Person um das Gesamtobjekt kümmert und in Abwesenheit des Eigentümers und eines Vertreters der Verwaltung die Hauptverantwortung für das Objekt trägt und als Hauptansprechpartner dient. Diesem weiten Verständnis der Regelung liegt der Zweck des Gesetzes zu Grunde die Schaffung von Wohnraum und die Eigentumsbildung zu fördern, BFH vom 15.04.2021 – IV R 32/18, BStBl. 2021 II 624.

Zur Bewirtschaftungsbetreuung zählt allerdings nicht die entgeltliche Reinigung der Gemeinschaftsflächen in einem fremden Objekt, dessen Betreuung übernommen wurde. Davon zu unterscheiden ist die Reinigung des eigenen Objektes im Rahmen der Verwaltung und Nutzung, BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175.

§ 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG: Ausschluss der erweiterten Grundbesitzkürzung für Sondervergütungen mit Ausnahme derjengigen für die Überlassung von Grundbesitz

BFH vom 09.03.2023 – IV R 25/20, BStBl. 2023 II 836

[Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 03.09.2020 – 9 K 3300/18, G, F, DStRE 2020, 421]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die Anwendung der erweiterte Grundbesitzkürzung ist jedoch nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG u.a. nach Nr. 1a insoweit ausgeschlossen, wie der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz bezogen hat.

Nach dem Wortlauf der Norm sind damit auch Zinserträge aus der Überlassung von Kapital durch die mitunternehmerisch verbundene Person an die Gesellschaft erzielt und die im Sonderbereich der mitunternehmerisch verbundenen Person bei der Mitunternehmerschaft zu erfassen sind, so auch FG Düsseldorf vom 03.09.2020 – 9 K 3300/18 G, F, DStRE 2020, 421. Dem steht auch nicht entgegen, dass sämtliche Sondervergütungen nach dem Gesetzeswortlauf erfasst werden und sich damit die Frage stellt, ob die Norm überschießende Tendenz hat. Jedenfalls sei eine überschießende Tendenz noch von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt. Denn Zweck der Regelung sei die Verhinderung von Gestaltungen durch gewerbesteuerpflichtige Dritte, die sich mitunternehmerisch an einer Mitunternehmerschaft beteiligen und damit ihre eigentlich gewerbesteuerpflichtigen Erträge in den Sonderbereich und damit in den Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung verlagern.

Der BFH folgt in seiner Entscheidung nicht den weit verbreiteten Stimmen in der Literatur, die für den Fall, dass die mitunternehmerisch verbundene Person selbst nicht der Gewerbesteuer unterliegt, auch von der Rechtsfolge des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG betroffen sein kann. Er folgt dem eindeutigen Wortlaut der Norm und erkennt keinen Grund im Rahmen einer Auslegung nach Sinn und Zweck oder dem historischen Kontext den Wortlaut teleologisch zu reduzieren.

Der BFH stellt in diesem Zusammenhang klar, dass der in der Entscheidung BFH vom 21.07.2016 – IV R 26/14, BStBl. 2017 II 202 herausgestellte Zweck der Regelung Missbrauch zu vermeiden, auf das Tatbestandsmerkmal „eigenem“ in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bezogen war.