BFH vom 25.11.2020 – II R 3/18, BFHE 272, 1
Kategorie: GewStG
§ 10a GewStG: Auswirkungen der Abspaltung einer Mitunternehmerschaft auf den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der Mitunternehmerschaft
BFH vom 12.11.2020 – IV R 29/18, BStBl. 2021 II 722
Vortragsfähige Fehlbeträge sind nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.
Vortragsfähige Fehlbeträge sind gemäß § 10a S. 7 GewStG die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrages nach § 10a S. 1 und 2 GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge.
Die Inanspruchnahme des Verlustvortrages nach § 10a GewStG setzt neben Unternehmens- auch Unternehmeridentität voraus.
Die Unternehmeridentität setzt voraus, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten hat, BFH vom 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. 2013 II 176.
Das ist beim Einzelunternehmen der Einzelunternehmer. Im Fall einer Mitunternehmerschaft sind das die einzelnen mitunternehmerisch verbundenen Personen, BFH vom 03.05.1993 – GrS 3/92, BStBl. 1993 II 616.
Mit dem Ausscheiden einer mitunternehmerisch verbundenen Person aus einer Mitunternehmerschaft fällt der auf diese Person entfallende Verlustvortrag verloren, BFH vom 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. 2013 II 176.
Spaltet also eine Kapitalgesellschaft eine von ihr gehaltene mitunternehmerische Beteiligung auf eine andere Kapitalgesellschaft ab, entfällt der auf sie entfallenden Verlustvortrag.
Im Fall der Abspaltung einer mitunternehmerischen Beteiligung kann die Mitunternehmerschaft zudem sowohl aus § 10a S. 10 1. HS GewStG i.V.m. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG (Konzernklausel) bzw. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG analog keine Fortführung eines Verlustvortrages herleiten, der wegen fehlender Unternehmereigenschaft entfallen ist. Zwar findet nach § 10a S. 1 1. HS GewStG § 8c KStG auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge entsprechend anwendbar. Die Regelung erfasst lediglich Fehlbeträge von Körperschaften, um diese in gleicher Weise einzuschränken, wie im Körperschaftsteuerrecht.
[Hinweis: § 8c KStG geht auf die Rechtsprechung des BFH zum Mantelkauf nach § 8 Abs. IV KStG zurück.]
Ausweislich der Gesetzesbegründung erfasst die Regelung des § 10a S. 10 2. HS GewStG nur auf Verluste der Körperschaft selbst und nicht die Verluste auf Ebene einer nachgeordneten Personengesellschaft. [Hinweis: Damit sollte vermieden werden, dass Verluste einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergeleitet und durch Weitergabe der mitunternehmerischen Beteiligung fungibel werden.]
Nichts anders ergibt sich aus umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen.
So betrifft § 19 Abs. 1 UmwStG dem Wortlaut nach nur die an der Umwandlung beteiligten Körperschaften. Der Verlustvortrag der Mitunternehmerschaft, deren Anteile Gegenstand der Umwandlung waren, findet die Regelung jedoch keine Anwendung. Die Regelung des § 19 Abs. 2 UmwStG erfasst ihrem Wortlaut nach nur die vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft.
[Hinweis: Offen ist bisweilen, ob die Erkenntnis der Rechtsprechung, dass Träger des gewerbesteuerlichen Verlustvortrages der Mitunternehmerschaft die mitunternehmerisch beteiligte Person ist, in diesem Zusammenhang außer Acht gelassen werden kann.]
Nichts anders ergibt sich aus § 19 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 2. HS, § 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG.
§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG – Hinzurechnungen bei Herstellung von immateriellen Wirtschaftsgütern
BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283
[Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 25.10.2017 – 11 K 11186/17, EFG 2018, 225]
Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.
Die Ermittlung des Gewinns erfolgt nach § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- oder des Körperschaftsteuergessetzes.
Das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht enthält keine Definition des Herstellungskostenbegriffs.
Daher ist nach § 5 Abs. 1 EStG auf den handelsrechtlichen Herstellungskostenbegriff des § 255 Abs. 2 HGB zurückzugreifen, BFH vom 21.10.1993 – IV R 87/92, BStBl. 1994 II 176. Hiernach sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Das hatte der BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342 auch für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG anerkannt.
Nicht zu den Herstellungskosten zählen Forschungs- und Vertriebskosten, § 255 Abs. 2 S. 4 HGB.
Für den Sonderfall selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sieht § 255 Abs. 2a HGB eine Einschränkung vor. In diesen Fällen sind lediglich die bei der Entwicklung angefallenen Kosten als Herstellungskosten zu berücksichtigen. Entwicklung ist die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen. Die Kosten, der bei der Entwicklung vorgelagerten Forschung, sind nicht Teil der Herstellungskosten. Forschung ist die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können. Können Forschung und Entwicklung nicht verlässlich voneinander unterschieden werden, ist eine Aktivierung ausgeschlossen, § 255 Abs. 2 S. 4 HGB.
Steuerrechtlich ist jedoch zu beachten, dass nach § 5 Abs. 6, Abs. 2 EStG ein Aktivposten für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur anzusetzen ist, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Herstellungskosten für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unterliegen mithin steuerrechtlich einem Ansatzverbot und zwar auch dann, wenn sie handelsrechtlich aktiviert wurden. Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gilt dieses Ansatzverbot nicht. Es besteht insoweit ein Gleichlauf von Handels- und Steuerrecht.
Als Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten, dass eine Aktivierung von Miet- und Pachtzinsen handels- und steuerrechtlich vorzunehmen ist, wenn es sich um die Herstellung von Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens oder um materielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Eine Aktivierung scheidet jedoch aus steuerrechtlicher Sicht aus, wenn es sich um die Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens handelt.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist es unerheblich, ob die hergestellten Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsjahr der Herstellung am Bilanzstichtag noch vorhanden waren oder schon vorher aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind, BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342. Denn nach Ansicht des BFH erfolgt im Fall des vorherigen Ausscheidens zwar keine Neutralisierung durch die Aktivierung in der Bilanz, dennoch ist die Hinzurechnung in diesem Fall ausgeschlossen, BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342. [Hinweis: Dieser Gleichstellung bedarf es in den Fällen der Aktivierungspflicht nach § 255 Abs. 2 HGB nicht, da insoweit schon von Anfang an Herstellungskosten vorliegen. Anders verhält es sich nur in den Fällen des § 255 Abs. 3 S. 2 HGB, der Aktivierung von Bauzeitzinsen, der die Ausübung eines Wahlrecht zum Bilanzstichtag zu Grunde liegt. Die Ausübung dieses Wahlrechts vor dem Bilanzstichtag ist nicht vorgesehen.]
Gleichheitsrechtliche Relevanz hat die steuerrechtliche Behandlung der Herstellung von immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nur dann, wenn diese im Jahr der Herstellung aus dem Betriebsvermögen ausscheiden. Denn für den Fall des Vorhandenseins am Bilanzstichtag läge hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter ein Vorteil aufgrund des Ansatzverbotes nach § 5 Abs. 2a HGB vor. Im Fall des unterjährigen Ausscheidens läge indes ertragsteuerlich ein Gleichlauf vor. Eine Benachteiligung könnte sich dann aus der Hinzurechnung ergeben.
Allerdings würde der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG hierdurch nicht verletzt, da dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstandes und der Bestimmung des Steuersatzes zusteht, BVerfG vom 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. 2016 II 557. Zudem unterliegt die Entscheidung des Gesetzgeber keiner strengen Folgerichtigkeitsprüfung, BVerfG vom 09.12.2008 – 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 100. Ausreichend ist es vielmehr, dass sich die Belastungsentscheidung folgerichtig in das Konzept einer ertragsorientierten Objektsteuer einfügt, BVerfG vom 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. 2016 II 557. Eine Hinzurechnung, die daran anknüpft, ob Miet- oder Pachtzinsen nicht der Aktivierung unterlegen haben, genügt diesen Anforderungen.
[Hinweis: Der BFH wirft in seiner Entscheidung die Frage, ob das steuerrechtliche Ansatzverbot nach § 5 Abs. 2 EStG dazu führt, dass von Anfang an die Aufwendungen nicht aktiviert werden und damit handelsrechtlich sowie steuerrechtlich unterschiedlich zu buchen sind oder ob der handelsrechtliche Ansatz durch eine aufwandswirksame Überleitung des handelsrechtlichen Ansatz erfolgt, nicht auf.
Dieser Frage kommt dahingehend Bedeutung zu, dass im ersten Fall die steuerrechtlich durchgängig Miet- und Pachtaufwand vorhanden ist, der einer Hinzurechnung zugänglich ist. Im zweiten Fall würde die handelsrechtlich erfolgte Aktivierung im Rahmen einer Überleitung aufwandsam aufgehoben. In der Folge läge dann kein Miet- und Pachtaufwand vor. Eine Hinzurechnung wäre in diesem Fall nicht zwingend geboten.
Der BFH konnte die Fragestellung aus den in der Entscheidung BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342 genannten Gründen unaufgeworfen lassen. Hiernach liegt auch bei unterjährigem Ausscheiden von Anfang An Herstellungskosten und kein laufender Aufwand vor.
Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. d / lit. e GewStG Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen / unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.
Soweit eine Aktivierung der Aufwendungen für die Miete oder Pacht eines Wirtschaftsgutes ausscheidet, das im Eigentum einer anderen Person steht, können diese hinzuzurechnen sein, wenn das Wirtschaftsgut bei fiktivem Eigentum zum Anlagevermögen der steuerpflichtigen Person gehören würde. Bei dem Wirtschaftsgut muss es sich der Art nach um Anlagevermögen handeln. Die Zuordnung zum Anlagevermögen orientiert sich maßgeblich der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betriebe der steuerpflichtigen Person. Diese richtet sich auch nach dem Geschäftsgegenstand des Unternehmens und hat sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen zu orientieren, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960. Das hängt einerseits vom subjektiven Willen der steuerpflichtigen Person ab und muss sich andererseits an objektiven Merkmalen (Art des Wirtschaftsgutes, Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, ggfs. auch der Art der Bilanzierung) nachvollziehen lassen. Dabei ist es ausreichend, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Dafür spricht die Verwendung des Wirtschaftsgutes als Produktionsmittel, während die Verwendung als zu veräußerndes Produkt für eine Zuordnung zum Umlaufvermögen spricht, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960.
Die Zuordnung zum Anlagevermögen scheidet nicht deswegen aus, weil die Miete oder Pacht nur von kurzer Dauer ist. Denn der Begriff „dauernd“ ist nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von „immer“ oder „für lange Zeit“ zu verstehen, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960. Maßgeblich ist vielmehr das die steuerpflichtige Person derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb benötigt, so bereits BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148 für die wiederholte Anmietung von gleichartigen Containern, BFH 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810 betreffend die Anmietung gleichartiger Bestuhlung und Beschallungsanlagen zur Nutzung in eigenen Sälen und Stadien sowie BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289 betreffend die Weitervermietung von Einzelhandelsgeschäften durch Großhändler. Eine Zuordnung zum Anlagevermögen scheidet also aus, wenn die steuerpflichtige Person das Wirtschaftsgut seiner Funktion nach nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorhalten muss, BFH vom 08.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. 2017 II 722. Das ist insbesondere der Fall, wenn das Wirtschaftsgut nur im Zusammenhang mit dem konkreten Produkt und daher flüchtig benötigt wird und darüber hinaus nicht zu dem auf Dauer dem Betrieb gewidmeten Betriebskapital gehört, BFH 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810.
§ 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG: Anwendung der temporären Verlustabzugsbeschränkung im Rahmen der Gewerbesteuer
FG Berlin-Brandenburg vom 22.10.2020 – 10 K 10192/19, DStRE 2021, 1194
Nach § 10a GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag (§ 10 GewStG) um Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit sie nicht bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages vorangegangener Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist nach § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.
Nach § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG ist der Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit verrechenbaren Verlusten, verbleibenden Verlustvorträgen, nicht ausgeglichenen negativen Einkünften und einem Zinsvortrag des übernehmenden Rechtsträgers nicht zulässig.
Gegen die Anwendung der temporären Verlustabzugsbeschränkung des § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG im Rahmen der gewerbesteuerlichen Verlustverrechnung spricht der Wortlaut der Norm, da die in § 2 Abs. 4 S. 3 GewStG verwendeten Begriffe in § 10a GewStG nicht enthalten sind. Dieser Befund bestätigt sich im Gesamtüberblick des Umwandlungssteuergesetzes, das an verschiedenen Stellen ausdrücklich auf die Gewerbesteuer Bezug nimmt und in diesem konkreten Fall gerade nicht. Dem Schweigen des Gesetzes kommt mithin eine eigene Aussagekraft zu.
[Hinweis: Die temporäre Verlustausgleichsbeschränkung im Jahr der Einbringung führt jedoch nicht zum endgültigen Wegfall der Verlustnutzung, sondern nur zu einer Verlagerung in Form eines Verlustvortrages. Der Verlust kann daher mit Gewinnen in der folgenden Periode verrechnet werden.]
[Hinweis: Der Anwendungsbereich der Verlustabzugsbeschränkung des § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG umfasst nicht für Verluste des übernehmenden Rechtsträgers, die auf die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG beruhen. Anderenfalls würde der Zwecke des § 7g EStG bestimmten Unternehmen einen Liquiditätsvorteil zu gewähren nicht erreicht.]
[Hinweis: Der Rückwirkungszeitraum des § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG beginnt mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages und endet mit Ablauf des Tages der Eintragung in das Handelsregister.]
Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Gewerbesteuer
FG Hessen vom 26.08.2020 – 6 K 1860/16, NWB PAAAH-72584
Zur Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf Kapitalerträge auf die Gewerbesteuer kommt das Hessische Finanzgericht zu der Überzeugung, dass diese auch auf die Gewerbesteuer angerechnet werden kann, soweit das Doppelbesteuerungsabkommen eine Anrechnung vorsieht.
Eine Anrechnung ist daher im Fall Schweiz nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 ausgeschlossen. Anders verhält es sich im Anwendungsbereich des DBA Kanada, das eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern in Art. 23 Abs. 2 lit. b Doppelbuchstabe aa) vorsieht.
Da im Entscheidungsfall eine Anrechnung auf die Körperschaftsteuer ausschied – diese wurde mit EUR 0,00 beziffert – war über die Frage des Verhältnis der Steuerarten im Rahmen der Anrechnung nicht zu entscheiden.
Bereits zuvor hatte die Klägerin im Verwaltungsgerichtlichen Verfahrenszug die Anrechnung der ausländischen Quellensteuer von der Kommune begehrt und war insoweit gescheitert. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte die Klage mit Urteil vom 17.12.2013 – 5 A 329/12, DStRE 2015, 420 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Kommune an die Feststellungen des Finanzamtes gebunden sei und hinsichtlich der Anrechnung keine eigene Entscheidungskomptenz habe. Die hiergegen eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde bei Bundesverwaltungsgericht wurde mit Beschluss vom 12.08.2014 – 9 B 23.13, HFR 2014, 111 nicht angenommen. Das BVerwG folgt dabei der Begründung des VGH und führte aus, dass die Entscheidung über die Anrechung durch die Finanzbehörde zu treffen sei.
Dieser verwaltungsgerichtlichen Einschätzung schloss sich das Hessische Finanzgericht an und erkannte die Zuständigkeit des Finanzamtes für die Entscheidung über die Anrechenbarkeit der ausländischen Quellensteuer an.
Aufgrund des langen Verfahrensgangs in zwei paralleln Gerichtswegen musste sich das Gericht auch mit der Frage des Eintritts der Festsetzungsverjährung befassen. Im Entscheidungfall war diese noch nicht eingetreten, da die Klägerin noch vor Eintritt der Bestandskraft des Folgebescheides (Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde) einen Antrag auf Erlass eines Ergänzungsbescheides gestellt hatte und damit der Eintritt der Festsetzungsverjährung gehemmt war.
Letztlich kam das Finanzgericht materiell rechtlichen zu der Erkenntnis, dass die doppelbesteuerungsrechtliche Regelung im DBA Kanada als Anrechnungebot zu verstehen sei und daher auch umzusetzen sei.
§ 8 Nr. 1 GewStG: Hinzurechnung der Beträge soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind; Anwendung bei unterjährig ausgeschiedenen Wirtschaftsgütern
BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342
[Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht vom 20.03.2018 – 1 K 243/15]
Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.
Bei der Ermittlung des Gewinns werden Herstellungskosten nicht abgesetzt.
Das Einkommensteuerrecht enthält heute keine Definition des Herstellungskostenbegriffs. Es kann daher auf den Herstellungskostenbegriff des § 255 Abs. 2 HGB zurückgegriffen werden, BFH vom 04.07.1990 – GrS 1/89, BStBl. 1990 II 830. Herstellungskosten sind hiernach Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung.
Kosten der Einrichtung einer Baustelle gehören zu den Fertigungseinzelkosten und damit zu den Herstellungskosten. Sie mindern den Gewinn nicht und unterliegen nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG.
Unerheblich ist, ob die Fertigungseinzelkosten für die Herstellung eines Wirtschaftsgutes des Anlagevermögen oder des Umlaufvermögens enstehen, da § 255 Abs. 2 HGB insoweit nicht unterscheidet.
Auch ist es unerheblich, ob das Wirtschaftsgut bereits vor dem Bilanzstichtag aus dem Unternehmensvermögen ausscheidet, da die Fertigungseinzelkosten zwingend Herstellungskosten sind. Es sind originäre Herstellungskosten.
Geschützt: § 19 Abs. 4 GewStDV: zur Hinzurechnung von Schuldzinsen aus dem Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung an einem Finanzdienstleistungsinstitut
§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG: einheitlicher Gewerbebetrieb – hier: zwei Tankstellen in räumlicher Nähe
FG Düsseldorf vom 23.06.2020 – 10 K 197/17 K
Die Frage, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen ist im Gewerbesteuerrecht an verschiedenen Stellen von grundlegender Bedeutung. So kennt das Gewerbesteuerrecht als Objektsteuerrecht keine Verlustverrechnung zwischen verschiedenen Steuerobjektes. Auf der anderen Seite gewährt § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewSt jedem Gewerbebetrieb einen Freibetrag von EUR 24.500, der von einer natürlichen Person oder Personengesellschaft betrieben wird.
Ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen. Sachlich selbständig sind Bereiche, die weder finanziell, noch organisatorisch oder finanziell zusammenhängen. Umgekehrt bilden die Betätigungen eine Einheit, wenn sie sachlich zusammenhängen, RFH vom 21.12.1938 – VI 730/38, RStBl. 1939, 372. Allein die Gleichartigkeit der Betriebe begründet jedoch noch keinen einheitlichen Betrieb. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein Gleichartigkeit der Betätigung durchaus für einen einheitlichen Betrieb spricht, BFH vom 30.06.1961 – IV 426/60, BFH vom 14.09.1965 – I 64/63, BStBl. 1965 III 656.
Ein organisatorischer Zusammenhang ist gegeben, wenn die Unternehmensbereiche in einem Geschäftslokal untergebracht sind, unter Einsatz derselben Arbeitskräfte ausgeübt oder die Waren oder Betriebsmittel gemeinsam eingekauft und bezahlt werden, BFH vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. 1997 II 573.
Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die Betätigungen gleichartig sind oder sich – bei ungleichartiger Betätigung – gegenseitig stützen und ergänzen, BFH vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. 1997 II 573. Zudem kann auch die Identität oder die Verschiedenheit des Kunden- und Lieferantenkreis sowie die Zusammesetzung des Aktivvermögens und dessen Finanzierung Ausdruck des wirtschaftlichen Zusammenhangs sein, BFH vom 12.01.1978 – IV R 26/73, BStBl. 1978 II 348.
Ein finanzieller Zusammenhang fehlt, wenn getrennt Aufzeichnungen geführt, eigene Bankkonten unterhalten, getrennte Kassenabrechnungen vorgenommen und für jeden Betrieb gesonderte Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen erstellt werden.
Das FG Düsseldorf kommt in seiner Entscheidung zu der Überzeugung, dass alleine die Führung separater Bankkonten und damit eine finanzielle Trennung nicht zur Begründung verschiedener Gewerbebetriebe führen kann, wenn ein wirtschaftlicher und organisatorischer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bereichen weiterhin gegeben ist.
Änderung des Zerlegungsbescheides – hier § 164 AO und § 173 AO
FG Düsseldorf vom 19.06.2020
Die Änderung des Zerlegungsbescheides ist nach § 164 Abs. 2 AO zulässig, wenn der Vorbehalt im Zeitpunkt der Änderung fortbesteht.
Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Vorbehalt der Nachprüfung verfahrensfehlerhaft nur gegenüber einer beteiligten Person aufgehoben wurde, BFH vom 27.03.1996 – I R 83/94, BStBl. 1996 II 509.
Zwar könnte die beteiligte Person die Änderung des Zerlegungsbescheides nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO noch beantragen, wenn ihr gegenüber der Vorbehalt nicht aufgehoben wurde. Dem steht jedoch die Notwendigkeit der einheitlichen Entscheidung gegenüber, die im Fall der Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung gegenüber einer beteiligten Person nicht mehr ergehen könnte.
Darüber hinaus findet § 173 Abs. 1 AO auf die Änderung des Zerlegungsbescheides Anwendung. Allerdings ist der Tatbestand teleologisch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des groben Verschuldens zu reduzieren, da die Änderung des Zerlegungsmaßstabes auf der einen Seite zu einem steuerlichen Mehr und auf der anderen Seite zu einem steuerlichen Weniger führt.
Ebenfalls zur Anwendung kommt auch die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO, wonach eine Änderungen nach § 173 AO nach Abschluss einer Betriebsprüfung ausgeschlossen sind, soweit keine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt.
Für den Fall, dass nach Abschluss der Außenprüfung keine Steuerbescheide ergehen, ist die Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO dem Steuerbescheid nach Abschluss der Außenprüfung gleichgestellt, § 173 Abs. 2 S. 2 AO. Für die Mitteilung ergeben sich dem Gesetz keine Formerfordernisse. Daher löst auch der bloße Hinweis im Prüfungshinweis diese Sperrwirkung aus. Aber auch die Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung nach Abschluss der Außenprüfung genügt diesen Voraussetzungen.
§ 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GewStG: mehrgemeintliche Betriebsstätte bei Betrieb eines Rohrleitungssystems; § 33 Abs. 2 GewStG: offenbar unbilliges Ergebnis
FG Düsseldorf vom 19.06.2020 – 3 K 3280/17, NWB TAAAI-59378
Eine einheitliche mehrgemeintliche Betriebsstättte im Sinne des § 30 GewStG setzt voraus, dass kumulativ in räumlicher, organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht ein einheitliches Ganzes besteht, BFH vom 20.02.1974 – I R 179/72, BStBl. 1974 II 427.
Ein räumlicher Zusammenhang kann durch die Erdoberfläche als auch durch ober- und unterirdische betriebliche Anlagen vorliegen. Dieses Merkmal kann im Sonderfall der Elektrizitätswerke gegenüber den anderen Merkmalen zurücktreten, BFH vom 16.11.1965 – I B 249/62 U, BStBl. 1966 III 40. In diesem Sonderfall kann auch dann eine mehrgemeindliche Betriebsstätte vorliegen, wenn die Hauptverwaltung nicht an das Verteilernetz angeschlossen ist.
Ein in organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht gegebenes Ganzes liegt dann nicht vor, wenn die Beschäftigten am Ort der Hauptverwaltung einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb des Netzes verrichten.
Es liegt keine offenbare Unbilligkeit im Sinne des § 33 Abs. 1 GewStG vor, wenn die Voraussetzungen für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte im Sinne des § 30 GewStG nicht vorliegen und deswegen die Gemeinden in denen sich lediglich eine betriebliche Anlage befindet aufgrund der Anwendung der Regelzerlegung nach § 29 GewStG keinen Zerlegungsanteil erhält, BFH vom 05.10.1965 – I B 387/62 U, BStBl. 1965 III 668.
[Hinweis: Vgl. zur Verlegung betreffend das Festnetz einer Telefongesellschaft FG Köln vom 27.11.2006 – 2 K 6440/03, EFG 2007, 372.]