Schlagwort: Miet- und Pachtzinsen
Geschützt: § 8 Nr. 1 lit. e GewStG: Anmietung von Logistikflächen
§ 8 Nr. 1 lit. d GewStG: Anmietung von Werbeträgern
BFH vom 16.09.2024 – III R 36/22, FR 2025, 334
[Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 23.08.2022 – 5 K 5101/20, EFG 2023, 273]
Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.
Nach § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG sind Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen / unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, mit einem Fünftel / der Hälfte dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.
Die Hinzurechnung von Miet- oder Pachtzinsen setzt den Bestand eines Nutzungsvertrages voraus, der im Kern ein Miet- oder Pachtverhältnis im bürgerlich-rechtlichen Sinne ist, BFH vom 01.06.2022 – III R 56/20, BStBl. 2023 II 875; BFH vom 23.03.2023 – III R 5/22, BStBl. 2023 II 923. Dabei charakterisiert der Mietvertrag nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB in der Verpflichtung der vermietenden Partei die Mietsache der mietenden Partei im einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigenten Zustand zu überlassen und während der Mietdauer in diesem Zustand zu erhalten. Der Pachtvertrag umfasst darüber hinaus die Verpflichtung der nutzenden Parte den Genuss der ordnungsgemäß zu ziehenden Früchte nach § 581 Abs. 1 S. 1 BGB zu gewähren.
Enthält eine vertragliche Abrede über die miet- und pachtrechtlichen Hauptpflichten hinaus weitere Pflichten, sind diese für ein Einordnung des Vertragswerkes nach dem zivilrechtlichen Verständnis der Vertragsqualifikation unerheblich, wenn es sich lediglich um Nebenpflichten handelt. Enthält das Vertragswerk weitere Hauptpflichten, die einem anderen Vertragtypen als dem Miet- oder Pachtvertrag zuzuordenen sind, führt das zu einem Vertrag eigener Art, wenn die vertraglichen Pflichten als Einheit zu verstehen sind, die nicht voneinander getrennt werden können, BFH vom 23.03.2023 – III R 5/22, BStBl. 2023 II 923. Überwiegen die miet- und pachtrechtlichen Hauptpflichten in einem solchen Vertrag dergestalt, dass sie dem Vertrag das Gepräge geben, liegt ein Miet- oder Pachtvertrag vor. Sind die vertraglichen Pflichten voneinander trennbar, sind die einzelnen Vertragsbestandteile gesondert voneinander zu beachten und einzuordnen.
Ob das zur Benutzung überlassen Wirtschaftsgut dem fiktiven Anlagevermögen zuzurechnen ist, bestimmt sich nach dem Geschäftsgegenstand und soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 149; BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Dabei darf die Fiktion nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- und Pachtverhältnis ersetzenen Eigentums gebietet, BFH vom 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810.
Selbst wenn der (abstrakte) Geschäftsgegenstand nicht auf die Vermarkung der konkreten Gegenstände gerichtet ist, kann das Vorhalten der Gegenstände aus dem Geschäftsgegenstand heraus geboten sein.
Soweit die steuerpflichtige Person im Rahmen der (konkreten) betrieblichen Verhältnisse kontinuierlich für ihre Produkte oder Dienstleistungen wirbt, dient das der Vermarktung des eigenen Leistungsangebotes.
Anlagevermögen wäre in diesem Fall anzunehmen, wenn bestimmte Wirtschaftsgüter längerfristig oder gleichartige austauschbare Wirtschaftsgüter wiederholt kurzfristig genutzt worden wären. Wiederholt kurzrfristige Nutzungen begründen die Zuordnung zum Anlagevermögen jedoch nur dann ,wenn sie mit gewisser Häufigkeit und einem erheblichen zeitlichen Gesamtumfang (Dauer) vorgenommen worden wären.
Nicht zulässsig ist die Vorstellung einer An- und Verkaufs des Wirtschaftsgutes anstelle der Begründung des Miet- oder Pachtverhältnisses zur Prüfung der Anlagevermögensqualität.
§ 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG: Hinzurechnung von Sponsoringaufwendungen, Trikotwerbung, Bandenwerbung, digitale Werbungsformate
BFH vom 23.03.2023 – III R 5/22, DStR 2023, 1027
[Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 11.11.2021 – 10 K 29/20, EFG 2022, 1132]
Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.
Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. d / lit. e GewStG Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen / unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.
Die Begriff Miet- und Pachtzinsen lehnen sich an die zivilrechtlichen Vertragstypen Miet- und Pachtvertrag an. Ein Miet- oder Pachtvertrag liegt nach dem Zivilrecht vor, wenn er in seinem wesentlichen rechtlich Gehalt ein Miet- oder Pachtverhältnis darstellt, BFH vom 14.02.1973 – I R 85/71, BStBl. 1973 II 413. Maßgeblich für die Einordnung des Vertrages sind dabei die Hauptpflichten. Unerheblich für die Einordnung des Vertrages ist der Bestand von Nebenpflichten, die dem Vertragstypen Miete oder Pacht nicht entsprechen, BFH vom 23.07.1957 – I 50/55 U, BStBl. 1957 III 306. Diese haben keinen Einfluss auf die Vertragstypenbestimmung. Neben dem vertraglichen Inhalt kommt auch der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Bedeutung zu, BFH vom 01.06.2022 – III R 56/20, DStR 2023, 26.
Wesensmerkmal eines Mietvertrages im zivilrechtlichen Sinne ist die Verpflichtung der vermietenden Person zur Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand an die mietende Person und die Erhaltung der Mietsache während der Mietdauer in diesem Zustand, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Charakteristisch für einen Pachtvertrag ist, dass die verpachtende Person sich neben der Gebrauchsüberlassung verpflichtet, der pachtenden Person den Genuss der ordnungsgemäß zu ziehenden Früchte zu gewähren, § 581 Abs. 1 S. 1 BGB.
Eine Einordnung des Vertrages als Miet- oder Pachtvertrag scheidet jedoch aus, wenn der Vertrag neben miet- und pachtvertragstypischen auch wesentliche miet- und pachtfremde Hauptpflichten enthält. Es liegt dann ein gemischter Vertrag vor.
Lassen sich die durch die Hauptpflichten bestimmten wesentlichen Elemente eines solches Vertrages voneinander trennen, handelt es sich um Miet- oder Pachtzins, sowie das Entgelt auf die Gebrauchsüberlassung entfällt, BFH vom 15.06.1983 – I R 113/79, BStBl. 1984 II 17 und um eine weitere Vergütung anderer Art.
Trennbar sind Hauptpflichten, wenn ein Nebeneinander verschiedener Vertragstypen vorliegt, die sich einer unterschiedlichen Beurteilung zuführen lassen, FG Münster vom 18.08.2022 – 10 K 1421/19 G, EFG 2022, 1919.
Keine Trennbarkeit ist gegeben, wenn der Vertrag wesentliche miet- und pachtfremde Hauptpflichten enthält, die so miteinander verschmolzen sind, dass ein Vertragsgebilde ganz eigener Art entsteht, welches nicht mehr nur als ein Nebeneinander von Leistungspflichten verschiedener Vertragstypen charakterisiert werden kann (typenverschmolzener Vertrag), BFH vom 15.06.1983 – I R 113/79, BStBl. 1984 II 17. In diesem Fällen liegt kein Miet- oder Pachtvertrag mehr vor, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BStBl. 2022 II 273. Eine Zuordnung zum Vertragstypus Miet- oder Pachtvertrag scheidet in diesen Fällen aus, BFH vom 23.07.1957 – I 50/55 U, BStBl. 1957 III 306.
Unerheblich ist im Rahmen der Prüfung der Trennbarkeit, ob Rechtsfragen betreffend den Vertrag nach den Grundsätzen der Miete oder Pacht unmittelbar oder entsprechend angewendet werden kann, BFH vom 12.07.1960 – I 96/59 S, BStBl. 1960 III 387.
Ob ein Miet- oder Pachtverhältnis mit den vorstehend genannten Rechtsfolgen für die Hinzurechnung vorliegt, bestimmt sich also danach, ob eine Gebrauchsüberlassung mit oder ohne Gewährung der Fruchtziehung gegen Entgelt Hauptpflicht ist.
Verträge über Sponsoring und Werbung enthalten regelmäßig Elemente miet- und pachtvertraglicher Art. Zudem sind Dienstvertrags-, Werkvertrags- und Geschäftsbesorgungselemente regelmäßig Vertragsgenstand von Sponsoring- und Werbeverträgen. Soweit im konkreten Vertrag neben der Gebrauchsüberlassung weitere Hauptpflichten vereinbart sind, die eine gewisse Aktivität der anderen Vertragspartei beinhalten, liegt ein gemischter Vertrag vor. Nicht miet- oder pachtrechtlicher Natur sind insbesondere Werbeleistungen, die über die schlichte zur Verfügungstellung von Werbeflächen hinausgehen. Insoweit stellt nicht die Gebrauchsüberlassung, sondern der Werbeerfolg die Hauptpflicht dar. Zivilrechtlich stellt der Vertrag über die Gebrauchsüberlassung und einen Werbeerfolg einen Vertrag sui generis dar, der auch als gemischter Vertrag qualifiziert. Denn die einzelnen Hauptpflichten lassen sich in diesem Fall weder rechtlich noch wirtschaftlich voneinander trennen. Ähnlich verhält es sich im Fall des Sponsorings, denn die gesponsorte Person verpflichtet sich über die Entfaltung der geförderten Aktivitäten zu kommunizieren, OLG Dresden vom 02.03.2006 – 13 U 2242/05, OLG-Report Dresden, 2007, 253. Eine Hinzurechnung scheidet in diesen Fällen aus.
Verträge betreffend die Anzeige von Werbung auf digitalen Werbeflächen sind nicht auf die Gebrauchsüberlassung gerichtet. Sie sind auf den Werbeerfolg gerichtet und damit werkrechtlicher Art, BGH vom 26.03.2008 – X ZR 70/06, NJW-RR 2008, 1155, BGH vom 22.03.2018 – VII ZR 71/17, WM 2018, 1284. Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. d GewStG scheidet damit aus.
Anders verhält es sich jedoch im Fall analoger Bandenwerbung die losgelöst von anderen vertraglichen Regelungen betrachtet werden kann und nicht Teil eines Sponsoringvertrages ist. Diese kann allein mietrechtlicher Art sein, BGH vom 19.06.1984 – X ZR 93/83, NJW 1984, 2406; BGH vom 19.12.2018 – XII ZR 14/18, WM 2018, 1284. Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich das Vertragsinteresse auch in diesen Fällen nicht in der Flächenüberlassung erschöpft, sondern auch ein Werbeerfolg durch Durchführung von bestimmten Veranstaltungen geschuldet auch sein kann, BFH vom 07.11.2007 – I R 42/06, BStBl. 2008 II 949.
Verträge betreffend Trikotwerbung enthalten neben den mietrechtlichen Elementen auch die Elemente, die auf den Werbeerfolg durch Verwendung der Trikots bei bestimmten Sportveranstaltungen gerichtet sind. Es wird die sichtbare Verwendung der Trikots geschuldet, BFH vom 09.12.1981 – I R 215/78, BStBl. 1983 II 27. Auch insoweit scheidet eine Hinzurechnung aus.
§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG: Aufwendungen für Hotelkontingente
FG Düsseldorf vom 24.09.2018 – 3 K 2728/16 G, FR 2019, 1146
Die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr . 1 lit. d/e GewStG setzt voraus, dass entsprechende Aufwendungen für die Benutzung von (un)beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, anfallen.
Der Begriff des Anlagevermögens setzt dem Grunde nach das Eigentum an dem betreffenden Vermögensgegenstand voraus. Da im Miet- bzw. Pachtfall kein Eigentum an der Sache vorliegt, ist darauf abzustellen, ob die Sache, stünde sie im Eigentum der mietenden bzw. pachtenden Person, dem Anlagevermögen dieser Person zuzuordnen wäre, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Das Eigentum an der Sache wird also voraussetzungslos fingiert, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112. Unerheblich ist es daher, ob die Sache überhaupt erworben werden kann oder ob ein Erwerb der Sache wirtschaftlich sinnvoll ist. Ob die Sache dem Anlagevermögen zuzuordnen ist, richtet sich danach, ob die Sache dazu bestimmt ist dem Betrieb auf Dauer zu dienen, § 247 Abs. 2 HGB. Diese Zuordnungsentscheidung ist anhand des konkreten Geschäftsgegenstandes des Unternehmens unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu treffen, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Dem Anlagevermögen sind daher nur Vermögensgegenstände zuzuordnen, deren dauerhaftes Vorhandensein notwendig ist, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112.
Für die Zuordnung zum Anlagevermögen unerheblich ist die Zeitdauer der Miete / Pacht. Daher ist es auch unerheblich, ob mehrfach derselbe Gegenstand oder ein vergleichbarer Gegenstand gemietet oder gepachtet wird, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112. Auch steht eine Anschlussüberlassung der Annahme von Anlagevermögen nicht entgegen, BFH vom 28.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388; BFH vom 08.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. 2017 II 722.
Für den Fall des Bezuges von Leistungen durch einen Reiseveranstalter kam das Finanzgericht Düssseldorf zu der Überzeugung, dass der klassische Reiseveranstalter Reiseleistungen (z.B. Flugtransfer, Hotelübernachtung, Verpflegung, Ausflüge usw.) einkaufen würde, um diese zu bündeln und als Leistungspakete an die Kunden zu „verkaufen“. Nach Ansicht des Gerichtes kam dem Leistungseinkauf dabei die Funktion des Wareneinsatzes zu. Zudem, so das Finanzgericht weiter, setzt die Tätigkeit des Reiseveranstalters nicht voraus, dass die Ausübung der Tätigkeit nur dann wirtschaftlich sinnvoll möglich ist, wenn der Reiseveranstalter das Eigentum am Hotel bzw. den Hotelzimmern inne hat. Eine solche Eigentumsposition sei vielmehr kontraproduktiv, da die reiseveranstaltende Person dann nicht mehr auf ein sich veränderndes Nachfrageverhalten am Reisemarkt reagieren könne. Dementsprechend seien die bezogenen Leistungen vielmehr dem Umlaufvermögen als dem Anlagevermögen zuzuordnen. Die bezogene Leistung verbrauche sich mit der Reise des Endkunden.
Auch sei die Position des Reiseveranstalters vergleichbar mit derjenigen der Durchführungsgesellschaft, bei der der BFH eine Hinzurechnung mit Entscheidung vom 28.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 verneint hatte. Allerdings würden die dort genannten Gründe zu einem differenzierten Bild führen. So würde im Fall der verbindlichen Bestellung durch den Reiseveranstalter nach den Entscheidungsgrundsätzen eine Hinzurechnung nicht ausgeschlossen sein. Würde indes nur eine, wie das Finanzgericht ausführt, „Anwartschaft“ bestehen, würde nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidung zur Durchführungsgesellschaft eine Hinzurechnung ausgeschlossen sein. Im Entscheidungsfall sind rund 99 % der vertraglichen Vereinbarungen entsprechend ausgestaltet.
Das Finanzgericht folgert hieraus, dass das Auslastungsrisiko damit beim Hotelier liegt. Zugleich führt es aber im Sachverhalt auch aus, dass sich aus den vertraglichen Vereinbarungen auch Mindestabnahmen ergeben, was gegen eine vollständige Übernahme des Auslastungsrisikos spricht.
Im Übrigen schließt das Finanzgericht hieraus, dass die steuerpflichtige Person damit die angemieteten / gepachteten Flächen nicht ständig für den Gebrauch im Betrieb vorhält, sondern nur temporär. Es stellt sich damit in Widerspruch zu anderen Entscheidungen, die für die Beurteilung des Anlagevermögenscharakters auf den Zeitraum der Miete und Pacht abstellen. So widerspricht das Finanzgericht den Erwägungen des IV. Senates im Konzertveranstalterfall, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017 ,985, dass die Grundsätze der Entscheidung des I. Senates zur Durchführungsgesellschaft, BFH vom 28.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388, nicht verallgemeinerbar sind.
Nach Ansicht des Finanzgerichtes sprechen für die Verneinung der Hinzurechnung – unter Bezugnahme auf die Erwägungen des I. Senates des BFH in der Entscheidung zur Durchführungsgesellschaft – auch historische Erwägungen. So seien die Hinzurechnungen von Miet- und Pachtzinsen betreffend die Überlassung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens erst mit der Unternehmensteuerreform 2008 gesetzlich normiert worden. Auch sei die Hinzurechnungsfrage im Gesetzgebungsverfahren nicht thematisiert worden.
Ferner beruft sich das Finanzgericht auch darauf, dass sich das Geschäftsmodell der steuerpflichtigen Person eigenkapitalfinanziert nicht darstellen lassen würde, was ebenfalls gegen eine Hinzurechung spricht. Dass dieses Argument an anderer Stelle durch den BFH bereits verworfen wurde, greift das Finanzgericht nicht auf.
Das Finanzgericht hat zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen, die dann von der Finanzverwaltung eingelegt und später zurück genommen wurde.
§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG: Aktivierung von Miet- und Pachtzinsen bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens
FG Schleswig-Holstein vom 21.03.2018, EFG 2018, 1284
[aufgehoben durch BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, NWB KAAAH-63466]
Der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG unterliegen Aufwendungen, die bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb nach § 7 GewStG abgesetzt worden sind.
Nicht der Hinzurechnung unterliegen daher Aufwendungen, die einem steuerlichen Abzugsverbot unterliegen. Ebenfalls nicht der Hinzurechnung unterliegen Aufwendungen, die einem steuerlichen Aktivierungsgebot unterliegen oder die unter Ausübung eines Wahlrechtes aktiviert wurden. Da das Steuerrecht keine eigenständige Definition der Anschaffungs- und Herstellungskosten enthält, finden hinsichtlich der Bestimmung von Anschaffungs- und Herstellungskosten die Regelung des Handelsrechtes Anwendung.
[Hinweis: Nach § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sind Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen Herstellungskosten. Dazu gehören nach § 255 Abs. 2 S. 2 HGB die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Nicht zu den Anschaffungskosten rechnen indes die Kosten des Vertriebes nach § 255 Abs. 2 S. 4 HGB.
Zu den Fertigungskosten rechnen all die Kosten, die der Herstellung des spezifischen Vermögensgegenstandes zuzurechnen sind. Das können auch Mieten und Pachten für die Überlassung von Gegenständen sein, die für die Herstellung des Vermögensgegenstandes genutzt werden.]
Das Finanzgericht greift in seiner Begründung auf die Entscheidungen des BFH zur Aktivierung und in der Folge zur Hinzurechnung von Bauzeitzinsen nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG zurück und erinnert daran, dass der BFH bereits mit Entscheidung von 10.03.1993 – I R 59/92, BFH/NV 1993, 561 entschieden hat, dass eine Hinzurechnung von Bauzeitzinsen nur dann in Betracht kommt, wenn diese vom Gewinn abgesetzt wurden. Schon damals hatte der BFH festgestellt, dass aufgrund der Aktivierung der Bauzeitzinsen eine Gewinnauswirkung der Bauzeitzinsen nicht gegeben war. Offen konnte in dieser ersten Entscheidung noch die Frage bleiben, ob durch die spätere Abschreibung eine Gewinnauswirkung hervorgerufen würde, die eine Hinzurechnung hervorrufen würde. Diese Frage wurde höchstrichterlich erst mit der Entscheidung des BFH vom 30.04.2003 – I R 19/02, BStBl. 2004 II 192 getroffen. Der BFH entschied damals, dass durch die Aktivierung die Zinsaufwendungen ihren Charakter verlieren würden und die spätere Abschreibung der Herstellungskosten keinen anteiligen Zinsaufwand mehr transportieren.
Diese Argumentation hält das FG Schleswig-Holstein für unzutreffend, weil sie letztlich auf der Saldierung von Zinsaufwand und den Folgen der Aktivierung bzw. den Folgen der Veräußerung bei unterjährig ausgeschiedenen Wirtschaftsgütern ausgeht. Anders ausgedrückt: Es kommt zu einer Gewinnauswirkung im Zeitpunkt der Berücksichtigung der Kosten und zu einer gegenläufigen Berücksichtigung im Zeitpunkt der Aktivierung durch Ausübung des Wahlrechtes bzw. im Zeitpunkt des Ausscheidens des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen. Wenn überhaupt würde nur die Aktivierung der Aufwendungen zu einer Umqualifikation des Aufwandes in neutrale Herstellungskosten führen können. Im Falle des unterjährigen Ausscheidens aus dem Betriebsvermögen scheidet eine Aktivierung jedoch aus. Daher verlören, so das Finanzgericht weiter, Miet- und Pachtzinsen bei unterjährig ausscheidenden Wirtschaftsgütern ihren Charakter nicht. Damit könnten diese Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG hinzugerechnet werden.
[Anmerkung: Das Finanzgericht übersieht in seiner Argumentation jedoch, dass Mieten und Pachten zu den Fertigungskosten zählen können, die nach § 255 Abs. 2 S. 1 HGB zu aktivieren sind. Diese Kosten sind also von Anfang an nicht als Aufwand zu berücksichtigen, sondern dem Vermögensgegenstand zuzuordnen. Anders als das Finanzgericht ausführt droht in diesen Fällen auch kein zufälliges Ergebnis, das davon abhängt, ob das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch vorhanden ist oder bereits zuvor veräußert wurde.
Dem entgegen sind Zinsen von der Aktivierung als Herstellungskosten nach § 255 Abs. 3 S. 1 HGB grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gesetz erlaubt jedoch im Rahmen einer Bewertungshilfe nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB die Aktivierung von Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung des Vermögensgegenstandes verwendet wird, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Die Anknüpfung des Finanzgerichtes an die Bauzeitzins-Rechtsprechung des BFH greift daher zu kurz. Richtigerweise hätte das Finanzgericht im vorliegende Fall eine Aktivierungspflicht annehmen müssen. Es hätte dann auch nicht zur vorgestellten Kritik an der saldierenden Betrachtung des BFH kommen können.
Damit hätte sich die Frage gestellt, ob bei der Beantwortung der Rechtfrage zwischen der Herstellung von Wirtschaftsgütern den Anlage- und des Umlaufvermögens zu differenzieren ist, hätte das Finanzgericht dann ebenfalls entscheiden müssen. Es hätte dann erkennen müssen, dass die handelsrechtlichen Regelungen des § 255 Abs. 2 HGB nicht zwischen Anlage- und Umlaufvermögen differenzieren. Diesen Befund hätte es unter Verweis auf die spezielle Regelung betreffend die Aktivierung von Herstellungskosten für selbst geschaffene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach § 255 Abs. 2a HGB bestärkt sehen können.]