§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG: Aufwendungen für Hotelkontingente

FG Düsseldorf vom 24.09.2018 – 3 K 2728/16 G, FR 2019, 1146

Die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr . 1 lit. d/e GewStG setzt voraus, dass entsprechende Aufwendungen für die Benutzung von (un)beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, anfallen.

Der Begriff des Anlagevermögens setzt dem Grunde nach das Eigentum an dem betreffenden Vermögensgegenstand voraus. Da im Miet- bzw. Pachtfall kein Eigentum an der Sache vorliegt, ist darauf abzustellen, ob die Sache, stünde sie im Eigentum der mietenden bzw. pachtenden Person, dem Anlagevermögen dieser Person zuzuordnen wäre, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Das Eigentum an der Sache wird also voraussetzungslos fingiert, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112. Unerheblich ist es daher, ob die Sache überhaupt erworben werden kann oder ob ein Erwerb der Sache wirtschaftlich sinnvoll ist. Ob die Sache dem Anlagevermögen zuzuordnen ist, richtet sich danach, ob die Sache dazu bestimmt ist dem Betrieb auf Dauer zu dienen, § 247 Abs. 2 HGB. Diese Zuordnungsentscheidung ist anhand des konkreten Geschäftsgegenstandes des Unternehmens unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu treffen, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Dem Anlagevermögen sind daher nur Vermögensgegenstände zuzuordnen, deren dauerhaftes Vorhandensein notwendig ist, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112.

Für die Zuordnung zum Anlagevermögen unerheblich ist die Zeitdauer der Miete / Pacht. Daher ist es auch unerheblich, ob mehrfach derselbe Gegenstand oder ein vergleichbarer Gegenstand gemietet oder gepachtet wird, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112. Auch steht eine Anschlussüberlassung der Annahme von Anlagevermögen nicht entgegen, BFH vom 28.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388; BFH vom 08.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. 2017 II 722.

Für den Fall des Bezuges von Leistungen durch einen Reiseveranstalter kam das Finanzgericht Düssseldorf zu der Überzeugung, dass der klassische Reiseveranstalter Reiseleistungen (z.B. Flugtransfer, Hotelübernachtung, Verpflegung, Ausflüge usw.) einkaufen würde, um diese zu bündeln und als Leistungspakete an die Kunden zu „verkaufen“. Nach Ansicht des Gerichtes kam dem Leistungseinkauf dabei die Funktion des Wareneinsatzes zu. Zudem, so das Finanzgericht weiter, setzt die Tätigkeit des Reiseveranstalters nicht voraus, dass die Ausübung der Tätigkeit nur dann wirtschaftlich sinnvoll möglich ist, wenn der Reiseveranstalter das Eigentum am Hotel bzw. den Hotelzimmern inne hat. Eine solche Eigentumsposition sei vielmehr kontraproduktiv, da die reiseveranstaltende Person dann nicht mehr auf ein sich veränderndes Nachfrageverhalten am Reisemarkt reagieren könne. Dementsprechend seien die bezogenen Leistungen vielmehr dem Umlaufvermögen als dem Anlagevermögen zuzuordnen. Die bezogene Leistung verbrauche sich mit der Reise des Endkunden.

Auch sei die Position des Reiseveranstalters vergleichbar mit derjenigen der Durchführungsgesellschaft, bei der der BFH eine Hinzurechnung mit Entscheidung vom 28.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 verneint hatte. Allerdings würden die dort genannten Gründe zu einem differenzierten Bild führen. So würde im Fall der verbindlichen Bestellung durch den Reiseveranstalter nach den Entscheidungsgrundsätzen eine Hinzurechnung nicht ausgeschlossen sein. Würde indes nur eine, wie das Finanzgericht ausführt, „Anwartschaft“ bestehen, würde nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidung zur Durchführungsgesellschaft eine Hinzurechnung ausgeschlossen sein. Im Entscheidungsfall sind rund 99 % der vertraglichen Vereinbarungen entsprechend ausgestaltet.

Das Finanzgericht folgert hieraus, dass das Auslastungsrisiko damit beim Hotelier liegt. Zugleich führt es aber im Sachverhalt auch aus, dass sich aus den vertraglichen Vereinbarungen auch Mindestabnahmen ergeben, was gegen eine vollständige Übernahme des Auslastungsrisikos spricht.

Im Übrigen schließt das Finanzgericht hieraus, dass die steuerpflichtige Person damit die angemieteten / gepachteten Flächen nicht ständig für den Gebrauch im Betrieb vorhält, sondern nur temporär. Es stellt sich damit in Widerspruch zu anderen Entscheidungen, die für die Beurteilung des Anlagevermögenscharakters auf den Zeitraum der Miete und Pacht abstellen. So widerspricht das Finanzgericht den Erwägungen des IV. Senates im Konzertveranstalterfall, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017 ,985, dass die Grundsätze der Entscheidung des I. Senates zur Durchführungsgesellschaft, BFH vom 28.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388, nicht verallgemeinerbar sind.

Nach Ansicht des Finanzgerichtes sprechen für die Verneinung der Hinzurechnung – unter Bezugnahme auf die Erwägungen des I. Senates des BFH in der Entscheidung zur Durchführungsgesellschaft – auch historische Erwägungen. So seien die Hinzurechnungen von Miet- und Pachtzinsen betreffend die Überlassung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens erst mit der Unternehmensteuerreform 2008 gesetzlich normiert worden. Auch sei die Hinzurechnungsfrage im Gesetzgebungsverfahren nicht thematisiert worden.

Ferner beruft sich das Finanzgericht auch darauf, dass sich das Geschäftsmodell der steuerpflichtigen Person eigenkapitalfinanziert nicht darstellen lassen würde, was ebenfalls gegen eine Hinzurechung spricht. Dass dieses Argument an anderer Stelle durch den BFH bereits verworfen wurde, greift das Finanzgericht nicht auf.

Das Finanzgericht hat zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen, die dann von der Finanzverwaltung eingelegt und später zurück genommen wurde.

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