§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Vermietung von Hallen mit Rolltoren und Laderampen

FG Düsseldorf vom 24.02.2023 – 10 K 1672/20 G, NWB BAAAJ-37316

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Voraussetzung für die Gewährung der erweiterten Kürzung ist, dass das steuerpflichtige Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Soweit eigenes bewegliches Vermögen genutzt und verwaltet wird, würde das die Gewährung der erweiterten Grundbesitzkürzung ausschließen. [Hinweis: Ab dem Erhebungszeitraum 2021 können Tätigkeiten in dem in § 9 Nr. 1 S. 3 lit. c GewStG umschriebenen Rahmen ausgeübt werden, außerhalb der eigentlich begünstigten Tätigkeit liegen.]

Grundbesitz im Sinne der erweiterten Grundbesitzkürzung ist der Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne. Das bedeutet, das zivilrechtlich wesentliche Bestandteile eines Grundstücks aus steuerlicher Sicht selbständige Wirtschaftsgüter sein können, wenn sie als Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG anzusehen sind.

Eine Betriebsvorrichtung ist eine Betriebsanlage. Sie umfasst Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art. Aus der Formulierung, dass Maschinen und sonstige Vorrichtungen zu einer Betriebsanlage gehören entnimmt die Rechtsprechung, dass zwischen Betriebsvorrichtung und Betriebsablauf ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen muss, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Nicht ausreichend ist es, wenn die Anlage für den Betrieb lediglich nützlich, notwendig oder gewerbeordnungsrechtlich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden, BFH vom 09.12.1988 – III R 133/84, BFH/NV 1989, 570.

Nach Ansicht des Gerichtes dienen Rolltore der Gebäudebenutzung, indem sie – wie Türen – einen Zugang zum Gebäude öffnen und gewährleisten, dass das Gebäude einen Raum fest umschließt, soweit sie nicht zweckbestimmt kurzzeitig geöffnet sind. Die haben daher auch nur mittelbar betriebliche Funktionen.

Ebenfalls sind Rampen keine Betriebsvorrichtungen, gleichlautende Ländererlasse vom 05.06.2013 – BStBl. 2013 I 734. Auch diese dienen nur der Schaffung eines Zugangs zum Gebäude, BFH vom 10.07.1964 III 159/60 U, BStBl. 1964 III 523.

§ 8 Nr. 1 lit. f GewStG: Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten

BFH vom 23.02.2023 – IV R 37/18

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. f GewStG Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit der Ausnahme von Lizenzen, die ausschlich dazu berechtigen daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen).

Eine zeitlich befristet Überlassung eines Rechtes setzt voraus, dass das Recht nicht endgültig bei der berechtigten Person verbleibt, mithin ein Rückfall ausgeschlossen ist oder wirtschaftliche Erschöpfung eintritt, BFH vom 19.12.2019 – III R 39/18, BStBl. 2020 II 397.

Zu den Rechten im Sinne der Vorschrift zählen auch Kabelweitersenderechte, da diese im Kern eine urheberrechtliche geschützte Position im Sinne des § 31 Abs. 1 UrhG darstellen. Urheberrecht selbst sind Rechte im Sinne des § 8 Nr. 1 lit. f GewStG, BFH vom 29.06.2022 – III R 2/21, BFHE 277, 406.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Betreuung von Wohnungsbauten

BFH vom 16.02.2023 – III R 49/20, BStBl. 2024 II 126

[Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Zweck der Vorschrift ist die Herstellung einer rechtsformneutralen Besteuerung von Immobiliengesellschaften, BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262. Denn die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes ist grundsätzlich vermögensverwaltender Art und unterliegt mithin nicht der Gewerbesteuer. Eine Gewerbesteuerpflicht der Tätigkeit kann sich jedoch aus der Rechtsform der Immobiliengesellschaft ergeben. Für diesen Fall gewährt § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG eine Kürzung.

Die Kürzung setzt voraus, dass die Tätigkeit der gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft die Grenzen der Vermögensverwaltung nicht überschreitet. Nicht kürzungsschädlich sind ausnahmsweise Tätigkeiten, die als zwingender Teil einer wirtschaftlich sinnvoll [Anmerkung: Es ist unklar, ob der Begriff „wirtschaftlich sinnvoll“ im Sinne einer Rendite oder im Sinne eines technischen Nutzung des Grundbesitzes zu verstehen ist.] gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen sind, BFH vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl. 2022 II 87.

Das Gesetz führt des weiteren Tätigkeit auf, die neben der Verwaltung und Betreuung des eigenen Grundvermögens ausgeführt werden können, ohne dass die erweiterte Grundbesitzkürzung zu versagen ist. Allerdings unterliegt der hieraus resultierende Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 1 S. 3 GewStG nicht der Kürzung, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405. Unschädlich ist demnach, dass eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt oder Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, errichtet und veräußert.

Das Gesetz erlaubt neben der vermögensverwaltenden Haupttätigkeit auch die Ausübung originär gewerblicher Tätigkeiten im Rahmen der Betreuung von Wohnungsbauten, BFH vom 15.04.2021 – IV R 32/18, BStBl. 2021 II 624. Die Betreuung von Wohnungsbauten umfasst sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung, BFH vom 15.04.2021 – IV R 32/18, BStBl. 2021 II 624, BFH vom 17.09.2003 – I R 8/02, BStBl. 2004 II 243.

Bewirtschaftungsbetreuung ist die praktische Betreuung des Gesamtobjektes vor Ort. Sie ist nicht auf eine Verwaltungstätigkeit, also auf rechtsgeschäftliche und administrative Handlungen, wie die Vermietung von Wohnung, die Erstellung von Nebenkostenabrechnungen und die Beauftragung von Dritten (Handwerkern, Reinigungskräften usw.) begrenzt, a.A. FG Berlin-Brandenburg vom 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm, der auf die Betreuung und nicht auf die Verwaltung der Wohnungsbauten abzielt ist. Aber auch der Zweck der Regelung, die Schaffung von Wohnraum und die Eigentumsbildung breiter Bevölkerungsschichten zu fördern, lässt eine solche Begrenzung nicht erkennen, BFH vom 15.04.2021 – IV R 32/18, BStBl. 2021 II 624. Eine Bewirtschaftungsbetreuung liegt mithin nicht nur vor, wenn die Verwaltung der Immobilie erfolgt, sondern wird auch durch eine Person ausgeübt, die vor Ort die Hauptverantwortung in dem Sinne trägt, dass sie sich um das Objekt kümmert und in Abwesenheit der Person, die Eigentümerin der Immobilie ist, sowie der Person, die die Verwaltung vertritt, die Hauptverantwortung für das Objekt trägt und als Hauptansprechpartner dient.

Die Erbringung von entgeltlichen Reinigungsleistungen betreffend Gemeinschaftsflächen eines Gebäudes, das nicht im Eigentum der grundbesitzenden Gesellschaft steht, ist als gewerbliche Leistung kürzungsschädlich. Etwas Anderes kann sich ergeben, wenn die Reinigungsleistungen mietvertraglich bei Objekten geschuldet wird, die für eigene Verwaltungszwecke genutzt werden.

Geschützt: § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG: Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen bei Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche

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Geschützt: § 8 Nr. 1 lit. f GewStG: Entgelte von Wasserversorgungsunternehmen, denen die Wasserversorgung nicht als Pflichtaufgabe übertragen wurde

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§ 33 Abs. 1 GewStG: Nichtberücksichtigung der Honorare von selbständigen Handelsvertretern

Hessisches FG vom 29.11.2022 – 8 K 700/21, NWB LAAAJ-36760

Der Gewerbesteuermessbetrag unterliegt der Zerlegung nach §§ 28ff. GewStG, wenn die steuerpflichtige Person innerhalb des Erhebungszeitraumes in mehreren Gemeinde Betriebsstätten unterhält, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG. Vorbehaltlich des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG erfolgt die Zerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne. Führt die Zerlegung nach Arbeitslöhnen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, ist die Zerlegung nach einem Maßstab durchzuführen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt, § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Maßstab der Prüfung des offenbar unbilligen Ergebnisses ist der gesetzlich verfolgte Zweck der Zerlegung, die Umsetzung des tragenden Besteuerungsgedankens der Gewerbesteuer, des Äquivalenzprinzips. Den Gemeinden soll ein Ausgleich für diejenigen Gemeindelasten, die durch die Betriebsstätte des Unternehmens im Gemeindegebiet erwachsen, in Form einer Steuerquelle zustehen. Eine Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen auf die verschiedenen Gemeinden, in deren Gebiet sich eine Betriebsstätte befindet, dürfte anhand der konkreten Lasten kaum möglich sein. Denn diese lassen sich im Besteuerungsverfahren nicht bestimmen. Soweit der Gesetzgeber die Lasten als Arbeitnehmerfolgelasten versteht, hat er als Maßstab der Aufteilung der Besteuerungsgrundlage auf verschiedene Gemeinden an das Verhältnis der Arbeitslöhne abgestellt. Dabei hat der Gesetzgeber sich auch davon leiten lassen, dass dieses Verhältnis leicht zu ermitteln ist. Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung dieses Aufteilungsmaßstabes erkannt und in Kauf genommen, dass dieser stark typisierend ist und im Einzelfall zu ungewollten Ergebnissen führen kann. Zur Absicherung der Typisierung hat der Gesetzgeber für offenbar unbillige Ergebnisse der Zerlegung eine Ausnahmeregelung in § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG geschaffen. Dieser Tatbestand kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn die Tatumstände derart außergewöhnlich sind, dass die Zerlegung nach Arbeitslöhnen den Interessensausgleich zwischen den hebeberechtigten Gemeinden nicht gewährleisten kann. Nicht ausreichend ist daher eine sich bereits aus der Methode der Zerlegung nach § 29 GewStG ergebende Unbilligkeit, BFH vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007 II 836. Notwendig ist vielmehr eine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht, BFH vom 17.02.1993 – I R 19/92, BStBl. 1993 II 679. Eine solche erfordert ein deutliches Missverhältnis zwischen der unmittelbaren Belastung der einzelnen Gemeinden durch die Betriebsstätten einerseits dem ihr zugewiesenen Zerlegungsanteil andererseits. Dabei ist die Belastung der Gemeinden anhand der Arbeitnehmerfolgekosten zu bestimmen. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Zerlegungsanteil nach Arbeitslöhnen in einer Gemeinde durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern auf null reduziert wird, BFH vom 26.02.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836. Etwas anderes gilt jedoch für den Einsatz von Handelsvertretern, BFH vom 06.08.1962 – I B 212/59, DB 1962, 1493, BFH vom 12.07.1960 – I B 47/59 S, BStBl. 1960 III 386. [Hinweis: Aber auch andere Lasten der Gemeinde können Berücksichtigung finden.]

Die Belastungen der Gemeinde durch Arbeitnehmerfolgekosten oder in anderer Art und Weise sind durch die hebeberechtigte Gemeinde darzulegen, sollten diesen nicht erkennbar sein.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Überlassung von Betriebsvorrichtungen und Erbringung von Reinigungs- und Bewachungsleistungen

FG Berlin-Brandenburg vom 22.11.2022 – 6 K 6066/21, SAAAJ-37708

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Zweck der Vorschrift ist die Herstellung einer rechtsformneutralen Besteuerung von Immobiliengesellschaften, BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. 2019 II 262. Denn die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes ist grundsätzlich vermögensverwaltender Art und unterliegt nicht der Gewerbesteuer. Eine Gewerbesteuerpflicht der Tätigkeit kann sich jedoch aus der Rechtsform der Immobiliengesellschaft ergeben. Für diesen Fall gewährt § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG eine Kürzung.

Die Kürzung setzt voraus, dass die Tätigkeit der gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft die Grenzen der Vermögensverwaltung nicht überschreitet. Das wäre der Fall, wenn die Tätigkeit die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels verwirklichen würde.

Tatbestandliche Voraussetzung der erweiterten Grundbesitzkürzung ist sodann, dass ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wird. Die Begriffe verwalten und nutzen beschreiben allgemein die Vermögensverwaltung und stellen zugleich klar, dass alle typischen Hauptpflichten und Nebenpflichten eines Miet- und Pachtvertrages Teil der begünstigten Tätigkeit sind. Nur darüber hinausgehende, atypische Pflichten können einer erweiterten Grundbesitzkürzung im Wege stehen. Zu den nutzungsvertraglichen Nebenpflichten gehört die Reinigung von Gemeinschaftsflächen durch die nutzungsüberlassende Person. Nur wenn die Reinigungsleistung darüber hinausgeht, kann die Reinigungsleistung zur Hauptpflicht erstarken, so im Fall des FG Berlin-Brandenburg vom 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629; BFH vom 17.01.1961 – I 53/60 S, BStBl. 1961 III 233.

Über die typischen Vertragspflichten hinaus gehen Bewachungsleistungen, BFH vom 12.03.1964 – IV 136/61 S, BStBl. 1964 III 364, FG Berlin-Brandenburg vom 19.11.2019 – 8 K 8055/17, DStR 2020, 859. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn die Bewachung des Objektes im eigenen Interesse und damit zum Schutz des Objektes erfolgt, BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175. Erstreckt sich die Bewachung auch auf Besitz und Eigentum der nutzenden Personen, steht das der erweiterten Kürzung [Anmerkung: entgegen der Rechtsprechung BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. 2017 II 175] entgegen. Welchen Zweck die Bewachung eines Objektes verfolgt, ist an den konkreten Gegebenheiten festzumachen. Dabei wird die Lage des konkreten Objektes ebenso wie dessen Frequentierung durch Laufkundschaft sowie Besonderheiten des Objektes zu berücksichtigen sein.

Der Begriff des Grundbesitzes ist bewertungsrechtlich zu verstehen. Zum Grundvermögen gehören daher nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG der Grund und Boden sowie die Gebäude. Nicht zum Grundbesitz gehört ausweislich § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG die sog. Betriebsvorrichtung selbst dann, wenn es sich um wesentliche Grundstücksbestandteile nach §§ 93f. BGB handelt. Das sind Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, mittels derer das Gewerbe der nutzenden Partei unmittelbar betrieben wird, BFH vom 28.02.2013 – III R 35/12, BStBl. 2013 II 606. Keine Betriebsvorrichtungen liegen vor, wenn die Vorrichtungen im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich sind, BFH vom 24.03.2006 – III R 40/04, BFH/NV 2006, 2130.

Werden neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes weitere Tätigkeiten ausgeübt, ist es unerheblich, ob diese mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden; schädlich ist bereits die bloße Verrichtung der Tätigkeit. Würden sie mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt, läge allerdings bereits eine, die erweiterte Grundbesitzkürzung per se ausschließende gewerbliche Tätigkeit vor. Fehlt es an der Gewinnerzielungsabsicht, liegt eine kürzungsschädliche Tätigkeit vor, die selbst nicht der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes zuzuordnen ist und auch keine unschädliche Nebentätigkeit darstellt.

Nicht kürzungsschädlich sind ausnahmsweise Tätigkeiten, die als zwingender Teil einer wirtschaftlich sinnvoll [Anmerkung: Es ist unklar, ob der Begriff „wirtschaftlich sinnvoll“ im Sinne einer Rendite oder im Sinne einer technischen Nutzung des Grundbesitzes zu verstehen ist.] gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen sind, BFH vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl. 2022 II 87. Jedenfalls liegt ein solcher Fall nicht vor, wenn eine mietende Partei die entsprechenden Anlagen in Eigenregie tatsächlich ersetzt und betreibt.

Das Gesetz führt des weiteren Tätigkeiten auf, die neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundvermögens ausgeführt werden können, ohne dass die erweiterte Grundbesitzkürzung zu versagen ist. Allerdings unterliegt der hieraus resultierende Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 1 S. 3 GewStG nicht der Kürzung, BFH vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. 2020 II 405. Unschädlich ist demnach, dass eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt wird oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, errichtet und veräußert oder Wohnungsbauten betreut werden.

§ 3 Nr. 20 GewStG: Steuerbefreiung eines Geburtshauses

FG Münster vom 21.11.2022 – 7 K 423/21, NWB XAAAJ-33535

Der Gewerbesteuer unterliegen nach § 2 Abs. 1 GewStG Unternehmen, die originäre gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG erzielen ebenso wie Unternehmen, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aufgrund der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit (Infektion nicht gewerblicher Tätigkeiten durch gewerbliche Tätigkeit) insgesamt gewerbliche Einkünften erzielen sowie nach Nr. 2 gewerblich Einkünfte aufgrund der rechtliche Ausgestaltung ihrer Tätigkeit (gewerbliche Prägung) fiktiv gewerbliche Einkünfte erzielen. Darüber hinaus unterliegen Unternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 GewStG der Gewerbesteuer.

Die Regelungen zur Steuerpflicht haben mithin überschießende Tendenz. Das Gesetz sieht daher in § 3 GewStG unterschiedliche Befreiungstatbestände vor. Ein Grund für die Befreiung von der Gewerbesteuer ist die Entlastung der Sozialversicherungsträger, BFH vom 22.10.2003 – I R 65/02, BStBl. 2004 II 300.

Nach § 3 Nr. 20 GewStG sind unter weiteren Voraussetzungen Krankenhäuser und Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime sowie Rehabilitationseinrichtungen von der Gewerbesteuer befreit. Die Befreiungsnorm erstreckte sich anfänglich (BGBl. 1976 I 3341) nur auf Krankenhäuser, Altenwohnheime und Altenpflegeheime. In der Folge wurde die Vorschrift auf Pflegeheime erstreckt (BGBl. 1979 I 1953). Später wurden auch Kurzzeitpflegeeinrichtungen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen in den Anwendungsbereich der Norm aufgenommen (BGBl. 1993 I 2310). Ambulante Rehabilitationseinrichtungen wurden erst mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2015 in den gesetzlichen Anwendungsbereich aufgenommen (BGBl. 2014 I 1266) und mit Einrichtungen zur stationären Pflege in § 3 Nr. 20 lit. e GewStG gleichgestellt.

Voraussetzung für die Befreiung eines Krankenhauses von der Gewerbesteuer ist nach § 3 Nr. 20 lit. b GewStG, dass die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 AO erfüllt sind.

Die Regelung des § 67 Abs. 1 AO betrifft die Krankenhäuser im Anwendungsbereich des Krankhausentgeltgesetz sowie der Bundespflegesatzverordnung und setzt voraus, dass mindestens 40 % der jährlichen Belegtage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 7 Krankenhausentgeltgesetz bzw. § 10 Bundespflegesatzverordnung berechnet werden.

Fällt ein Krankenhaus nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung, ist es von § 67 Abs. 2 AO erfasst. Insoweit wird weiter vorausgesetzt, dass mindestens 40 % der jährlichen Belegtage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach Abs. 1 berechnet wird.

Eine Definition des Tatbestandsmerkmals Krankenhaus ist den Steuergesetzen nicht zu entnehmen. Eine solche enthalten jedoch § 2 Nr. 1 KHG und § 107 SGB V.

Krankenhaus im Sinne des § 2 Nr. 1 KHG ist eine Einrichtung, in der durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in den die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. In ähnlicher Weise beschreibt § 107 SGB V ein Krankenhaus als Einrichtung, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dient, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung steht, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügt und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeitet, mit Hilfe von jederzeit verfügbaren ärztlichem Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet ist vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können. Kein Krankenhaus ist demnach eine Einrichtung, die lediglich ambulante Leistungen erbringt, § 107 Abs. 1 Nr. 4 SGB V, wobei sich die stationäre Betreuung nicht auf die Nebenleistungen Unterkunft, Pflege und Verpflegung beschränkt, sondern auch die Hauptleistungen der ärztlichen Betreuung und Hebammenhilfe umfassen muss.

Unter Geburtshilfe ist die Entbindung zu verstehen, § 24f SGB V. Diese kann sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden, wobei ein Krankenhaus sich nicht darauf beschränken darf diese ambulant anzubieten.

Sozialrechtlich sind stationäre Entbindungen jedoch nicht allein Krankenhäusern vorbehalten, sondern auch anderen Einrichtungen eröffnet. Andere Einrichtung in diesem Sinne kann jedoch nur eine solche sein, die selbst Krankenhaus ist. Das setzt voraus, dass sie unter ständiger ärztlicher Leitung steht. Ein Geburtshaus unter der Leitung einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers genügt dem nicht, BSG vom 21.02.2006 – B 1 KR 34/04 R, NZS 2006, 649. Die zu § 197 Abs. 1 RVO ergangene Rechtsprechung lässt sich auf § 24f SGB V übertragen, denn die Gesetzesmaterialien besagen, dass die bisherige Regelung des § 197 RVO in § 24f SGB V ohne Änderung übernommen werden sollte. A.A. Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Rn. 497 (02.2021).

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 lit. b GewStG setzt mithin stets die ständige ärztliche Leitung der Einrichtung voraus.

Darüber hinaus setzt § 67 Abs. 1 AO voraus, dass eine Abrechnung der Leistungen nach Krankenhausentgeltgesetz oder Bundespflegesatzverordnung erfolgt. Soweit diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 2 AO eröffnet, wenn für 40 % der jährlichen Belegungs- und Berechnungstage kein höheres Entgelt als nach § 67 Abs. 1 AO berechnet wird. Maßgebliches Entgelt sind die Fallpauschalen nach § 7 Krankenhausentgeltgesetz bzw. § 10 Bundespflegesatzverordnung. Das setzt voraus, dass die im Rahmen einer Vorauskalkulation angesetzten „Selbstkosten“ dem Grunde und der Höhe nach an den Vorgaben der Bundespflegesatzverordnung orientiert sind, FG Baden-Württemberg vom 12.04.2011 – 3 K 516/08, EFG 2011, 1824. Es erfolgt also keine Gesamtbetrachtung.

Nach § 3 Nr. 20 lit. d GewStG erfolgt eine Befreiung von Einrichtungen zu vorübergehenden Aufnahmen pflegebedürftiger Personen sowie von Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen, wenn im Erhebungszeitraum die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind.

Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen nach § 3 Nr. 20 lit. d 1. Var. GewStG sind Pflegeheime, in denen pflegebedürftige Personen zeitweise ganztätig (vollstationär) oder nur tagsüber oder nur nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können (Kurzzeitpflegeeinrichtungen, Tages- und Nachteinrichtungen) im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI sowie § 1 Abs. 3 und Abs. 4 Heimgesetz. Die Finanzverwaltung fasst auch teilstationäre Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen hierzu, soweit sie die Voraussetzungen der §§ 107, 111 SGB V erfüllen, R 3.20 Abs. 4 S. 1 GewStR 2009. Pflegebedürftig ist eine Person nach § 14 SGB XI, wenn sie gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb der Hilfe durch andere bedarf. Es muss sich also um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen haben, oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss voraussichtlich für mindestens sechs Monate und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.

Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen nach § 3 Nr. 20 lit. d 2. Var. GewStG sind die in § 71 Abs. 1 SGB XI genannten Einrichtungen, die pflegebedürftige Personen in deren Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen. Hierzu gehören nicht die ambulanten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, FG Schleswig-Holstein vom 21.02.2001 – II 279/00, EFG 2001, 645. Das gilt auch für Dialysezentren, die nicht im häuslichen Umfeld betrieben werden, BFH vom 25.01.2017 – I R 74/14, BStBl. 2017 II 650. Ebenfalls vom Zweck der Vorschrift die Pflege und Betreuung älterer und kranker Menschen zu fördern, sind Einrichtungen erfasst, die der Pflege gesunder Kinder dienen, deren Eltern ihrer Sorge wegen einer eigenen Erkrankung nicht nachkommen können, Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Nr. 20 Rn. 27 (02/2021). Ausgeschlossen sind damit auch Einrichtungen zur Entbindung, da Schwangere und Entbindende nicht pflegebedürftig sind, was eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 3 SGB VI und § 15 SGB VI ausschließt.

Letztlich befreit § 3 Nr. 20 lit. e GewStG Einrichtungen zur ambulanten und stationären Rehabilitation, wenn die Behandlungskosten in mindestens 40 % der Fälle von gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind, soweit diese Leistungen im Rahmen der verordneten ambulanten oder stationären Rehabilitation im Sinne des Sozialrechts einschließlich der Beihilfevorschriften des Bundes oder der Länder erbringen. Einrichtungen der ambulanten Rehabilitation werden beispielsweise in § 111c SGB V und in § 35 Abs. 1 Nr. 5 Beihilfeverordnung und solche der stationären Rehabilitation in § 111 SGB V genannt. Diese dienen der Behandlung von Patienten, um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen, § 107 Abs. 2 Nr. 1 SGB V. Einrichtungen dieser Art sind fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen, § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Hierzu kommt, dass in den Einrichtungen Patienten untergebracht und verpflegt werden können, § 107 Abs. 2 Nr. 3 SGB V. Zu den Rehabilitationseinrichtungen zählen auch Einrichtungen, die Physiotherapiemaßnahmen vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln wie z.B. Krankengymnastik, Bewegungstherapie und anderen geeigneten Hilfen nach einem ärztlichen Behandlungsplan erbringen, BFH vom 22.10.2003 – I R 65/00, BStBl. 2004 II 300.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Erweiterte Kürzung im Erhebungszeitraum der Veräußerung der letzten Immobilie

FG Münster vom 27.10.2022 – 10 K 3572/18 G [III R 1/23]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschrift des Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder eine der im Gesetz aufgeführten Nebentätigkeiten ausüben, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn die Betätigung der steuerpflichtigen Person nach den Grundsätzen des gewerblichen Grundstückshandels als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG qualifiziert. Das ist vereinfacht gesagt einmal der Fall, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als drei Objekt angeschafft und veräußert werden. Zudem kann auch schon der Verkauf einer einzigen Immobilie als gewerblicher Grundstückshandel qualifizieren, wenn bereits bei Erwerb der Immobilie eine Weiterveräußerungsabsicht vorgelegen hat.

Ob eine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vorliegt, bedarf dann der Prüfung, wenn kleine originär gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG vorliegt, denn aus der Nichtvorliegen des Einen folgt nicht das Vorliegen des Anderen.

Das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit hat eine sachliche wie auch eine zeitliche Komponent.

In zeitlicher Hinsicht ist das Tatbestandsmerkmal während des gesamten Erhebungszeitraums, § 14 GewStG, zu erfüllen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Veräußerung der letzten Immobilie mit wirtschaftlicher Wirkung zum 31.12. um 23:59 Uhr keinen Verstoß gegen die zeitliche Komponente der Ausschließlichkeit darstellt, da insoweit ausgeschlossen ist, dass eine wirtschaftliche Aktivität in der verbleibenden Minute entfaltet wird, BFH vom 11.08.2004 – I R 89/03, BStBl. 2004 II 1080. Dem liegt zu Grunde, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes Haupttätigkeit der steuerpflichtigen Person sein muss, BFH vom 20.01.1982 – I R 201/78, BStBl. 1982 II 477. Mithin war die erweiterte Grundbesitzkürzung zu versagen, wenn nachlaufend die Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens vorgenommen wird und der Zeitraum länger als die anerkannte Minute andauerte.

In sachlicher Hinsicht hat die Ausschließlichkeit eine qualitative und eine quantitative Komponente, BFH vom 26.02.2014 – I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395 sowie BFH vom 26.02.2014 – I R 6/13, BFH/NV 2014, 1400. Die Tätigkeit darf darüber hinaus nur in dem ausdrücklich erlaubten Maß die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes überschreiten.

Aus der Entscheidung des Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 05.05.2016 – 6 K 6359/12, EFG 2015, 1468 geht hervor, dass es zur Einkünfteerzielung kommen müsse. Das bloße Innehaben einer Forderung, bei der die Erzielung von Einkünften ausgeschlossen ist, stelle keine beachtliche Tätigkeit dar. Diese Ansicht des Finanzgerichtes wurde höchstrichterlich durch BFH vom 18.05.2017 – IV R 30/15, BFH/NV 2014, 1191 jedoch nicht bestätigt, da im konkreten Fall bereits der Erhebungszeitraum mit der Veräußerung der Immobilie nach § 14 S. 3 GewStG abgelaufen war, so dass es auf die nachlaufenden Betätigungen der steuerpflichtigen Gesellschaft nicht mehr ankam. Das Finanzgericht Münster hat sich den vorstehenden Erwägungen des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg angeschlossen, da im Streitfall der letzte Immobilie mit „wirtschaftlicher Wirkung zum Beginn des 31.12.“ veräußert wurde. Gründe für den gewählten Veräußerungszeitpunkt sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.

Gegen die Entscheidung hat die Verwaltung Revision eingelegt, die unter III R 1/23 beim BFH anhängig ist.