§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Avalprovisionen als Entgelte für Schulden

BFH vom 31.08.2022 – X R 15/21, FR 2023, 64

[Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.05.2021 – 3 K 199/20, EFG 2021, 2041]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Entgelte für Schulden unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG der Hinzurechnung für gewerbesteuerliche Zwecke. Die Finanzverwaltung versteht unter Entgelten für Schulden die Gegenleistung für die eigentliche Nutzung von Fremdkapital, R 8.1 Abs. 1 S. 1 GewStR 2009. Entsprechend tradierter Rechtsprechung ist das im Einzelfall nach wirtschaftlicher Betrachtung zu beurteilen, RFH vom 13.09.1939 – I 275/38, RStBl. 1938, 1138. Damit sind sowohl der Zins im engeren Sinn, die Gebühr für die Gewährung eines Darlehens sowie laufende Gebühren des Darlehens erfasst. Nicht erfasst sind indes die sonstigen Aufwendungen, die keinen Entgeltcharakter haben. Das sind vor allem die Geldbeschaffungskosten. Auch dienen Avalprovisionen nicht der Nutzung von Fremdkapital, sondern werden für die Einräumung einer Bürgschaft gezahlt, BFH vom 29.03.2007 – IV R 55/05, BStBl. 2007 II 655. Welcher Zweck mit der Bürgschaft verfolgt wird und ob diese notwendige Voraussetzung der Darlehensgewährung ist oder ob diese zu einen günstigeren Zinssatz ermöglicht, ist nach bisherigem Verständnis unerheblich.

Im Rahmen der vorliegenden Entscheidung hat der BFH Stellung zur Einordnung der Avalprovision in den Tatbestand des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG genommen, der tatbestandlich an den Begriff der Schuldzinsen anknüpft. Da der Gesetzgeber den Begriff der Schuldzinsen ertragsteuerrechtlich weder in § 4 Abs. 4a EStG noch in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG definiert hat, ist dieser Begriff auszulegen. Dabei löst sich die Rechtsprechung zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG seit jeher vom engen zivilrechtlichen Verständnis des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB und legen den Begriff wirtschaftlich weit aus.

Schuldzinsen sind nach der Rechtsprechung alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an Gläubiger zu erbringen hat und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits; mithin Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können, BFH vom 29.10.1985 – IX R 56/82, BStBl. 1985 II 143. Diese zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG ergangene Rechtsprechung wurde mit der Entscheidung BFH vom 12.02.2014 – IV R 22/10, BStBl. 2014 II 621 für den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG übernommen. Dem folgt auch die Finanzverwaltung mit Schreiben des BMF vom 02.11.2018 – IV C 6 – S 2144/07/10001:007, BStBl. 2018 I 1207.

Unerheblich ist dabei, ob die Aufwendungen dem Geldgeber oder einem Dritten zufließen, BFH vom 01.10.2002 – IX R 72/99, BStBl. 2003 II 399.

Damit zählen Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) jedenfalls dann zu den Schuldzinsen im Sinne des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird.

Damit stellt sich die Frage, ob die Entscheidungsgrundsätze auf den Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG übertragen werden können. Dafür spricht, dass auch im Rahmen des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG eine wirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen ist. Denn anders als im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG ist der Tatbestand nicht auf Schuldzinsen begrenzt. Der Gesetzgeber spricht vielmehr von Entgelte für Schulden und formuliert daher losgelöst von zivilrechtlich bereits ausgestalteten Begrifflichkeiten. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass im Gewerbesteuerrecht erst Recht eine entsprechend extensive Auslegung geboten ist. Es ist vielmehr zu fragen, ob im Fall der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zwingend eine Zahlung an den Gläubiger zu erfolgen hat oder ob auch Zahlungen an Dritte ausreichend sein können, so wie es in der Entscheidung BFH vom 01.10.2002 – IX R 72/99, BStBl. 2003 II 399 ausreichend war.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Zinsen auf Depotverbindlichkeiten eines Erst- bzw. Rückversicherungsunternehmens

FG München vom 25.07.2022 – 7 K 361/21, EFG 2022, 700

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

§ 8 Nr. 1 GewStG werden bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG erfolgt die Hinzurechnung für die Entgelte für Schulden.

Der Schuldbegriff des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG setzt lediglich ein rechtliches Entstehen der Schuld und eine wirtschaftliche Verursachung voraus. Damit weicht er von dem Begriff des § 240 Abs. 1 HGB und des § 247 Abs. 1 HGB ab[, der einen Leistungszwang gegenüber einem anderen, dem sich der Kaufmann nicht entziehen kann, eine wirtschaftliche Belastung am Abschlussstichtag und eine Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme voraussetzt]. Der Begriff ist nicht durch die Verwendung der Mittel, Umfang der Verbindlichkeit, Dauer des Bestandes der Verbindlichkeit oder andere beschreibende Faktoren abhängig.

Die bei Erstversicherern entstehenden Depotverbindlichkeiten – versicherungstechnische Verbindlichkeitsposten – für das in Rückdeckung gegebene Versicherungsgeschäft (§ 33 Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung) bindet Aktivvermögen nach § 54 Abs. 1 S. 1 VAG. Funktional entspricht das der Situation der versicherungstechnischen Rückstellungen und den aus Versicherungsgeschäften entstandenen Verbindlichkeiten gegenüber Versicherungsnehmen. Für diese wendet die Finanzverwaltung nach A 45 Abs. 9 GewStR 1998 sowie nach den gleichlautenden Ländererlassen vom 02.07.2021, BStBl. 2012 I 654 Rn. 24 in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des BFH vom 04.04.1963 – I 3/62 U, BStBl. 1963 III 264, die auf die Rechtsprechung des RFH vom 26.11.1943 – I D 1/43, RStBl. 1944, 171 zurückgeht, die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG nicht an. Nach Ansicht der Rechtsprechung kommt den versicherungstechnisch gebotenen Rückstellungen, die mit Werten des Deckungsstocks belegt sind, die Funktion eines Sondervermögens zu, das nach §§ 68 bis 78 VAG a.F. zugunsten der Versicherungsnehmer gegen jeden Zugriff Dritter abgesichert ist, BFH vom 21.07.1961 – I 293/61, BStBl. 1967 II 631.

Soweit bei Rückversicherern diese versicherungstechnische Verbindung nicht besteht, weil § 121b VAG a.F. keinen Verweis auf § 66 VAG a.F. enthält, fehlt es gerade an dem Charakter eines Sondervermögens und damit die Rechtfertigung von der Hinzurechnung Abstand zu nehmen.

Auf Ebene eines Rückversicherungsunternehmens greift keine ausnahmsweise zulässige Saldierung von Zinsaufwand und Zinsertrag, wie das bei wechselseits gewährten Darlehen und Darlehen innerhalb eines Cash-Pools denkbar ist, wenn diese wirtschaftlich zusammenhängen. Es bedarf für die Saldierung der Gleichartigkeit, derselben Zweckbestimmung und der tatsächlichen Verrechnung, BFH vom 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. 2019 II 275. Die für eine Saldierung wirtschaftlich zusammenhängender Verbindlichkeiten notwendige wechselseitige Darlehensbeziehung liegt bei der Depotverbindlichkeit eines Rückversicherungsunternehmens nicht vor. Das zeigt sich auch daran, dass die Bildung einer Bewertungseinheit nach § 254 HGB in diesem Fall nicht vorgesehen ist.

Ebenfalls liegt kein durchlaufender Kredit vor. Hiergegen spricht bereits, dass jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten ist, BFH vom 17.07.2019 – III R 24/16, BStBl. 2020 II 48.

§ 19 GewStDV: Zur Berücksichtigung bedingter Forderungen als Aktivposten aus Bankgeschäften

FG Berlin-Brandenburg vom 28.06.2022 – 4 K 4039/20, NWB EAAAJ-22174

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag im Sinne des § 6 GewStG. Gewerbeertrag ist nach § 7 S. 1 GewStG der nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelte [und modifizierte] Gewinn des Erhebungszeitraumes, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen.

Zu den Hinzurechnungen gehört nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG auch die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden. Aufgrund der Ermächtigung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 lit. e GewStG wurde eine Bereichsausnahme von § 8 Nr. 1 lit. a GewStG in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV geschaffen, die in den letzten Jahren durch den Verordnungsgeber weiterentwickelt wurde.

Insbesondere ist ab dem Erhebungszeitraum 2021 zu beachten, dass Kreditinstitute im Sinne der Vorschrift nur noch diejenigen im Sinne des § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 KWG sind. Bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2020 stellte die Regelung allein auf im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG ab.

Die Bereichsausnahme des § 35c Abs. 1 S. 2 lit. e GewStG ist Unternehmen eröffnet, die im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr teilnehmen und damit auf das eigentliche Bankgeschäft ausgerichtete Unternehmen sind, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173. Das Gesetz sieht keine Unschädlichkeitsgrenzen für andere Tätigkeiten vor. Nach Ansicht des FG Hessen vom 26.08.2020 – 8 K 622/19, EFG 2020, 1856 ist die Voraussetzung jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Schwerpunkt der Gewinn- und Verlustrechnung in anderen Bereich liegt. [Hinweis: Diese Entscheidung wurde mit Urteil des BFH vom 30.11.2023 – III R 55/20 aufgehoben.]

Bei Holdinggesellschaften bestanden sodann Zweifel, ob diese Unternehmen ein Kreditinstitut im Sinne der Ermächtigung sein können.

Der Verordnungsgeber knüpfte bei der Bestimmung des Begriffs des Kreditinstitutes an die Regelungen des KWG an. Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen im kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Im Rahmen der Anwendung des § 19 GewStDV ist es unerheblich ob die Erlaubnis nach § 32 KWG vorliegt, BFH vom 16.10.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653, oder diese zumindest beantragt wurde, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 17. Auch ist der im Handelsregister aufgeführte Unternehmensgegenstand ohne Auswirkung auf die Qualifizierung des Unternehmens, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Mithin können auch Konzernfinanzierungsunternehmen und Holdingunternehmen Kreditinstitute nach § 1 Abs. 1 KWG sein, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173.

Nach § 19 Abs. 2 GewStDV ist vorausgesetzt, dass die Bankgeschäfte gegenüber den anderen Geschäften überwiegen. Das ist der Fall, wenn der Durchschnitt aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahres des Kreditinstitutes nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken der Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, welche Auswirkung die Bedingtheit oder Unbedingtheit der Rückzahlbarkeit der Darlehensforderung auf die Einordnung der Forderung zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 1 GewStG hat. Die Annahme eines Einlagegeschäftes sperrt nicht die Bedingtheit. Das gilt aus systematischen Gründen auch für § 19 Abs. 1 GewStG. Gelddarlehensforderungen zählen nicht zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 GewStG, wenn es an einer unbedingten Rückzahlbarkeit fehlt. Abweichend von der Ansicht der BaFin sind das allerdings nicht Forderungen gegen Gesellschaften, die aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten nicht durchsetzbar sind. Denn diese Art von Treuepflichten kennt die Rechtspraxis nicht. Auch ergibt sich aus dem sog. Konzernrückhalt keine nur bedingt rückzahlbare Forderung. Nicht zu den Bankgeschäften zählen Forderungen, die mit einer originären Bedingung versehen sind, für die der qualifizierte Rangrücktritt erklärt ist oder bei denen eine Teilnahme am Verlust vorgesehen ist.

Zu den Bankgeschäften gehören nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG die Annahme fremder Gelder und anderer Einlagen, deren Rückzahlung unbedingt ist (Einlagegeschäft) und nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG die Gewährung von Darlehen (Kreditgeschäft). Zum Einlagegeschäft gehört auch die Darlehensaufnahme bei einem anderen Kreditinstitut. Bei dem anderen Kreditinstitut liegt in diesem Fall ein Kreditgeschäft vor. Auch die Mittelaufnahmen von einem nicht persönlich haftenden Gesellschafter gehört zum Einlagegeschäft. Im Fall des Einlagegeschäftes ist es unerheblich, ob ein Zins gewährt wird. Der Begriff des Kreditgeschäftes ist ohne Einschränkung formuliert. Daher können Kreditgeschäfte auch mit Konzerngesellschaften getätigt werden. Dabei ist die Herkunft der ausgereichten Mittel unbeachtlich. Soweit sich aus der Rechtsprechung des BFH vom 16.12.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653 und BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173 etwas anderes ergeben sollte, steht das im Widerspruch zu § 19 Abs. 1 GewStDV, der gerade davon ausgeht, dass das Kreditgeschäft nicht (voll) fremdfinanziert ist. Auch würde sich ein solches Verständnis nicht aus § 1 Abs. 1 S. 2 KWG herleiten lassen.

Die Bankgeschäfte werden nach Ansicht der BaFin gewerbsmäßig ausgeübt, wenn die Tätigkeit auf Dauer angelegt und mit Gewinnerzielungsabsicht insoweit betrieben wird. Dem hat sich die finanzgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen, BFH vom 06.12.2016 – I R 79/15, BStBl. 2019 II 173; FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133. Die Gewinnerzielungsabsicht kann aus der Verwendung marktüblicher Zinssätze abgeleitet werden, FG Hamburg vom 28.08.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133.

Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb ist nach Ansicht der BaFin gegeben, wenn das Einlagengeschäft und das Kreditgeschäft ein Volumen von zusammen EUR 12.500 haben. Dabei ist das Kreditgeschäft mit 2,5 % der Darlehensvaluta zu berücksichtigen. Für den Fall, dass nur ein Einlagegeschäft getätig wird, ist es ausreichend, dass mehr als fünf Personen Einlagen in Höhe von zusammen mehr als EUR 12.500 geleistet haben.

Rechtsfolge der Bereichsausnahme nach § 19 Abs. 1 GewStDV ist, dass nur die Entgelte für Schulden nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG hinzuzurechnen sind, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattungen, Schiffe und Anteilen an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten das Eigenkapital übersteigen.

Verfahrensrecht:

Die Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes ist nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG mit Wirkung ab dem 13.12.2010 inhaltlich an die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages gebunden. Die Feststellung des Verlustes kann daher nur mit Erfolg angegriffen werden, wenn der festgestellte Gewerbesteuermessbetrag unzutreffend in die Feststellung des Verlustes eingeflossen ist. Im Übrigen ist die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages anzugreifen.

§ 8 Nr. 1 lit. a: Zinszahlungen an außenstehende Aktionäre nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG auf gezahlte Barabfindungen

FG Münster vom 15.12.2021 – 13 K 1136/18 G, EFG 2022, 416

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinn, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

§ 8 Nr. 1 GewStG werden bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Zinsen für den Zeitraum von der Wirksamkeit eines Ergebnisabführungsvertrages bis zur Ausübung des Optionsrechtes durch außenstehende Aktionäre unterliegen dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG, das nach § 7 S. 1 GewStG auch für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages anwendbar ist. Eine Hinzurechnung dieser Zinsen scheidet mithin aus. Insoweit geht das Gericht von einem weiten Verständnis des Begriffs Ausgleichszahlung in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG aus. Es stützt sich dabei auf die zivilrechtliche Rechtslage, die eine Anrechnung des erhaltenen Ausgleichs nach § 304 AktG auf die Verzinsung nach § 305 Abs. 3 S. 3 AktG vorsieht, BGH vom 16.09.2002 – II ZR 284/01, BGHZ 152, 29.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG erfolgt die Hinzurechnung für die Entgelte für Schulden.

Soweit Zinsen auf den Zeitraum nach der Ausübung des Optionsrechtes bis zur Zahlung der Abfindungserhöhungsbeträge entfallen, sind diese vom Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG nicht erfasst. Sie mindern als Betriebsausgaben den Gewinn und sind einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG zugänglich. Denn insoweit liegt nach den o.g. Grundsätzen keine Ausgleichszahlung im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStG vor. Mit der Rückgabe der Aktien entfällt der Anspruch nach § 304 AktG, BGH vom 02.03.2003 – II ZR 85/02, DStR 2003, 2166. Ab diesem Zeitpunkt liegt eine Fremdkapitalüberlassung und mithin liegen Fremdkapitalzinsen vor.

Voraussetzung für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG ist des Weiteren, dass Schulden vorliegen. Schulden im Sinne der Regelung sind Belastungen des Vermögens, die als betrieblich veranlasste Verpflichtungen einem Dritten gegenüber rechtliche entstanden und wirtschaftlich verursacht sind, BFH vom 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. 2019 II 275. Diese Voraussetzungen sind auch im Falle von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten erfüllt, soweit diese entgeltsähnlichen Aufwand abbilden, BFH vom 11.04.1984 – I R 56/80, BStBl. 1984 II 598. [Anmerkung: Das noch für den Fall der Rekultivierungsrückstellung angeführte Argumente, dass diese den laufenden Geschäftsbetrieb betreffen würden und mithin die Voraussetzungen der Dauerschulden im Sinne der früheren Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG nicht erfüllt sind, BFH vom 08.09.1976 – I R 186/74, BStBl. 1977 II 9, ist auf die heutige Gesetzesfassung nicht übertragbar.]

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: (keine) Hinzurechnung von Bauzeitzinsen bei unterjährigem Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen

FG Köln vom 25.11.2021 – 13 K 703/17, NWB WAAAI-04539

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Der Hinzurechnung unterliegen bestimmte Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden. Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG unterliegen Entgelte für Schulden der Hinzurechnung.

Wurden Entgelte für Schulden nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB als Herstellungskosten von Vermögensgegenständen behandelt, fehlt es an einer Minderung des Gewinns, wie es § 8 Nr. 1 GewStG einleitend voraussetzt.

Nach der Rechtsprechung des BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFH/NV 2021, 122 reicht es aus, wenn die entsprechenden Kosten als Herstellungskosten aktiviert worden wären, hätte sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden.

[Hinweis: Gegenstand der zitierten Entscheidung waren Mieten und Pachten.

Da Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB die Fertigungseinzel- und der angemessene Teil der Fertigungsgemeinkosten sind wären die fertigungsbezogenen Mieten und Pachten von Anfang an als Herstellungskosten zu behandeln gewesen. Eine ausstehende Umgliederung hätte es nach diesem Verständnis nicht geben können.

Dem folgend ist der BFH in der zitierten Entscheidung auch der Ansicht der Finanzverwaltung in den gleichlautenden Ländererlassen vom 02.07.2012 nicht gefolgt, da diese eine Hinzurechnung nur dann ausschließen, wenn am Bilanzstichtag eine Aktivierung erfolgt.

Anders verhält es sich mit Zinsen. Diese gehören abweichend von § 255 Abs. 2 HGB nach § 255 Abs. 3 S. 1 HGB nicht zu den Herstellungskosten.

Allerdings dürfen (Wahlrecht) Zinsen nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Bauzeitzinsen).

Da der die Regelung des § 255 HGB im Unterabschnitt Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss des HGB platziert ist, handelt es sich um ein Wahlrecht, dessen Ausübung auf einen Bilanzstichtag zu erfolgen hat. Eine unterjährige Ausübung des Wahlrechtes ist nicht vorgesehen. Eine Aktivierung von Bauzeitzinsen für unterjährig ausgeschiedenen Vermögensgegenstände sieht das Handelsrecht also nicht vor. Das gilt selbst dann, wenn im vorangegangenen Jahresabschluss bereits das Wahlrecht zu Gunsten der Aktivierung ausgeübt wurde.]

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Hinzurechnung von Stückzinsen bei Rückgabe eines Sachdarlehens

BFH vom 07.10.2021 – III R 15/18, BStBl. 2022 II 625

[Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 21.02.2018 – 3 K 3018/15, EFG 2018, 1121]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen die in § 8 GewStG genannten Beträge, wenn sie bei der Emittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Eine Hinzurechnung ist damit ausgeschlossen, wenn ein Geschäftsvorfall nicht zu Aufwand führt. Das ist dann der Fall, wenn ein Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang vorliegt. Wird eine festverzinsliche Anleihe während der Laufzeit erworben, sind zwei Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Zum einen ist dass das Stammrecht sowie die seit dem letzten Zinszahlungszeitpunkt aufgelaufenen Stückzinsen.

Schuldet die steuerpflichtige Person im Rahmen eines Sachdarlehens die Rückgabe eines festverzinslichen Wertpapieres, das sie während der Vertragslaufzeit veräußert hat und zum Ende der Laufzeit zurückerwirbt, hat sie vor der Rückgabe des Wertpapieres zwei Wirtschaftsgüter zu aktivieren. Die verauslagten Stückzinsen führen nicht zu Aufwand.

Aus diesem Grund scheidet eine Hinzurechnung der Differenz zwischen den erhaltenen Stückzinsen bei Veräußerung des festverzinslichen Wertpapieres und dem Rückerwerb des festverzinslichen Wertpapiers vor Fälligkeit des Sachdarlehens, also des wirtschaftlichen Zinsbetrages, aus diesem Grund aus.

Im Übrigen kommt eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG nur für Entgelte für Schulden in Betracht. Hierbei handelt es sich um die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital, BFH vom 09.08.2000 – I R 92/99, BStBl. 2001 II 609. Keine Hinzurechnung erfolgt, soweit Leistungen nicht für die Nutzung oder die Nutzungsmöglichkeit von Fremdkapital erbracht werden.

Damit scheiden Zahlungen an andere Personen als die darlehensgewährende Person im Rahmen der Hinzurechnung aus. Soweit im Rahmen eines Sachdarlehens die schuldende Person die überlassene Sache während der Vertragsdauer veräußert und für den Rückgabezeitpunkt zurückerwirbt und dabei Mehrkosten entstehen, handelt es sich nicht um Zinsen, die gegenüber der darlehensgebetenden Person zu entrichten sind. Es liegen keine Entgelte für Schulden vor.

Für eine abweichende wirtschaftliche Betrachtung besteht kein Spielraum.

Auch ist nicht ersichtlich, dass eine solche Vertragsgestaltung einen Anwendungsfall des § 42 AO bildet.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Entgelte für Schulden – durchlaufende Darlehen / Krediten

BFH vom 17.07.2019 – III R 24/16, BStBl. 2020 II 48

Entgelte für Schulden unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG. Das gilt auch dann, wenn die aufgenommenen Mittel weitergereicht werden. Branchenausnahmen enthält das Gesetz in § 19 GewStDV.

Eine Hinzurechnung unterbleibt jedoch, wenn durchlaufende Kredite vorliegen, BFH vom 16.10.1991 – I R 88/89, BStBl. 1992 II 257.

Voraussetzung für einen durchlaufenden Kredit ist, dass der aufgenommene Kredit nach dem Willen der Vertragsparteien zu einem außerhalb des Betriebes des Darlehensnehmers liegenden Zweck (betriebsfremde Zwecke) verwendet wird, vgl. BFH Urt. v. 02.08.1966 – I 66/63, BStBl. III 1967,27. Der Steuerpflichtige muss folglich den Kredit im fremden Interesse aufgenommen haben und nicht im eigenen, BFH vom 27.05.1981 – I R 6/78, nicht amtlich veröffentlicht. Für eine solche Kreditaufnahme würde es sprechen, wenn gegenüber dem Darlehensgeber offen gelegt wird, dass die Darlehensaufnahme für Rechnung eines Dritten erfolgt, BFH 16.12.2008 – I R 82/07, HFR 2009, 901. Gegen eine solche Kreditaufnahme in fremden Interesse würde es sprechen, wenn der Darlehensnehmer die Kredite bilanziert und die entsprechenden Zinsen selbst als Aufwand verbucht, BFH vom 07.07.2004 – XI R 65/03, BStBl. 2005 II 102. [Hinweis: Der handelsbilanziellen Behandlung des Geschäftsvorfalls kommt damit entscheidende Bedeutung für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung zu.]

In der tatsächlichen Abwicklung des Darlehensverhältnisses muss der Darlehensnehmer auf die Weitervermittlung und Verwaltung des Kredites beschränkt bleiben, BFH vom 02.08.1966 – I R 63/66, BStBl. 1967 III 27. Ihm dürfen vor allem keine über die bloßen Verwaltungskosten hinausgehenden Nutzungen aus der Abwicklung des Vertrages erwachsen, BFH vom 02.08.1966 – I R 63/66, BStBl. 1967 III 27. Schädlich sind in diesem Zusammenhang auch lediglich mittelbar erwachsende Vorteile, BFH vom 15.05.2008 – IV R 77/05, BStBl. 2008 II 767.

Keine durchlaufende Kredite liegen daher in folgenden Fällen vor:

  • Aufnahme von Krediten durch eine Gesellschaft innerhalb eines Organkreises und Weiterreichung des Kredites innerhalb des Organkreises, BFH vom 24.01.1996 – I R 160/94, BStBl. 1996 II 328. In einem solchen Fall ist es (auch) Zweck der aufnehmenden Gesellschaft die Finanzierung des Organkreises zu gewährleisten. [Hinweis: In diesem Fall würde die Hinzurechnung auf Ebene der zweiten Gesellschaft innerhalb des Organkreises ausscheiden, da Leistungsbeziehungen innerhalb eines Organkreises keine Hinzurechnungen und Kürzungen auslösen.]
  • Aufnahme des Kredites durch ein Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, der an das Betriebsunternehmen weitergereicht wird, BFH vom 07.07.2004 – XI R 65/03, BStBl. 2005 II 102. Denn es ist (auch) Zweck des Besitzunternehmens das Betriebsunternehmen zu finanzieren.
  • Erster Darlehensnehmer ist Gesellschafter des zweiten Darlehensnehmers und hält die Anteile am zweiten Darlehensnehmer im Betriebsvermögen und es kommt infolge der Darlehensweitergabe zu einer Steigerung des Wertes der Beteiligung, BFH vom 07.07.2004 – XI R 65/03, BStBl. 2005 II 102. [Hinweis: Die Darlehnsaufnahme ist in Bezug auf den Unternehmenswert grundsätzlich ein neutraler Vorgang.]
  • Geschäftszweck der ersten Darlehensnehmerin ist die Förderung bestimmter Fremdinteressen, BFH vom 18.12.1986 – I R 293/82, BStBl. 1987 II 446.

Im Entscheidungsfall sprach gegen die Anwendung der Grundsätze durchlaufender Kredite bereits, dass die erste Darlehensnehmerin die Verbindlichkeit in der Bilanz ausgewiesen hatte und eigenen Zinsaufwand geltend gemacht hat.

Auch erfüllte die erste Darlehensnehmerin mit der Weitergabe des Darlehens im Entscheidungsfall eigene betriebliche Zwecke. Diese erkannte der BFH u.a. darin, dass die Kreditfinanzierung erst durch die Zwischenschaltung der Klägerin ermöglicht wurde.

Letztlich nahm der BFH an, dass die Darlehensaufnahme zur Mehrung des Wertes der Beteiligung führte. Zur Begründung führte er aus, dass nicht nur das Betriebsvermögen der Tochtergesellschaft gemehrt wurde, sondern auch der Wert der von der Klägerin gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft an Wert gewollen hätten.

Der BFH bestätigt somit seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsaufwendungen jedes Schuldverhältnis für sich betrachtet werden muss und eine Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse grundsätzlich nicht möglich sei (Saldierungsverbot).

Nach Auffassung des BFH scheidet eine Saldierung der Zinsaufwendungen der Klägerin mit den von der Tochtergesellschaft erhaltenen Zinserträgen aus, da bei Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 lit. a S. 1 GewStG jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten ist und die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse grundsätzlich nicht möglich ist. Dies gilt entsprechend für die Entgelte für Schulden, zu denen in erster Linie die laufenden Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts zählen, vgl. BFH Urt. v. 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. II 2019, 275.

Anerkannte Ausnahmen von diesem Saldierungsverbot hat die Rechtsprechung nur hinsichtlich mehrerer bei einem Kreditgeber unterhaltener Konten und bei wechselseitig zwischen zwei Personen gegebenen Darlehen anerkannt, wenn die Darlehensverhältnisse gleichartig sind, demselben Zweck bestimmt sind und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden, vgl. BFH Urt. v. 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. III 2019, 275.

§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG: Avalgebühren

BFH vom 29.03.2007 – IV R 55/05, BStBl. 2007 II 655

[Vorinstanz: FG München vom 01.09.2005 – 8 K 3510/03, EFG 2006, 65]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften und für gewerbesteuerliche Zwecke modifizierten Gewinns, der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und um Kürzungen nach § 9 GewStG vermehrt bzw. gemindert ist.

Nach § 8 Nr. 1 lit. a GewStG unterliegen Entgelte für Schulden der Hinzurechnung, soweit die Beträge bei der Ermittlung des Gewinns absetzt worden sind.

Entgelt für Schulden ist die Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital, BFH vom 10.07.1996 – I R 12/96, BStBl. 1997 II 253. Das sind in erster Linie die laufenden Zinsen im Rechtssinne nach §§ 246, 248 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus erfasst der Begriff des Entgeltes noch andere Leistungen, die der Kreditnehmer für die Nutzung des Fremdkapitals an den Kreditnehmer zu erbringen hat. Denn mit dem Erhebungszeitraum 1991 hat der Gesetzgeber den zuvor verwendeten Begriff der Zinsen durch den Begriff des Entgeltes ersetzt und damit nach dem Willen des Gesetzgebers auch gewinnabhängige Vergütungen für die Nutzung von Fremdkapital der Hinzurechnung unterworfen. Denn der Zinsbegriff erlaubte eine Hinzurechnung gewinnabhängiger Vergütungen nicht, BFH vom 08.03.1984 – I R 31/80, BStBl. 1984 II 623. Zudem sollten auch solche Vergütungen in die Hinzurechnung einbezogen werden, die Zinscharakter haben, BT-DrS 11/2157, 175.

Nach diesen Maßstäben wird eine Avalprovision jedoch nicht für die Zurverfügungstellung eines Darlehens gezahlt, RFH vom 21.02.1939 – I 464/38, RStBl. 1939, 711. Die Avalprovision wird vielmehr für die Gewährung des Avalkredites gezahlt.

Avalkredit und Darlehen stellen auch keine Einheit dar, die eine Zusammenfassung rechtfertigt. Zwar ist des denkbar mehrere Schuldverhältnisse zusammenzufassen, wenn diese wirtschaftlich zusammenhängen und es des Zweck des § 8 Nr. 1 lit. a GewStG widersprechen würde, die Zusammenfassung unberücksichtigt zu lassen, BFH vom 19.02.1991 – I R 127/86, BStBl. 1991 II 765. Dabei ist als Zweck zu berücksichtigen, dass die Hinzurechnung die Besteuerung der objektiven Ertragskraft des Gewerbebetriebes herzustellen sucht. Im Einzelfall ist es daher möglich auf Verbindlichkeiten gegenüber unterschiedlichen Gläubigern zusammenzufassen, wenn gerade – so noch die tatbestandlichen Voraussetzungen der Dauerschuldzinsen in § 8 Nr. 1 GewStG a.F. – die Verknüpfung die längerfristige Nutzung von Kreditmitteln sichert, BFH vom 04.06.2013 – I R 89/02, BStBl. 2004 II 517. Eine Zusammenfassung strukturell unterschiedlicher Rechtsgründe ist jedoch nicht vorgesehen, BFH vom 20.06.1990 – I R 127/86, BStBl. 1990 II 915. Damit ist die Zusammenfassung eines Kredites, der auf Rückzahlung der Darlehensmittel gerichtet ist mit einem Avalkredit, der im Kern eine Bürgschaft darstellt, nicht möglich.