§ 8 Nr. 1 lit. d GewStG: Einordnung der vertraglichen Verpflichtungen und fiktives Anlagvermögen

BFH vom 01.06.2022 – III R 56/20, NWB GAAAJ-30872

[Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein vom 30.06.2020 – 1 K 55/16, NWB KAAAH-66473]

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG aus dem nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelten und für Zwecke der Gewerbesteuer modifizierten Gewinn, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 GewStG bestimmte Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Nach § 8 Nr. 1 lit. d GewStG sind das Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen.

Was Miet- und Pachtzinsen sind, ist nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 535 ff. BGB) zu bestimmen. Der konkrete Vertrag muss daher seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts sein, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BStBl. 2022 II 273. Miete und Pacht sind hiernach dadurch charakterisiert, dass der mietenden Person die Mietsache zur Nutzung überlassen wird und die vermietende Person verpflichtet ist, die Sache in einem für den vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und während der Dauer der Überlassung in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Die pachtenden Person ist zivilrechtlich zum Gebrauch des Pachtgegenstandes sowie zum Genuss der ordnungsgemäß zu ziehenden Früchte berechtigt, § 581 Abs. 1 S. 1 BGB. Enthält eine vertragliche Vereinbarung wesentliche miet- und pachtfremde Elemente, richtet sich die steuerliche Einordnung danach, ob mehrere trennbare Hauptpflichten vorliegen oder die Hauptpflichten miteinander verschmelzen und damit ein Vertrag eigener Art gegeben ist. [Hinweis: Die Finanzverwaltung spricht insoweit von einem trennbaren gemischten Vertrag, gleichlautende Ländererlasse vom 02.07.2012, BStBl. 2012 I 654, in der Fassung vom 06.04.2022, BStBl. 2022 I 638, Rn. 6, und von einem gemischten Vertrag, der ein einheitliches unteilbares Ganzes darstellt, gleichlautende Ländererlasse vom 02.07.2012, BStBl. 2012 I 654, in der Fassung vom 06.04.2022, BStBl. 2022 I 638 Rn. 7.] Unerheblich für die Einordnung eines Vertrages sind Art und Umfang der Nebenpflichten.

Schuldet eine Vertragspartei nicht nur die Gebrauchsüberlassung, sondern auch den Transport des Vertragsgegenstandes sowie weitere Werk- und Dienstleistungselemente, geht das über die Verpflichtungen einer vermietenden Partei hinaus. [Hinweis: Unschädlich für die Einordnung des Vertrags als Mietvertrag ist die Durchführung von Reparatur- und Austauschleistungen, denn insoweit regeln die Parteien lediglich die Ausgestaltung der Hauptpflichten der vermietenden bzw. verpachtenden Partei. Gegen die Annahme eines Mietvertrages spricht dagegen, wenn die Vertragsgegenstände auf Anforderung der anderen Vertragspartei an einem bestimmten Ort bereitgestellt werden und später an einem anderen Ort durch die überlassende Partei wieder abgeholt werden und letztere auch noch die Reinigung der Mietsache nach Gebrauch übernimmt.] In einem solchen Fall liegt kein Mietvertrag und mithin auch kein Mietzins vor, der einer Hinzurechnung unterliegen könnte.

Fehlt es an entsprechenden Pflichten, die über die Hauptpflichten hinausgehen, die nach Miet- oder Pachtrecht geschuldet werden, kommt eine Hinzurechnung in Betracht, wenn Miet- und Pachtzinse für die Benutzung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geschuldet werden, die im Eigentum einer anderen Person stehen. Anlagevermögen im Sinne der Norm ist dabei das Anlagevermögen im Sinne des § 247 Abs. 2 HGB. Diese charakterisiert sich dadurch, dass die Gegenstände dazu bestimmt sind, dem Betrieb auf Dauer zu dienen. Die Gegenstände dienen also dem Gebrauch und nicht dem Verbrauch oder dem sofortigem Verkauf. Anlagevermögen im Sinne des § 247 Abs. 2 HGB kann allerdings nur bei Gegenständen gegeben sein, die im eigenen Eigentum stehen. Gegenstände der Miete oder Pacht stehen jedoch im Eigentum einer anderen Person. Der Begriff des Anlagevermögens ist daher so zu verstehen, dass die Gegenstände dem Anlagevermögen zuzuordnen wären, stünden sie im Eigentum der mietenden oder pachtenden Person, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283. Die Frage, ob das fiktive im Eigentum der steuerpflichtigen Person stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, ist darauf gerichtet, dass das überlassene Wirtschaftsgut seiner Art nach Anlagevermögen sein muss und dazu gewidmet ist, auf Dauer zu eine Nutzung im Gewerbebetrieb zu ermöglichen. Dabei orientiert sie sich maßgeblich an der Zweckbestimmung im Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber im Hinblick auf z.B. auf die Art des Wirtschaftsgutes, die Art und Dauer der Verwendung im Betrieb und die Art des Betriebes an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss, vgl. BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283 zur Filmproduktion; BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51 zu Hotelzimmern; BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II 276 betreffend konzertveranstaltenden Personen. Insbesondere die Verwendung als Produktionsmittel spricht für die Zuordnung zum Anlagevermögen. Dem entgegen legt eine Verwendung als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahe, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283; BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51; BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung ist der Geschäftsgegenstand zu berücksichtigen. Zudem sind die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen so weit wie möglich zu berücksichtigen, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II 276. Unerheblich ist dabei die Dauer der Überlassung. Diese kann auch nur sehr kurz sein, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Denn das Tatbestandsmerkmal auf Dauer ist so zu verstehen, dass derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch im Betrieb benötigt werden, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148 zur wiederholten Anmietung gleichartiger Container; BFH vom 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810 zur wiederholte Anmietung gleichartiger Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien; BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289 zur Anmietung von Einzelhandelsgeschäften durch Großhändler zur Weitervermietung. Eine Zurechnug zum Anlagevermögen scheidet mithin aus, wenn die steuerpflichtige Person die überlassenen Gegenstände nicht ständig für den Gebrauch im Betrieb hätte vorhalten müssen, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II 276, sondern nur jeweils im Zusammenhang mit einem konkreten Produkt und daher nur „flüchtig“, BFH vom 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810 benötigt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn das konkrete Wirtschaftsgut eines von vielen ist und daher die überlassenen Gegenstände dauerhaft benötigt werden, um den Geschäftszweck in seiner konkreten Ausgestaltung nachgehen zu können.

§ 8 Nr. 1 lit. a/d/e GewStG: Hinzurechnung von Mieten und Pachten

Praktisches Gewerbesteuerrecht 2022

gleichlautende Ländererlasse vom 06.04.2022 – Änderung der gleichlautenden Ländererlasse vom 02.07.2012, BStBl. 2012 I 654

Die Änderung des Finanzierungserlasses erfolgte in Folge der Rechtsprechung des BFH zu den Rechtsfolgen der Aktivierung von Mieten und Pachten als Herstellungskosten.

Hinzurechnung von Mieten und Pachten unterbleibt bei Aufwendungen, die am Bilanzstichtag als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlage- oder Umlaufvermögens aktiviert wurden.

Die Hinzurechnung von Mieten und Pachten unterbleibt auch in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut bereits unterjährig aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, wenn die Aufwendungen als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut zum Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden hätte, BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BStBl. 2022 II …; BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II ….

Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der Herstellung eines selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens stehen, sind aufgrund des Aktivierungsverbotes des § 5 Abs. 2 EStG stets hinzurechnen, BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II ….

Rn. 13: Die Hinzurechnung von Bauzeitzinsen unterbleibt auch in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut unterjährig aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, wenn die Aufwendungen als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden wäre, wenn sich das Wirtschaftsgut zum Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden hätte.

[Hinweis: Nach § 255 Abs. 2 HGB sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes […] entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie ein angemessener Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Herstellung verursacht ist. Dem entgegen gehören Zinsen für Fremdkapital nicht zu den Herstellungskosten. Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstandes verwendet wird, dürfen angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen […].]

Mieten und Pachten werden für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gezahlt, wenn die Wirtschaftsgüter für den Fall, dass sie im Eigentum des Mieters oder Pächters stünden, dessen Anlagevermögen zuzurechnen wären. Diese Fiktion muss sich soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen der steuerpflichtigen Person orientieren, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148, und richtet sich nach dem konkreten Geschäftsgegenstand im betreffenden Einzelfall, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II BFHE 256, 526.

Ohne weitere systematische Einordnung listen die gleichlautenden Ländererlasse dann noch folgende Entscheidungsfälle auf:

BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II ….

Nach dem Verständnis der Finanzverwatung scheidet eine Hinzurechnung nach den Grundsätzen der Enscheidung aus, wenn die angemieteten Wirtschaftsgütern gewissermaßen in das Produkt Film eingeht, weil sie nur in einem einzigen Film verwendet werden können. Dem entgegen erfolgt eine Hinzurechnung, wenn die Wirtschaftsgüter für die Herstellung verschiedener Filme genutzt werden können.

BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. 2022 II ….

Nach dem Verständnis der Finanzverwatung erfolgt eine Hinzurechnung nach den Grundsätzen der Entscheidung, wenn die Wirtschaftsgüter nach dem Geschäftsgegenstand ständig für den Gebrauch vorzuhalten sind. Hierbei sei es unerheblich, ob die Wirtschaftsgüter mehrfach derselbe oder aber verschiedene mehr oder weniger vergleichbare Gegenstände angemietet werden und ob ein potentieller Erwerb dieser Mieterwerbe wirtschaftlich sinnvoll ist.

BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BStBl. 2022 II ….

Nach dem Verständnis der Finanzverwatung scheidet eine Hinzurechnung nach den Grundsätzen der Entscheidung aus, wenn die Wirtschaftsgüter aufgrund auftragsbezogener Weisungen des Auftragsgebers nach den konkreten vertraglichen Abreden durch die steuerpflichtige Person wie ein Mitter angemietet werden. Eine Hinzurechnung scheidet in diesem Fall aus, weil die Zufälligkeit der Auswahlentscheidung des Auftraggebers ein ständiges Vorhalten des Wirtschaftsgutes verbietet.

BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2022 II ….

Nach dem Verständnis der Finanzverwatung scheidet eine Hinzurechnung nach den Grundsätzen der Entscheidung aus, weil die angemieteten Wirtschaftsgüter nicht zur dauerhaften Herstellung neuer Produkte verwendet werden, sondern als Teilprodukt in das jeweilige Kundenprodukt einfließen und sich im Produkt verbrauchen.

§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG: Aufwendungen für Fachmessen

FG Münster vom 03.11.2021 – 13 K 1122/19 G, NWB PAAAI-01316

Nach § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG sind Aufwendungen zu einem bestimmten Anteil hinzuzurechnen, die bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden, wenn es sich hierbei um Mieten oder Pachten für die Benutzung (un)beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagenvermögens handelt.

Nicht der Hinzurechnung unterliegen Aufwendungen für Mieten und Pachten Aufwendungen für sonstige Dienstleistungen im Zusammenhang mit Mieten und Pachte, wie bspw. für den Auf- und Abbau von gemieteten Anlagen.

Soweit es sich um Aufwendungen handelt, die als Miete oder Pacht zu qualifizieren sind, hat der BFH in der Entscheidung vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFHE 255, 280 die instanzgerichtliche Würdigung des Finanzgerichts Münchens in der Entscheidung vom 08.06.2015 – 7 K 3250/12, dass insoweit eine einheitliche Leistung gegeben sei und keine Aufteilung in die Überlassung des Messestandes, die Zulassung zur Messe sowie in sonstige Leistungen des Messeveranstalters zu erfolgen habe, nicht beanstandet. Ob das FG Münster sich dieser Rechtsprechung anschließen würde, konnte das Gericht im Entscheidungsfall offen lassen. Das Gericht warf allerdings die Frage auf, ob das Entgelt nicht in einen Teilbetrag, der auf die Überlassung des Messestellplatzes entfällt, und einen Teilbetrag, der auf die übrigen Leistungen des Messeveranstalters entfällt, aufzuteilen sei.

Im Entscheidungsfall sah das Gericht diese Frage als nicht entscheidungserheblich an, weil die Vorausssetzungen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG sowieso nicht vorgelegen haben.

Voraussetzung für die Hinzurechnung ist, dass Mieten und Pachten für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens den Gewinn gemindert haben.

Der Begriff des Anlagevermögens bestimmt sich nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Zum Anlagevermögen rechnen daher nach § 247 Abs. 2 HGB die Wirtschaftsgüter, die auf Dauer dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Dem entgegen rechnen zum Umlaufvermögen die zum Verbrauch oder sofortigem Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter, BFH vom 31.05.2001 -IV R 73/00, BStBl. 2001 II 673.

Bei der Beurteilung der Anlagevermögenseigenschaft ist zu beachten, dass das ein fiktives Eigentum am Wirtschaftsgut voraussetzt, BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289, das vorbehaltslos angenommen wird.

Ob das Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen zählt, richtet sich nach der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betrieb sowie nach dem subjektiven Willen der steuerpflichtigen Person, der sich jedoch anhand objektiver Merkmale (Art des Wirtschaftsgutes, Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, Art des Betriebes und ggfs. Art der Bilanzierung) nachvollziehen lassen muss, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526.

Die Prüfung muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Dabei hat sich die Entscheidung soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu orientieren, BFH vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFHE 255, 280. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Hierfür ist – im Sinne einer Kontrollfrage – darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich nur sinnvoll ausüben lässt, wenn das Eigentum an dem Wirtschaftsgut langfristig erworben wird, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Wird ein Gegenstand nur kurzzeitig gemietet oder gepachtet, steht das der Annahme von Anlagenvermögen nicht entgegen, da es für die Annahme des Anlagevermögens ausreichend ist, wenn die steuerpflichtige Person derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch im Betrieb benötigt, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Umgekehrt scheidet eine Zuordnung zum Anlagevermögen aus, wenn die steuerpflichtige Person die Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch im eigenen Betrieb vorhalten muss, BFH vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526. Ausreichend ist, dass das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Messestände erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Ihr ständiges Vorhandensein ist für den wirtschaftlichen Erfolg der steuerpflichtigen Person unerheblich. Auch sind Messestände nicht dazu gewidmet auf Dauer im Geschäftsbetrieb genutzt zu werden. Das gilt jedenfalls für den Fall, dass die steuerpflichtige Person als Herstellerin und Zulieferin für Produkte der Industrie tätig ist. Aber auch mit Blick auf den Vertrieb eines solchen Unternehmens ist das dauernde Vorhandensein von Messeständen nicht vorausgesetzt.

Die Voraussetzungen des Anlagevermögens erfüllen hingegen Produktionsmittel, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960.

Letztlich darf die Fiktion des Eigentums allerdings nicht weiter reichen, als das Eigentum selbst, BFH vom 25.07.20019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Auf der anderen Seite ist die Annahme von Umlaufvermögen nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Miete / Pacht zur Rückgabe der überlassenen Sache verpflichtet, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Denn aufgrund der Eigentumsfiktion besteht fiktiv keine Rückgabeverpflichtung.

§ 8 Nr. 1 lit. d GewStG: Hinzurechnung der Herstellungskosten bei unterjährig ausgeschiedenen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens

BFH vom 20.05.2021 – IV R 31/18

[Vorinstanz: FG Münster vom 19.07.2018 – 4 K 493/17 G]

Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG setzt voraus, dass die Beträge bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb nach § 7 GewStG abgesetzt worden sind.

Eine Gewinnminderung dieser Art ist nicht anzunehmen, soweit Mietzinsen in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern einbezogen worden sind.

Die Gewinnminderung, die sich aus der Abschreibung eines Wirtschaftsgutes ergibt, stellt keine Gewinnminderung im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG dar, so schon BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342 in Folge der früheren Rechtsprechung zur Nichthinzurechnung der kalkulatorisch in der Abschreibung enthaltenden Finanzierungsaufwendungen.

Das gilt sowohl für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie auch für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, so bereits BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342.

Das gilt selbst dann, wenn keine Aktivierung des Wirtschaftsgutes erfolgt, BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342.

Maßgeblich ist allein die Qualifikation der Kosten und nicht deren Speicherung in der Bilanz.

[Anm.: Nach der Rechtsprechung des Großen Senates sind für Zwecke der Besteuerung die Definitionen der Anschaffungs- und Herstellungskosten aus § 255 HGB heranzuziehen. Herstellungskosten sind hiernach die Fertigungseinzelkosten, die Materialeinzelkosten sowie der angemessene Teil der Materialgemeinkosten sowie weiterer Gemeinkosten. Es liegen bereits anfänglich insoweit Herstellungskosten vor.]

Da zwischen den Parteien unstreitig war, dass die Mieten für die Nutzung von Gegenständen geleistet wurden, die dem Anlagevermögen zuzuordnen wären, stünden sie im Eigentum des Mieters, bedurfte es keiner weiteren Präzisierung des Begriff des Anlagevermögens im Sinne des § 8 Nr. 1 lit. d GewStG. Vorliegend wurden die angemieteten Gegenstände als Produktionsmittel eingesetzt.

§ 8 Nr. 1 lit. d/e GewStG – Hinzurechnungen bei Herstellung von immateriellen Wirtschaftsgütern

BFH vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. 2022 II 283

[Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 25.10.2017 – 11 K 11186/17, EFG 2018, 225]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Die Ermittlung des Gewinns erfolgt nach § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- oder des Körperschaftsteuergessetzes.

Das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht enthält keine Definition des Herstellungskostenbegriffs.

Daher ist nach § 5 Abs. 1 EStG auf den handelsrechtlichen Herstellungskostenbegriff des § 255 Abs. 2 HGB zurückzugreifen, BFH vom 21.10.1993 – IV R 87/92, BStBl. 1994 II 176. Hiernach sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Das hatte der BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342 auch für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. d / e GewStG anerkannt.

Nicht zu den Herstellungskosten zählen Forschungs- und Vertriebskosten, § 255 Abs. 2 S. 4 HGB.

Für den Sonderfall selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sieht § 255 Abs. 2a HGB eine Einschränkung vor. In diesen Fällen sind lediglich die bei der Entwicklung angefallenen Kosten als Herstellungskosten zu berücksichtigen. Entwicklung ist die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen. Die Kosten, der bei der Entwicklung vorgelagerten Forschung, sind nicht Teil der Herstellungskosten. Forschung ist die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können. Können Forschung und Entwicklung nicht verlässlich voneinander unterschieden werden, ist eine Aktivierung ausgeschlossen, § 255 Abs. 2 S. 4 HGB.

Steuerrechtlich ist jedoch zu beachten, dass nach § 5 Abs. 6, Abs. 2 EStG ein Aktivposten für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur anzusetzen ist, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Herstellungskosten für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unterliegen mithin steuerrechtlich einem Ansatzverbot und zwar auch dann, wenn sie handelsrechtlich aktiviert wurden. Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gilt dieses Ansatzverbot nicht. Es besteht insoweit ein Gleichlauf von Handels- und Steuerrecht.

Als Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten, dass eine Aktivierung von Miet- und Pachtzinsen handels- und steuerrechtlich vorzunehmen ist, wenn es sich um die Herstellung von Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens oder um materielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Eine Aktivierung scheidet jedoch aus steuerrechtlicher Sicht aus, wenn es sich um die Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens handelt.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist es unerheblich, ob die hergestellten Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsjahr der Herstellung am Bilanzstichtag noch vorhanden waren oder schon vorher aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind, BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342. Denn nach Ansicht des BFH erfolgt im Fall des vorherigen Ausscheidens zwar keine Neutralisierung durch die Aktivierung in der Bilanz, dennoch ist die Hinzurechnung in diesem Fall ausgeschlossen, BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342. [Hinweis: Dieser Gleichstellung bedarf es in den Fällen der Aktivierungspflicht nach § 255 Abs. 2 HGB nicht, da insoweit schon von Anfang an Herstellungskosten vorliegen. Anders verhält es sich nur in den Fällen des § 255 Abs. 3 S. 2 HGB, der Aktivierung von Bauzeitzinsen, der die Ausübung eines Wahlrecht zum Bilanzstichtag zu Grunde liegt. Die Ausübung dieses Wahlrechts vor dem Bilanzstichtag ist nicht vorgesehen.]

Gleichheitsrechtliche Relevanz hat die steuerrechtliche Behandlung der Herstellung von immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nur dann, wenn diese im Jahr der Herstellung aus dem Betriebsvermögen ausscheiden. Denn für den Fall des Vorhandenseins am Bilanzstichtag läge hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter ein Vorteil aufgrund des Ansatzverbotes nach § 5 Abs. 2a HGB vor. Im Fall des unterjährigen Ausscheidens läge indes ertragsteuerlich ein Gleichlauf vor. Eine Benachteiligung könnte sich dann aus der Hinzurechnung ergeben.

Allerdings würde der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG hierdurch nicht verletzt, da dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstandes und der Bestimmung des Steuersatzes zusteht, BVerfG vom 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. 2016 II 557. Zudem unterliegt die Entscheidung des Gesetzgeber keiner strengen Folgerichtigkeitsprüfung, BVerfG vom 09.12.2008 – 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 100. Ausreichend ist es vielmehr, dass sich die Belastungsentscheidung folgerichtig in das Konzept einer ertragsorientierten Objektsteuer einfügt, BVerfG vom 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. 2016 II 557. Eine Hinzurechnung, die daran anknüpft, ob Miet- oder Pachtzinsen nicht der Aktivierung unterlegen haben, genügt diesen Anforderungen.

[Hinweis: Der BFH wirft in seiner Entscheidung die Frage, ob das steuerrechtliche Ansatzverbot nach § 5 Abs. 2 EStG dazu führt, dass von Anfang an die Aufwendungen nicht aktiviert werden und damit handelsrechtlich sowie steuerrechtlich unterschiedlich zu buchen sind oder ob der handelsrechtliche Ansatz durch eine aufwandswirksame Überleitung des handelsrechtlichen Ansatz erfolgt, nicht auf.

Dieser Frage kommt dahingehend Bedeutung zu, dass im ersten Fall die steuerrechtlich durchgängig Miet- und Pachtaufwand vorhanden ist, der einer Hinzurechnung zugänglich ist. Im zweiten Fall würde die handelsrechtlich erfolgte Aktivierung im Rahmen einer Überleitung aufwandsam aufgehoben. In der Folge läge dann kein Miet- und Pachtaufwand vor. Eine Hinzurechnung wäre in diesem Fall nicht zwingend geboten.

Der BFH konnte die Fragestellung aus den in der Entscheidung BFH mit Urteil vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342 genannten Gründen unaufgeworfen lassen. Hiernach liegt auch bei unterjährigem Ausscheiden von Anfang An Herstellungskosten und kein laufender Aufwand vor.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. d / lit. e GewStG Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen / unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.

Soweit eine Aktivierung der Aufwendungen für die Miete oder Pacht eines Wirtschaftsgutes ausscheidet, das im Eigentum einer anderen Person steht, können diese hinzuzurechnen sein, wenn das Wirtschaftsgut bei fiktivem Eigentum zum Anlagevermögen der steuerpflichtigen Person gehören würde. Bei dem Wirtschaftsgut muss es sich der Art nach um Anlagevermögen handeln. Die Zuordnung zum Anlagevermögen orientiert sich maßgeblich der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betriebe der steuerpflichtigen Person. Diese richtet sich auch nach dem Geschäftsgegenstand des Unternehmens und hat sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen zu orientieren, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960. Das hängt einerseits vom subjektiven Willen der steuerpflichtigen Person ab und muss sich andererseits an objektiven Merkmalen (Art des Wirtschaftsgutes, Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, ggfs. auch der Art der Bilanzierung) nachvollziehen lassen. Dabei ist es ausreichend, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Dafür spricht die Verwendung des Wirtschaftsgutes als Produktionsmittel, während die Verwendung als zu veräußerndes Produkt für eine Zuordnung zum Umlaufvermögen spricht, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960.

Die Zuordnung zum Anlagevermögen scheidet nicht deswegen aus, weil die Miete oder Pacht nur von kurzer Dauer ist. Denn der Begriff „dauernd“ ist nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von „immer“ oder „für lange Zeit“ zu verstehen, BFH vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960. Maßgeblich ist vielmehr das die steuerpflichtige Person derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb benötigt, so bereits BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148 für die wiederholte Anmietung von gleichartigen Containern, BFH 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810 betreffend die Anmietung gleichartiger Bestuhlung und Beschallungsanlagen zur Nutzung in eigenen Sälen und Stadien sowie BFH vom 04.06.2014 – I R 70/12, BStBl. 2015 II 289 betreffend die Weitervermietung von Einzelhandelsgeschäften durch Großhändler. Eine Zuordnung zum Anlagevermögen scheidet also aus, wenn die steuerpflichtige Person das Wirtschaftsgut seiner Funktion nach nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorhalten muss, BFH vom 08.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. 2017 II 722. Das ist insbesondere der Fall, wenn das Wirtschaftsgut nur im Zusammenhang mit dem konkreten Produkt und daher flüchtig benötigt wird und darüber hinaus nicht zu dem auf Dauer dem Betrieb gewidmeten Betriebskapital gehört, BFH 30.03.1994 – I R 123/93, BStBl. 1994 II 810.

§ 8 Nr. 1 GewStG: Hinzurechnung der Beträge soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind; Anwendung bei unterjährig ausgeschiedenen Wirtschaftsgütern

BFH vom 30.07.2020 – III R 24/18, BFHE 269, 342

[Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht vom 20.03.2018 – 1 K 243/15]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Bei der Ermittlung des Gewinns werden Herstellungskosten nicht abgesetzt.

Das Einkommensteuerrecht enthält heute keine Definition des Herstellungskostenbegriffs. Es kann daher auf den Herstellungskostenbegriff des § 255 Abs. 2 HGB zurückgegriffen werden, BFH vom 04.07.1990 – GrS 1/89, BStBl. 1990 II 830. Herstellungskosten sind hiernach Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung.

Kosten der Einrichtung einer Baustelle gehören zu den Fertigungseinzelkosten und damit zu den Herstellungskosten. Sie mindern den Gewinn nicht und unterliegen nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG.

Unerheblich ist, ob die Fertigungseinzelkosten für die Herstellung eines Wirtschaftsgutes des Anlagevermögen oder des Umlaufvermögens enstehen, da § 255 Abs. 2 HGB insoweit nicht unterscheidet.

Auch ist es unerheblich, ob das Wirtschaftsgut bereits vor dem Bilanzstichtag aus dem Unternehmensvermögen ausscheidet, da die Fertigungseinzelkosten zwingend Herstellungskosten sind. Es sind originäre Herstellungskosten.