§ 8 Nr. 5, § 9 Nr. 2a, Nr. 7 GewStG: Hinzurechnung und Kürzung bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland

BFH vom 28.06.2022 – I R 43/18, NAAAJ-23853

[Vorinstanz: FG Hessen vom 19.10.2018 – 8 K 1279/16, EFG 2019, 199]

Bemessungsgrundlage nach § 6 GewStG ist der Gewerbeertrag. Grundlage der Gewerbeertragsermittlung ist nach § 7 S. 1 GewStG der nach einkommen- und körperschaftlichen Vorschriften ermittelte Gewinn. Diese ist hinsichtlich des Wesens der Gewerbesteuer zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG zu erhöhen und zu vermindern.

Ist die steuerpflichtige Person eine Kapitalgesellschaft und bezieht sie Erträge aus Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften (Dividenden), bleiben diese nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG außer Ansatz, soweit die nach § 8b Abs. 4 KStG n.F. vorausgesetzte Mindestbeteiligung vorliegt). Allerdings ist nach § 8b Abs. 5 KStG 5 % der Bruttodividende als nicht abzugsfähige Betriebsaufgabe dem Gewinn wieder hinzuzurechnen. Das gilt für Zwecke der Gewerbesteuer über § 7 S. 1 GewStG gleichermaßen.

Für Zwecke der Gewerbesteuer wird die Belastungsentscheidung allerdings neu getroffen. Zu diesem Zweck werden die von der Besteuerung ausgenommenen Beträge nach § 8 Nr. 5 GewStG wieder hinzugerechnet. Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben werden gegenläufig berücksichtigt. Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG nicht vorliegen.

§ 9 Nr. 2a GewStG erfasst Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft. § 9 Nr. 7 GewStG a.F. / n.F. erfassen Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes. Alle genannten Kürzungen stehen unter dem Vorbehalt weiterer Voraussetzungen.

Keine ausdrückliche gesetzliche Regelung findet sich für Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, bei der Sitz und Ort der Geschäftsleitung auseinanderfallen und ein Ort davon im Inland liegt.

Gegenstand der Entscheidung war die erst genannte Konstellation des Sitzes der Gesellschaft im Ausland bei inländischem Ort der Geschäftsleitung. Auf diese Konstellation findet § 9 Nr. 7 GewStG keine Anwendung. Der Ausschluss der Anwendung von § 9 Nr. 2a GewStG ist dagegen weniger eindeutig aus dem Wortlaut der Norm zu entnehmen. Auch zeigt der systematische Vergleich zu § 9 Nr. 2 GewStG, dass dieser sämtliche Mitunternehmerschaften umfasst. Auch dienen § 9 Nr. 2a GewStG und § 9 Nr. 7 GewStG der Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgeschütteter Beträge, BFH vom 01.07.1992 – I R 5/92, BStBl. 1993 II 131. Mithin ist es aus systematischen Gründen geboten, dass auch im zur Entscheidung anstehenden Konstellation die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluss erfolgt über § 9 Nr. 2a GewStG.

[Anm. Martini, Ubg 2022, 669 mit Verweis auf BFH vom 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGZ 178, 192: Das Steuerrecht kennt für die Einordnung ausländischer Rechtsträger in die inländische Besteuerung den Rechtstypenvergleich. Diese Einordnung setzt den rechtlichen Bestand des einzuordnenden Rechtsträger voraus. Ist der Gegenstand der Betrachtung eine rein ausländische Gesellschaft richtet sich diese Prüfung allein nach dem Recht dieses Staates. Fallen allerdings statuarischer Sitz und Verwaltungssitz (Ort der Geschäftsleitung) derart auseinander, dass diese in unterschiedlichen Staaten liegen, sind beide Rechtsordnungen betroffen. Nach der Gründungstheorie ist eine nach dem Recht eines Staates wirksam gegründet Gesellschaft auch im anderen Staat anzuerkennen. Nach der Sitztheorie richtet sich die Anerkennung der Gesellschaft nach dem Recht des Sitzstaates, wobei Sitzstaat der Staat des Verwaltungssitzes ist. Bei Anwendung der Sitztheorie wäre also Voraussetzung für die Anerkennung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft unter Umständen deren Eintragung in das jeweilige Handelsregister, wenn diese nach innerstaatlichem Recht konstitutiv wäre. Ohne die Erfüllung dieser Voraussetzungen läge eine Personenvereinigung vor, Martini, IStR 2021, 37. Für den Fall, dass an der Gesellschaft nur eine Person beteiligt ist, käme es dann zur Annahme eines Einzelunternehmens oder zur Zurechnung des Gesellschaftsvermögens beim Gesellschafter, OLG München vom 05.08.2021 – 29 U 2411/21 Kart, NZG 2021, 1518 zum Fall eine britischen Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland nach dem Brexit. Innerhalb der Europäischen Union ist jedoch die Rechtsprechung des EuGH zu beachten nach der sich die Gesellschaft auf ihr Gründungsstatut berufen kann, EuGH vom 09.03.1999 – Rs. C-212/97 (Centros), Slg. 1999, I-1459; EuGH vom 05.11.2002 – Rs. C-208/00 (Überseering), Slg. 2002, I-09919; EuGH vom 30.09.2003 – Rs. C-167/01 (Inspire Art), Slg. 2003 I-10155.]

Nicht entschieden ist allerdings der umgekehrte Fall in dem der statuarische Sitz der Gesellschaft im Inland und der Ort der Geschäftsleitung im Ausland liegt. Hier dürfte eine Besteuerung mangels Betriebsstätte ausscheiden.

Ebenfalls nicht entschieden ist, ob im Fall einer lediglich inländischen Betriebsstätte der Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2a GewStG eröffnet ist. Durch die Angleichung des § 9 Nr. 7 GewStG an § 9 Nr. 2a GewStG kommt dieser Frage nur eine geringe Bedeutung zu.

§ 8 Nr. 5 GewStG 1999: Hinzurechnung von Dividenden aus direkten und über Investmentsfonds gehaltenen Auslandsbeteiligungen

Niedersächsisches Finanzgericht vom 25.01.2018 – 6 K 145/16, NWB OAAAG-82050

§ 8 Nr. 5 GewStG: keine Minderung des Hinzurechnungsbetrages um den Betrag ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibungen

BFH vom 11.07.2017 – I R 88/15, BFH/NV 2018, 231 – Bestätigung der Rechtsprechung des BFH vom 21.08.2007 – I R 76/06, BFH/NV 2008, 247.

Besteuerungsgrundlage der Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Gewerbeertrag ist nach § 7 S. 1 GewStG der nach einkommensteuerlichen und körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelte Gewinn, vermehrt um die Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um die Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 8 GewSt werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb Beträge wieder hinzugerechnet, soweit Sie bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden.

Unter den Voraussetzungen des § 8 Nr. 5 GewStG erfolgt eine Hinzurechnung auch für die nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteile (Dividenden). Besonderheit des § 8 Nr. 5 GewStG ist, dass § 8 Nr. 5 GewStG hinsichtlich der konkreten Voraussetzungen auf § 9 Nr. 2a sowie Nr. 7 GewStG verweist.

Ist § 8b Abs. 1 S. 1 KStG wegen der verschiedenen Ausschlusstatbestände des § 8b KStG nicht anwendbar, scheidet eine Hinzurechnung aus, da letztlich keine Minderung des Gewinns erfolgt ist, die mittels der Hinzurechnung korrigiert werden könnte.

Eine Hinzurechnung scheidet sodann und soweit aus, wie wirtschaftlich in Zusammenhang mit den Einnahmen im Sinne des § 8 Nr. 5 GewStG stehende Betriebsausgaben nach § 3c Abs. 2 EStG nicht zum Abzug zugelassen sind.

Findet § 8b Abs. 1 S. 1 KStG bei der Ermittlung des Gewinns Anwendung und sind die Voraussetzungen des § 8 Nr. 5 GewStG zugleich nicht erfüllt, bspw. weil die notwendigen Beteiligungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, erfolgt eine Hinzurechnung der nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG außer Ansatz gebliebene Dividende. Die Hinzurechnung mindert sich jedoch um die mit den Einnahmen in wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit diese nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG unberücksichtigt bleiben.

Ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen, die nach § 8b Abs. 3 S. 3 KStG bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen sind, mindern den Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 5 GewStG nicht. – Bestätigung der Rechtsprechung des BFH vom 21.08.2007 – I R 76/06, BFH/NV 2008, 247.

Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 8 Nr. 5 GewStG, der nur auf § 8b Abs. 5 und Abs. 10 KStG verweist. Ein Verweis auf § 8b Abs. 3 S. 3 KStG ist im Gesetz nicht enthalten.

Eine teleologische Reduktion des § 8 Nr. 5 GewStG ist nicht geboten.

Auch handelt es sich bei der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung um eine substanzbezogene Gewinnminderung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die mit den Betriebsausgaben, auf die § 8 Nr. 5 GewStG verweist, nicht vergleichbar ist.

Die im Streitfall eintretende Belastung, die ihren Ursprung in der ungleichen Behandlung von substanzbezogenen und einnahmenbezogenen Aufwendungen hat, ist vom Gesetzgeber jedoch gesehen worden, wie sich an der Existenz des § 8 Nr. 10 GewStG zeigt. Für eine teleologische Auslegung des § 8 Nr. 5 GewStG ist daher kein Raum.