§ 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG: keine Aufwärtsabfärbung bei der Gewerbesteuer

BFH vom 06.06.2019 – IV R 30/16

[Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 22.04.2016 – 13 K 3651/13, EFG 2016, 1246]

An der Klägerin, einer KG, waren ausschließlich natürliche Personen direkt beteiligt. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. Ein Gesellschafter übertrug sodann Beteiligungen an Flugzeugleasing-Fonds in der Rechtsform von GmbH & CO. KGs auf die KG. Das zuständige Betriebsstättenfinanzamt dieser Fonds-KG beurteilte die Einkünfte dieser Fonds-KGs als gewerblich und erlies entsprechende Feststellungsbescheide aus denen der Klägerin Verluste aus Gewerbebetrieb zugerechnet wurden.

Bezieht eine Obergesellschaft, die selbst nicht gewerbliche tätig ist und auch nicht gewerblich geprägt ist, daher Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Rahmen einer Beteiligung an einer Untergesellschaft führt das nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG zur Infektion der Einkünfte der Obergesellschaft. Die Obergesellschaft erzielt damit einkommensteuerlich insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Anders als im Rahmen der Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. EStG (Seitswärtsinfektion) besteht nach Ansicht des BFH keine Notwendigkeit zur Berücksichtigung einer Bagatellgrenze bei der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG.

Für Zwecke der Gewerbesteuer ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Var. EStG – Aufwärtsinfektion – jedoch im wegen verfassungskonformer Auslegung nicht anzuwenden.

So ist die Aufwärtsabfärbung zum Schutze des Gewerbesteueraufkommens nicht geboten, da auf Ebene der Unterpersonengesellschaft eine Gewerbesteuerpflicht besteht. Im Übrigen erfolgt eine Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG von Gewinnen aus Anteilen an Personengesellschaften und nach § 8 Nr. 8 GewStG eine Hinzurechnung von Verlusten aus Beteiligungen an Personengesellschaften auf Ebene der Obergesellschaft zur Neutralisierung des Ergebnisses der Untergesellschaft. Auch lassen sich die Einkünfte leicht voneinander abgrenzen.

Ähnlich argumentierte der BFH in der Entscheidung vom 29.03.2006 – X R 59/00, BStBl. 2006 II 661 bereits im Fall im Fall der Betriebsaufspaltung, wenn das Betriebsunternehmen die Voraussetzungen der Gewerbesteuerbefreiung verwirklicht. In diesem Fall gilt die Befreiung wegen der Merkmalszurechnung auch für das Besitzunternehmen.

Da bisher noch keine Veröffentlichung der Entscheidung um Bundessteuerblatt erfolgt ist, bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung der Entscheidung folgt. Mit dem Verweis auf die Entscheidung zur Gewerbesteuerbefreiung des Besitzunternehmens im Rahmen der Betriebsaufspaltung, die durch die Finanzverwaltung veröffentlich wurde, hat der BFH zum Ausdruck gebracht, dass er erwartet, dass sich die Finanzverwaltung der Entscheidung anschließen wird.

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