§ 33 Abs. 1 GewStG: Nutzung von öffentlichen Straßen

Hessisches FG vom 06.04.2005 – 8 K 5273/00

Die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage, der Gewerbeertrag, unterliegt der Zerlegung nach §§ 28ff. GewStG, wenn die steuerpflichtige Person innerhalb des Erhebungszeitraumes in mehreren Gemeinde Betriebsstätten unterhält, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG. Vorbehaltlich des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG erfolgt die Zerlegung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne.

Führt die Zerlegung nach Arbeitslöhnen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, ist die Zerlegung nach einem Maßstab durchzuführen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt, § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Ein unbilliges Ergebnis ist offenbar, wenn es von erheblichem Gewicht, eindeutig und augenfällig ist, BFH vom 12.05.1992 – VIII R 45/90, BFH/NV 1993, 191. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn auf Grund atypischer Umstände des Einzelfalles, die sich schon aus der anzuwendenden Zerlegungsmethode ergebende Unbilligkeit offensichtlich übertroffen wird und die nachteiligen Auswirkung der Anwendung dieser Zerlegungsmethode von wesentlicher Bedeutung ist, BFH vom 26.02.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836.

Maßstab der Prüfung des offenbar unbilligen Ergebnisses ist der gesetzlich verfolgte Zweck der Zerlegung, die Umsetzung des tragenden Besteuerungsgedankens der Gewerbesteuer, des Äquivalenzprinzips. Den Gemeinden soll hiernach ein Ausgleich für diejenigen Gemeindelasten, die durch die Betriebsstätte des Unternehmens im Gemeindegebiet erwachsen, in Form einer Steuerquelle zustehen. Dabei sind zunächst die Arbeitnehmerfolgelasten, also die Aufwendungen der Gemeinde für den Bau von Straßen, Schulen, Krankenhäusern, usw., aufgrund der dort wohnenden Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dem entgegen ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz im Rahmen der Regelzerlegung nach Arbeitslöhnen, § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG, ein bewusst grobes Verfahren vorsieht. Die in diesem Verfahren verankerten Unschärfe führt zu keinem unbilligen Ergebnis.

Darüber hinaus kann sich ein deutliches Missverhältnis zwischen der unmittelbaren Belastung der einzelnen Gemeinden durch die Betriebsstätten einerseits und dem ihr zugewiesenen Zerlegungsanteil andererseits, aus anderen Gründen ergeben. Diese darzulegen obliegt der Gemeinde, BFH vom 12.07.1960 – I B 47/59 S, BStBl. 1960 III 386. Dabei hat die Gemeinde bspw. mit Blick auf die Beanspruchung von Straßen auch darzulegen, dass sie selbst Trägerin der Straßenbaulast ist. Die stärker Benutzung von Bundes- oder Landstraßen im Gemeindegebiet führt, nicht zu einer Belastung der Gemeinde.

§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG: gewerblich geprägte Personengesellschaft – Beginn der sachlichen Steuerpflicht

BFH vom 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. 2004 II 464

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG jeder stehende Gewerbebetrieb soweit dieser im Inland betrieben wird. Gewerbebetrieb ist jedes gewerbliche Unternehmen im Sinne des EStG. Damit unterliegen nicht nur die originär gewerblich tätigen Personengesellschaften nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG der Gewerbesteuer, sondern auch Personengesellschaften, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerblich infiziert sind bzw. solche die nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt sind.

Nimmt die gewerblich geprägte Personengesellschaft ihre vermögensverwaltende Tätigkeit auf, beginnt die sachliche Steuerpflicht der Gesellschaft, sofern die Tätigkeit nicht als reine Vorbereitungshandlung angesehen werden kann. Denn Wesen der gewerblichen Prägung ist es, dass gerade die vermögensverwaltenden Tätigkeit unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerbliche gelten.

Mit Beginn der sachlichen Steuerpflicht der gewerblich geprägten Personengesellschaft unterliegen auch Tatbestandsverwirklichungen im Sonderbereich der mitunternehmerisch beteiligten Personen der Gewerbesteuer.