§ 8 Nr. 1 lit. e GewStG: Hinzurechnung bei Übernachtungskosten von Arbeitnehmern

FG Sachen vom 14.07.2021 – 4 K 737/19, NWB JAAAI-62782

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Der Hinzurechnung unterliegen nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum einer anderen Person stehen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.

Bei der Ermittlung des Gewinns werden Aufwendungen nicht abgesetzt, die neutral verbucht werden. Das sind u.a. Herstellungskosten. Mangels einer steuerlichen Normierung des Herstellungskostenbegriffs kann auf die Regelung in § 255 Abs. 2 HGB zurückgegriffen werden, die ihre historische Herkunft im Einkommensteuerrecht hat. Hiernach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern oder die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Hierzu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen angemessene Teile der Kosten des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.

Hiernach können auch Kosten der Übernachtung von Arbeitnehmern am Ort der Tätigkeit bei einem Unternehmen, das im Bereich der Verkehrs- und Schwachstromtechnik Leistungen durch Installation der Technik und Systeme vor Ort sowie der Wartung und Reparatur dieser Systeme erbringt, als Herstellungskosten zu erfassen sein. Das gilt selbst dann, wenn das Unternehmen die Kosten wie Gemeinkosten erfasst und keine projektbezogene Zuordnung der Kosten vornimmt. Zwar kommt es in diesen Fällen dazu, dass kalkulatorisch die gesamten Kosten für bestimmte bezogene Leistungen auch Ausgangsleistungen im Sinne von Kosten zugeordnet werden, bei denen die Art der Kosten nicht angefallen sind. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Kosten innerhalb des Herstellungsprozesses angefallen sind.

Darüber hinaus setzt die Hinzurechnung das Vorliegen von (fiktivem) Anlagevermögen voraus. Maßgeblich ist also ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen der mietenden oder partenden Partei wären, wenn sie im Eigentum dieser Partei stünden. In diesem Zusammenhang wird das Eigentum vorbehaltslos fingiert, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51.

Ob das Wirtschaftsgut dem Anlagevermögen zuzuordnen ist, orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes in dem Betrieb der steuerpflichtigen Person, die vom Willen der steuerpflichtigen Person abhängt sowie sich an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, Art des Betriebes und ggfs. auch Art der Bilanzierung), BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51. Insoweit spricht die Verwendung des Wirtschaftsgut als Produktionsmittel für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahelegt, BFH vom 05.06.2018 – IV R 67/05, BStBl. 2008 II 960. Die Prüfung dieser Voraussetzungen hat sich, soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu orientieren. Es ist dabei zu fragen, ob der Geschäftszweck des Unternehmens der steuerpflichtigen Person das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt, BFH vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. 1973 II 148. Dabei ist der Begriff des dauerhaften nicht als Zeitbegriff im Sinne von „immer“ zu verstehen, sondern beschränkt sich auf die Zeitdauer der dem Miet- und Pachtverhältnis innenwohnenden Endlichkeit. Allerdings folgt hieraus nicht zugleich eine Zuordnung zum Anlagevermögen. Entscheidend ist vielmehr, ob der Miet- / Pachtgegenstand dem Betrieb der steuerpflichtigen Person auf Dauer dienen soll. Das ist dann der Fall, wenn die betreffende Tätigkeit der steuerpflichtigen Person sich nur sinnvoll ausüben lässt, wenn die Wirtschaftsgüter langfristig zur Verfügung stehen, BFH vom 25.07.2019 – III R 22/16, BStBl. 2020 II 51, die steuerpflichtige Person diese diese also ständig zum Gebrauch in seinem Betrieb benötigt.

Im konkreten Fall kommt das Finanzgericht zu der Überzeugung, dass zwar der jeweilige konkret Auftrag das Vorhandensein entsprechender Übernachtungsräumlichkeiten für die beschäftigen Personen voraussetzt. Zugleich stellt das Finanzgericht aber auch heraus, dass sich das Erfordernis des Vorhandenseins der Übernachtungsmöglichkeit mit der Ausführung des jeweiligen Auftrag erschöpft und das aufgrund der ständigen Wechsel der Tätigkeitsorte ein ständiges Vorhalten der nämlichen Übernachtungsmöglichkeiten für den Betrieb nicht angezeigt ist.

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