Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: vorherige Übereignung von Hotelinventar mit der Maßgabe der späteren Rückübereignung

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§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Einfluss der Betriebsverpachtung auf die erweiterte Grundbesitzkürzung

BFH vom 19.12.2023 – IV R 5/21, BStBl. 2024 II 845

[Vorinstanz: FG Münster vom 06.12.2019 – 14 K 3999/16 G, GmbH-StB 2021, 325]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt und daneben keine anderen als die Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden und sofern und soweit die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Grundlegende Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Im Fall eine Betriebsaufspaltung scheidet die erweiterte Kürzung daher für das Besitzunternehmen aus, da diesem die gewerbliche Tätigkeit des Betriebsunternehmens im Rahmen der Merkmalszurechnung zugerechnet wird. Soweit das Besitzunternehmen auch die Voraussetzungen der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt, ergibt sich die Gewerblichkeit der Betätigung vorrangig aus der Merkmalszurechnung. Denn insoweit liegt eine originäre gewerbliche Betätigung vor.

Entfällt im Rahmen der Betriebsaufspaltung die persönliche Verflechtung, endet die Zurechnung der betrieblichen Merkamle der Betriebsgesellschaft. Die Besitzgesellschaft erzielt ab dann grundsätzlich vermögensverwaltende Einkünfte. Etwas anderes ergibt sich jedoch für den Fall, dass die Besitzgesellschaft gewerblich geprägt ist und sie fortan gewerbliche Einkünfte aufgrund der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erzielt. In diesem Fall liegt ein Übergang von der originär gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Merkmalszurechnung hin zu einer gewerblichen Prägung vor.

Davon unabhängig kann sich eine gewerbliche Tätigkeit der Besitzgesellschaft auch daraus ergeben, dass die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung vorliegen. Dieses Rechtsfolge ist jedoch rein einkommensteuerrechtlicher Art, denn gewerbesteuerlich endet der werbende Betrieb mit dem Beginn der Betriebsverpachtung. Selbst bei Vorliegen einer Betriebsverpachtung würde sich hieraus also keine gewerbliche Tätigkeit des Besitzunternehmens begründen.

Soweit die Gesellschaft der Gewerbesteuer unterliegt bemisst sich diese nach § 6 GewStG nach dem Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt und daneben keine anderen als die Nebentätigkeiten ausübt, die im Gesetz ausdrückliche Erwähnung finden und sofern und soweit die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Allerdings führt das Vorliegen einer Betriebsverpachtung regelmäßig zum Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot der erweiterten Grundbesitzkürzung. Denn die Betriebsverpachtung setzt voraus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände, verpachtet werden, BFH vom 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. 1964 III 124. [Hinweis: Im Urteilsfall noch nicht anzuwenden war § 16 Abs. 3b EStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011, BGBl. 2011 I 2131, das nach § 52 Abs. 34 EStG erstmals für Betriebsaufgaben zur Anwendung kommt, die nach dem 04.11.2011 erklärt wurden.] Die Bestimmung der wesentlichen Betriebsgegenstände erfolgt aufgrund funktionaler Betrachtung der sachlichen Erfordernisse nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des Betriebes, BFH vom 17.04.2019 – IV R 12/16, BStBl. 2019 II 745. Typischerweise umfasst die Betriebsverpachtung die Überlassung einer Mehrzahl verschiedener Wirtschaftsgüter, wie Grundvermögen sowie Vermögen anderer Art, BFH vom 29.10.1992 – III R 5/92, BFH/NV 1993, 233. Es läge dann keine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vor. Es ist jedoch zu beachten, dass bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen die gewerblich genutzten Räumlichkeiten grundsätzlich die einzigen wesentlichen Betriebsgrundlagen sind, BFH vom 07.11.2013 – X R 21/11, BFH/NV 2014, 676. Dem beweglichen Anlagevermögen kommt in diesen Fällen in der Regel nicht die Qualität einer wesentlichen Betriebsgrundlage zu, BFH vom 11.10.2007 – X R 39/04, BStBl. 2008 II 220. Daher verstößt eine Betriebsverpachtung nicht zwingend gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.

Außerhalb der Betriebsverpachtung liegt ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot vor, wenn nicht lediglich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wird.

Was Grundbesitz im Sinne der Norm ist, bestimmt sich nach bewertungsrechtlichen Grundsätzen, BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705. Zum bewertungsrechtlichen Grundbesitz gehört nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 BewG ist das Erbbaurecht ebenfalls Teil des Grundbesitzes sowie die Gebäude auf fremden Grund und Boden und die sonstigen Fälle, in denen die Gebäude einer anderen Person zuzurechnen sind, als der Person, der das Eigentum am Grund und Boden zusteht, selbst wenn die Gebäude wesentliche Bestanteile des Grund und Bodens geworben sind, § 70 Abs. 3 BewG. Darüber hinaus rechnen zum Grundbesitz das Wohneigentum, das Teileigentum, das Wohnungserbbaurecht und das Teileerbbaurecht, § 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG. Sondernutzungsrechte bestimmen den Inhalt von Wohnungs- und Teileigentum und unterliegen daher keiner gesonderte Betrachtung.

Gehören zum Unternehmensvermögen neben Grundvermögen noch weitere Wirtschaftsgüter, sind diese nur dann kürzungsschädlich, wenn sie zur Nutzung überlassen werden. Unschädlich ist dem entgegen, wenn die Wirtschaftsgüter ausdrücklich von der Nutzungsüberlassung ausgenommen sind.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Erweiterte Kürzung im Erhebungszeitraum der Veräußerung der letzten Immobilie

FG Münster vom 27.10.2022 – 10 K 3572/18 G [III R 1/23]

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschrift des Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung). Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt oder eine der im Gesetz aufgeführten Nebentätigkeiten ausüben, sofern die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nicht nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Schlechterstellung einer grundbesitzenden Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, gegenüber einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher, dass sich die Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens allein aus der gewählten Rechtsform ergibt und keine originäre gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG vorliegt.

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn die Betätigung der steuerpflichtigen Person nach den Grundsätzen des gewerblichen Grundstückshandels als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG qualifiziert. Das ist vereinfacht gesagt einmal der Fall, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als drei Objekt angeschafft und veräußert werden. Zudem kann auch schon der Verkauf einer einzigen Immobilie als gewerblicher Grundstückshandel qualifizieren, wenn bereits bei Erwerb der Immobilie eine Weiterveräußerungsabsicht vorgelegen hat.

Ob eine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vorliegt, bedarf dann der Prüfung, wenn kleine originär gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG vorliegt, denn aus der Nichtvorliegen des Einen folgt nicht das Vorliegen des Anderen.

Das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit hat eine sachliche wie auch eine zeitliche Komponent.

In zeitlicher Hinsicht ist das Tatbestandsmerkmal während des gesamten Erhebungszeitraums, § 14 GewStG, zu erfüllen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Veräußerung der letzten Immobilie mit wirtschaftlicher Wirkung zum 31.12. um 23:59 Uhr keinen Verstoß gegen die zeitliche Komponente der Ausschließlichkeit darstellt, da insoweit ausgeschlossen ist, dass eine wirtschaftliche Aktivität in der verbleibenden Minute entfaltet wird, BFH vom 11.08.2004 – I R 89/03, BStBl. 2004 II 1080. Dem liegt zu Grunde, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes Haupttätigkeit der steuerpflichtigen Person sein muss, BFH vom 20.01.1982 – I R 201/78, BStBl. 1982 II 477. Mithin war die erweiterte Grundbesitzkürzung zu versagen, wenn nachlaufend die Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens vorgenommen wird und der Zeitraum länger als die anerkannte Minute andauerte.

In sachlicher Hinsicht hat die Ausschließlichkeit eine qualitative und eine quantitative Komponente, BFH vom 26.02.2014 – I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395 sowie BFH vom 26.02.2014 – I R 6/13, BFH/NV 2014, 1400. Die Tätigkeit darf darüber hinaus nur in dem ausdrücklich erlaubten Maß die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes überschreiten.

Aus der Entscheidung des Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 05.05.2016 – 6 K 6359/12, EFG 2015, 1468 geht hervor, dass es zur Einkünfteerzielung kommen müsse. Das bloße Innehaben einer Forderung, bei der die Erzielung von Einkünften ausgeschlossen ist, stelle keine beachtliche Tätigkeit dar. Diese Ansicht des Finanzgerichtes wurde höchstrichterlich durch BFH vom 18.05.2017 – IV R 30/15, BFH/NV 2014, 1191 jedoch nicht bestätigt, da im konkreten Fall bereits der Erhebungszeitraum mit der Veräußerung der Immobilie nach § 14 S. 3 GewStG abgelaufen war, so dass es auf die nachlaufenden Betätigungen der steuerpflichtigen Gesellschaft nicht mehr ankam. Das Finanzgericht Münster hat sich den vorstehenden Erwägungen des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg angeschlossen, da im Streitfall der letzte Immobilie mit „wirtschaftlicher Wirkung zum Beginn des 31.12.“ veräußert wurde. Gründe für den gewählten Veräußerungszeitpunkt sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.

Gegen die Entscheidung hat die Verwaltung Revision eingelegt, die unter III R 1/23 beim BFH anhängig ist.

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Billigkeitsregelungen im Rahmen der Überlassung von (möblierten) Wohnungen an vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchtete

gleichlautende Ländererlassen vom 31.03.2022, FR 2022, 376

Die erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG setzt voraus, dass die steuerpflichtige Person ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt.

Soweit neben dem Grundbesitz auch bewegliche Sachen Gegenstand der Verwaltung und Nutzung sind, scheidet die erweiterte Kürzung wegen des Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsprinzip aus.

Durch die Einführung einer Bagatellgrenze in § 9 Nr. 1 S. 3 lit. c GewStG ist die strikte Ausschließlichkeit aufgeweicht worden. Außerhalb dieser Bagatellgrenze bleibt die Ausschließlichkeit jedoch bestehen. Von der Bagatellgrenze erfasst sind unmittelbare Vertragsbeziehungen mit den mietenden Personen. Soweit mittelbar Vertragsbeziehungen zu den mietenden Personen bspw. im Rahmen einer zwischenmietenden Person bestehen, findet die Bagatellgrenze keine Anwendung.

Überlässt nun eine steuerpflichtige Person möblierten Wohnraum kann das weiterhin zum Ausschluss der erweiterten Grundbesitzkürzung führen.

Aus Billigkeitsgründen wird die Finanzverwaltung bei der entgeltlichen Überlassung möblierten Wohnraums an vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten bis 31.12.2022 nicht auf den Tatbestand der Gewerblichkeit prüfen.

[Hinweis: Um dem Zweck der Billigkeitsregelung gerecht zu werden, wird die Finanzverwaltung auch nicht prüfen dürfen, ob das ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot durch die entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung der Einrichtungsgegenstände vorliegt.]

Darüber hinaus sind sonstige Unterstützungsleistungen, wie bspw. die entgeltliche Zurverfügungstellung von Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln oder Kleidung, nur kürzungsunschädlich, wenn sie die Bagatellgrenze nach § 9 Nr. 1 S. 3 lit. c GewStG nicht übersteigen.

[Hinweis: Die Formulierung deutet darauf hin, dass die entgeltliche Überlassung von möbliertem Wohnraum bei der Berechnung der Bagatellgrenze unberücksichtigt bleibt.]

Aus Billigkeitsgründen gelten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine als (mittelbare) Mieter im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 3 lit. c GewStG, wenn die Wohnungen an z.B. juristische Personen des öffentlichen Rechtes vermietet und von diesen an die Geflüchteten überlassen werden.

[Hinweis: Offen bleibt daher die Frage, ob auch mittelbare Mieter Mieter im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 3 lit. c GewStG sind.]

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: Mitvermietung von Betriebsvorrichtung – Versagung der erweiterten Grundbesitzkürzung

BFH Urt. v. 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. 2019 II 705

[Vorinstanz: FG Köln vom 29.04.2015 – 13 K 2407/11, EFG 2015, 1552]

Leitsatz der Entscheidung:

Eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG scheidet aus, wenn eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände (Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken und Büffetanlagen) mit vermietet, die als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind.

Die Überlassung von Betriebsvorrichtungen verstößt gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG und führt zur Versagung der erweiterten Grundbesitzkürzung.

Dem liegt zu Grunde, dass Betriebsvorrichtungen keine Bestandteile des Grundbesitzes sind. Grundbesitz im Sinne der erweiterten Kürzung ist wie im Rahmen der einfachen Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG der Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne, BFH vom 22.06.1977 – IR 50/75, BStBl. 1977 II 778. Der Umfang des Grundbesitzes bestimmt sich daher nach § 68 BewG. Nicht zum Grundbesitz gehören nach § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn diese zivilrechtlich wesentlichen Bestandteile des Grundstücks sind. Betriebsvorrichtungen sind jedoch nur Gegenstände, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben werden. Keine Betriebsvorrichtung liegt daher vor, wenn die Anlage für den Betrieb lediglich nützlich, notwendig oder gewerbeordnungsrechtlich vorgeschrieben ist. Eine Betriebsvorrichtung liegt erst dann vor, wenn sie von ihrer Funktion her unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient, BFH vom 28.03.2013 – III R 35/15, BStBl. 2013 II 606 Rn. 8, m.w.N. – vgl. auch Bahns/Graw, FR 2008, 257, 262 –

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Ausschließlichkeitsgebot ausnahmensweise zurücktritt. Das ist dann der Fall, wenn die Nutzungsüberlassung zwingend geboten ist, um das überlassene Grundstück sinnvoll zu nutzen. Das ist bei dem Betriebs notwendiger Sondereinrichtung für die Mieter sowie hinsichtlich notwendiger Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung (bspw. zentrale Heizungsanlage, Gartenanlagen usw.) der Fall, BFH vom 05.03.2008 – I R 56/07, HFR 2008, 1157 unter II.2.b. Darüberhinausgehenden Überlassungen – von Betriebsvorrichtungen – rechtfertigen keine Ausnahme von dem Ausschließlichkeitsgebot.

Das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG lässt i. Ü. keinen Raum für eine Bagatellgrenze.

Geschützt: § 9 Nr. 1 S. 2ff. GewStG: keine erweiterte Kürzung bei Beteiligung an einer gewerblich geprägten, grundstücksverwaltenden Personengesellschaft

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§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG: zum Umfang der zwingend notwendigen Nebentätigkeit zur wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksnutzung als Ausnahmen von Ausschließlichkeitsgebot

BFH vom 18.04.2000 – VIII R 68/98, BStBl. 2001 II 359 [Vorinstanz: FG Baden-Württemberg]

Von Amts wegen ist grundbesitzenden Unternehmen nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG die einfache Grundbesitzkürzung in Höhe von 1,2 % des Einheitswertes der im Inland belegen Grundstücke zu gewähren. Das Gesetz verfolgt den Zweck die Doppelbelastung von Grundsteuer und Gewerbesteuer – beides Realsteuern – zu vermeiden, Begründung zum GewStG 1936, RStBl. 1937, 693, 696.

Auf Antrag tritt an deren Stelle die erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Die Kürzung umfasst nur den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Die Regelung dient der Schaffung einer rechtsformneutralen Besteuerung, BFH vom 15.12.1998 – VIII R 77/93, BStBl. 1999 II 168.

Überschreitet die die Verwaltung und Nutzung eigene Grundbesitzes oder Kapitalvermögens die Schwelle zur Gewerblichkeit, ist das kürzungsschädlich.

Ursprünglich war der Tatbestand des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ausnahmenslos auf die Verwaltung un Nutzung des Grundbesitzes beschränkt. Erst mit der mit dem StÄndG 1961, BGBl. 1961 I 981 wurden bestimmte Nebentätigkeiten als kürzungsunschädlich anerkannt.

Der Zweck der Herstellung einer rechtsformneutralen Besteuerung wurde mit Definition kürzungsunschädlicher Nebentätigkeiten nicht aufgegeben, BFH vom 28.06.1973 – IV R 97/72, BSTBl. 1973 II 688.

Die gesetzliche Definition der kürzungsunschädlichen Nebentätigkeiten ist abschließend. Eine Bagatellgrenze sieht das Gesetz nicht vor.

Wird neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes eine Betriebsvorrichtung überlassen, ist das grundsätzlich kürzungsschädlich. Hiervon abweichend ist überlassung von Betriebsvorrichtungen jedoch dann kürzungsunschädlich, wenn Grundstücksteile nur wegen ihrer Nutzung durch den Mieter zu Betriebsvorrichtungen werden, BFH vom 22.06.1977 – I R 50/75, BStBl. 1977 II 778.

Das setzt voraus, dass die Neben- oder Hilfsgeschäfte zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung sind, BFH vom 23.08.1993 – IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338.

Diese Voraussetzungen sind jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der auf die Vermietung entfallende Gewinnanteil 20 % des (gewerbesteuerpflichtigen) Gesamtgewinns beträgt, BFH vom 26.02.1992 – I R 53/90, BStBl. 1992 II 738 oder die Herstellungskosten der Betriebsvorrichtung mehr als 20 % der Herstellungkosten des vermieteten Grundbesitzes übersteigt, BFH vom 26.08.1993 – IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338.

Nicht übersehen werden darf, dass der BFH in seiner Entscheidung vom 26.08.1993 – IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338 offen gelassen hat, ob das Ausschließlichkeitsgebot überhaupt Ausnahmen duldet.

Der VIII. Senat ist jedoch der Ansicht, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei völlig unwesentlichen und damit in ihrem wirtschaftlichen Gewicht vernachlässigbare Tätigkeiten unschädlich sein können. Er stützt seine Auffassung auf die Rechtsprechung des RFH vom 19.09.1939 – I 270/38, RStBL. 1940, 38 und des BFH vom 08.06.1978 – I R 68/75, BStBl. 1978 II 505.