Geschützt: § 28 Abs. 1, § 30, § 33 Abs. 2 GewStG: Aufeinandertreffen von einfachen und mehrgemeindlichen Betriebsstätten; Zerlegung in besonderen Fällen

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§ 30 GewStG: Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten

BFH vom 14.12.2023 – IV R 2/21, DStR 2024, 940

[Vorinstanz: FG Hessen vom 19.09.2019 – 8 K 1734/14, EFG 2019, 2012]

Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, ist der Steuermessbetrag auf die einzelnen Gemeinden zu zerlegen, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Das gilt auch in den Fällen, in denen sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt, § 28 Abs. 1 S. 2 GewStG.

Erstreckt sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden, ist der Steuermessbetrag auf die Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, § 30 GewStG.

Voraussetzung für die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 2 GewStG , § 30 GewStG ist es, dass der auf jede beteiligte Gemeinde entfallende Anteil an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt, BFH vom 08.03.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735.

Das gewerbesteuerliche Zerlegungsrecht kennt keinen eigenständigen Betriebsstättenbegriff. Daher ist auch für Zwecke der gewerbesteuerlichen Zerlegung auf den Betriebsstättenbegriff des § 12 AO zurückzugreifen, vgl. BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Unterhält eine steuerpflichtige Person innerhalb eines Erhebungszeitraumes sowohl eine mehrgemeindliche Betriebsstätte als auch zumindest eine weitere Betriebsstätte so erfolgt die Zerlegung mehrstufig. Auf erster Stufe erfolgt die sog. Hauptzerlegung. Diese erfolgt unter Anwendung der Zerlegungsmethode des § 29 GewStG und damit regelmäßig nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne der Betriebsstätten zueinander. Der auf die mehrgemeindliche Betriebsstätte entfallende Zerlegungsanteil ist daran anschließend im Wege der sog. Unterzerlegung auf die Gemeinden zu zerlegen, über deren Gebiet sich die mehrgemeindliche Betriebsstätte erstreckt.

Für die Unterzerlegung gibt das Gesetz in § 30 GewStG keinen konkreten Zerlegungsmaßstab vor. Die gesetzliche Regelung besagt nur, dass die Unterzerlegung nach den örtlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten zu erfolgen hat. Dieser Maßstab ist grober Natur, BFH vom 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. 1988 II 292, und eröffent die Möglichkeit der Schätzung der Belastungen. Die Ausgestaltung des Maßstabes trägt dem Rechnung, dass es nicht möglich ist, die Belastung der Gemeinden aus der gemeinsamen Betriebsstätte zu berechnen.

Eine sachgerechte Auswahl der Zerlegungsfaktoren die diesen Anforderungen gerecht werden, bedingt die Abwägung aller Interessen, BFH vom 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. 1954 III 372; BFH vom 28.02.1956 – I B 170/54.

Die Auswahl der Zerlegungsfaktoren hat der Eigenart der mehrgemeindlichen Betriebsstätte und den Interessen der beteiligten Gemeinden in typisierender Form Rechnung zu tragen. Nicht notwendig ist es , dass eine Feststellung und Gewichtung von Art und Umfang der individuellen Beeinträchtigung und Belastung für jede Gemeinde vorgenommen wird. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die Bestimmung der Gemeindelasten typisiert erfolgt. Dabei sind sowohl die typischen Arbeitnehmerfolgekosten („persönliche Lasten„) wie auch die „sachlichen Lasten“ zu berücksichtigen, die aus der mehrgemeindlichen Betriebsstätte für die Gemeinden ergeben. Belastungen sachlicher Art sind die Kosten für die Zufahrt zur Betriebsstätte ebenso wie diejenigen der Unterhaltung entsprechender Einrichtungen, wie der lokalen Feuerwehr, die entsprechend der gewerblichen Nutzung der Betriebsstätte, ausgerüstet sein muss. Das hat zur Folge, dass bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten anders als im Regelzerlegungsfall neben den Arbeitnehmerfolgekosten zumindest ein weiterer sachlicher Faktor zu berücksichtigen ist.

Bei der Ausgestaltung der Zerlegung stehen die persönlichen wie auch die sachlichen Lasten regelmäßig gleichgewichtig zueinander, BFH vom 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. 1965 III 113. In Zeiten der Veränderung der Arbeitswelt durch flexiblere Arbeitsmodelle und unter Einbeziehung fiskaler Vor- und Nachteile aus der Ansiedlung von Arbeitskräften in der Gemeinde kann sich jedoch eine andere Gewichtung ergeben.

Als sachlicher Zerlegungsmaßstab werden in der Rechtsprechung die in den einzelnen Gemeinden vorhandenen Betriebsanlagen der Betriebsstätte herangezogen, BFH vom 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. 1954 III 372; BFH vom 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. 1965 III 113. Dabei ist jedoch die vorgelagerte Frage zu beantworten, ob auf die historischen oder fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten in steuerlicher oder handelsrechtlicher Hinsicht abzustellen ist. Zudem muss die steuerpflichtige Person die vorhandenen Betriebsanlagen einer Betriebsstätte bzw. bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten der jeweiligen Gemeinde innerhalb der mehrgemeindlichen Betriebsstätte zuordnen. Bei Elektrizitätsunternehmen wurde alternativ auf die Menge des auf dem Gebiet einer Gemeinde abgegebenen Stroms oder auf die Betriebseinnahmen aus der Stromabgaben abgestellt, BFH vom 16.11.1954 – I B 249/62 U, BStBl. 1966 III 40; BFH vom 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. 1988 II 292. Soweit Gegenstand des Unternehmens der Transport von Erdgas über ein Rohrleitungssystem ist, kann auf die Menge des abgegebenen Gases abgestellt werden. Das gilt vor allem dann, wenn praktische Schwierigkeiten hinsichtlich der Zuordnung des weit überwiegenden Wertanteils der Betriebsanlagen bestehen, wie das bei einem weit verzweigten Rohrleitungssystem der Fall ist. Das gilt vor allem dann, wenn die Daten über die Abgabemenge bei der steuerpflichtigen Person ohnehin vorhanden sind oder leicht aus vorhandenen Daten abgeleitet werden können. Hieran ändert auch die Trennung von Gashandel und Gastransport (Unbundling) nichts. Auch stellt der Rückgriff auf die abgegebene Gasmenge keinen Verstoß gegen Art. 20a GG vor, weil letztlich die Gemeinde profitiert, auf deren Gebiet eine hohe Gasmenge abgegeben wird.

§ 28 Abs. 1 S. 2 GewStG, § 30 GewStG: mehrgemeindliche Betriebsstätte bei Versorgungsunternehmen

BFH vom 18.02.2021 – III R 8/19, BStBl. 2021 II 627

Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, ist der Steuermessbetrag auf die einzelnen Gemeinden zu zerlegen, § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Das gilt auch in den Fällen, in denen sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt, § 28 Abs. 1 S. 2 GewStG.

Erstreckt sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden, ist der Steuermessbetrag auf die Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, § 30 GewStG.

Voraussetzung für die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 2, § 30 GewStG ist es, dass der auf auf jede beteiligte Gemeinde entfallende Anteil an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt, BFH vom 08.03.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735.

Das gewerbesteuerliche Zerlegungsrecht kennt keinen eigenständigen Betriebstättenbegriff. Daher ist auch für Zwecke der gewerbesteuerlichen Zerlegung auf den Betriebsstättenbegriff des § 12 AO zurückzugreifen, vgl. BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Das Vorliegen einer Betriebsstätte im Sinne des § 12 S. 1 AO setzt voraus, dass Geschäftseinrichtungen oder Anlagen mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche vorhanden sind, die von gewisser Dauer ist, über die der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehend Verfügungsmacht hat, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat die steuerpflichtige Person, wenn sie eine Rechtsposition innehat, die ihr nicht ohne Weiteres entzogen werden kann. Nicht ausreichend ist die rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit, die tatsächliche Mitbenutzung sowie die bloße Berechtigung zur Nutzung im Interesse eines anderen, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Die Einrichtung oder Anlage muss darüber hinaus der Tätigkeit der steuerpflichtigen Person unmittelbar dienen, wenn es im Gesetz lautet „zur Ausübung des Gewerbes“, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.Das ist der Fall, wenn an dem Ort der Einrichtung oder Anlage eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit örtlicher Bindung ausgeübt wird, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638, und sich in der Bindung eine gewisse Verwurzelung des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrückt, BFH vom 04.06.2008 – I R 30/07, BStBl. 2008 II 922. Diese Voraussetzung ist im Allgemeinen nur erfüllt, wenn der Unternehmer selbst, seine Arbeitnehmer, fremdes weisungsabhängiges Personal oder Subunternehmer in oder an der Geschäftseinrichtung tätig werden, BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84. Das kann auch in der Betriebsstätte eines Dritten erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass die steuerpflichtige Person rechtlich befugt ist, die Einrichtung oder Anlage nach den Bedürfnisse des eigenen Unternehmens zu nutzen und eigene oder überlassene Arbeitnehmer dort tätig werden, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638.

Diese Voraussetzungen liegen bei der schlichten Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz indes nicht vor, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638. Daran ändern auch die mit der Überlassung des Grundstücks oder Gebäudes verbundenen Verwaltungsarbeiten nichts, selbst wenn sich die überlassende Person umfangreiche Betretungs- und Kontrollrechte vorbehalten hätte, BFH vom 18.09.2019 – III R 3/19, HFR 2020, 638. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die nutzungsüberlassende Person eine eigenbetriebliche Tätigkeit entfalten würde, die eine gewisse Nachhaltigkeit aufweist und die über punktuell einzelfallbezogene Maßnahmen hinausgeht, BFH vom 13.06.2006 – I R 84/05, BStBl. 2007 II 94. Wird die eigenbetriebliche Tätigkeit durch vollautomatisch arbeitende Einrichtungen ausgeführt, kann ausnahmsweise eine Betriebsstätte vorliegen, BFH vom 30.06.2005 – III R 76/03, BStBl. 2006 II 84. Voraussetzung darüf ist, dass der steuerpflichtigen Person das Recht eingeräumt wird, das Gebäude zu den üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zu berteten und die anfallenden Wartungsarbeiten an ihren Anlagen vorzunehmen, BFH vom 25.05.2000 – III R 20/97, BStBl. 2001 II 365. Nicht ausreichend ist in diesen Fällen die reine Fernüberwachung der Anlage mittels Datenfernübertragung, BFH vom 30.06.2005 – III R 47/03, BStBl. 2006 II 78.

Der Entscheidungsfall betraf das sog. Unbundling, also die Trennung der Netzinfrastruktur vom eigentlichen Betrieb eines Versorgungsunternehmens zur Stärkung des Wettbewerbs. Diese Trennung vollzieht sich dergestalt, dass das frühere Einheitsunternehmen die Netzinfrastruktur an ein anderes Unternehmen verpachtet und zugleich einen Vertrag über die Nutzung der Transportkapazität des Netzes mit dem pachtenden Unternehmen abschließt. Infolge der Verpachtung verliert das Versorgungsunternehmen die notwendig Verfügungsmacht über die Infrastruktur, so dass aus dem Vorhandensein der Netzinfrastruktur keine mehrgemeintliche Betriebsstätte heraus mehr besteht. Das wäre jedoch anders zu beurteilen, wenn sich das Versorgungsunternehmen vorbehalten hätte das Netz dauerhaft mit seiner Weisungsbefugnis unterliegendem Personal zu betreiben. Eine solche Vereinbarung dürfte allerdings mitden gesetzlichen Vorgaben zur Trennung von Versorgung und Transport nicht in Einklang stehen.

§ 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GewStG: mehrgemeintliche Betriebsstätte bei Betrieb eines Rohrleitungssystems; § 33 Abs. 2 GewStG: offenbar unbilliges Ergebnis

FG Düsseldorf vom 19.06.2020 – 3 K 3280/17, NWB TAAAI-59378

Eine einheitliche mehrgemeintliche Betriebsstättte im Sinne des § 30 GewStG setzt voraus, dass kumulativ in räumlicher, organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht ein einheitliches Ganzes besteht, BFH vom 20.02.1974 – I R 179/72, BStBl. 1974 II 427.

Ein räumlicher Zusammenhang kann durch die Erdoberfläche als auch durch ober- und unterirdische betriebliche Anlagen vorliegen. Dieses Merkmal kann im Sonderfall der Elektrizitätswerke gegenüber den anderen Merkmalen zurücktreten, BFH vom 16.11.1965 – I B 249/62 U, BStBl. 1966 III 40. In diesem Sonderfall kann auch dann eine mehrgemeindliche Betriebsstätte vorliegen, wenn die Hauptverwaltung nicht an das Verteilernetz angeschlossen ist.

Ein in organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht gegebenes Ganzes liegt dann nicht vor, wenn die Beschäftigten am Ort der Hauptverwaltung einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb des Netzes verrichten.

Es liegt keine offenbare Unbilligkeit im Sinne des § 33 Abs. 1 GewStG vor, wenn die Voraussetzungen für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte im Sinne des § 30 GewStG nicht vorliegen und deswegen die Gemeinden in denen sich lediglich eine betriebliche Anlage befindet aufgrund der Anwendung der Regelzerlegung nach § 29 GewStG keinen Zerlegungsanteil erhält, BFH vom 05.10.1965 – I B 387/62 U, BStBl. 1965 III 668.

[Hinweis: Vgl. zur Verlegung betreffend das Festnetz einer Telefongesellschaft FG Köln vom 27.11.2006 – 2 K 6440/03, EFG 2007, 372.]

§ 30 GewStG: Zerlegung bei mehrgemeindlicher Betriebsstätte eines untertägigen Bergwerks

FG Nürnberg vom 28.10.2010 – 4 K 1962/2008, EFG 2011, 559

Nach § 28 Abs. 1 GewStG ist der Gewerbeertrag zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind.

Eine Zerlegung erfolgt nach § 30 GewStG auch dann, wenn sich eine Betriebsstätte über das Gebiet mehrerer Gemeinden erstreckt (mehrgemeindliche Betriebsstätte). In diesem Fall erfolgt die Zerlegung nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten.

Der Begriff der Betriebsstätte ist im Gewerbesteuerrecht nicht definiert. Daher kann auf die allgemeine Definition des § 12 AO zurückgegriffen werden. Betriebsstätte ist nach § 12 S. 1 AO eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn eine feste Beziehung zur Erdoberfläche vorliegt, die von gewisser Dauer ist über die das Unternehmen nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat und diese für die Tätigkeit des Unternehmen dienend ist, BFH vom 16.12.2009 – I R 56/09, DStR 2010, 481.

Allerdings ist eine der unmittelbar der Erschließung dienende Werksstraße stets Teil einer einheitlichen Betriebsstätte, BFH vom 20.04.1999 – VIII R 13/97, BStBl. 1999 II 542. Insoweit ist es nicht notwendig, dass die Werksstraße die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt. Es bedarf damit keiner Auseinandersetzung, ob die jeweils gesonderte Erfüllung der Voraussetzungen der Betriebsstätte in den jeweiligen Gemeinden erforderlich ist. Vgl. für den Lagerraum von Werkzeugen BFH vom 19.06.1963 – I B 352/60, HFR 1963, 459; für den Parkplatz von Lastkraftfahrzeugen BFH vom 18.03.2009 – III R 2/06, BFH/NV 2009, 1457; für Lärmmessstationen von Verkehrsflughäfen BFH vom 16.12.2009 – I R 56/08, DStR 2010, 481.

Zur Zeit nicht mehr genutztes Betriebsvermögen dient wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung nicht (mehr) dem Betriebsvorgang des Unternehmens und kann damit keine Betriebsstätte begründen. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des BFH vom 18.04.1951 – I B 34/50 U, BStBl. 1951 III 124 betreffend einer komplett stillgelegten Flächen zum Abladen von Schrott und Trümmern sowie des BFH vom 26.11.1957 – I B 218/56 U, BStBl. 1959 III 261 betreffend einer Fläche zum Lagern von Schlacke aus einem Kesselhaus, von Bauschutt und Kesselasche.

Anders verhält es sich jedoch mit der Abraumlagerstelle eines Bergbauunternehmens. Die Lagerung des Abraumes ist Teil der Betriebstätigkeit, FG Düsseldorf vom 11.03.1970 – II 520/66, EFG 1970, 460, denn der Abraum wird für die spätere Verfüllung nach der Ausbeutung der Lagerstätte wieder benötigt. Ggfs. erfolgt auch eine Aufarbeitung des Abraums zur vollständigen Ausbeutung. In diesem Fall ist allerdings auch § 12 S. 2 Nr. 7 AO verwirklicht, wonach eine Betriebsstätte insbesondere Bergwerke sind. Zu diesen zählen auch die Abbraumhalden und alle sonstigen betrieblichen Einrichtungen des Bergwerkes. In diesem Zusammenhang ist der Zerlegungsausschluss des § 28 Abs. 2 Nr. 3 GewStG zu beachten, wonach Gemeinden von der Zerlegung ausgeschlossen sind in deren Gemeindegebiet Bergwerkunternehmen keine oberirdischen Anlagen haben, in welchen eine gewerbliche Aktivität entfaltet wird.

Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte liegt vor, wenn ein räumlicher, betrieblicher Zusammenhang zwischen den Betriebsanlagen, Geschäftseinrichtungen oder Teilen von ihnen besteht, die in verschiedenen Gemeinden belegen sind. Voraussetzung für die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte ist ferner, dass die innerhalb eines Gemeindegebietes jeweils die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt sind. [Schlussfolgerung: Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte lässt sich daher als Mehrzahl von Betriebsstätten beschreiben zwischen denen ein Zusammenhang besteht, der eine zusammenfassende Betrachtung gebietet.] Soweit die Rechtsprechung es in der Vergangenheit hat ausreichen lassen, dass insgesamt eine Betriebsstätte gegeben war und in verschiedenen Gemeinden zwar Betriebsvermögen vorhanden war, dieses aber separat betrachtet, die Voraussetzungen an eine Betriebsstätte nicht erfüllt hat, ist diese Rechtsprechung überholt. Nach Ansicht des FG ist jedoch der Ausschluss von Gemeinden nicht sachgerecht, wenn Betriebsanlagen innerhalb eines Betriebsgeländes ohne Orientierung an den Gemeindegrenzen errichtet werden und es gewissermaßen zufällig ist, ob innerhalb eines Gemeindegebietes die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt sind.

Vgl. zu einer Ölpipeline BFH vom 12.10.1977 – I R 226/75, BStBl. 1979 II 111; zu einem Stromleitungsnetz BFH vom 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. 1988 II 292; zu Mülltonnenstellplätzen eines Abfallentsorgungsunternehmens BFH vom 09.03.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735; zum Kehrbezirk eines Schornsteinfegers BFH vom 13.09.2000 – X R 174/96, BStBl. 2001 II 734.

Liegen die Voraussetzungen einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte vor, steht die Auswahl des Zerlegungsmaßstabs nicht im Ermessen der Behörde, BFH vom 18.12.1986 – I B 31/86, BFH/NV 1987, 394. Der Zerlegungsmaßstab kann neben dem Verhältnis der Betriebsanlagen und dem Verhältnis des Faktors Wohnen der Arbeitnehmer, BFH vom 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. 1988 II 292, auch weitere Faktoren berücksichtigen, RFH vom 28.02.1939 – I 473/38, RFHE 1939, 1056, soweit diese direkte Auswirkungen auf den Haushalt der Gemeinde haben, BFH vom 04.04.2007 – I R 23/06, BStBl. 2007 II 836.

Eine notwendige Beiladung des steuerschuldenden Unternehmens ist nicht gegeben, wenn streitgegenständlich die Zerlegung zwischen zwei oder mehreren Gemeinden mit identischen Hebesätzen ist, BFH vom 20.04.1999 – VIII R 13/97, BStBl. 1999 II 542.