§ 9 Nr. 1 S. 1 GewStG: Anpassung der einfachen Grundbesitzkürzung an die tatsächlich gezahlte Grundsteuer

Jahressteuergesetz 2024 – hier: Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Jahressteuergesetz 2024 vom 16.10.2024, BT-DrS 20/13419

Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns, der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Nach der bis einschließlich des Erhebungszeitraum 2024 geltenden Gesetzesfassung ist der Gewinn nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG um 1,2 Prozent des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitz zu kürzen. Nach § 121a BewG ist der Einheitswert dabei mit 140 % seines Wertes anzusetzen. Der Ansatz der Einheitswerte 1935 erfolgt nach Maßgabe des § 133 BewG. Diese Anküpfung an den Einheitswert anstelle der Anknüpfung an die Grundsteuerfestsetzung selbst hatte den Vorteil, dass die meist über viele Jahre statischen Einheitswerte, einmal aktenkundig, ohne großen Verwaltungsaufwand auch in der Folgezeit problemlos berücksichtigt werden können. Auch verlässt die technische Abwicklung nicht den sachlichen Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltung.

Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer doppelten Besteuerung des Grundbesitzes mit den beiden Realsteuern im Sinne des § 3 Abs. 2 AO, der Grundsteuer und der Gewerbesteuer, deren Steuergläubiger jeweils die Gemeinden sind.

Mit dem Wegfall der Anknüpfung der Grundsteuer an die Einheitswerte zum 1.1.2025 sieht das GewStG die Kürzung des Gewinns mit 0,11 % des Grundbesitzwertes vor, der als Bemessungsgrundlage der künfigen Grundsteuer im Bundesmodell vorgesehen ist. Soweit die Länder im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz vom Bundesmodell abgewichen sind, ergeben sich jedoch Anwendungsschwierigkeiten. Die gesetzlichen Regelungen einiger Länder sehen vor, dass der festzustellende Grundbesitzwert aufgrund einer vom Bundesmodell abweichenden Bewertungsmethodik ermittelt wird. Es kommt damit zu einer ungleichen Kürzung des Grundbesitzwertes. Andere Bundeslänger sehen eine Feststellung des Grundbesitzwertes nicht vor. Die Gesetzgebung dieser Länder sieht entweder die Feststellung eines Wertes vor, der einen anderen Namen trägt. Auch finden sich gesetzliche Ausgestaltungen, in denen keine Wertfeststellung vorgesehen ist. In beiden Fällen läuft die künftige Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG mithin leer.

Die vorliegende Gesetzeslage ist mithin nicht mehr geeignet ihren Zweck der Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Grundsteuer und Gewerbesteuer zu vermeiden. Zudem entsteht eine gravierende Ungleichbehandlung aufgrund der unterschiedlichen Bewertungsmethoden.

Dieses Missverhältnis greift der Finanzausschuss des Bundestages auf und empfiehlt im Jahressteuergesetz 2024 eine Änderung von § 9 Abs. 1 S. 1 GewStG aufzunehmen, nach der „die im Erhebungszeitraum als Betriebsausgaben erfasste Grundsteuer für zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitz“ zu kürzen. Damit würde sich die einfache Grundbesitzkürzung von der Bestimmung der Bemessungsgrundlage lösen und auf die tatsächliche Steuer abstellen. Der Gesetzgeber würde damit das beschriebene Problem der unterschiedlichen landesgesetzlichen Regelungen lösen. [Hinweis: Zu beachten ist daher, dass künftig bei der Erfassung der kommunalen Abgabenbescheide in den Buchhaltungssystemen die Grundsteuer getrennt von der Vielzahl der grundbesitzbezogenen Abgaben zu verbuchen ist, die die Gemeinden zumeist in einem Abgabenbescheid festsetzen.]

Interessanterweise führt der Finanzausschuss in der Gesetzesbegründung aus, dass das Ziel der weitgehenden fiskalischen Aufkommensneutraliltät der Grundsteuerreform mit der Anknüpfung an die tatsächlich gezahlte Grundsteuer gewahrt bleibt. Dem ist zu widersprechen. Denn die Aufkommensneutralität der Grundsteuer bezieht sich auf alle Grundstücke. Eine Vielzahl von Grundstücken werden jedoch privat genutzt oder gehören zu einem Unternehmen, das nicht der Gewerbesteuer unterliegt oder die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nutzt. Das die Aufkommensneutralität in der Teilmenge der Grundstücke, die einem der Gewerbesteuer unterliegenden Betriebsvermögen zugeordnet sind, gegeben sein soll, erscheint höchst damit höchst zweifelhaft. Auch darf nicht übersehen werden, dass die tatsächlich festgesetzte Grundsteuer schon in der Vergangheit nicht der Höhe des Einheitswertes multipliziert mit den in § 121a BewG und § 133 BewG genannten Faktoren entsprochen hat. Sie lag zumeist deutlich über diesen Beträgen. Mit der Anknüpfung der Kürzung an die tatsächlich gezahlte Grundsteuer kommt der Kürzung künftig ein deutlich höheres Gewicht zu.

Soweit der Gesetzgeber neben der Vermeidung der Doppelbesteuerung von Grundsteuer und Gewerbesteuer auch die Gleichbehandlung von Unternehmen beabsichtigt, die auf eigenen oder auf fremden Grund und Boden tätig sind, wird es nun jedoch zu einer Besserstellung des eigenen Grundbesitzes kommen, da die Grundsteuer als Betriebsausgaben abzugsfähig ist und zudem nochmals nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG gekürzt werden soll. Denn im Fall der Nutzung fremden Grundbesitzes sind lediglich die weiterbelasteten Grundsteuern als Betriebsausgaben abzugsfähig. Eine zusätzliche Kürzung erfolgt in diesem Fall jedoch nicht, da die Kürzung nach den zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitz erfasst.