§ 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG: Gewerbesteuerpflicht des neu gebildeten Betriebservermögens bei einer Auflösung oder Veräußerung innerhalb der Frist des § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG.

BFH vom 14.03.2024 – IV R 20/21

[Vorverfahren: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 11.08.2021 – 2 K 194/19]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach § 6 GewStG nach dem Gewerbeertrag.
Dieser bestimmt sich gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den Vorschriften des
Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts für die Ermittlung des Gewinns,
der für gewerbesteuerliche Zwecke zu modifizieren und um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG zu vermehren und um Kürzungen nach § 9 GewStG zu vermindern ist.

Teil des Gewerbeertrages ist auch der Aufgabe- und Veräußerungsgewinn im Sinne des § 18 Abs. 3 S. 1 1. HS GewStG. Denn nach der ausdrücklichen Regelung des § 18 Abs. 3 S. 1 1. HS UmwStG unterliegt ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer. Dieser entsteht, wenn der Betrieb der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung aufgegeben oder veräußert wird. Diese Regelung flankiert die Möglichkeit der Buchwertfortführung bei einer Umwandlung auf ein Personenunternehmen dahingehend, dass die im Rahmen der Besteuerung von Kapitalgesellschaften bestehende Steuerpflicht eines Auflösungs- oder Veräußerungsgewinns für einen Übergangszeitraum im Rahmen der Besteuerung der folgenden Personenunternehmung noch fortbesteht. Die Regelung des § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG verhindert die Umwandlung zur gewerbesteuerfreien Auflösung oder Veräußerung. Dieses Ziel verfolgte bereits § 18 Abs. 4 UmwStG a.F., BFH vom 26.03.2015 – IV R 3/12, BStBl. 2016 II 553.

Nach § 18 Abs. 3 S. 1 2. HS UmwStG gilt die Steuerpflicht auch soweit der Gewinn auf Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb des übernehmenden Personenunternehmens vorhanden war.

Nach § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG gilt S. 1 entsprechend, soweit ein Teilbetrieb oder ein Anteil an einer Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird. In dem letzten Fall umfasst der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn auch das Sonderbetriebsvermögen.

Vor dem Hintergrund der fortgeltenden Gewerbesteuerverstrickung des Vermögens der Kapitalgesellschaft war schon nach § 18 Abs. 4 UmwStG a.F. das Betriebsvermögen, das bereits bei Umwandlung im Betrieb des aufnehmenden Rechtsträgers vorhanden war, nicht erfasst, BFH vom 16.11.2005 – X R 6/04, BStBl. 2008 II 62; BFH vom 20.11.2006 – VIII R 47/05, BStBl. 2008 II 69. Mit der gesetzlichen Neufassung in § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG 2006 wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der gesamte Auflösungs- und Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt.

Das gilt entgegen der vorinstanzlichen Auffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 11.08.2021 – 2 K 194/19 auch für den Fall des identitätswahrenden Formwechsels. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz fehlt es bei einem identitätswahrenden Formwechsel nicht an einem übernehmenden Personenunternehmen. Denn das Umwandlungssteuergesetz fingiert im Fall des Formwechsels einen Vermögensübergang von einer Kapitalgesellschaft auf ein Personenunternehmen.

Der Gewerbesteuer unterliegt jedoch nur der Gewinn, der den veräußerten Kommanditanteil betrifft. Nicht der Besteuerung unterliegt der Gewinn, der auf das Sonderbetriebsvermögen entfällt, a.A. FG Mecklenburg-Vorpommern vom 11.08.2021 – 2 K 194/19.

Dem liegt zu Grunde, dass das erst im Zuge der Umwandlung oder nach dieser gebildetes Betriebsvermögen nicht der Besteuerung im Rahmen des § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG unterliegt. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, deren Zweck darin besteht, eine Umwandlung zum Zwecke der anschließenden gewerbesteuerfreien Veräußerung vorzunehmen. Soweit allerdings neues Betriebsvermögen erst nach der Umwandlung entsteht, besteht die Gefahr der Umwandlung zum Zwecke der Vermeidung einer Gewerbesteuerbelastung nicht. An der abweichenden Ansicht im obiter dictum in der Entscheidung BFH vom 16.12.2009 – IV R 22/08, BStBl. 2010 II 736 hält der BFH nicht fest.

Soweit die Finanzverwaltung, BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl. 2011 I 1314, Rz. 18.09, und das FG Münster vom 09.06.2016 – 6 K 1314/15 G, F, eine abweichende Ansicht vertreten, lässt sich diese auch nicht dadurch rechtfertigen, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 3 UmwStG gegenüber demjenigen des bisherigen § 18 Abs. 4 UmwStG a.F. habe erweitern wollen. Denn soweit das Betriebsvermögen erst mit der Umwandlung begründet wurde, handelt es sich gerade nicht um Betriebsvermögen, das im Betrieb der übernehmenden Personengesellschaft bereits vorhanden war. Nichts anderes ergibt sich aus der Tatsache, dass nach § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG nicht die historischen stillen Reserven, die bei der Umwandlung vorhanden waren, sondern die stillen Reserven bei Auflösung oder Veräußerung vorhanden sind versteuert werden. Denn diese Rechtsfolge tritt nur für das Betriebsvermögen ein, das vom sachlichen Anwendungsbereich des § 18 Abs. 3 UmwStG umfasst ist.