Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 – Regierungsentwurf

BMF vom 05.06.2024

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht u.a. folgende Regelungen vor, die Auswirkungen auf die Gewerbebesteuerung haben:

§ 3 Nr. 72 EStG

§ 3 Nummer 72 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von auf, an oder in Gebäuden (einschließlich Nebengebäuden) vorhandenen Photovoltaikanlagen, wenn die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bis zu 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit und insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft beträgt.“

§ 3 Nummer 72 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom … (BGBl. … I
Nr. …) [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] ist erstmals für Photovoltaikanlagen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.

Begründung

Mit der Änderung wird die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht. Durch die Änderung wird weiter klargestellt, dass
– auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten aber ohne Wohneinheiten Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind,

– es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt.

§ 7 S. 8 GewStG, § 36 Abs. 3 S. 4 GewStG

In § 7 werden die Sätze 8 und 9 durch folgenden Satz ersetzt:
Einkünfte, die in einer ausländischen Betriebsstätte anfallen und nach den §§ 7 bis 13 des Außensteuergesetzes steuerpflichtig wären, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft im Sinne dieser Vorschriften wäre, gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt.

§ 7 Satz 8 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom … (BGBl. … I Nr. …)
[einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] ist auch für Erhebungszeiträume vor 2024 anzuwenden.

Begründung

§ 7 Satz 8 GewStG wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20. Dezember 2016 eingeführt und fingiert, dass Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 AStG in einer inländischen Betriebsstätte erzielt werden. Dies gilt nach § 7 Satz 8 2. Halbsatz GewStG auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder dieses die Steueranrechnung oder die Anrechnungsmethode anordnet. Als Folgeänderung aus der Regelung des § 7 Satz 8 GewStG wurde in § 9 Nummer 2 Satz 2 GewStG normiert, dass eine Kürzung des Gewerbeertrags um Gewinnanteile einer in- oder ausländischen Mitunternehmerschaft nach § 9 Nummer 2 Satz 1 GewStG nicht erfolgt, soweit im Gewinnanteil Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 8 GewStG enthalten sind. Mit der Neufassung des § 7 Satz 8 GewStG wird klargestellt, dass sämtliche passiven ausländischen Betriebsstätteneinkünfte als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt gelten und somit auch solche, für die Deutschland im Fall eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bereits nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht. Der klarstellende Charakter der Änderung ergibt sich auch aus der Gesetzbegründung zur Änderung des § 9 Nummer 2 Satz 2 GewStG im Rahmen des ATADUmsG, nach der eine Kürzung verhindert werden soll, „soweit im Gewinnanteil Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 8 GewStG (passive Einkünfte, die über eine ausländische Betriebsstätte bezogen werden) enthalten sind“ (BT-Drs. 19/28652, S. 45). Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass eine Beschränkung des § 7 Satz 8 GewStG dergestalt, dass für die Frage der gewerbesteuerlichen Erfassung die abkommensrechtliche Würdigung relevant sein könnte, weder den Gesetzesmaterialien noch dem Sinn und Zweck der Norm zu entnehmen ist. Die bisher in § 7 Satz 9 GewStG normierte Ausnahme von der Anwendung des § 7 Satz 8 GewStG ist durch den in der Neufassung des § 7 Satz 8 GewStG enthaltenen Verweis auf §§ 7 bis 13 AStG nicht mehr erforderlich und wird daher gestrichen. Losgelöst von den insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung einer globalen Mindestbesteuerung angestellten Überlegungen zur Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht auf den Hinzurechnungsbetrag dient die hier vorgesehene Klarstellung der Rechtssicherheit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

Es handelt sich um eine Anwendungsregelung zur Änderung des § 7 Satz 8 – neu – GewStG. Dieser ist auf alle offenen Fälle ab dem Erhebungszeitraum 2017 anzuwenden. Es handelt sich lediglich um eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage.

§ 29 Abs. 1 Nr. 3 GewStG, § 36 Abs. 5c GewStG

Folgende Nummer 3 wird angefügt:
3. bei Betrieben, die ausschließlich Energiespeicheranlagen im Sinne des § 3
Nummer 15 Buchstabe d des Energiewirtschaftsgesetzes betreiben, zu einem Zehntel das in Nummer 1 bezeichnete Verhältnis und zu neun Zehnteln das Verhältnis, in dem die Summe der installierten Leistung in allen Betriebsstätten (§ 28) zur installierten Leistung in den einzelnen Betriebsstätten steht.

Nach Absatz 5b wird folgender Absatz 5c eingefügt:
(5c) § 29 Absatz 1 Nummer 3 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom
… (BGBl. … I Nr. …) [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2025 anzuwenden.

Begründung

Unterhält ein Betrieb in mehreren Gemeinden Betriebstätten oder erstreckt sich eine Betriebstätte auf das Gebiet mehrerer Gemeinden, ist der Betrieb in jeder dieser Gemeinden gewerbesteuerpflichtig. Hierfür ist der für den Gewerbebetrieb insgesamt ermittelte Gewerbesteuermessbetrag zu zerlegen. Maßstab für die vorzunehmende Zerlegung ist dabei grundsätzlich das Verhältnis der in den einzelnen Betriebstätten gezahlten Arbeitslöhne zur Summe der im gesamten Betrieb gezahlten Arbeitslöhne. Um Standortgemeinden beim ausschließlichen Betrieb von Windkraft- und Solaranlagen stärker und gleichmäßiger am Gewerbesteueraufkommen zu beteiligen und um die Akzeptanz von Erneuerbare-Energie-Projekten auf dem Gebiet der jeweiligen Gemeinde zu erhöhen, sieht bereits der geltende § 29 Absatz 1 Nummer 2 GewStG einen besonderen Zerlegungsmaßstab vor. Hiernach ist die Zerlegung bei Betrieben, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Wind- und Solarenergie unterhalten, zu 10 Prozent im Verhältnis der in den Betriebsstätten gezahlten Arbeitslöhne und zu 90 Prozent im Verhältnis der installierten Leistung vorzunehmen. Nach dem bisherigen Verständnis der Finanzverwaltung fallen hierunter schon heute auch Energiespeicheranlagen in Gestalt von Batteriegroßspeichern, die ausschließlich mit aus Erneuerbare-Energie-Anlagen stammendem Strom gespeist werden („Grünstromspeicher“). Es zeigt sich jedoch, dass im Zuge der Energiewende künftig nicht nur den vorstehend genannten „Grünstromspeichern“, sondern allen Speicheranlagen, die elektrische Energie aufnehmen (Energiespeicheranlagen), eine entscheidende Rolle bei der Integration des von Windenergie- und Solaranlagen erzeugten erneuerbaren Stroms in das Energiesystem zukommen wird. Dies gilt somit auch für „Stand-Alone“-Speicher, die Strom aus dem Netz der allgemeinen Versorgung (d.h. auch sog. „Graustrom“) zwischenspeichern. Energiespeicheranlagen dienen stets der Integration des von Windenergie- und Solaranlagen erzeugten erneuerbaren Stroms in das Energiesystem; sie sind systemisch unerlässlich. Diese Rolle beschränkt sich freilich nicht nur auf den Strom, der unmittelbar vor Ort erzeugt wird. Der im März 2024 von der Bundesnetzagentur bestätigte Netzentwicklungsplan Strom geht aus diesem Grund für 2037 von einer installierten Gesamtleistung von rund 24 GW an Großbatterien aus. 2045 sollen es gar 43 bis 54 GW sein. Heute (Stand Mai 2024) existieren laut Marktstammdatenregister 1,4 GW. Auf dem Weg hin zum klimaneutralen Stromsystem hat die Unterscheidung in Grün- und Graustrom zudem immer weniger Relevanz und kann für die gewerbesteuerrechtliche Behandlung von Speicherprojekten kein taugliches Abgrenzungskriterium sein. Die mit derartigen Energiespeicheranlagen regelmäßig einhergehenden Eingriffe in das Orts- und / oder Landschaftsbild sowie etwaig eintretende Lärmemissionen können sich hingegen nach einschlägigen Praxiserfahrungen hemmend auf die Bereitschaft von Standortkommunen auswirken, zum einen Flächen für solche Anlagen auszuweisen und des Weiteren die mit dem Bau und Betrieb entsprechender Anlagen einhergehenden Beeinträchtigungen und Auswirkungen hinzunehmen. Aus diesem Grund ist es zur Erreichung der energiepolitischen Ziele der Bundesregierung wichtig, auch hierfür die notwendige Akzeptanz vor Ort zu schaffen und die Standortgemeinden der Energiespeicheranlagen in angemessener Weise am Gewerbesteueraufkommen der Anlagenbetreiber zu beteiligen. Mit § 29 Absatz 1 Nummer 3 GewStG wird – vergleichbar der beim Betrieb von Windkraft und Solaranlagen bestehenden Regelung – ergänzend zum Zerlegungsmaßstab Arbeitslöhne für Betreiber von Energiespeicheranlagen ein weiterer besonderer Zerlegungsmaßstab eingeführt, der sich im Wesentlichen an der installierten Leistung der betreffenden Anlagen ausrichtet. Mit der Anwendung des Zerlegungsmaßstabs Arbeitslöhne zu 10 Prozent und des Zerlegungsmaßstabs installierte Leistung zu 90 Prozent wird den Belangen der Gemeinde des Geschäftssitzes und der Standortgemeinden der Energiespeicheranlagen in vertretbarer Weise Rechnung getragen.

Die Zerlegungsregelung in § 29 Absatz 1 Nummer 3 GewStG ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2025 anzuwenden.