§ 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG: Ausschluss der erweiterten Grundbesitzkürzung für Sondervergütungen mit Ausnahme derjengigen für die Überlassung von Grundbesitz

BFH vom 09.03.2023 – IV R 25/20, BStBl. 2023 II 836

[Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 03.09.2020 – 9 K 3300/18, G, F, DStRE 2020, 421]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die Anwendung der erweiterte Grundbesitzkürzung ist jedoch nach § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG u.a. nach Nr. 1a insoweit ausgeschlossen, wie der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz bezogen hat.

Nach dem Wortlauf der Norm sind damit auch Zinserträge aus der Überlassung von Kapital durch die mitunternehmerisch verbundene Person an die Gesellschaft erzielt und die im Sonderbereich der mitunternehmerisch verbundenen Person bei der Mitunternehmerschaft zu erfassen sind, so auch FG Düsseldorf vom 03.09.2020 – 9 K 3300/18 G, F, DStRE 2020, 421. Dem steht auch nicht entgegen, dass sämtliche Sondervergütungen nach dem Gesetzeswortlauf erfasst werden und sich damit die Frage stellt, ob die Norm überschießende Tendenz hat. Jedenfalls sei eine überschießende Tendenz noch von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt. Denn Zweck der Regelung sei die Verhinderung von Gestaltungen durch gewerbesteuerpflichtige Dritte, die sich mitunternehmerisch an einer Mitunternehmerschaft beteiligen und damit ihre eigentlich gewerbesteuerpflichtigen Erträge in den Sonderbereich und damit in den Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung verlagern.

Der BFH folgt in seiner Entscheidung nicht den weit verbreiteten Stimmen in der Literatur, die für den Fall, dass die mitunternehmerisch verbundene Person selbst nicht der Gewerbesteuer unterliegt, auch von der Rechtsfolge des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG betroffen sein kann. Er folgt dem eindeutigen Wortlaut der Norm und erkennt keinen Grund im Rahmen einer Auslegung nach Sinn und Zweck oder dem historischen Kontext den Wortlaut teleologisch zu reduzieren.

Der BFH stellt in diesem Zusammenhang klar, dass der in der Entscheidung BFH vom 21.07.2016 – IV R 26/14, BStBl. 2017 II 202 herausgestellte Zweck der Regelung Missbrauch zu vermeiden, auf das Tatbestandsmerkmal „eigenem“ in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bezogen war.

§ 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG: Vergütungsempfänger unterliegt selbst nicht der Gewerbesteuer; § 35b Abs. 1 GewStG: Änderung des Körperschaftsteuer- oder Einkommensteuerbescheids

BFH vom 09.03.2023 – IV R 11/20, BStBl. 2023 II 830

[FG Köln vom 25.03.2020 – 12 K 1954/18, EFG 2021, 783]

Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Dieser ermittelt sich nach § 7 S. 1 GewStG auf Grundlage des nach einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns, der entsprechend dem Wesen der Gewerbesteuer zu modifizieren ist, vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG.

Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag auf Antrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundbesitzkürzung).

Die erweiterte Grundbesitzkürzung verfolgt dabei den Zweck bestimmte Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, in bestimmtem Umfang von der Gewerbesteuer durch Kürzung zu entlasten. Strukturelle Voraussetzung der erweiterten Kürzung ist daher die grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit der Gesellschaft.

Die erweiterte Kürzung ist darüber hinaus nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG ausgeschlossen, soweit der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG enthält, die eine gesellschaftlich beteiligte Person von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat.

Die Norm ist dient insbesondere (BT-DrS 16/11108, 31) der Verhinderung des sog. Bankenbeteiligungsmodells. Sie ist jedoch nicht darauf beschränkt. Das zeigt auch der Wortlaut der Norm, der ausdrücklich nur die Vergütungen für die Überlassung von Grundbesitz von der Regelung des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a S. 1 GewStG ausnimmt. Die Anwendung des Ausschlusstatbestandes ist darüber hinaus nicht davon abhängig, ob die Vergütungsempfänder selbst der Gewerbesteuer unterliegen und mittels der Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft einen gewerbesteuerlichen Vorteil durch die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erzielen könnten.

Der Anwendungsausschluss ist jedoch nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a S. 2 GewStG nich auf Vergütungen anwendbar, die vor dem 19. Juni 2008 erstmals vereinbart wurden und seit dem nicht wesentlich geändert wurden.

Die Änderungsvorschrift des § 35b Abs. 1 S. 1 GewStG setzt voraus, dass die Änderung Einfluss auf die Höhe des Gewerbeertrages oder des vortragsfähigen Gewerbeverlustes hat, § 35b Abs. 1 S. 2 GewStG. Über die Gewinnänderung hinausgehende Änderungen des Gewerbesteuermessbescheides sind möglich, wenn und soweit es durch eine Änderung des Gewinns Auswirkungen auf Hinzurechnungen und Kürzungen nach § 8 und § 9 GewStG kommt, R 35b.1 Abs. 2 S. 3 GewStR 2009. Die Anwendung des § 35b Abs. 1 GewStG scheidet jedoch aus, soweit ein Betrag erstmals der Gewerbesteuer unterworfen werden soll. Insoweit fehlt es an einer Änderung im Sinne des § 35b Abs. 1 S. 1 GewStG.